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Schlagwort: Sekt

„Aber nicht so toll, wie man es in seiner Erinnerung hat“

Selbst das neben Michael Schumacher größte Kinn der Welt, Ruud van Nistelrooy, hatte eine Kindheit. In dieser schaute er wohl, da er ganz früh (mit 5 Jahren schon im Fußballverein angemeldet) mit dem Fußball anfing, auch Spiele der niederländischen Nationalmannschaft bei diversen Turnieren. Und wurde natürlich, bis auf eine Ausnahme, letztlich immer enttäuscht. Holländer, das weiß man in Deutschland, spielen wirklich sehr, sehr guten Fußball, nur eins können sie nicht: gewinnen.

Die EM 1988 muss natürlich da rausgenommen werden, denn da gewannen sie 14 Jahre nach ihrer schmachvollsten Niederlage („Wir waren die Besten“) im WM-Finale 1974 („War keine Schwalbe“) im selben Stadion dann ihren ersten und einzigen internationalen Titel: Europameister 1988. Wir wollen das nicht schmälern, indem wir darauf hinweisen, dass es 1988 ja auch noch kaum Länder in Europa gab, weil die alles verschlingende Krake Sowjetunion fast jedes Land, welches nicht annähernd groß genug war, ein Vasallenstaat zu sein, sich in ihrer stalinistischen Habgier einverleibte und so auch fußballerisch für relativ reine, mittel- bis westeuropäische Verhältnisse sorgte. Aus dem Ostblock gab es überhaupt nur 8 Starter (Sowjetunion, Polen, CSSR, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, DDR und mit Abstrichen und Einschränkungen Jugoslawien. Albanien, da weiß man nicht, wozu das je zählte und wozu es jetzt noch zählt, aber Hans-Peter-Scholl-Latour Briegel geht gerade nicht ans Telefon, um darauf eine Antwort zu geben.)

Wie dem auch sei, in einer Europameisterschaft von acht (!) qualifizierten Teilnehmern gewannen schließlich also die Niederlande, die man auch gerne fälschlicherweise als Holland bezeichnet, das Turnier und steckten sich den Pokal auf den Kopf, einige Flaschen Sekt hinein und rauchten schließlich abend im Hotel dicke Bong mit dem Ding.

Auch Ruud van Kinn war damals schon geboren und sogar bei Bewusstsein, er war sogar in Gelsenkirchen im Stadion beim Spiel der Niederländer gegen Irland (auch 1988 konnte man anscheinend noch Tickets kaufen, ohne ein Führungszeugnis von Interpol vorlegen zu müssen oder gar, 1988, eine Emailadresse zu besitzen):

Diese EM ist bei uns immer ein großes Thema, jetzt zum 20-jährigen Jubiläum aber natürlich ganz besonders. Ich habe auch gerade wieder 20 Minuten lang eines der Spiele im Fernsehen verfolgt. Es war schön zu anzusehen, aber nicht so toll wie man es in seiner Erinnerung hat. Ich war damals zwölf Jahre alt und habe das Finale im Wohnzimmer meiner Eltern im Fernsehen gesehen. Beim Vorrundenspiel gegen Irland war ich mit meinem Vater sogar im Stadion in Gelsenkirchen. Dieses Erlebnis werde ich niemals vergessen.

Dass man den aktuellen Teams der Niederlande jetzt aber immer wieder aufdrückt, gefälligst Favorit zu sein, ist, seit Cruyffs aktive Zeiten vorbei sind, eher ein Hindernis als Ansporn. Insgesamt gesehen hätten die Niederlande sicher mal einen Weltmeistertitel verdient, nicht aber den von der WM 2010 in Südafrika. Denn: So fintenreich und flächenbeherrschend der niederländische Fußball auch sein mag, zur Zeit. Das Runde muss ins Eckige.

Kurz gesagt: Niederlande: Viertelfinale und dann raus, wie immer. Großes Kinn hin oder her.

Bemerkenswert zu diesem Punkt: Ja, ich bin beim „Jahrhundertspiel von 1970″ auch eingeschlafen. Kein Wunder, dass es Ruud van Gol nicht anders geht, wenn er zum Sehen dieser oder jener ollen Kamellen gezwungen wird.

Die vielen tollen Siege, all die legendären Spiele, in der Erinnerung faszinierend, aber doch bitte niemals den Fehler machen, die Spiele live und über 90 Minten wiederzuschauen. Siehe Titel.

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