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Ein paar Antworten rund um die WM

Der Libero“ stellt sich ein paar Fragen zur WM und gibt sich auch gleich die Antworten. Die selben Fragen stellt er auch mir, wofür ich recht dankbar bin. Wegen diverser Aktivitäten rund um die WM stand hier noch gar nichts zum sportlichen Teil der kommenden WM. Also antworte ich gerne auf seine Fragen, und wäre gespannt, was andere dazu sagen, die Lust verspüren, hier mitzumachen. Aufdrängen möchte ich es niemandem, aber wenn Meine Saison und der Stadtneurotiker sich berufen fühlten, fänd ich das gut.

Los geht’s:

Dein erstes bewusstes WM-Erlebnis war?

Wenn man sich nur auf die Endrunde bezieht, war mein erstes bewusstes WM-Erlebnis gleich mal eine gute Schule fürs Leben. Die deutsche Mannschaft hatte den Gegner nicht nur auf die leichte Schulter genommen, sondern den Gegner gar noch im Vorfeld verspottet. Jupp Derwall tönte: „Wenn wir die nicht schlagen, fahre ich mit dem nächsten Zug nach Hause“, was er dann doch nicht tat. Algerien hatte als absoluter Underdog die Deutschen sogar verdient und nicht glücklich mit 2:1 im Gruppenauftaktspiel geschlagen. Den Nachbarsjungen, der das Spiel mitgeschaut hatte, musste meine Mutter dann nach Abpfiff nach Hause schicken, weil ich völlig in Tränen aufgelöst war und mit mir nicht mehr zu reden war.

Wenn man die WM aber als Gesamtturnier sieht und nicht nur die Endrunde betrachtet, war mein erstes WM-Spiel (im TV natürlich) in der Qualifikation das 7:1 im Ruhrstadion gegen Finnland am 23.9.1981. Drei Tore von Rummenigge, zwei Tore von Breitner und ein völlig ungefährdeter Kantersieg. So ging es dann ja nicht immer weiter, im Leben nicht und mit der DFB-Auswahl auch nicht. Immerhin lernt man dann die Höhen zu schätzen.

Mit welcher WM-Legende würdest Du gern einmal Doppelpass spielen?

Er ist zwar keine WM-Legende, dafür war er im Vergleich zu erfolglos und hatte zu wenig nennenswerte Szenen bei seiner einzigen WM. Ich würde aber tatsächlich gerne mal mit Marco Bode einen Doppelpass spielen. Vor allem, um danach mit ihm quatschen zu können. Eine der angenehmsten Erscheinungen wohl der gesamten deutschen WM-Historie, sozusagen das Mädchen von nebenan.

Welchem TV-Kommentator wirst Du bei der WM gerne zuhören?

In den ÖR gibt es gar nicht so wenige, die man gut ertragen kann, die man sogar loben muss, wie ich beim Verfolgen der letzten Drittliga-Saison im TV erlebte. Leider hab ich mir dort dann nie die Namen gemerkt. Aber diese sind ja ohnehin nicht in Brasilien dabei.

Von der ÖR-Truppe gefällt mir eigentlich niemand wirklich gut. Tom Bartels, der immer über Gott und die Welt redet, dann aber die Wörter so pressend betont, als säße er auf dem Klo, wenn etwas auf dem Spielfeld passiert, ist unerträglich geworden, obwohl ich ihn früher mal mochte. Über Poschmann braucht man glaube ich kein Wort zu verlieren, der alte Klepper kriegt da eben sein Gnadenbrot, das muss man nicht verstehen, aber sich auch nicht großartig aufregen.

Steffen Simon ist bestimmt kein schlechter Journalist, aber am Mikro bei einem Spiel die totale Fehlbesetzung. Irgendetwas setzt bei ihm dann aus, gerade so, als wenn er seine Sendung „Schnauze Simon!“ produziert. Offensichtlich haben seine Untergebenen alle Angst um ihren Job, sonst würde ihm mal jemand stecken, dass er beides nicht im Entferntesten beherrscht.

Oliver Schmidt finden viele langweilig, bei mir kommt er eher besser weg. Ich finde ihn unaufgeregt und eben nicht marktschreierisch, das macht ihn mir angenehm. Gerd Gottlob läuft auch so unter ferner liefen, ohne unangenehm aufzufallen. Und jetzt stelle ich fest, dass ich Jens Jörg Rieck noch nie bewusst gehört habe.

An Thomas Wark mag ich ebenso das, was ich an dem dann noch verbliebenden Béla Réthy mag: dass man die Stimme so intensiv mit WM und EM verbindet. Ansonsten finde ich Wark auch relativ okay und mag ihn lieber als die gerade zuvor Zerfleischten. Ja, und dann bleibt doch tatsächlich auch bei mir Béla Réthy als Favorit über.

Aber das auch aus zwei konkreten Gründen: Weil ich irgendwie schon mit ihm abgeschlossen habe im Laufe der Jahre und einfach inhaltlich nix mehr von ihm erwarte. Er ist halt der altbekannte Onkel, der bei WM da sitzt. Zweiter Grund: weil ich ihn in Interviews abseits der Live-Reportage durchaus als Fachmann wahrnehme, der etwas weiß und auch darlegen kann. Deshalb bekommt er den Bonus, dass er für ein Länderspielpublikum kommentiert und die Normalo-Zuschauer dabei qua Auftrag mitnehmen muss. Das gilt zwar eigentlich aufgrund der Situation für alle hier Genannten, da bin ich mir aber oft nicht so sicher, ob sie fachlich tatsächlich mehr zeigen könnten, wenn sie dürften.

Großer Trost ohnehin: das ZDF bietet diesmal auch das Bild nur mit Stadionton und ohne Kommentator an. Da ich aber vornehmlich unter anderen Menschen die Spiele schauen werde, werde ich wohl selten in diesen Genuss kommen.

Die Iren haben sich für die WM am Zuckerhut leider nicht qualifiziert. Welchem weiteren Land drückst Du neben Jogis Jungs als »Zweitteam« die Daumen?

Geprägt von den WM 1982 und 1986 ist Belgien schon immer mein liebstes Zweitland. Es hat mich auch ein wenig bedrückt, dass dort nach der WM 2002 die große Flaute einsetzte. Umso erfreuter nehme ich den neuen Aufschwung zur Kenntnis. Da Belgien aber sozusagen mein festes Zweitland ist, nehme ich mir noch ein drittes dazu (wie wohl jeder in jeder Gruppe so seine Favoriten hat) und das war schon beim letzten Mal und ist auch diesmal wieder Chile.

Ansonsten wünsche ich mir noch, dass Bosnien einen guten Auftritt hinlegt und Australien zählt ebenfalls zu meinen Lieblingen, nicht zuletzt wegen ihres nicht nur als Klischee existierenden Sportsgeists. Den konnte man beim spätesten Elfmeter der WM-Geschichte in der normalen Spielzeit besichtigen, als Italien in der 95. Minute das Aus im Achtelfinale der Australier in Kaiserslautern besiegelte.

Zu Jogis Jungs: Nenne Deine beiden Lieblingskicker aus dem deutschen Kader?

Großkreutz und Reus wären es eigentlich gewesen. Letzteren hat Syndesmoses Rache ereilt, noch bevor er einen Fuß nach Südamerika setzen konnte. Bedauerlich.

Dann bliebe wohl als Zweiter noch Miroslav Klose, dem man bei dieser WM als Fan von Zahlen im Fußball nur alle Daumen drücken kann. Besonderen Esprit versprüht er als Typ ja nicht gerade, aber das gilt heute eh nur noch für wenige, Stichwort Kroos und „Pur“. Ich mag Kloses Spiel sehr und schätze, wie er durch mehrere Epochen des Fußballs hindurch auf höchstem Niveau sein Spiel immer wieder den Veränderungen angepasst hat.

Zu Großkreutz muss man wohl nicht viel sagen. Wer so sehr lebt, dass er den Fußball wirklich im Herzen trägt, darf und soll sogar auch mal übers Ziel hinausschießen. Seine Variabilität auf dem Platz sucht schließlich weiterhin ihresgleichen. Und als Typ liebt oder hasst man ihn, bei mir ist es Ersteres.

Aber ehrlich gesagt ist mir auch völlig egal, ob ich unter den Spielern Favoriten habe oder nicht: „Ich“ gewinne lieber mit Manfred Kaltz und Carsten Ramelow als auszuscheiden.

Wie weit kommen Jogis Jungs?

Es wird Platz 3, wie immer zuletzt. In der Vorrunde mache ich mir keine großen Sorgen, zumal Klinsmanns US-Boys im letzten Spiel, falls es noch drauf ankommt, kein Hindernis sein werden. Klinsmann sieht sich weiterhin eher als der Mentor der Spieler denn als ein Trainer einer Fußballmannschaft. Yoga, Sprachen lernen, Entscheidungen treffen, alles schön und gut, aber wie, bitteschön, Trainer, sollen wir spielen?

Gegen Portugal könnte eine der wenigen Niederlagen der deutschen WM-Geschichte hinzukommen, aber selbst dann würde es für die zweite Runde reichen. Im Halbfinale ist dann wieder Schluss, weil Neuer patzt, weil Boateng pennt und mit Rot vom Platz geht oder weil auch einfach schlicht der Gegner stärker ist und Jogi bei Rückstand wieder wie eingefroren an der Linie steht und seine Gehirnwindungen 25 Minuten brauchen, bis er reagiert.

Dann wird zwar Klose immerhin im Spiel um Platz 3 noch zwei Tore erzielen und alleiniger WM-Rekordtorschütze sein. Es hätte aber dann doch lieber der Titel sein dürfen. Ein Ausscheiden im Achtel- oder Viertelfinale halte ich für unwahrscheinlich, gleichwohl Reus‘ Verletzung eine echte Hiobsbotschaft bedeutet. Angesichts des Verlaufs des Trainingslagers in Tirol kam das aber irgendwie auch nicht mehr überraschend.

(Wenn nicht Jogis Jungs:) Wer wird am 13.07.2014 im Maracanã Weltmeister?

Natürlich Belgien. Oder Chile. Oder Bosnien. Im Ernst: ich fürchte, es könnte wirklich Brasilien sein. Die wären dann tatsächlich „auf Jahre hinaus“ uneinholbar, was die Zahl der WM-Titel angeht. Wenn es nicht Deutschland wird, wäre mir aber ein Neuling am liebsten, wobei da nicht viele in Frage kommen, ein „Dänemark“ früherer Kajüte sehe ich nicht am Horizont. Einen Weltmeister aus Afrika werden wir aber leider (?) immer noch nicht erleben, auch keinen Halbfinalteilnehmer, genausowenig aus Asien. Bleiben wohl die üblichen Verdächtigen.

4 Kommentare

  1. […] Stöckchen ist es ja so eine Sache. Aber wenn es einem vom Trainer zugeworfen wird, dann fängt man es einfach – zumindest solange es nicht beinhaltet, in ein öffentliches […]

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