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Schlagwort: Vigo

Italien! Kamerun! Endlich neue Bestechungsvorwürfe!

Man nimmt gerne an, man habe schon alle Gerüchte rund um die diversen, immer noch in überschaubarer Zahl stattgefunden habenden WM-Turniere gehört. Dass das deutsche 1:0 bei der Schande von Gijon aus einem Nichtangriffspakt resultierte, bestritt ja nicht mal jemand.

Die Gerüchte über umfangreiche Getreide-Lieferungen aus Argentinien nach Peru, welche 1978 im Anschluss an den 6:0-Sieg der Argentinier über Peru stattgefunden haben sollen, sind wohlbekannt. Jenem 6:0, mit welchem Argentinien in seiner Gruppe weiterkam und Brasilien wegen der schlechteren Tordifferenz (+8 zu +5) ausschied.

Gerüchte um Doping bei den Deutschen bei der WM 1954 sind ein ebenso alter Hut wie jene von der WM 1966. Die unglaublichen Schiedsrichterleistungen bei der WM 1934 zugunsten des Gastgebers Italien Allgemeingut, sofern man sich für die Geschichte der Weltmeisterschaften interessiert. Auch das Vordringen Südkoreas ins Halbfinale 2002 umwehen nicht die angenehmsten Düfte. Als eifriger Leser von Harry Valériens WM-Büchern heutigen Medien sind diese Geschichten jedenfalls alle bekannt. Womit man annahm, umfassend über derlei Anwürfe informiert zu sein.

Weit gefehlt! — purzelt da doch plötzlich bei einer der vielen Internet-Safaris immer noch etwas Neues aus dem Monitor:

Italien soll bei der WM 1982 das 1:1 im letzten Spiel der Vorrundengruppe A gegen Kamerun gekauft haben. Das könnte insofern Sinn ergeben, als Italien damit sicher in der 2. Runde war, während ein solches Ergebnis Kamerun ein ehrenhaftes, da ungeschlagenes Ausscheiden von der WM ermöglichte — zu einer Zeit, da Kamerun noch ein echter Zwerg im Weltfußball war, klingt das wie ein nachvollziehbarer Gegenwert.

Neben dem eigentlichen Preis dafür, diese Partie seitens der Italiener zu kaufen, selbstredend.

200.000 Dollar sollen an die Spieler Kameruns geflossen sein, von denen einige zumindest einen Kontakt mit italienischen Spielern im Vorfeld der Partie in Vigo nicht einmal bestreiten. Kameruns Trainer soll trotz der Chance auf ein Weiterkommen — ein Tor mehr als Italien, das bis dahin 0:0 und 1:1 gespielt hatte, und Kamerun wäre in der 2. Runde gewesen — extrem defensiv spielen lassen haben. Als Underdog gegen Italien vielleicht nicht erstaunlich. Wohl aber, dass der Trainer nach Ende der Partie für Medien auf Jahres hinaus nicht mehr zu sprechen war.

Wenig überraschend hingegen, auf welche Weise die FIFA die Vorwürfe damals untersuchte: In Zusammenarbeit mit italienischen (!) und kameruner (!) Funktionären, welche natürlich ein höchstes Interesse daran gehabt haben werden, eine eventuelle Bestechung und Manipulation aufzuklären, wenn sie doch die Initiatoren dieser Vorgehensweise gewesen sein sollen.

Nun, bewiesen wurde nie etwas, auch weil ein Buch, dass die in dieser Richtung recherchierenden Reporter in Italien herausbringen wollten, nie veröffentlicht wurde. Wieso man heute dann trotzdem davon erfährt? Weil es das Archiv des Print-Spiegels gibt, und der Spiegel damals berichtete. Eingang in die herkömmliche Sportberichterstattung fand diese Vermutung offenbar nie, sonst hätte man nicht im Jahr 2013 zum ersten Mal davon gelesen.

Das ganze Stück über ein hierzulande weitgehend unbekanntes Kapitel dubioser Machenschaften bei großen Turnieren findet sich unter dem Titel „Alle zufrieden“.

Dass die Partie nicht wie vereinbart 0:0 ausging, soll übrigens daran gelegen haben, dass Kameruns Torwart Thomas N‘Kono beim Gegentreffer zum 0:1 versehentlich ausrutschte. Woraufhin die Italiener im direkten Gegenzug ohne viel Gegenwehr den Ausgleich zugelassen haben … ähm, sollen.

Da möge sich jeder selbst seine Meinung bilden:



(Längere, aussagekräftigere Highlights.)

Angesichts des Umstands, wie Paolo Rossi vor einem schon leeren Tor und einem sich niedergeworfen habenden Torwart den Ball aus 6 Metern neben das Tor kickt, des Umstands, wie oft an einem ebenfalls leeren Tor vorbeigeköpft wird, kommen schon Zweifel, ob dieses Versagen allein dem Fußballgott zuzuschreiben ist.

Manipulation lässt sich im „Fehlerspiel“ Fußball auf diesem Weg allerdings nie beweisen.

Und andere, am Ende stichhaltige Beweise gibt es keine, nicht zuletzt, weil weder Veranstalter noch (vermeintlich) Betroffene ihr Nest beschmutzen wollten. Und ob all das nun nur eine schlechte Verschwörungstheorie ist oder die Wahrheit, wird man wohl wie bei all den anderen eingangs erwähnten Vorfällen bedauerlicherweise nie erfahren.

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