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Schlagwort: Mein Sportradio

Sieben feine Fußball-Podcasts (Folge II)

Nachdem es in unserer ersten Folge von „Sieben feine Fußballpodcasts“ ausschließlich um jene ging, welche sich mit ihrem jeweiligen Verein beschäftigen, schwenken wir heute den altbekannten „Scheinwerfer“ auf die Podcasts, die sich mit dem Fußball insgesamt beschäftigen. Insofern also auch deutlich interessanter für alle, die mit detailgenauen Nacherzählungen dieses und jenes Pfostenschusses eines Spielers eines konkreten Vereins etwas überfordert sind, was ihre Ausdauer und Willenskraft angeht. Konnte man noch zu Beginn dieses Jahrtausends beklagen, dass es kaum Qualität in der Sportberichterstattung in Deutschland gibt, ist dies alles nur wenige Jahre später nicht zuletzt dank der folgenden Einrichtungen völlig anders geworden.

Sportradio360

Ich habe wirklich keine Ahnung, wer hinter Sportradio360 steckt (namentlich natürlich schon), woher die Idee kommt, so etwas zu etablieren (aus den USA) und ob sich das finanziert (offenbar nur teils). Aber das Adressbuch von Jens Huiber, dem Macher von Sportradio360, ist bemerkenswert gefüllt mit Menschen aus dem Sport und sogar darüber hinaus. Man glaubt es kaum, aber selbst Béla Réthy gibt hier mal seinen Senf zum Besten, der gar nicht so schlecht ist, wie er manchmal gemacht wird, zumindest wenn er nicht direkt kommentiert. Helmut Harald Schmidt war schon da, es kommen Protagonisten aus allen möglichen anderen Disziplinen, welche hier aber bekanntlich nicht interessieren. Für den Fußball sind vor allem viele Sky-Kommentatoren anwesend in der donnerstäglichen „Big Show“ und den „Daily Nuggets“, die sich mit diversesten Sportarten beschäftigen. Von Raphael Honigstein bis zu Philipp Selldorf reicht die Riege der Teilnehmer, die die aktuellen Ereignisse im Fußball mal launiger und mal tiefgängiger diskutiert. In jedem Fall aber fehlt hier die (überbordende) Komponente des Boulevards bei der Fußballdiskussion.

Absolutes Highlight dieses Angebots war die fantastische Begleitung der WM 2014, bei der — ähnlich des fast täglichen WM-Podcasts von fehlpass.com — tatsächlich täglich, aber jeweils noch in der Nacht nach den Spielen eine halbstündige Diskussion über das Gesehene geliefert wurde. Auf einem Niveau, das man hier goutiert, weshalb auch das ständige Auflockern mit Privatgeschichten durchaus erträglich ist. Das sehr lohnenswerte Sportradio360 sucht übrigens nach Unterstützern, deshalb sei zu diesem Zweck an diese Adresse verwiesen. Die Sendungen selbst findet man hier: sportradio360.de.

Collinas Erben

152225„Collinas Erben“ zu empfehlen, bedeutet in diesen Zeiten im Netz natürlich Eulen nach Athen zu tragen. Ein jeder kennt ihn, den Held von … äh, der deutschsprachigen Sport-Podcastszene. Es ist ja nicht ein Mensch am Mikrofon, sondern deren zwei (plus eine Katze als Sidekick), die dieses kongeniale Duo bilden, welches an sich oft trockene Informationen glänzend rüberbringt, so dass sich noch der letzte Hinterwäldler plötzlich für Schiedsrichterthemen und Regelphilosophie zu interessieren beginnt. Was knapp 60 Jahre TV-Sportjournalismus nicht geschafft haben, den Sinn der Auslegung und die Psyche einer Spielleitung zu erklären, gelingt den beiden Wahlkölnern seit Beginn ihrer Show spielend leicht. Nicht nur eigentlich eine Pflichtveranstaltung für jeden, der Fußball kommentiert. Ob am Mikrofon oder vor dem Fernseher. Bis die dortigen Inhalte zum Doppelpass, der FOTO und den Stammtischen Fußballdeutschlands durchgedrungen sein werden, wird aber eher ein Mensch auf dem Mars gelandet sein. Leider.

Was man allerdings als Warnung vor Einstieg in diesen besten aller Schiedsrichterpodcastes wissen muss: Das Nörgeln über die Männer in Schwarz, Blau, Rot oder Gelb wird nie mehr dasselbe sein. Man wird stattdessen selbst zum Klugscheißer, wie es Schiedsrichter qua Wesenszug nun mal sind, der von seinen Nebenstehern im Stadion nur genervte Blicke erntet. Weil man es als Hörer von Collinas Erben eben besser weiß. Das aber ist das Bemerkenswerte an diesem Podcast: Hier werden mit vergnüglich zu hörender Rhetorik alle Vorurteile und Irrglauben über die Fußballregeln derart beschwingt seziert, dass man ihn für den Grimme Online Award nominieren muss — und es nicht bei einer Nominierung bewenden lassen sollte. Profis am Werk in jeglicher Hinsicht: in der technischen Gestaltung des Podcasts, im Aufbau der Episoden und wie erwähnt vor allem in einer den Ohren schmeichelnden Darbietungsweise mit viel Witz, Charme und Melone.

Nur eins, das bleibt bestehen: Ein wenig seltsam ist sie schon, diese Spezies Schiedsrichter.

Rasenfunk

Rasenfunk heißt ein Anfang dieser Saison gestartetes Projekt vom allseits bekannten GNetzer, Ex-11Freunde und Ex-Spox, und von Helmi. GNetzer alias Max Ost geht da zwar noch seine ersten Schritte im Moderieren und Lenken einer Gesprächsrunde, besitzt aber viel Sprachgefühl und versammelt stets Hochkaräter nicht nur der Fußball-Bloggerszene, sondern auch schon mal Peter Ahrens von Spiegel Online, Oliver Fritsch von Zeit online oder Markus Bark um sich. Ein bisschen watet man eben doch stets im eigenen (Twitter-) Sumpf, was schließlich auch bei Sportradio360 der Fall ist, auch wenn da der Sumpf nicht bei Twitter, sondern bei sky liegt.

Bislang läuft der Rasenfunk mit merklich wachsendem Erfolg, aber auch noch mit Kinderkrankheiten. Ein wenig zu ambitioniert scheint das Vorhaben zu sein, wirklich alle an einem Spieltag gelaufenen Partien in einer Rückblende noch zu diskutieren. Die Art und die übrige Tiefe sind allerdings meist sehr hörenswert, es stellt sich allein die Frage, ob Fans bestimmter Vereine unbedingt Spiele von wiederum anderen Clubs beleuchten müssen. Mir wäre zudem lieber, das Ganze fände am Sonntagabend statt, nicht am Montag, an dem zumindest der Erstligaspieltag gedanklich (bei mir) schon abgeschlossen ist, aber das ist nur eine organisatorische Frage. Der Rasenfunk ist in jedem Falle eine willkommene Bereicherung der Landschaft der Fußballdiskussionen und durchaus mit eher angenehm dezentem Humor, statt mit der Haudenlukaskeule daherkommend. Zudem lernt man viele Fans diverser Clubs kennen, denn für das Gästefeld vom Rasenfunk wurde die Vokabel illuster überhaupt erst erfunden.

Deutschlandradio Sport

Gut, das ist natürlich kein privater Podcast, sondern sind Sendungen eines ÖR-Radios. Nichtsdestotrotz wahrscheinlich kaum bekannt und deshalb eine Empfehlung wert. Immer wieder werden auch andere Sportarten beleuchtet, vor allem gefällt an diesen Sendungen die professionelle Distanz, die man angesichts der marktschreierischen Kartoffelbauern, die sonst so Fußball kommentieren, ja kaum noch kennt.

Immer sind hier Gäste gefragt, die echtes Fachwissen mitbringen (wie z. B. Jürgen Kalwa) — und die Art der Diskussion richtet sich an den Rezipienten mit Hirn. Kein Podcast im eigentlichen Sinne, wie gesagt, aber in den einzelnen Sendungen äußerst hörenswert.

Mein Sportradio

Ausnahmsweise empfehle ich auch einen Podcast, den ich selbst bislang kaum hörte. Allerdings war ich dort schon zu Gast. Bei „Mein Sportradio“ geht es um alle möglichen Sportarten, Golf, Handball, Football, aber eben auch Fußball und dort dann z. B. mit dem Füchsle-Talk über den SC Freiburg oder Ausgaben über Hannover 96 auch ganz konkret um Vereine. Leider habe ich immer noch nicht herausgefunden, wer das Ganze eigentlich mit welcher Motivation betreibt. Wohl aber, dass man dort hervorragend vorbereitet befragt wird, so z. B. zum Thema „Das Spiel meines Lebens“, welches ich hier mit Meinsportradio diskutierte. Eine Option, welche übrigens auch allen anderen Interessierten offensteht. Man möge sich selbst einfinden in das umfangreiche Angebot von Mein Sportradio, erstellt von einer recht großen Zahl an Liebhabern der diversen repräsentierten Themen.

Futiklub

Kommen wir zu meinem absoluten Liebling im Bereich der Diskussion von Fußball und damit ist in diesem Fall wirklich Fußball und nicht das Drumherum gemeint: der Futiklub. Hier geht es trotz der ironisch-selbstverliebten Art der Präsentation tatsächlich nur um die Dinge auf dem Platz, um Dynamiken, Entwicklungen, historische Zusammenhänge, und das alles aus unterschiedlichen Perspektiven, aber mit durchaus fundierter Expertise vorgetragen. Der einmal pro Folge auftretende Fußballgott mit seiner als Allegorie auf den Zufall zu interpretierenden Nonsens-Aussagen wie der den Doppelpass mit dessen bierseliger Säufer-Attitüde persiflierende Rotwein-Konsum machen das Ganze zu einem besonderen Highlight.

Welches zudem inhaltlich vorzüglich und sprachlich auf ebensolchem — je nach Konstellation — Niveau wie Collinas Erben ist — und dann wird am Ende noch stets ein Liedchen kredenzt. „Schöner kann es gar nicht sein.“ Die 100. Jubiläumsfolge war ist eine besonders sehenswerte und inzwischen ist man bei vielen weiteren angelangt. Es ist ein Jammer, dass eine derartige Sendung nicht weiter ins Bewusstsein der Fußballöffentlichkeit vorgedrungen ist. Ein Doppelpass für Pseudo-Fußball-Hipster (pseudo, weil Fußball nie für Hipster sein konnte), aber mit vorzüglichen Argumentationssträngen, angenehmer Diskussionskultur und trotz der professionellen Rahmenbedingungen in der Präsentation mit dem Charme des Unperfekten einer Schülerband. Viel gelernt vom Futiklub, dessen einziger echter Makel der beschissene Name ist. Ansonsten: unbedingte Zuseh- und Hörempfehlung.

Die Webseite des futiklub ist hier.

Es gibt die Videos der Show aber auch bei Vimeo und youtube.

Die Inhalte wurden als Podcast nur kurzzeitig bis 2011 ausgeliefert, die neueren Sachen sind nur als Video verfügbar.

Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs (die Radiokolumne!)

Als netter Abschluss noch Zeiglers Radiokolumne, über die ich ihn übrigens einst erst entdeckte. Diese hat inhaltlich überhaupt nichts mit Sport zu tun, nur mit den Äußerungen der Beteiligten, ist aber jeweils erfrischend spritzig komponiert und erinnert mich jedes Mal daran, warum ich Zeigler irgendwann mal erfrischend spritzig fand. In dieser kleinen Kolumne ist er jedenfalls am besten von allem, was er so publiziert. Diese Beiträge sind schön komponiert und orchestriert — und als Spieltagsausklang besonders geeignet, daran zu erinnern, dass es am Ende des Tages doch alles nur ein Spiel ist. Hier geht’s zur Radiokolumne, wirklich nur Unterhaltung und nichts anderes, diese aber immer wieder gelungen, wie ich meine.

Komme mir also nie, nie wieder jemand mit einer Klage über die Qualität des Doppelpasses, jedenfalls nicht, sofern er nicht alle Folgen der hier genannten Sendungen ausgehört hat.

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„Das Spiel meines Lebens“

[Update] Der Beitrag läuft in der gesamten Woche noch an verschiedenen Uhrzeiten, die man im dortigen Programm findet.

Gleich um 21h rede ich mit @sport_thies über eine besondere Partie in der dortigen Rubrik „Das Spiel meines Lebens“, natürlich ein WM-Spiel. Reinhören lohnt sich unbedingt, gute Musik – mit einer notwendigen Ausnahme – aus dem Jahr des Spiels ist auch dabei.

Ab 21h auf meinsportradio.de.

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