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Schlagwort: Wechsel

Matthäus: Auto mit 2,06 Promille geschrottet

Okay, das war vor etwa 30 Jahren, und er war jung, sehr jung, andererseits ist der Vorfall wohl bei allen Nachgeborenen weitgehend unbekannt. Das jetzt rauszukramen soll auch weniger dazu dienen, ein schlechtes Licht auf Lothar Matthäus zu werfen. Das wäre schließlich unzulässiges Nachtreten bei einer Angelegenheit, die lange verjährt ist. Außerdem hat er seine Strafe — 13.000 DM und 8 Monate Fahrverbot — damals ja bekommen. Wissenswert ist es natürlich dennoch, dass sich auch Matthäus in die lange Liste all jener Fußballer einreiht, die mit Alkohol am Steuer erwischt werden oder einen Unfall bauen, obwohl sie sich auch damals schon einen Chauffeur und erst recht ein Taxi hätten leisten können. Aber jung, sehr jung war er — und hatte offensichtlich einen aufmerksamen Schutzengel. Am Niederrhein hat sich schon so mancher frische Autofahrer tödlich um eine der vielen Trauerweiden gewickelt, die allerdings nicht deshalb ihren Namen tragen.

Vielmehr soll der kleine Schreier in der Überschrift Anreiz sein, sich den Text „Bittere Pille“ aus dem Spiegel-Archiv von 1984 zu Gemüte zu führen, der sich mit den Verhältnissen rund um Matthäus‘ Wechsel zum FC Bayern München in jenem Jahr beschäftigt.

Interessant vor allem deshalb, weil er ein etwas anderes Licht auf Jupp Heynckes wirft, der hier bekanntlich nicht allzu gut gelitten ist ob seiner zumindest bis vor wenigen Jahren öffentlich verbreiteten Humorlosigkeit und Verbissenheit. In der Bewertung Heynckes‘ Auftreten — was natürlich wenig mit seinen Fähigkeiten als Trainer zu tun hat — war man hier eher auf der Daum’schen Seite („Wetterkarte“) zu finden. Doch der verlinkte Text ändert diese Bewertung ein wenig. Denn Heynckes hatte tatsächlich, um Matthäus zu halten, damals Teile von dessen zukünftigem Gehalt aus der eigenen Tasche bezahlen wollen, auf dass sein Club Borussia Mönchengladbach sportlich nicht derart geschwächt würde, wie es durch Matthäus‘ Weggang schließlich der Fall war.

„Circensisches Großunternehmen“

Ebenso interessant ist auch die damals schon manifeste Raffinesse von Uli Hoeneß bei der Gestaltung seiner Abmachungen mit zukünftigen Spielern. Und auch, wie wenig er sich damals schon an Vereinbarungen mit den Konkurrenten hielt, zumindest wenn das folgende Zitat korrekt ist. Die Bundesliga, wie sie leibt und lebt, ganz in Einklang mit dem Tenor aus Ronald Rengs „Spieltage“ mit damals aus heutiger Sicht geradezu irrwitzig zahm anmutenden Einschränkungen bei den möglichen Transfers. So wird Gladbachs damaliger Manager Helmut Grashoff folgendermaßen zitiert:

„Die Bundesliga ist ein circensisches Großunternehmen mit 18 Filialen. Wir können alle nur zusammen existieren, und deshalb haben wir einmal den Beschluß gefaßt, daß jeder Klub zwei Spieler benennen kann, die nicht abgeworben werden dürfen. Weil der Hoeneß kurzsichtig ist und nur an seinen FC Bayern denkt, hat er wegen Matthäus diesen Beschluß im Alleingang unterlaufen.“

Das und mehr in „Bittere Pille“.

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Mertesackers ausgeprägte Soft Skills

[photopress:Meine_Saison_mit_dem_SVW.jpg,full,alignright] Der eine geht, der andere spricht darüber. Der eine ist Per Mertesacker und geht, um genau zu sein fliegt er natürlich von Werder Bremen zu seiner dritten Station im Profifußball, zu Arsenal FC (wenn man an dieser Stelle „London“ hinzufügt, wird man virtuell gesteinigt), der andere kennt Mertesacker nicht persönlich, noch kennt er Arsenal. Allerdings kennt er Werder Bremen ein wenig, weil er unter meinesaison.tobiassinger.com darüber schreibt. Das wiederum macht er, weil er einst von einer Muse auf Malta geküsst wurde, wie er letztens erst erwähnte.

Da muss man, wenn man selbst nichts zu sagen hat, die Gelegenheit beim Schopfe ergreifen und den Mann aus Malta, Tobias Singer, zu diesem seltenen Wechsel befragen. Denn deutsche Spieler in der Premier League kann man immer noch an zwei Händen abzählen. Und war Mertesacker nicht derjenige von den jüngeren, lustigen Nationalmannschaftsgesellen, der das beste Abitur hat? Zumindest wirkt er so. Ob Tobias Singer Abitur hat, wissen wir nicht, aber lesenswert sind seine Antworten auf die Fragen rund um den Wechsel von Per Mertesacker zu Arsenal. FC.

Wie standest Du zu Per Mertesacker, als er noch bei Euch war? Also, warst Du allgemein von ihm angetan?

Ich war allgemein sehr von ihm angetan, vor allem von seiner Ruhe und seiner Übersicht. Er ist in meinen Augen ein sehr gutes Beispiel für einen modernen Führungsspieler: Einer, der sich nicht in den Vordergrund drängt, aber sich auch nicht vor Verantwortung drückt. In der Mannschaft gilt er als Integrationsfigur und einer, der für gute Stimmung sorgt. Auf Neudeutsch könnte man auch sagen: Er hat sehr gut ausgeprägte Soft Skills.

Wieso entsteht der Eindruck, dass er zuletzt stagnierte oder nicht so in Form war? Und wo liegen überhaupt seine Stärken, wenn er in Form ist?

Seine letzte Saison bei Werder war verhältnismäßig schwach. Gegen Ende kam er wieder etwas besser in Form, aber insgesamt blieb er deutlich unter seinen Möglichkeiten. Warum ist schwer zu sagen. Zum einen war er in einer verletzungsgeplagten Defensive eine der wenigen Konstanten, musste ständig mit anderen Nebenleuten zusammenspielen. Zum anderen kam er nach der WM und seiner Verletzung erst spät in Schwung. Eigentlich hätte er selbst wohl eine längere Pause gebraucht, aber das war nicht möglich. Seine Stärken sehe ich (neben den oben angesprochenen) in der Spieleröffnung, im Kopfball- und im Stellungsspiel.

Denkst Du, er wird dazu beitragen können, Arsenals Defensive zu verbessern?

Viel schlechter kann es dort ja nicht mehr werden. Sieht man sich Arsenals derzeitige Verletztenliste und die verbliebenen fitten Spieler an, ist Mertesacker direkt eine große Verstärkung. Mittelfristig wird es davon abhängen, wie er sich an den englischen Fußball gewöhnt. Im Gegensatz zu vielen anderen glaube ich nicht, dass ihn seine mangelnde Schnelligkeit behindern wird. Die musste er auch schon in der Bundesliga und in der Nationalmannschaft kompensieren. Ich denke, dass er mit Vermaelen eine gutes Innenverteidigergespann abgeben wird, zumal es Arsenal akut an Kopfballstärke in der Defensive mangelt.

Wie wird sich sein Weggang auf Werder auswirken?

Er wird Werder vor allem als Persönlichkeit fehlen und hinterlässt eine Lücke in der Mannschaftshierarchie. Für Werder ist es eine Saison des Umbruchs und mit Frings und Mertesacker sind nun der Kapitän und sein Stellvertreter der letzten beiden Jahre weg. Das muss kein Nachteil sein, momentan funktioniert die Mannschaft gut als geschlossene Einheit. Das kann sich aber auch schnell ändern und dann bin ich sehr gespannt, wie Trainer und die verbliebenen Führungsspieler damit umgehen.

Welche Umstellungen sind konkret denkbar?

Entweder ersetzt ihn Prödl eins zu eins in der Innenverteidigung – zumindest solange bis Naldo wieder fit genug für die Bundesliga ist – oder Sokratis rückt von rechts in die Mitte. Dann hängt es davon ab, wie fleißig Schaaf verschieben will. Ignjovski oder Wesley könnten als Rechtsverteidiger spielen oder Fritz wird aus dem Mittelfeld zurück beordert, wo er ebenfalls von Ignjovski oder Wesley (oder Ekici oder Borowski) ersetzt werden könnte. Da die derzeitige Formation bislang gut funktioniert, glaube ich nicht, dass Schaaf große Änderungen vornimmt und tippe auf die erste Variante.

Hast Du Angst vor der Zukunft in Bezug auf die Defensive bei Werder?

Nein. Personell ist Werder gut aufgestellt, zumal man ja nur noch Bundesliga spielt. Wolf und Prödl sind sicher kein gleichwertiger Ersatz, aber ich hoffe im Laufe der Saison auf eine Innenverteidigung aus Naldo und Sokratis. Werders Transferpolitik im Sommer hat mir gefallen, aus dem Kader kann man in den nächsten ein bis zwei Jahren ein gutes Team formen.

Denkst Du, er kehrt eventuell später einmal zurück? Bei Werder kommen ja auffällig viele Spieler, die das Team auch geprägt haben, ein zweites Mal zum Verein, Herzog, Frings, Pizarro.

Bei Mertesacker glaube ich das ehrlich gesagt nicht, auch wenn er hier sicherlich immer willkommen wäre. Ich denke eher, dass er irgendwann zurück nach Hannover geht.

Spricht Mertesacker überhaupt Englisch und wird er jetzt erstmal länger mit Jens Lehmann telefonieren?

Wie gut sein Englisch ist weiß ich nicht, aber er hat Abitur, da sollte es zumindest ausreichen, um sich in London zu verständigen. Zur Not spricht Arsène Wenger ja auch Deutsch. Mit Jens Lehmann braucht er nicht zu telefonieren, der taucht gerne mal bei Arsenal auf dem Trainingsgelände auf, wenn er nicht gerade mit Gerichtsprozessen zu tun hat.

Vielen Dank für Deine Ansichten, Tobias.

Tobias Singer hat auch noch einen ausführlichen Abschiedsbrief an Per Mertesacker verfasst.

Ältere „Interviews“ gibt es mit El Fútbol und mit catenaccio.

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