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Da schweigt des Welterklärers Beredtheit

Da ich (erst) gestern in den Genuss des ZEIT-Interviews mit Uli Hoeneß kam, habe ich für alle, welche es nicht lesen konnten, hier mal die Antwort auf die eigentlich im Raum stehende Frage mitgebracht.

„(schweigt lange). Das ist eine gute Frage. Ich weiß es nicht.“

Das ist alles, was man aus diesem Interview wissen muss, denn der Rest ist exkulpatorisches Blabla, warum er und dass er gerne gezockt hat, wie das im Detail ablief und so weiter. Aber das interessiert doch hier gar nicht, er kann ja zocken wie er will (auch wenn er sich früher gerne als Anti-Börsianer geriert hat, es ist aber nicht strafbar, so zu reden und dann gegenteilig zu handeln), die Frage ist, warum er Steuern hinterzogen hat. Die zitierte ist zwar nicht die alleinige Stelle, an der das Thema dann endlich besprochen wird, aber das Obige ist seine Antwort auf die Kernfrage:

Wie er seine Steuererziehung erklärt.

Dazu schweigt er. Natürlich muss er sich nicht selbst belasten, Verfahren schwebt und so weiter — warum dann aber dieses Interview?

Man kann nicht behaupten, dass die ZEIT Uli Hoeneß festnagelt. Stattdessen akzeptiert sie auch noch die Anwesenheit von Hoeneß‘ Sohn beim Interview, der dann auch noch ein paar Sätze sagen darf, die arme Familie, schlecht schlafen, viel schwitzen. Was ist das nur für ein Selbstverständnis eines Mediums, solch mit offensichtlicher Intention vorgebrachtes Gewäsch zu verbreiten? Und was Hoeneß zu seiner Straftat vorbringt, ist für einen, der sonst selten um Einschätzungen verlegen ist, ohne Experte in der Sache zu sein, doch arg wenig. Selbst wenn man die Möglichkeit in Betracht ziehen muss, dass er es tatsächlich nicht erklären kann, was menschlich und annehmbar wäre: Sein sonstiges Klugschwätzen zu allem und jedem wird dadurch, dass er sein eigenes strafbares Verhalten nicht erklären kann, noch mal schaler und hohler als es ohnehin schon war. Dass er auch jetzt, da die Bombe geplatzt ist, immer noch keine besondere Stringenz in seinem Verhalten zeigt, indem er nämlich nicht von seinen Funktionen im Verein zurücktritt, passt da gut ins Bild, das dieses Interview (hier) erzeugt. Nebelkerzen von der Spielsucht und den bedauernswerten Verwandten werfen und darauf hoffen, dass die Weißwaschung in der öffentlichen Meinung möglichst schnell voranschreitet. Er leidet ja so, die Familie erst. So durchsichtig wie billig und leider dennoch in vielen Hirnen erfolgreich. Ein Rücktritt wäre das nötige Zeichen gewesen, dass er die Verantwortung übernimmt und Einsicht beweist, nicht jedoch dieser Versuch, sich als leidendes Opfer der Umstände zu gerieren.

14 Kommentare

  1. Ina Ina

    Hervorragend auf den Punkt gebracht, möchte gerne jedem einzelnen Wort zustimmen.

    Das ZEIT-Interview war schrecklich geführt, als reine Plattform für schamlose PR in hoeneßscher Sache, ohne kritische Rückfragen, ohne alles. Im Lieblingsrestaurant, ausgewählte Journalisten, Sohn dabei – PR-seitig ne 1, journalistisch eher ne 5.

  2. Treffer versenkt.
    Der peinliche Versuch es durch die Einbindungdes Sohnes auf die familäre Ebene zu ziehen ist ein weiterer Beweis welche abgekarterte Schiene dort befahren wird. Ätzend. Den nicht durchgezogenen Rücktritt finde ich logisch und eigentlich auch gut.Ist ja alles nur aufgeschoben und nicht aufgehoben.

  3. wawerka wawerka

    Nun ja,

    aus Hoeneß‘ gesamten Auftreten wird offenkundig, dass er bedauert. Und zwar erwischt worden zu sein.

    Daraus erklärt sich auch der Versuch, jetzt alles zu tun, die öffentliche Meinung dahingegehend zu beeinflussen, sein Handeln als zwar falsch, aber doch „irgendwie menschlich“ darzustellen.

    Offenkundig gibt es nur eines, was ihn (verständlicherweise!) wirklich besorgt, und das ist, zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt zu werden und nach allem, was bisher über das Ausmaß seines stafbaren Handelns bekannt wurde, ist das einzige, was ihn m.E. davor wirklich bewahren kann, massiver Einfluss seitens der CSU auf die Münchner Staatsanwaltschaft. Und dieser Einfluss wird so lange ausgeübt werden, wie Herr Seehofer nicht darum fürchten muss, dass dies die CSU Stimmen kosten wird.

    Grade deswegen ist es wichtig, dass das kriminelle Handeln von U.H. relativiert wird, und dieser Prozess findet ja auch schon statt, wenn man sich Artikel wie bspw. diesen aus der „Süddeutschen Zeitung“ ansieht.
    (http://www.sueddeutsche.de/politik/skandale-in-der-mediengesellschaft-deutschland-ein-prangerland-1.1665130)

    Auch wenn man sich die Kommentare von Lesern in den Zeitungen ansieht, liest man zunehmend Relativierungen á la: „kein Terrorist/Kinderschänder“, „wer hat denn noch nie bei der Steuererklärung gemogelt?“, „die wahren Verbrecher sind die Politiker, die unser Steuergeld verschwenden“, „ein Uli Hoeneß hat schon so viel Steuern bezahlt“ etc.

    Ich habe selbstverständlich keine handfesten Belege für meine Vermutungen der Mauschelei zwischen der politischen bayrischen Elite in Bayern und der Justiz, nur wenn man Hoeneß‘ Standing in Bayern kennt und dann noch Fälle wie beispielsweise den von Gustl Mollath betrachtet und darüberhinaus noch in Betracht zieht, dass über 50 Jahre „Einheitspartei“ dem Filz sicher nicht abträgllich sind, denke ich, man kann einen solchen Verdacht auch nicht zwingend als „Verschwörungstheorie“ abtun

  4. netzberg netzberg

    Hoeneß zieht viel Haß auf sich. Sog. Gründe datür sind so unterschiedlich wie etwa rund und eckig. – Die Antwort auf die eigentliche Frage: Es gibt viele Vereine, aber es gibt nur einen FC Bayern.

  5. Das Zeit-Interview ist eine Salve aus dem PR-Maschinengewehr … oder noch besser: die gesamte Ladung Schrot aus einem gesamtem Italo-Western inklusive aller Fausthiebe und dem Gezerre an geächteten Film-Pferden. Und genau so wird aus einem Täter eben ein Opfer. Weil wir als Menschen eben menscheln. Und weil wir selbst nicht frei von Sünde sind. GENAU da setzt solch ein Deal mit ZEIT UND HOENESS eben an. Ekelhaft.

  6. mik mik

    Alles richtig an kritischen Stimmen zum Interview.
    Ich frage mich auch schon, wofür ich drei Journalisten brauche, um diese Eigen-PR zu moderieren (vermutlich ist die Geselligkeit im beschaulichen Lieblingsrestaurant dem Ulli auch sehr wichtig, alter bayerischer Trick)?
    Am Ende des Exklusivdeals bleibt aber ein sich selber vorführender Hoeneß, dessen Menscheln ins Leere läuft. Gerade seine offensichtliche PR sagt doch mehr als manch kritische Nachfrage. Mehr hatte ich eigentlich nicht erwartet.

  7. Die Wirtschaftswoche hat das vor einer Woche schon ganz nüchtern als professionelle PR bezeichnet. Hoeneß kann nicht mehr leugnen, deswegen muß er seine Rolle selbst festlegen, Dinge umdeuten, … Alles sehr gut hier beschrieben. Kann man sich merken, wenn man selbst mal in so einer Situation ist, oder sich die Situation mit anderen Darstellern wiederholt. http://www.wiwo.de/finanzen/steuern-recht/zeit-interview-hoeness-grosser-coup/8152416.html

    Jemand hatte bei Twitter geschrieben, er könne sich gut vorstellen, wie Hoeneß mit Giovanni di Lorenzo auf dem gleichen Sofa wie zu Guttenberg sitzt. Die ZEIT scheint sich für so etwas hergeben zu wollen.

    @wawerka
    Was die Mauscheleien zwischen der bayrischen Regierung und dem FC Bayern München angeht muß man nicht zum Fall Mollath schauen. Da gibt es andere Begebenheiten, die eine gute Verbindung belegen.
    http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/die-bayern-und-die-steuern-gute-freunde-kann-niemand-trennen-12164898.html

  8. wawerka wawerka

    @Dieter

    Danke für den Link, sehr lesenswert. Ich hatte den Fall Mollath auch hauptsächlich deswegen zitiert, weil an diesem erkennbar ist, dass in der bayrischen Politik noch weitaus größere Schweinereien ablaufen, als es diejenige wäre, einen Uli Hoeneß möglichst preiswert davonkommen zu lassen.

  9. Manfred Manfred

    Schlimm – also jetzt echt wirklich total widerwärtig so als Gedanke *schauder* – an einem möglichen Rückzug von Hoeneß ist imo vor allem, dass dann höchstwahrscheinlich Kalle Rumgezicke – muß ich mehr schreiben? Tut jetzt schon in den Ohren weh, gell?

  10. Gunnar Gunnar

    Hervorragender Beitrag und gute Kommentare.

    Unrühmlich auch die Rolle des Aufsichtsrates, der offensichtlich hofft oder glaubt, dass die Causa Hoeneß im Triple-Triumph untergeht.

  11. Klasse Beitrag! Dem ist nichts hinzuzufügen.

  12. Gundula Gause Gundula Gause

    Danke für den Beitrag! Der bringt es 100% auf den Punkt. Daumen hoch!!

  13. netzberg netzberg

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