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„Tatort“ — Was Horst Szymaniak mit der Horst-Schimanski-Gasse zu tun hat

Ich schaue nie „Tatort“. Abgesehen von den alten Schimanski-Folgen, auf dessen Geschmack zu kommen ich erst nach München zum Stadtneurotiker fahren musste, wo ich in diesen Charakter eingewiesen wurde. Die einzige andere Folge vom „Tatort“, die ich je sah, ist jene mit Theo Zwanziger, Jogi Löw, Oliver Bierhoff, Steffi Jones und Celia Okoyino da Mbabi, in der sie zeigen, dass es noch eine Kategorie unterhalb der Kategorie „Laienschauspiel“ geben muss. Sowie, dass Drehbücher für diese Reihe nicht dazu verleiten, den Eingangssatz ändern zu müssen.

Duisburg benennt nun eine Gasse nach seinem bekanntesten Einwohner. Es benennt diese Gasse nicht „um“, weil diese Gasse im Ruhrorter Hafen zuvor gar keinen Namen besaß. Dass der bekannteste Duisburger ein fiktiver Charakter ist, ist dabei wohl eher ein Glück.

Die Idee der Neubenennung schwirrte schon länger herum, eine Strickmafia (siehe Foto) hatte schon eigenmächtig Straßenschilder mit der Beschriftung „Schimmi-Gasse“ dort aufgehängt.

Die Duisburger Stadtverwaltung aber lehnte eine solche Benennung dieses eher unscheinbaren Gässchens, welches durchaus einmal in einem Tatort Schauplatz einer Szene war, ab. Schimanski lebe ja noch, war eine Begründung, und nach lebenden Personen würden keine Straßen benannt. Wobei dann hier das Fiktive an seiner Existenz relevant wird, denn fiktive Charakter sterben bekanntlich nie — oder zumindest so lange nicht, wie die Menschheit noch existiert.

Die Duisburger Stadtverwaltung besaß aber noch einen zweiten Grund zur Abwehr dieser Namensgebung. Und hier kommt der Fußball ins Spiel. Denn offensichtlich besaßen die dort Argumentierenden keine ausreichenden Kenntnisse im Fußball und dessen Drumherum, sonst hätten sie ihr nächstes Argument gleich in der Schublade gelassen.

Eine Schimmi-Gasse käme nicht in Frage, weil die Verwechslungsgefahr zu groß sei. Mit wem? Mit Horst Szymaniak, dem Fußballer, dem Nationalspieler, dem Star bei Inter Mailand, welcher ebenfalls den Spitznamen „Schimmi“ trug.

Diese Begründung ist, sagen wir mal, putzig.

Denn Horst Schimanski heißt nicht nur Horst mit Vornamen zu Ehren von Horst Szymaniak. Er hatte auch den Spitznamen „Schimmi“ zu Ehren eben jenes Horst Szymaniak erhalten. Die Erfinder der Figur Kommissar Horst Schimanski dachten nämlich explizit daran, jenem Ruhrgebietsfußballer damit eine Reminiszenz zu erweisen. Insofern wäre also eine Verwechslung beim Rezipienten zwar möglich gewesen, in beiden Fällen hätte man sich aber in letzter Konsequenz ohnehin auf den Fußballer Horst Szymaniak bezogen. Wie dem auch sei, am Ende sind sie dann doch eingeknickt und Duisburg besitzt nun in Ruhrort seine, dann allerdings den vollen Namen verwendende „Horst-Schimanski-Gasse“.

Pointe: keine. Aber durchaus Munition für divese Smalltalksituationen.

11 Kommentare

  1. Sehr schön, Trainer. Und dass Du extra dahin gefahren bist, um das Schild abzulichten: Chapeau!

  2. Schön, heinz, wenn Dich das so freut.

    Ich bin dennoch nicht ganz sicher, wie Du das meinst.

    Ich gebe mal ein paar denkbare Antworten zur Auswahl:

    a) Willst Du mich verarschen?
    b) Das ist doch meine tägliche Runde um den erweiterten Block.
    c) Wer in Duisburg noch nicht an der Horst-Schimanski-Gasse war, hat die Kontrolle über seine Freizeitgestaltung verloren.
    d) Für meine Leser tu ich doch alles.

  3. a) Nein.
    b) Das war zwar eine denkbare, sich angesichts der doch beträchtlichen Größe dieser Stadt aber keineswegs aufdrängende Konstellation.
    c) Was nicht heißt, dass man ständig dort zu tun hat.
    d) Logge ich ein. Und freu mich drüber.

  4. Interessant. Ernsthaft.

  5. […] Götz George ist verstorben, der in ebenso vielen anderen Rollen wie in Ausgaben seines Horst Schimanskis glänzte. Warum diese seine Rolle so getauft wurde, was das mit Fußball zu tun hat, erfährt man hier. […]

  6. Wenn ich jetzt noch wüsste, wo ich gelesen habe, dass Schimanski nach dem Fußballer Szymanski benannt wurde. Natürlich hab ich es mir nicht ausgedacht, sondern tatsächlich so gelesen.

    Hier liest sich das alles aber etwas anders und zwar so, dass man den hiesigen Beitrag zumindest mit dem hier genutzten Aufhänger eigentlich auch gleich beerdigen kann.

    Hajo Gies erzählt:

    „Die Geburt des Horst Schimanski war gar nicht so spektakulär, wie man allgemein vermutet. Sie entstand mit einem Kollegen namens Bernd Schwamm durch viele Kneipengespräche und über Krimi-Literatur wie die des Schweden Per Wahlöö (‚Der 31. Stock‘). Den Namen Schimanski entnahmen wir dem Duisburger Telefonbuch, und Thanner wohnte unter dem Bernd Schwamm im Haus, wir haben nur ein ‘h‘ dazugetan“.

    Tja, das wär’s dann gewesen mit Fußballbezug zum Namen der Kunstfigur. Die andere Version hab ich aber wie gesagt nicht geträumt.

  7. Ja, natürlich meinte ich Szymaniak, steht ja oben im Text auch korrekt. Der Dreher kann dann schon mal passieren. Danke für den Link und ja, da habe ich es wohl her. Was dort zu lesen ist, kann auch so ungefähr bestätigt werden, nachdem ich Hajo Gies dazu gestern leibhaftig befragen durfte.

    Einerseits stammt der Name zwar tatsächlich relativ willkürlich aus dem Telefonbuch von Duisburg. Andererseits war es aber bewusst das Ziel, einen polnisch klingenden Namen – „ähnlich wie die Fußballer früher, Szymaniak oder Juskowiak“, sagte Gies – zu wählen, die man auch klanglich mit dem Ruhrgebiet verbinde. Dabei stieß man dann bei der Suche im Telefonbuch eben auf Schimanski. Und „Horst“ hieß einer der an der Entstehung des Ganzen ebenfalls Beteiligten, (leider hab ich den Namen nicht genau verstanden) und deshalb erhielt die Kunstfigur den Vornamen Horst, aber eben nicht wegen des Fußballers Szymaniak, der nur leichte Inspiration für den Nachnamen gab, ohne dass dies als Würdigung gemeint war.

    Die Geschichte der Namensfindung bezüglich Thanner (s. o.) hat Gies dann gestern auch noch einmal bestätigt.

  8. Die Namensgebung mittels Telefonbuch scheint eine beliebte Methode von Autoren zu sein. Nicht alle sind so gelungen wie bei Horst Schimanski. Da ist Gies schon sehr tief ins Ruhrgebiet abgetaucht.

    Gregor Edelmann, Autor der Serie „Der letzte Zeuge“ fand die Namen seiner Protagonisten in den Todesanzeigen der FAZ…

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