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Monat: Mai 2012

Die Großtante aller Niederlagen

Am Samstag waren wir alle Bayernfans Hobbypsychologen. Gab es irgendjemanden, der bei dieser Art Bastian Schweinsteigers, zum Elfmeter anzulaufen, nicht aufgeschrien und Stop! gerufen hätte? Jede Faser seines Körpers wollte doch intensiv seiner Umwelt mitteilen, dass dieser Körper es für keine gute Idee hielt, jetzt, am Ende dieser 120+x Minuten auch noch in wenigen Sekunden für die Niederlage verantwortlich zu sein. Aber wenn die fünf Schützen nominiert sind, gibt es nun mal kein Zurück mehr. Und all wir Hobbypsychologen waren danach und womöglich für längere Zeit noch mit dem eigenen Bewältigen dieser Niederlage beschäftigt. Wobei, das darf sicher sein, es eben kein zweites Barcelona war. Weshalb die Bewältigung schneller gehen wird.

Vorab: Es sei niemandem seine persönliche Einschätzung dieses Finales daheim genommen. Jeder leidet selbst so, wie er will und gerne auch mit immer neuen Höhe- bzw. Tiefpunkten des Leidens. Objektiv gesehen ist aber klar, dass es nur die Aktualität des Schmerzes gewesen sein kann, die zum Ausspruch verleitete, dass Drogbas Schüsse ins Tor im Resultat schlimmer gewesen seien als die Mutter aller Niederlagen. In diesem Spiel sah es keineswegs die gesamte Spielzeit lang so aus, als würde der FC Bayern sicherer Sieger dieser Partie werden, sondern nur genau von Müllers Tor bis zu Drogbas Ausgleich. Das ist zwar „schon au“ irgendwie bitter, hat aber eine ganze andere Qualität, zumal (bis auf den von Robben vergebenen Strafstoß) die ganz großen weiteren Chancen fehlten.

In einem Elfmeterschießen, und darauf lief die gesamte Spielanlage des FC Chelsea doch schon in den ersten Minuten hinaus, stehen die Chancen nun mal 50-50, wobei sie aufgrund diverser Umstände in diesem Fall aus Münchner Sicht schlechter standen. Zum Einen, weil man sich selbst diesen Riesendruck auferlegt hatte, das „Ding“ (O. Kahn) im eigenen Stadion unbedingt zu gewinnen. Zum Anderen, weil man immer noch keine professionelle Vorbereitung auf Eventualitäten eines Fußballspiels für nötig hält. Dazu gehörte, intensiv Elfmeter zu trainieren, die jeweiligen Spieler auf das vorzubereiten, was kommen kann und — das ist kein Muss, aber wie sichtbar wurde, wäre es nötig gewesen — auch die Schützen schon im Vorhinein zu bestimmen.

Ändern könnte man diese dann immer noch, wenn es soweit ist. Jupp Heynckes lief angeblich vom Einen zum Anderen und erntete nur Absagen, so dass der eigene Torwart schon einer der regulären fünf Elfmeterschützen sein musste. Was sich im Nachklapp als absolutes Plus für Manuel Neuer erwiesen hat, ist eine unübersehbare Peinlichkeit für jene, welche ins Finale mit dem höchsten aller möglichen fußballerischen Niveaus gingen und für diese Angelegenheit verantwortlich sind.

Weiterhin weiß doch jeder, dass man nicht im Vorhinein zum Geburtstag gratuliert. Insofern musste jeder, der einen Funken Aberglaube in sich wiemeln spürt, zusammenzucken, als die Kurve der Bayern die Worte „Unsere Stadt, unser Stadion, unser Pokal“ ausrollte und damit den Grundstein für die Niederlage gelegt hatte. Selbst wenn man nicht abergläubisch ist, ahnte man in diesen Momenten, dass es nie gut ist, die Götter herauszufordern, und wenn es nur die Fußballgötter sind.

So entspann sich eine Partie, die man so ähnlich schon im Halbfinale dieses Wettbewerbs gesehen hatte, und so unansehnlich es auch sein mag, es ist vollkommen legitim, so zu spielen. Zumal sich auch die berechtigte Frage stellt, wie stark oder schwach die Bayern wirklich waren — und wie viel der schwachen Offensivleistung der Gäste darin zu begründen war, dass Bayern eben so stark spielte.

Einen Höhepunkt an Frechheit lieferte jener Reporter von sky, der den Trainer des frisch gebackenen Champions-League-Sieger befragte, ob dieser den Stil seiner eigenen Mannschaft „schön“ fände. Ein bisschen frech ist es, diese Frage zu stellen. Frecher ist es allerdings, dass sich ein Mensch mit so wenig Ahnung vom Spiel jemals als Sportreporter beworben hat und somit zu diesem Job gekommen ist. Als wäre es im Fußball je um Schönheit gegangen und als interessierte das irgendjemanden im Moment des Triumphs — außer schlechten Verlierern, denen die Argumente fehlen. Und die einzigen Argumente, die es im Fußball gibt, sind erzielte Tore.

Man kann sich doch nicht ein (monetäres) Leben daraus basteln, die Unwägbarkeit des Fußballsports so sehr zu melken, dass es für ein Häuschen im Grünen reicht und man den Kindern die Universität bezahlen kann, wenn die Unwägbarkeit dann aber ernst macht mit ihrem Unwägbarsein, sich über ihre Existenz beschweren.

Weshalb sich stante pede ans Scheitern anschließende Diskussionen der üblichen Verdächtigen (Kahn: „Eier“, Effenberg: „Führungsspieler“, Lattek: „Neid“) auch darin erschöpfen, ihre Weltsicht auf den Fußball wiederzugeben, statt sich mit aktuellen Problemen des FC Bayern auseinandersetzen. Wer in einem Pokalwettbewerb im Fußball Zweiter wird, hat nicht allzu viel falsch gemacht, sonst wäre er dort nicht hingekommen. Was nicht bedeutet, dass man nichts verbessern könnte, denn:

Was ist nur aus dem FC Bayern geworden, der als ich als Kind zum Fußball kam noch nie ein Finale verloren hatte? Dann kam Aston Villa, dann Uerdingen, dann Porto und heutzutage verlieren die Bayern mal eben zwei Finals in einer Woche. Ein „Barcelona“ war es aber dennoch nicht, weil die Häufigkeit des Scheiterns bei den Bayern enorm zugenommen hat, und man deshalb dran gewöhnt sein müsste. Schon beim Abschlachten während des DFB-Pokalfinales durch den BVB spürte ich zum allerersten Mal in meinem Leben eine Gefühlsregung, die mir wirklich Angst bereitete: Ich hatte Mitleid mit den Bayern.

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Mit Legenden aufräumen: Die Urlauber-Truppe von Dänemark 1992

Die Dänen, die ja der Legende nach „aus dem Strandurlaub heraus“ ins Endturnier 1992 geholt wurden, angeblich zuvor Hamburger mampfend und Cola trinkend ihre Form ruiniert hatten, lagen zu jenem Zeitpunkt keineswegs faul am Strand.

Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt hatten sie sogar kurz vor dem Turnier noch einige Testspiele gegen bereits feststehende Endturnier-Teilnehmer absolviert. Wie auch immer, am besten sind doch wohl immer noch Zeugenaussagen von direkt Beteiligten, wozu man Peter Schmeichel wohl zählen darf.

Er räumt mit dieser sehr schönen, aber leider unwahren Legende endgültig auf:

Aber wir Dänen waren 1992 voll im Saft. Als ich den Anruf bekam, dass wir statt Jugoslawien zur EM nach Schweden reisen würden, habe ich gerade Pause gemacht zwischen zwei Trainingseinheiten. Und ich habe immer hart trainiert.

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ter Stegen for Resident

Jeder Torwart hat seine Schwächephase. Komischerweise bekommt er sie meist dann, wenn er ganz oben angekommen ist. Das war bei René Adler so, das ist bei Manuel Neuer so, das war selbst bei Oliver Kahn so. Bei Marc-André ter Stegen ist es also noch ein langer Weg bis zu seiner ersten Schwächephase. Diesen Umstand sollte man ausnutzen, denn — errare humanum est hin oder her — Manuel Neuer ist ein Risikofaktor geworden.

Man mag da viele Geschichten erzählen davon, dass man nach Bayern wechseln muss, um besser zu werden, weil man da — vielleicht im Training, ansonsten ja eher nicht — mehr gefordert wird als sonst. Fakt ist aber: Zur Zeit ist Manuel Neuer in einem prä-René-Adler’schen Zustand: Kurz davor, abgelöst zu werden, weil er einfach nicht an Stabilität oder Klasse gewinnt.

Marc-André ter Stegen ist noch gar nicht so weit, dass er abbauen könnte. Aber er ist in der Luft besser, er ist in der Strafraumbeherrschung besser und er ist im Fußballerischen besser. Wozu also noch auf einen setzen, der am Ende des Tages ein Risikofaktor ist? Das ist schon 1994 schief gegangen. Und derartige Fehler, weil man Erbhöfe verteilt und die Zeichen der Zeit nicht sehen will, sollte man nicht wiederholen.

Andy Köpke ist zuzutrauen, dass er es erkennt. Dass Jogi Löw den Mumm hat, sein gerne von ihm selbst propagiertes Leistungsprinzip wirklich umzusetzen, ist nicht sehr wahrscheinlich. Zu raten wäre es ihm im eigenen Sinne allerdings schon. Denn Neuer hat es in dieser Saison tatsächlich geschafft, eine Anti-Bayern-Leistung zu zeigen: In den wichtigen Spielen nicht hochkonzentriert und überragend, wie es Bayern-Stil wäre, sondern ausgerechnet in den wichtigen Spielen patzend.

Neuer raus, ter Stegen for Resident.

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Feuer, Wasser, Erde, Hirn

Beim ZDF hat man entschieden, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man als deutscher Publizierender besondere Sensibilität bei Themen den Zweiten Weltkrieg betreffend an den Tag legen sollte.

Der Titel der Musik, zu dem das ZDF die „besten Bilder des Tages“ von der EM in Polen und der Ukraine zeigen wird, lautet dann folgerichtig auch:

„Burn it down“.

Das ist mal ein Statement, dem man sich nicht anschließen möchte. Also weder inhaltlich dem Songtitel, noch der Tatsache, dass man in Bezug auf derlei Dinge inzwischen geschichtsvergessen handeln dürfte.

Jaja, stimmt schon — ein Skandal ist das nicht. Aber ein schönes Fettnäpfchen, wo doch wirklich jedermann weiß, dass man bei einem Turnier in Polen und der Ukraine besondere Umsicht in Bezug auf alle seine Publikationsinhalte walten lassen müsste.

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Kaisers Kinderstube kaufen

Die 11Freunde schlagen es gerade als einen der 99 Orte vor, die man als Fußballfan gesehen haben muss: Das Geburtshaus des Dummschwätzers.

Ich gehe mit und erhöhe auf „muss man nicht gesehen haben, sondern besitzen“.

Steht unter Denkmalschutz und wurde saniert. Baujahr 1907, Gesamtpreis aller Einheiten 2,260 Mio Euro. Welche der Wohnungen jetzt genau die Beckenbauersche war, wird man sicher auch noch leicht eruieren können.

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Trainer Baade „inside“ — Beim MSV Duisburg in der Kabine und in der Business Lounge

Letztens ging ein lange von mir gehegter Wunsch in Erfüllung: Einmal eine Kabine eines Bundesligisten, egal welcher, von innen sehen. Dass es dann gleich eine Kabine zum Zeitpunkt kurz vor Eintreffen der Spieler darin direkt vor einer Bundesligapartie war, war ein schmackhaftes Sahnehäubchen auf der Umsetzung dieses Wunsches.

In der Kabine

Wie überschaubar groß (wenn ich schreibe „überschaubar klein“, kommen wieder diese vielen Emails und Briefe, wie despektierlich ich mich äußern würde) die Kabine ist, zeigt ein Bild weiter unten. Kein allzu großer Unterschied zu Kabinen in unterklassigen Sportstätten — was die Grundfläche angeht.

Bei obigem Bild interessant: Manchmal fotografiert man etwas und bemerkt erst beim Entwickeln in der Dunkelkammer einen Aspekt, der einem vor Ort völlig entgangen war. Die Sitzpositionen sind hier aufsteigend nach Rückennummern sortiert. In dem Fall habe also ich eine kleine Straße geschossen, ohne es beim Fotografieren zu merken.

Nettes Accessoire: Diese Bändchen mit dem Namen an der Rückenlehne des jeweiligen Platzes. Für den Fall, dass der Zeugwart das Trikot vergessen hat? Oder vielleicht doch als Orientierung und Anweisung, weil der Kader ja selten zwei Mal der Gleiche ist? Man weiß es nicht, und Zeit zu fragen bleibt bei solchen Besichtigungstouren leider selten, weil man nicht allein ist und jeder wohl Hunderte Fragen hätte. Oder zumindest diese eine.

Ebenfalls auffällig: Für jeden Spieler waren gleich zwei oder drei Paar Fußballschuhe bereitgelegt, neben den obligatorischen Badelatschen. Sicher mit verschiedenen Stollenlängen oder generell unterschiedlicher Beschaffenheit je nach Wetter — denn dass man solchen Aufwand betreibt, nur um kurz vor Anpfiff doch noch auf eine andere Farbe umzusteigen, erscheint unrealistisch.

Ein bisschen Platz ist dann allerdings durchaus in der Kabine, wie das folgende Bild zeigt. Auf dem Tisch in der Mitte der Kabine steht Kaffee (! (glaube ich)) und der Zeugwart ist wenig begeistert, dass er während der Vorbereitung aufs Spiel in seiner Arbeit gestört wird. Verständlich, aber hier auch nicht zu vermeiden.

Dazu kommt in der Kabine des MSV Duisburg tatsächlich, wer hätte das gedacht, die gute, alte, klassische Taktiktafel, auf der allerdings noch nichts angeschrieben war.

Was ganz sicher aber nicht bedeutete, dass der MSV Duisburg ohne Taktik ins Spiel ging, da zeichnet Oliver Reck aus dem im Laufe seiner 509 Profispiele erworbenen Eff-Eff schneller eine stimmige Aufstellung an die Tafel als sein Schatten es von der Taktiktafel wieder löschen könnte. Vermutlich.

Die einzelnen Spieler mit Handschlag in der Kabine zu begrüßen war uns dann nicht vergönnt, für uns ging es weiter, aus der Kabine raus ins Stadion. Natürlich genau jenen Weg nehmend, den auch die Spieler nehmen, wenn sie vor einer Partie einlaufen. In Duisburg sind es nur ganz wenige Meter, keine Rolltreppe, kein langer Tunnel, in dem man sich vor dem Einlaufen von Einlaufkindern verarschen lassen könnte, und schwupps ist man draußen im Stadion.

Stadioninneres

In Ermangelung einer Laufbahn befindet man sich sofort beim Verlassen der Katakomben an den beiden Trainerbänken, die zwar durchaus ziemlich bequem aussehen, aber den einen oder anderen Wisch mit einem feuchten Lappen über die Sitzflächen hätten vertragen können. Sag ich, der ich da nicht mal besonders pingelig bin, aber wer weiß, vielleicht ist das ja alles im Ablauf bis zum Anstoß noch enthalten.

Etwas knallig in der Farbcombo blau (für den MSV) und gelb-rot für einen der Sponsoren, aber das wollen Sponsoren ja nun mal — dass es im Auge knallt und nicht in Vergessenheit gerät.

Steht man vor der Trainerbank, steht man logischerweise automatisch auch im Bereich der Coachingzone. Et voilà.

Der Trainer (nicht im Bild) in der Coachingzone (im Bild). Dort sieht der Rasen übrigens besonders abgewetzt aus, in beiden Coachingzonen, obwohl der Großteil dieser Zonen gar nicht aus Rasen besteht. Ein Wunder? Oder Sparmaßnahmen, um die besten Rasenstücke auf dem eigentlichen Spielfeld unterbringen zu können? Vielleicht Beides.

Jedenfalls wirken die mit Kreide gezogenen Linien nicht besonders ehrfurchteinflößend, selbst dann, wenn man gerade nicht außer Rand und Band ist. Elektrisch geladene Kuhzäune wären da vielleicht die sinnvollere Einrichtung.

Links im Hintergrund übrigens ein Trainingstor, das man dort wie auf der anderen Spielfeldseite platziert hatte, um den Torhütern und auch den Feldspielern zusätzliche Einspiel- und Einschussmöglichkeiten zu geben. Einschuss von einschießen wie warmschießen, nicht wie Pistolenkugel. Diese Tore sind sonst noch nie aufgefallen, könnte daran liegen, dass man sonst immer auf den letzten Drücker im Stadion anrückt, und heute eben schon zur Führung da war.

Genau dort, wo die Spieler die Katakomben verlassen, befindet sich auch eine der insgesamt fünf standardmäßig bei einem Spiel im Stadion befindlichen Kameras, die übrigen vier verteilen sich auf die Haupttribüne. Die Menschen dieser einen bekannten Produktionsfirma tun hieran ihren Dienst.

Eine putzige Angewohnheit hat man an der Wedau eingeführt: Vor dem Spiel und in der Halbzeit bläst man mehr oder weniger lustige Figürchen auf, die dann Werbung für Produkte machen sollen. Man beachte auch die Limonadenflasche im Hintergrund. Leider pflegt man diese Angewohnheit aber beinahe schon so lang wie das neue Stadion steht, hat die Dinger in der gesamten Zeit aber vermutlich nicht ein einziges Mal gereinigt. Ist nicht weiter tragisch, denn der Spaß, den es bereitet, den Helfern vor Anpfiff und in der Halbzeit dabei zuzuschauen, wie sie verzweifelt versuchen, die Luft rechtzeitig aus diesen Etwassen herauszubekommen, wiegt auf, dass sie nicht gänzlich blitzeblank sind.

Doch auch hier, im Inneren des Stadions konnten wir natürlich nicht so lange verweilen, bis Oliver Reck oder Karsten Baumann eintrudelten. So ging es flugs weiter in die Business Lounge, die vom Typus her dem Glückauf-Club auf Schalke gleichzusetzen ist, wenn auch natürlich bei einem nur halb so großen Stadion auch nur etwa halb so groß.

Business Lounge

Da ich nach meinem Besuch genau dort eine berechtigte Rüge erhielt, dass ich das Menü nicht fotografiert hatte, hier also direkt als erstes das Menü der Business Lounge beim MSV Duisburg im Spiel gegen Erzgebirge Aue. Tippfehler kosten übrigens nichts extra.

Ansonsten ist die Business Lounge ein im ersten Stock der Haupttribüne befindliche offener Raum, der für gewisses Entgelt seinen Besuchern unbegrenzten Zugriff auf Speisen und Getränke ermöglicht, welche man möglichst vor Anpfiff verdaut haben sollte. Also hurtig angestellt und zugelangt, denn in der zweiten Liga stößt man schließlich sonntags schon um 13.30h an.

Besondere Merkmale, die an die Historie des Clubs anknüpfen findet man auch hier in Form von Fotos früherer Stars und Spielszenen (nicht im Bild), allerdings keine im Bereich der reinen Gestaltung der Lounge.

Die Promidichte nicht ganz so hoch wie in München, waren die üblichen MSV-Legenden (ebenfalls nicht im Bild) aber alle anwesend.

Currywurst in der Halbzeit. Pils dazu.

Im zweiten Geschoss befinden sich auch noch einzelne Logen, also jene Logen, welche man eigentlich meint, wenn man davon spricht, in einem Stadion „in einer Loge“ zu sein; sowie weiterer Raum für deren Gäste, der etwas mondäner gestaltet ist.

Eigentlich waren in diesem Stadion nur 30 Logen geplant, wegen allzu guter Nachfrage in der Zeit der Erstklassigkeit erweiterte man diese Zahl aber auf 40.

Eine kurze Stippvisite auch hier.

Loge

Ganz schön geräumig, trotz der Erweiterung, und dazu auch jede einzelne mit eigener Theke versehen.

Bis es schließlich soweit ist, Anpfiff, die Partie im Stadion zu verfolgen. Auch in Duisburg gehen übrigens viele Menschen ins Stadion, die dann beim Singen ihre Schals im Takte der Musik von De Höhner wiegen, was sie offenbar nicht stört, solange sie dies nicht ahnen. Gut so.

Es gehen sogar mehr Menschen in ein Stadion in Duisburg bei einer Partie gegen Erzgebirge Aue als Menschen in ein Stadion in Fürth gehen, wenn Fortuna Düsseldorf dort spielt und der Heimverein gerade aufgestiegen ist.

15.627 zu 15.500.

Wobei man zugeben muss, dass sich um die letzte Ziffer der Zuschauerzahl in Duisburg solch seltsame Mythen ranken, dass man geneigt wäre, auch die 127 mehr als jene in Fürth anzuzweifeln.

Wer Lust hat, kann sich in dieser Menschenmenge bestimmt in Kürze bei einem hochauflösenden Rundumfoto selbst suchen und sich mit seinem Dingsbums-Profil zu erkennen geben; sind ja schwer in Mode, diese 360°-Panoramen.

Zur Partie selbst lese man dann beim werten Kees Jaratz. Im Anschluss daran verabschiedete man insgesamt sechs mehr oder weniger verdiente Spieler mit Präsenten und je ein, zwei von ihnen ins Mikro gehauchten Sätzen (Bruno Soares: „Duisburg wird immer in meinem Herz bleiben, vielen Dank, viel Glück!“) und hernach hätte man weiter in der Business Lounge netzwerken oder sich den kulinarischen Genüssen hingeben können, was wir beides nicht taten, sondern nach Hause strebten.

Die Treppe herunter, an den hübschen Hostessen vorbei zum Ausgang und um die Erfahrung reicher, dass Profikabinen in ihrer Machart nicht gänzlich anders sind als Nichtprofikabinen, sowie beeindruckt seiend, wie kurz in Duisburg der Weg von der Kabine auf den Platz ist.

Besten Dank an die Zebra-Kids und die Rheinschafe, die diese Tour ermöglichten. Die Zebra-Kids sind ein gemeinnütziger Verein, der sich auf unterstützenswerte Weise der Förderung von Kinderheimen und einzelnen Aktionen in diesem Geiste verschrieben hat. Diese Tour war wiederum ihren eigenen Förderern vorbehalten, wozu die Rheinschafe zählen.
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Live aus Rastatt: Jogi Löw spricht zur Lage in Europa

[liveblog]

Die Bekanntgabe des vorläufigen EM-Kaders wird sicher wieder standesgemäß zelebriert werden. Und dieses Zelebrieren interessiert uns fast noch ein bisschen mehr als der vorläufige Kader, welcher schließlich nur vorläufig ist. Wollen wir hoffen, dass alle Streams halten, sonst ist Essig mit livebloggen. Ansonsten aber sind wir sehr gespannt, welchen Odonkor Jogi Löw heute für uns bereit hält.

Gleich zu Beginn sehen wir neben der Bühne zwei Autos. Ah, daher weht der Wind. Man befindet sich im Werk eines Autoherstellers, wie die Dame zur Einleitung feststellt.

Sie nennt Andy Köpke allerdings „Ändy“.

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Vor Apotheken Fußball spielende Pferde

Es ist eine Binsenweisheit, dass Fußball deshalb so spannend ist, weil man nicht weiß, wie es ausgeht. Was man dabei nicht übersehen darf, ist, dass man auch in der 89. Minute noch nicht weiß, wie es ausgeht. Das wird leider gerne vergessen, was verzeihlich wäre, wenn es sich um viel zitierte EM/WM-Gucker handeln würde. Wer aber in der Materie zu Hause ist, sollte das eigentlich nicht nur nicht vergessen, er sollte es auch nicht vergessen können. Es ist nicht jeden Tag „Barcelona 1999″ oder Afrika-Cup 2010, aber es könnte jeden Tag so sein.

Beim Kicker-Ticker mag man das noch verzeihen, weil es vermutlich niedrig bezahlte Studenten sind, die den Ticker füllen.

Der Einfachheit wegen jetzt dieser beinahe unlesbare Screenshot, damit ich nicht drei Bilder einfügen muss.

Folgende Situation war gegeben: Die Partie Fortuna Düsseldorf – MSV Duisburg ist beendet. In St. Pauli steht es 5:0 für den Gastgeber, die Partie läuft noch. St. Pauli bräuchte noch 5 Tore, um den Relegationsplatz zu erreichen, und niemand weiß, wie lange der Schiedsrichter nachspielen lassen wird.

Das hindert den Menschen am Ticker nicht, bei Abpfiff der Düsseldorfer Partie zu tickern: „… pfeift ab und schickt die Düsseldorfer in die Relegation.“

Gut, hier waren es nur einige wenige Sekunden noch in St. Pauli, würde man vermuten, weiß man aber nicht genau, weshalb Düsseldorf auch noch nicht in der Relegation war. Unschön, aber eventuell verschmerzbar, auch wenn man beim Kicker auch mal eine Qualitätskontrolle seiner Ticker betreiben sollte.

Bei der ARD mag man das nicht so einfach verzeihen, weil da Profis sitzen. Und einer dieser Profis, es ist schon wieder Steffen Simon, ich kann ja auch nix dafür, bläst und tutet aufgeregt in sein Mikrofon, als er die Konferenz zwischen dem Spiel Köln-Bayern und Hertha-Hoffenheim kommentiert, ungefähr in der 60. Minute, als es 0:3 aus Kölner Sicht steht und er rübergeben wird nach Berlin:

„Aus eigener Kraft können es die Kölner nicht mehr schaffen. Was geht in Berlin?“

(Der zweite Satz sinngemäß zitiert, der erste wörtlich.)

Ich verstehe sehr gut den Impuls, die Angelegenheit zu dramatisieren. Selbst wenn er nicht damit wie vermutet den nächsten Porsche für seine hungernde Familie herbeischreien wollen würde bzw. müsste: So ein Impuls ist verlockend.

Die Pointe, die Zuspitzung, sie liegt da. Und — das ist nur meine Annahme — je häufiger man schon zugelangt hat, je häufiger man diese Grenze schon überschritten hat, die Realität gebeugt, desto niedriger sinkt die Hemmschwelle. Es ist dann nur noch weniger als bei Rot über die Ampel gehen, quasi gar nicht mehr wahrnehmbar — für den Täter selbst.

Also ist er wieder drübergegangen, hat die Dramatisierung gezogen. Ich weiß auch nicht, was er dabei denkt, wenn ihm einige Millionen Fußballfans zuhören — dass es niemandem auffällt? Dass er ein paar Millionen Leute für doof verkaufen kann, und es fällt niemandem auf?

Dass er damit seinem Arbeitgeber, seinem eigenen Standing gar, einen Gefallen tut? Es ist wohl nur so zu erklären, dass er zu oft schon drüber gegangen ist und die Pointe eingesammelt hat, wo er die Realität nur ein ganz kleines bisschen gebeugt hat und es deshalb heutzutage für ihn wie etwas gänzlich Normales erscheint. Er es womöglich selbst gar nicht mehr merkt.

„Aus eigener Kraft können es die Kölner nicht mehr schaffen.“

Das kann man doch als Sport-, als Fußballreporter niemals sagen, man darf es so konkret nicht mal denken, bevor die Partie nicht abgepfiffen ist.

Man macht sich normalerweise als Klugscheißer (in diesem Fall bin das ich) keine Freunde — ich würde aber behaupten, dass man sich langfristig noch weniger Freunde damit macht, wenn man immer wieder mal die Realität zugunsten der Dramatik vor einem nicht gänzlich ahnungslosen Millionenpublikum verbiegt.

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Trainer, die ihren Meistertitel verteidigten

Nur bezogen auf die Bundesliga

Okay, dass Mannschaften ihren Titel verteidigen gibt es oft und bleibt auch gerne im Gedächtnis haften. Gerade bei der Suche danach, wer vor den Bayern höchstselbst seinen Titel verteidigte, fiel mir aber auf, dass es Borussia Dortmund war. Mit: Ottmar Hitzfeld, der danach mit den Bayern den Titel verteidigte. Zwischen Jürgen Klopp mit Borussia Dortmund und Ottmar Hitzfeld mit den Bayern und Borussia Dortmund gelang das allerdings auch noch Felix Magath. Mit den Bayern.

Hier die Liste der Trainer, die ihren Meistertitel verteidigten.

Nach einer Meisterschaft den Verein zu wechseln und seinen Titel zu verteidigen gelang bislang noch niemandem. Kommt noch. Irgendwann.

Titel Trainer Verein
1970 und 1971 Hennes Weisweiler Borussia Mönchengladbach
1972 und 1973 Udo Lattek FC Bayern München
1973 und 1974 Udo Lattek FC Bayern München
1976 und 1977 Udo Lattek Borussia Mönchengladbach
1980 und 1981 Pal Csernai FC Bayern München
1982 und 1983 Ernst Happel Hamburger SV
1985 und 1986 Udo Lattek FC Bayern München
1986 und 1987 Udo Lattek FC Bayern München
1989 und 1990 Jupp Heynckes FC Bayern München
1995 und 1996 Ottmar Hitzfeld Borussia Dortmund
1999 und 2000 Ottmar Hitzfeld FC Bayern München
2000 und 2001 Ottmar Hitzfeld FC Bayern München
2005 und 2006 Felix Magath FC Bayern München
2011 und 2012 Jürgen Klopp Borussia Dortmund
2014 und 2015 Josep Guardiola FC Bayern München

Jürgen Klopp befindet sich also mittlerweile in recht exquisiter Gesellschaft, zumindest in der Liste der Trainer, die es schafften, in der Bundesliga ihren Titel zu verteidigen. Zum all-time-leader Udo Lattek mit fünf erfolgreichen Titelverteidigungen sind es aber wohl doch noch einige Jahrzehnte zu gehen.

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Ramschladen Ewigkeit

Der Fußball als Sportart war jung. Er ahnte nicht, dass er einmal alt werden würde.

Als der Fußball noch jung war — das passiert Menschen häufiger — dachte man nicht an die Zukunft, bzw. man stellte sie sich als etwas ganz Fernes vor, etwas, das niemals wirklich eintreten würde. Also konnte man problemlos beschließen, die Rückennummer 7 nie mehr zu vergeben. Man hatte ja noch genug andere Nummern in petto.

Später, als ein weiterer legendärer Spieler des Vereins die Rente einreichte, sparte man die 3 für alle Zeiten aus, wenn es vor der Saison an die Nummervergabe an die Spieler ging. Früher gönnte man sich den Spaß nur bei den so genannten „one club stars“, irgendwann, als alles immer schneller wurde, reichten bereits einige gute Jahrzehnte in diesem Team oder ein besonderer Erfolg, schon wurde die Nr. nie mehr vergeben.

Immer rasanter wurden die Vergabebedingungen gesenkt, die dazugehörigen Trikots wollten schließlich verkauft werden, und die Ansage, dass diese Nummer nun auf ewig mit dem sie zuletzt getragen habenden Spieler verknüpft sei, kurbelte das Geschäft in aller Regel wie gewünscht ordentlich an.

Mittlerweile reichten schon zwei gute Saisons aus, um eine Nummer nicht mehr zu vergeben, später senkte man auf nur noch „mindestens ein Tor für den Verein erzielt“. Wer einen Klub verlassen wollte, ohne dass man seine Rückennummer nicht mehr vergeben wollte, galt bei diesen Zuständen quasi als unverkäuflich, denn wie schlecht musste ein Spieler gewesen sein, dass man nicht mal seine Rückennummer nie mehr vergeben wollen würde?

Irgendwann stand sie vor der Tür, klopfte an, man machte auf: die Zukunft war gekommen, jetzt schon!, so schnell, konnte doch keiner ahnen. Der bange Blick auf die Liste mit den nicht mehr zu vergebenden Nummern und schon fuhr der Schreck durch die Glieder. Tatsache, man hatte wahrhaftig alle relevanten Nummern schon als „wird nie mehr vergeben“ deklariert und nun saß man ratlos da, Nummern über 99 wurden schließlich weiterhin im Fußball nicht erlaubt.

Bis man ausgerechnet in Köln eine gute Idee hatte, was bezogen auf den Fußball selten genug ist: Man wollte Rückennummern nur noch „für begrenzte Zeit“ nie mehr vergeben, also so lange der betreffende Kandidat noch aktiv sein würde. Eine schlaue Lösung, die die besondere Würdigung von Hinz und Kunz und wer sonst noch Fußballvereine wechseln wollen würde, weiterhin ermöglichte, ohne dass einem eines Tages, wie damals, die Rückennummern ausgehen könnten.

Seitdem kann man jedes Jahr zu Saisonbeginn anhand der verwendeten und nicht verwendeten Rückennummern ablesen, welcher ehemalige Spieler des Vereins noch aktiv ist, und welcher sich bereits zur Ruhe gesetzt hat. Ist die Nummer also wieder frei, kann ein Nachfolger sie wieder tragen, bis sie nach dessen Ausscheiden das nächste Mal „nie wieder vergeben“ werden kann.

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Leverkusener Problemhumor

Nach dem Problemhumor aus der Metropolregion, den wir zuletzt hier diskutieren mussten, tut sich nun eine neue Problemzone im deutschen Fußball auf. Der Leverkusener Problemhumor.

Bei Bayer Leverkusen scheint man sehr verzweifelt zu sein. Anders lässt sich das folgende Irgendwas wohl nicht erklären. Ich hab auch keine Ahnung, wozu es dienen soll, aber es wirkt, wenn überhaupt, erst auf den zweiten Blick. Bei mir bis jetzt gar nicht, außer in die Richtung jener Gefühlsregung, aus der heraus Jens Peters Fan von Bayer Leverkusen wurde: Mitleid.

Klick aufs jeweilige Bild macht es groß: eins und zwei.

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The Kop loves you

Weil der Clip eine zeitlang bei youtube wieder verschwunden war und — auf einem Bein kann man schlecht stehen — weil heute die überarbeitete Version des Films „Yellow Submarine“ in den USA in ausgewählten Theatern anläuft, noch mal jenen Bericht der BBC aus dem Jahr 1964 eingeworfen, in dem die Menschen auf dem „Kop“ in Liverpool „She loves you“ singen.



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