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Schlagwort: Monica Lierhaus

War das der emotionalste Moment Ihrer Karriere?

Als hier ein paar Tage lang Zwangspause herrschte, musste ich mit diesem Anachronismus namens TV vorlieb nehmen, sofern ich nicht Phelps-gleich (200m in knapp 9 Minuten) durchs Becken radelte. Dachte ich eigentlich, die jährlich nun mal unvermeidliche Portion Kerner schon während der Bregenzer Klamauk- und „Life is live“-Festspiele hinter mir zu haben, kam es beim Betrachten von diversen Olympioniken zum Super-GAU: Auch da kernert es ohne Ende. Offensichtlich hatte ich zu viel LSD genommen, blieb darauf hängen und von da an hörte ich in meinem Kopf Stimmen, die immer dieselbe Frage in verschiedenen Variationen stellten, womöglich auch, weil ich genau diese in meiner nicht unbeträchtlichen Lebenszeit schon so und anders unendliche Male beim TV-Fußball gehört habe:

„War das der emotionalste Moment Ihrer Karriere?“
„Welche Emotionen hat man da als (Sieger, Verlierer, armes Kerner-Opfer)?“
„Wie viel Emotion steckt in so einer Medaille?“
„Beschreiben Sie mal Ihre Emotionen!“
„Haben Sie schon mal etwas Emotionaleres als das erlebt?“
„Wie haben Sie Ihre Emotionen ausgelebt?“
„Ist Ihnen rational schon klar, was Sie da geleistet haben, oder nur emotional?“
„Welche Emotionen beherrschen Sie jetzt?“
„Emotional war das sicher das Größte, was Ihnen je passiert ist, oder?“
„Wie waren Ihre Emotionen bei der letzten Kurve/Sprung/Furz/Scherenschlag?“
„Wie kontrollierten Sie Ihre Emotionen bei dieser Anspannung?“
„Wenn man dann da oben auf dem Treppchen steht, was hat man da für Emotionen?“
„Erzählen Sie uns von Ihren Emotionen?“
„Waren Sie schon mal emotional aufgewühlter als heute?“
„Wie werden Sie diese Emotionen in den nächsten Tagen und Wochen verarbeiten?“
„Wann werden Sie diese Emotionen in den nächsten Tagen und Wochen verarbeiten?“
„Werden Sie diese Emotionen in den nächsten Tagen und Wochen verarbeiten?“
„Selten hat man die Emotionen bei Ihnen so deutlich gesehen wie heute!“
„Welche Emotion überwiegt jetzt?“
„Werden Sie diese Emotionen je vergessen?“ und noch mal:
„War das der emotionalste Moment Ihrer Karriere?“

Und ich kann mit Fug und Recht sagen:

Ja, es war der emotionalste Moment meiner Karriere.

Nämlich als ich zwei Stockwerke tiefer schellte, diesen bärtigen Mann um seine Schrotflinte bat, wieder hinaufstiefelte und dem Fernseher mitsamt seinem Kernemotionalen den Garaus machte. So etwas erlebt man nur einmal, so eine Befreiung, so ein Triumph, das werde ich meinen Enkeln noch erzählen, meine ganze Familie hat daheim zugeschaut und als dann draußen auch noch die Nationalhymne Hymne der NRA gespielt wurde, da flossen dann auch bei mir die Tränen.

Dialog zwischen dieser Frau, die nicht Monica Lierhaus ist, und Kerner:

Sie: „Die Turner sind mit der Mannschaft übrigens nur Vierter geworden, ganz knapp an Bronze vorbei.“

Kerner: „Aber sie hatten trotzdem gute Laune?“

Sie: „Ja, sie hatten gute Laune.“

So, zurück zum Fußball, respektive Traufe.

Das mit dem LSD und den Stimmen hat sich erledigt, seit ich abdrückte. Plötzlich verstummten die Stimmen. Die Asche des Fernsehers schwelt noch ein bisschen vor sich hin und stinkt. In ein paar Tagen wird das alles vergessen sein.

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Was machen die anderen 84%?

In einer Printumfrage kam jemand zu dem Ergebnis, dass von all jenen, die sich die Spiele der EM im Fernsehen angeschaut haben, gerade einmal 16% auch das Internet als Informationsquelle bezüglich der EM genutzt haben. Holladiewaldfee, mal wieder dem Leiden des falschen Konsenses[1] aufgesessen: Ich hätte doch glatt 50% noch für einen niedrigen Wert gehalten, aber sechzehn — das schlägt meinem Konsensfass den Boden aus. Sind wohl nicht alle so wie wir hier, nur: Was machen sie dann mit ihrer Zeit? Fernsehn gucken? Bodensee-Bühne und so? Man glaubt es kaum.

Außerdem interessant: Mehmet Scholl ist besonders bei jüngeren, weiblichen Zuschauern beliebt, Monica Lierhaus hingegen bei Zuschauern ab 50. Also, irgendwie doch nicht so interessant.

[1] Falscher Konsens: Wir neigen dazu, unsere Meinung oder Reaktion als typisch für eine große Mehrheit zu betrachten, auch wenn das gar nicht stimmt. Eine Erklärung hierfür lautet, daß wir nicht gern anders sein wollen als andere, eine weitere Erklärung ist, daß sich Menschen gern in der Gesellschaft anderer bewegen, die ihnen tatsächlich ähnlich in ihren Meinungen und Reaktionen sind.

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Live vom Ende der Sommerpause

22:49h Jetzt aber doch Peter Lustig. Der Name war heute zum Glück Programm, einen besseren Saisonauftakt wünschen sich wohl nur hoffnungslose Perfektionisten.

22:37h Ich spreche meine Bekannten übrigens auch nur noch mit Vor- und Nachnamen an: „Wie ist das hier mit der Schmökerei im Stadion, Armin Veh?“ „Da sag ich jetzt nix zu, Monica Lierhaus.“ Kommst Du mal zu Kasse 4, Frau Obermeyer?

22:28h Ich bin sehr angetan. Das war ein sehr guter Start in die Saison, vier Tore, volles Haus, zwei Spitzenmannschaften der vergangenen Saison, es hat Spaß gemacht, es ging hin und her, auch was die Führung anging. Diese Legendenbildung, wenn ein Spieler in seinem ersten Spiel direkt für seinen neuen Club trifft, haben wir schon hundert Mal erlebt, es ist aber immer wieder nett. Das Beste heute: Wolfsburg bleibt weiter Letzter.

22:22h Oha, diese Demut. „In den großen Ligen wird noch nicht gespielt. Daher volle Konzentration auf die Bundesliga.“ Fünfjahreswertung hin oder her, dass es so schlimm um unser geliebtes Kind steht, war mir neu und erschüttert mich jetzt auch ein bisschen.

22:18h Es mag hier vielleicht so wirken, als würde ich auf Tom Bartels rumhacken, sein Kommentar ist abgesehen von der üblichen leichten Überhöhung des Ganzen aber durchaus mehr als nur „erträglich“. Besonderes Kompliment dafür, dass er seine Stimme nur alle 3-4 Minuten höhepunktartig reizt und vor allem, dass er sehr beim Spiel bleibt. Etwas, was ihm offensichtlich besser gelingt als mir.

22:17h Okay, ich geh ins Bett. Wie sagte eine Ex-Freundin doch immer? „Okay, dass Du gerne Fußball schaust, versteh ich ja. Aber reicht es nicht, wenn Du nur die ersten 70 Minuten schaust?“

22:10h Hab ich da gerade im Hintergrund des ARD-Kommentars bei Schalkes Ausgleichstor Günther Koch „Sensationell“ sagen hören oder höre ich inzwischen Stimmen aus dem Nirvana bzw. sind das schon die Vorboten meiner Tiefenanalyse? Das Remis geht in Ordnung, so wie aber auch jedes andere Ergebnis — siehe Glücksspiele — zu diesem Zeitpunkt in diesem Spiel in Ordnung ginge.

22:02h El Phrasenschein wird wieder gut durchgefüttert heute: Elfmeter ist bekanntlich, wenn der Schiri pfeift. Aber ob man da so hingehen muss wie Neuer, wenn man noch ne halbe Abwehr hinter und um sich herumstehen hat, weiß ich genauso wenig, wie die Frage, ob man diesen Elfmeter unbedingt pfeifen muss, wenn ein Stürmer da einfach nur auf den Torwart zuläuft und sich den Elfmeter „nimmt“. Um es kurz zu sagen: Ich diskutiere solche Entscheidungen nicht. Nach Bartel’scher Logik müsste Stuttgart jetzt aber bereits gewonnen haben. Da ich euch versichern kann: So ist es nicht, möchte ich hier quasi mit dem Anti-Peter-Lustig mahnen: Nicht abschalten.

21:57h Auch das zweite Tor des Tages wird nur abgefälscht erzielt. Wir müssen uns wieder mal von dem Glauben verabschieden, dass die Gesetze zur Regulierung von Glücksspielen nicht für Fußball gelten würden. Ich bitte alle Leser unter 18 Jahren, jetzt das Blog zu verlassen.

21:55h Kuranyi wieder ganz der alte: als Chancentod. Für Bartels ist ein 2:0 Mitte der zweiten Halbzeit schon eine „Entscheidung“. Da hat er wohl noch nicht so viele Spiele gesehen wie ich.

21:49h Tom Bartels wird noch tiefenanalytischer als ich: Nach dem Foul von Boka, das zur Gelben Karte führt, fragt er: „Was wollte er damit sagen?“ Wird jetzt schon via Foulspiel kommuniziert, seit das Didgeridoo-Spielen aus der Mode gekommen ist?

21:47h Es gibt völlig neue Fangesänge in der Saison 2007/08. Die Stuttgarter haben sich etwas umwerfend Kreatives ausgedacht: „Auf geht’s, Stuttgart, schieß ein Tor.“ Irgendwo habe ich das allerdings schon mal gehört, eventuell doch ein Plagiat.

21:44h Ich werde morgen mit einer Tiefenanalyse beginnen, um mir darüber klarzuwerden, warum ich bestimmte theatralische Gesten z. B. bei Collina als gelungen und stimmig und bei Fandel einfach nur als hinterwäldlerisch-inszeniert und ihre Wirkung völlig verfehlend empfinde.

21:39h Erwähnte ich schon, dass man im Gottlieb-Daimler-Stadion auf bestimmten Plätzen eine ganz beschissene Sicht hat? Und atmosphärisch ist da auch nicht viel los.

21:33h Ganz stark heute: unser Pausen-pundit Dülp. Merkt als erster, dass ich gar nix zum Spiel geschrieben habe.

21:25h Monica Lierhaus und dieser komische düdelnde Dudelsack der Krombacher-Werbung. Vielleicht war die Sommerpause doch nicht so schlecht.

21:21h Das Spiel gefällt insgesamt, es ist auch ordentlich anzuschauen. Nur wo bleibt der Stromausfall mit folgender einstündiger Übertragung von Discosendungen aus den frühen 1980ern, für die wir uns eigentlich heute Abend verabredet hatten?

21:17h Der Typ, der in meiner Heimatstadt wohnt, sieht die erste Gelbe Karte der Saison. (Okay, schon ein paar Minuten her.) Das geschieht ihm recht. Dieser Makel wird nicht mehr aus seiner Biografie zu tilgen sein. (Welchen der beiden ich jetzt meine, kann man sich aussuchen.)

21:13h Ich hätte einen innovativen Spruch zu verkaufen, den man nach Abschluss des ersten Spiels des ersten Spieltags dieser Saison als siegreicher Trainer in die Mikrofone sagen könnte: „Ich hätte nichts dagegen, wenn die Saison jetzt zu Ende wäre.“ Bei einem Remis verschenke ich ihn allerdings.

21:10h Der häufig allerorten erwähnte Manuel Neuer wirkt auf manchen Fotos, als wäre er der legitime Nachfolger des Nachfolgers des eigentlichen kinderschokolade®-Bubis.

21:07h Nolookpass nölt ohne Ende, erst will er verlinkt werden, dann soll ich weiterbloggen. Na gut, damit ich nicht ohne Butterbrot ins Bett muss: Kobiashvili führt im Moment die Torjägerliste an. Warum schreibt man Namen in Deutschland in englischer Schreibweise? (Dazu wollte ich schon immer mal was schreiben, es ist aber nie fertig geworden, außerdem ist Voronin ja jetzt weg. Voronin. Ute Vollmer. Jürgen Vogel. Sven Väth. Wolfgang Völz. Voronin halt, so wie Kobiashvili.)

20:30h Bundesliga, we have liftoff.

20:29h Obwohl nicht im Stadion, rieche ich schon wieder die Melange aus Bratwurst und Pommes-Geruch mit von Flutlicht angestrahltem Rasen. Alte Synapsenmatritzen verschwinden nicht so schnell.

20:28h Meister Stuttgart, Pokalsieger Nürnberg, das ist in zwei Minuten schon wieder passé. Die Würfel werden neu gezinkt.

20:27h Wenn die Sommerpause wenigstens ihren Namen verdient gehabt hätte, dann hätten wir nicht die auf das Fensterdach prasselnden Regentropfen zählend den Blues geschoben.

20:26h Die Motorik, die gleichzeitig Liveticker, Livetabelle, Livestream und Tastatur bewältigt, ist noch weniger eingerostet als die Liveticker selbst. Sofort voll da, als wäre sie nie weg gewesen.

20:25h Die Erinnerung an die Phase der 30 Jahre ohne Fußball beginnt zu verblassen.

20:24h Nur noch 6 Minuten, das bedeutet, die elendige Eröffnungsfeier mit Nationalhymne ist schon vorbeigerauscht, glücklich, wer drumherum gekommen ist.

20:23h Plötzlich fällt auf, dass zur Hälfte der Neueinkäufe der Bundesliga noch das passende Gesicht im Speicher fehlt. Das wird gleich behoben werden.

20:22h Ein kurzes Zucken aus den Tiefen des Gedächtnis erinnert an die Kaskaden schlechter Wortspiele und belangloser Interviews, die jetzt wieder auf uns abgefeuert werden werden. Das Zucken wird abgelöst vom Pochen des Herzens. Was ist das?

20:21h Noch 9 Minuten um die Tipps für Herbstmeister, Meister, Absteiger und so weiter in den diversen Tippspielen zu ändern. Wer jetzt noch ändern muss, ist zu spät. Gut Vorbereitete fahren nicht ohne Fahrplan in Urlaub.

20:20h Es ächzt und knarzt beim Hochfahren der alten, lange unbenutzen Liveticker, aber nach einigen Fehlversuchen und zwischenzeitlichem Empfang von Störsendersignalen steht die Verbindung.

20:19h Die Stecktabelle sieht so jungfräulich aus. Könnte daran liegen, dass sie noch im Laden liegt.

20:18h Adrenalin besiegt seinen Antagonisten an mehreren entscheidenden Stellen im Körper.

20:17h Noch 13 Minuten. Wenn das mal kein Unglück bringt. Noch kann alles schief gehen, wie nolookpass weiß.

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Gesprächskultur à la Lierhaus

Monica Lierhaus: „Was machen Sie, wenn Miro Klose zurückkommt, Herr Löw?“

Joachim Löw: „Joa, wir sind froh, dass wir so viele Stürmer haben, die treffen.“

Monica Lierhaus: „Aha …“

Dann macht sie weiter mit der nächsten Frage. Eigentlich könnte man sich die Fragen auch sparen und einfach Löw kleine Karteikarten mit Stichwörtern hinhalten, zu denen er frei assoziieren darf, wenn die Fragen nicht dazu dienen, Antworten hervorzubringen.

Dass die Antwort auf diese Frage ohnehin keinen interessiert, steht noch mal auf einem anderen Blatt: Wie soll Löw heute wissen, welche Personalsituation in zwei Monaten vorliegt?

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