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Schlagwort: Angstgegner

Drei Punkte zum Südderby

München ist schön. Sehr schön sogar, sehr sehens- und erlebenswert. Da kann man sich nicht länger als nötig mit bereits lange entschiedenen Spielen aufhalten. Steht es erst einmal 3:1, 4:1, 5:1 oder gar 6:1, und das schneller als man gucken kann (gucken, gesungen wird ja nicht), dann darf man ruhigen Gewissens aus dem Stadion zu einer der anderen Sehenswürdigkeiten Münchens aufbrechen. Im Prinzip schon vorher klar, wenn der Gegner VfB Stuttgart heißt, tatsächlich dann nach der Stuttgarter Führung für kurze Zeit in Gefahr. Wobei sich wahrscheinlich niemand der Flüchtenden von etwas ähnlich Profanem wie einem hohen Sieg — einer Niederlage nämlich — hätte aufhalten lassen, zurück in die Stadt zu strömen, noch bevor die Partie beendet gewesen wäre.

Das Opernpublikum in München zu bashen ist allerdings originell wie Hans Sarpeis Tweets und zurecht merken Stimmen an, dass nicht nur hohe Siege ein etwas weniger seltenes Ereignis in München sind als anderswo — hohe Siege gegen den VfB Stuttgart sind sogar eher die Regel. Und so nahm das Unheil seinen Lauf, wie es stets der Fall ist, seit Labbadia die Mannen mit dem Brustring gegen München auf dem Feld dirigiert: Es hagelte Gegentore en masse. Man fühlte sich fast zurückversetzt in die Anfangszeit der Bundesliga, als ein 6:3 oder ein 7:2 viel häufiger geschahen als heute. Nun geht es ja auch anderen Vereinen bei den Bayern so, dem FC Basel zum Beispiel, oder Sporting Lissabon, aber diese Regelmäßigkeit der hohen Niederlagen des VfB Stuttgart ist ein wenig beängstigend, weil so wenig mit den sonstigen Leistungen dieser Mannschaft korrelierend. Man wünschte sich einen Stuttgarter Trainer vor den Mikrofonen, der Erklärungen parat hätte, um wenigstens berechtigte Hoffnung auf Besserung beim nächsten Mal entwickeln zu können. Da geht dann aber leider die Schere auf zwischen dem, was medial durchkommt, und was tatsächlich in des Trainers Kopf und auf seinen Taktikbögen vorgeht: Nichts Genaues weiß man nicht.

Was man sich allerdings dann doch gewünscht hätte seitens der sonst so oft über Spielpläne und unerwünschte Ansetzungen palavernden Rummenigge und Hoeneß: Dass sie sich über den zu Beginn ihrer Saison viel zu leichten Spielplan beschweren. Wie soll eine Mannschaft da in Fahrt kommen, wenn sie in den ersten beiden Partien nur gegen Kanonenfutter antreten muss? Doch gemach, gemach: Diese Beschwerde wird sicher folgen, wenn die erste Partie verloren gegangen sein wird. Denn ob der FC Bayern wirklich funktioniert, das weiß man nach diesem Südderby nicht. Man weiß nur dass die drei Punkte da bleiben, wo sie immer bleiben, wenn der Gegner VfB Stuttgart heißt. Aber das … hatte man auch vorher irgendwie schon geahnt.

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Die Rückkehr des Angstgegners

Die Partie zwischen Hannover 96 und dem FC Bayern München ist trefflich mit einem von jenen beiden Nuhr’schen Sprüchen zu beschreiben, welche Eingang in den kulturellen Kanon deutscher Internetbenutzer gefunden haben:

Auf der einen Seite eine wohlorganisierte Abwehr, die dem Gegner wenig Möglichkeiten zugesteht, samt durchdachtem Spiel einer klug von einem fähigen Manager zusammengestellten Mannschaft, welcher ihr noch dazu einen ihr mehr als das Übliche entlockenden Trainer verpasst hat. Auf der anderen Seite: Bayern München.

Es scheint fast so, als käme für den FC Bayern etwas zurück, was er doch schon lange abgehakt zu haben glaubte: So etwas wie ein Angstgegner. Gut, es sind erst zwei Spiele in Folge, die die Bayern in Hannover verloren, und zwei Spiele sind noch keine Serie — oder wann beginnt eine solche? Angstgegner zu sein hat aber ohnehin nur bedingt mit einer Serie zu tun. Wenn man jedoch nur häufig genug drüber schreibt und sich die Möglichkeit eines „Angstgegners Hannover 96″ in den Köpfen („Mem“) der Beteiligten einnistet, dann wird durch Wiederholung dieses Mems psychische Realität geschaffen.

Anders als mit Angst wäre der hölzerne Auftritt samt ungelenkem Elfmeterfoul von Philipp Lahm wohl nicht zu erklären. (Das ist sogar eine Handreichung an Philipp Lahm, denn wenn die Erklärung für seine Leistung nicht „Angstgegner“ lautete, müsste man fragen, ob er nicht gerade im Begriff ist, eine viel schlimmere Bekanntschaft zu schließen, die da „Formkrise“ hieße. Mit einer ausgewachsenen Formkrise kann man nämlich normalerweise nicht Kapitän der Nationalmannsch … ach, ja, Jogi. Stimmt.) Anders als mit der erhöhten Anspannung, die man stets verspürt, wenn man zum Angstgegner reisen muss, wäre auch der Platzverweis wegen Tätlichkeit (!) für den friedliebenden Jerome Boateng nicht zu erklären.

Es muss also etwas dran sein, dass die Bayern sich gerade selbst ihren neuen Angstgegner züchten, wie es früher mal der 1. FC Kaiserslautern (Breitner: „Hatten die Hosen schon voll, wenn wir den Betzenberg rauffuhren“) oder Eintracht Frankfurt (von 1970 bis 1989 zu Hause ungeschlagen gegen den FC Bayern) waren.

Da die Bayern mittlerweile problemlos in Kaiserslautern gewinnen und Eintracht Frankfurt, nunja, muss halt ein neuer Angstgegner her. So wie noch jeder Klub einen solchen für sich pflegen sollte, allein schon, damit es wenigstens ein besonderes Spiel pro Saison gibt.

Der 1. FC Köln zum Beispiel hat seit 2003 nicht mehr gegen Borussia Dortmund gewonnen — und seit 1993 überhaupt nur 2x einen Sieg gegen die Schwarz-Gelben einfahren können. Das nennt man dann doch wohl Angstgegner — oder ist Köln einfach nur schlecht? Das kann eigentlich nicht sein, denn dann wäre ja auch der FC Bayern zumindest am Sonntag schlecht gewesen und nicht die Angstgegnerschaft wäre ausschlaggebend gewesen. Unmöglich, wo die Bayern doch jetzt so einen super Trainer haben. Sagt der fähige Manager. Ach, nein, der Präsident.

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