Letztens schon machte ich hier einen Vorschlag zur Güte in punkto passivem Abseits, dessen Praktikabilität sich allerdings erst noch erweisen müsste. Zusätzlich zur Frage, ob diese Änderung überhaupt den Geist des passiven Abseits träfe. Man kann mich also sehr deutlich auf der Seite der Befürworter einer Vereinheitlichung oder Entschärfung dieser Problematik finden.
Ein Argument für die Beibehaltung des passiven Abseits ist mir beim Betrachten der Jubelbilder des Wochenendes und „schonau“ der Jahre davor allerdings in den Sinn gekommen und daraus nicht mehr heimgegangen, weshalb ich es hier kurz einwerfen möchte:
Ohne das stets unterschiedlich ausgelegte passive Abseits, das noch keine Wahrsagerin mit über den Zufall hinausgehender Quote vorhersagen könnte, gäbe es nicht diese herrlichen Jubelbilder von Torschützen, die sich zum Deppen machender Weise wie von der Tarantel gestochen übers Spielfeld sprinten, auf ihren Knien einige Dutzend Dezimeter weit rutschen und ihre meist unansehnlich unakkurat tätowierten Arme wild fuchtelnd durch die Luft bewegen, nicht ohne Grimassen zu schneiden, die auf Aussetzen des Verstandes schließen lassen dürfen, kurz: Ihr gesamtes narzisstisches Jubelrepertoire einmal durchexerzieren.
Bevor ihnen dann auffällt, dass ihr Treffer keine Anerkennung findet und all die Grashalme beim Torjubel völlig umsonst platt gewalzt wurden, wie auch das gesamte Auslösen des Jubelprogramms (das offensichtlich über einen „Point of no return“ verfügt, nach dessen Überschreitung unwiderruflich das gesamte Programm abgespult werden muss, Männer werden eher verstehen, wovon dabei die Rede ist) einem Fehlalarm zugrunde lag. Und der Torschütze noch dazu meist der letzte ist, der von der Nichtanerkennung erfährt, eben weil er sich gerade in seinem Jubelrausch befindet, während der etwas weniger euphorische Mitspieler ihn tätscheln muss und mit leichtem Bedauern und auch einer gewissen Angst vor der Reaktion des vermeintlichen Torschützen auf den Linienrichter weist (welcher allerdings nicht weniger theatralisch wiederum sein Programm der Nichtanerkennung eines Tores angeworfen hat).
Es folgt die unehrenhafte Aufgabe für die verhinderten Torschützen: Ihre Arme wieder einpacken, das Gesicht zu einer Leidensmiene verziehen und dann weiterspielen, mit einem Strichlein fürs Deppsein mehr auf der Gürtelschnalle.
Ich gebe zu, aus diesem Blickwinkel bereitet das passive Abseits dann doch eine schöne Stange Vergnügen. Allerdings nur aus diesem.
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