Heute vor 31 Jahren stolzierte der Kaiser noch einmal zurück in die Bundesliga, nach zweieinhalb Jahren in der Operette. Begleitet wurde er dabei von einem Mikrofon, hinter dem der unnachahmliche Rolf Töpperwien stand, der es im Gegensatz zum damaligen Franz nicht an Eloquenz mangeln lässt.
Zunächst macht zwar ein anderer das Spiel, Hansi Müller nämlich, doch dann geht es ab der 46. Minute wieder um alles für den Franz, echte Laufduelle, zielgenaue Pässe und natürlich die obligatorischen Anweisungen an die Mitspieler.
Ganz frisch war er offensichtlich nicht mehr, es reichte aber immerhin für 27 weitere Spiele im legendären BP-Trikot des HSV. Und natürlich ist das Video hier eigentlich nur drin, weil man nach Monaten der Abstinenz mal wieder diese Töpperwien’sche Machart von Spielberichten braucht.
Nachdem man das Video geschaut hat, sollte man es vielleicht noch einmal aus einer anderen Perspektive betrachten, welche sich bei Lektüre des Folgenden über die Spätphase des Franz ergibt:
Allerdings hat der Franz, Franz Beckenbauer, auch andere Zeiten erlebt: Ende der Siebzigerjahre galt er als Karikatur seiner selbst, als eitler Pfau, der sich nur mehr in der Münchner High Society herumtrieb. „Vom Idol zum Reklamekasperl“ titelte die Süddeutsche Zeitung damals über den „Kaiser“, und der Spiegel schrieb, dass keine Majestät mehr so tief gefallen sei, seit Wilhelm II. in Holland im Exil Bäume zersägt habe.
Und schon wirkt sein Gegockel auf dem Spielfeld nicht mehr ganz so von seiner Lebensleistung legitimiert, wie man es aus heutiger Sicht empfindet.
Ohnehin erstaunlich, wie viel sich der Franz rausnehmen durfte, wie cholerisch, beinahe asozial er manches Mal auftrat. Und er hat offensichtlich die richtigen Leute, die ihm zugetan sind und schon wird er zur Lichtgestalt? Fraglich, was beunruhigender ist: Dass es mit dem Lodda nicht funktioniert oder dass es mit solch einer fragwürdigen Figur wie dem Franz funktioniert hat, weil er im rechten Moment die richtigen Freunde besaß.
Oder ist es eher eine gute Nachricht, dass heute mit Lodda nicht mehr funktioniert, was mit Franz noch klappte? Ein Hoch auf Twitter und auf aufgeklärte Zeitungsleser, die nicht mehr alles glauben?
Fragen über Fragen mal wieder, Antworten keine.
Alte Bücher, alte Weisheiten:
„Franz Beckenbauer hieß nach nur wenigen Jahren seiner Karriere ‚der Kaiser‘. Und das sagt im Grunde schon alles. […] Franz Beckenbauers Ruhm wird noch Jahrzehnte überdauern. […] In Deutschland erreichte er einen Bekanntheitsgrad, der selbst von Showgrößen wie Peter Alexander nicht übertroffen wurde.“
(Eine Antwort des Fußballbuchautors Dieter Ueberjahn aus dem Jahr 1979.)
Der Unterschied zu M. ist der: B., wiewohl kein Geistesriese, kann Gerissenheit, Gespür für seine jeweiligen Gegenüber und einen gewissen Charme an den Tag legen. Außerdem ist er durchaus entwicklungs-, beratungs- und lernfähig.
M. hingegen hat sich seit ungefähr dreißig Jahren – abgesehen von der Optik – keinen Strich weiterentwickelt.
Ein präpotenter Herzogenauracher Dorfdimpfel, dem der liebe Herrgott aus einer Laune heraus ein herausragendes Fußballtalent beschert hat. Sonst leider gar nix…
Der alte Steuerflüchtling kann sich das halt erlauben…
ich hatte sein re-Debüt ganz anders in Erinnerung: Da kam er auf’s Feld und die Sportschau blinkte „Der Kaiser“ als Laufschrift ein.
Als der Kaiser aber endgültig gekürt ward als endspielweisender Nationalkaiser, da ging es mir wie FF oben, daß da ein praxisgesättigter suppengestärkter Schwätzer charmevoll die Bude nicht mehr machen mußte, sondern sie eben ebenso elegant wie nun auch eloquent vollquatschte, titelgebend der ballspielenden Nation. Er blieb der Kaiser der Medien, und alle neben ihm verblassen bis heute durch die Notdurft, neben ihm über Fußball berichten zu wollen. Was für eine Verblendung. Aber der Kaiser sieht drüber hinweg … gnädig, lächelnd, bayrisch in Kitzbühel …
Das Lustige ist ja, dass für einen liborix wie mich (Jahrgang 1973) die ersten Erinnerungen an Franz Beckenbauer darin bestehen, dass es sich um einen HSV-Spieler handelt! Erst später wurde mir nach und nach bewusst, dass des Kaisers Verbindung zum FC Bayern doch ein klein wenig prägender war als die zum HSV.