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Schlagwort: WM 2014

Leise in der Höhenluft

Heute über Miroslav Klose zu schreiben bedeutet selbstredend, die Kirche im Dorf lassen zu müssen, wie er es angenehmerweise als Mensch selbst immer tat, und ebenso Superlative verwenden zu können. Sein Abschied kommt ungewöhnlich spät in dieser Zeit, da die Jungen immer jünger werden, wenn sie ins Pressbecken Profifußball geworfen werden. Ein ergrauter Schweinsteiger ist mit nur 32 Jahren schon verraucht, ehe er sich nach dem WM-Finale 2014 einmal umgesehen hat. Gleichwohl war Kloses Abschied lange erwartet, im Grunde bedeuteten die letzten beiden Saisons bei Lazio Rom nur noch das Abklingbecken einer Karriere, die mit dem Weltmeistertitel 2014 ihren völlig verdienten Höhepunkt erreicht hatte. Jenes Turnier, bei dem der schmächtige, drahtige, allzu oft in wenigen Teilen seines Tuns als Weltklasse geltenden Miroslav Klose den großen, echten Ronaldo in der ewigen Torschützenliste der WM überholt hatte. Ausgerechnet – eine Vokabel, die hier einmal angebracht ist – in einer Partie gegen Brasilien, in Brasilien, als Gegner in deren fiaskösem Halbfinal-Heimspiel.

Das Dorf, in dem man die Kirche lassen muss, heißt aber wohl nicht wirklich Blaubach-Diedelkopf, wo fußballerisch alles begann, sondern Opole. Dort als Sohn eines Fußballprofis und einer Handballnationalspielerin geboren, aber eben in Polen, nicht in Deutschland, wo er erst später hinzog und (natürlich) anfangs kein Deutsch beherrschte. Und selbst wenn diese Stadt Opole kein Dorf ist, dann steht er mit seinem Herziehen aus dem damals noch existierenden Ostblock für einen Teil der alten Bundesrepublik, in der man die Vokabel „Integration“ noch nicht mal annähernd buchstabieren konnte.

Was bleibt einem Jungen, der die Sprache nicht spricht, was heute allzu gerne überbewertet wird, aber nun mal Fakt ist, sofern man sein Hobby nicht wie Klose heute beim Angeln ohne soziale Komponente ausüben will? Neben der Musik nur der Sport, der keine Sprache spricht, der aber zumindest ihm eine Heimat bot. Ob er da schon das große Talent war, ist unbekannt. Dass er sein Talent aber intensiv geschärft hat, davon zeugt seine Anwesenheit und vor allem sein Erfolg bei Weltmeisterschaften von 2002, als er noch mit Haudegen wie Marko Rehmer, Gerald Asamoah oder Jens Jeremies über die Runden kommen musste, bis zur Weltmeisterschaft 2014, neben Mario Götze oder Toni Kroos, als der Fußball ein völlig anderer geworden war. Und Klose war wie immer auch bei diesem Turnier trotz sich abzeichnendem Alter vor dem Tor nicht zu stoppen.

Mag sein, dass er bei der WM 2002 fünf Tore per Kopf erzielte und seine Sprungkraft ihn in die Weltöffentlichkeit katapultierte. Schon im selben Turnier bewies er mit seinem äußerst klugem Pass zu Marco Bodes 1:0 gegen Kamerun aber, dass er eben nicht nur eine Strafraumwaffe war, die vollstreckt. Sondern dass er mitspielt. Was er immer weiter verfeinerte, weshalb er heute als Held aus gleich zwei sehr unterschiedlichen Jahrzehnten der Fußballstile gilt und geht.

Mag er ansonsten trocken sein wie ein Graubrot, ob nun nach polnischem oder deutschem Rezept gebacken — Klose, das war über lange Jahre die Kavallarie, die zur Not immer aushalf. In seinem ersten Länderspiel mit dem Siegtreffer kurz nach Einwechslung gegen Albanien, später beim erwähnten 2:0 über Kamerun in Japan, beim 1:1 gegen Argentinien bei der WM 2006, das Ausgleichstor, das erst das vermeintliche Sommermärchen rund machte oder ganz am Ende gegen Ghana und Brasilien 2014.

Gestatten, der freundliche Herr Klose. Nicht mit Hut, nicht mit Charme und nicht mit Melone, war er neben dem Platz so dröge, dass er selbst zu Beckenbauers Zeiten kaum zum Star getaugt hätte. Im Gegensatz zu diesem aber auch bis heute frei von Skandalen geblieben ist. Die alte Sehnsucht aller Fußballromantiker, dass es nur um die Leistung auf dem Platz geht, hat er — wahrscheinlich ohne es je zu ahnen — verkörpert.

Mag es auch beim Weggang aus Bremen böses Blut gegeben haben. Dem stillen Klose wurde das mehrheitlich nicht nachgetragen. Man kann ihn sich vorstellen als jemand, der gerade weil er sich nicht darstellen will, etwas von jenem Fußball transportiert, den er noch aus Blaubach-Diedelkopf kennt. Und wenn er der letzte Vertreter dieser Art gewesen sein wird, der nie ein Internat von innen gesehen hat, dann wird er umso mehr dem DFB das Stückchen Authentizität geben können, deren Fehlen Oliver Bierhoff nie verstanden hat. Womit wir wieder beim Thema sind. Bierhoff, das war ein One-Trick-Pony, der Mann mit der Inselbegabung Kopfball.

Klose hingegen war Spielkultur in Vollendung, wohin er sich auch drehte und das 20 Jahre lang.

Klose, die Kavallerie. Die kommt jetzt nie mehr.

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„Mein Sommer in der Wagenburg“ — Ein WM-Rückblick von @Peter_Ahrens

Es ist mal wieder der seltene Moment eines Gastautors hier im Blog gekommen. Die Redaktion von „Trainer Baade“ freut sich besonders, ihren Lesern einen exklusiven WM-Rückblick von Peter Ahrens präsentieren zu dürfen, welcher die DFB-Elf als Journalist durch die Weltmeisterschaft in Brasilien begleitete. Gebeten um seinen ganz persönlichen Rückblick gibt es nun genau diesen hier zu genießen:

Warum jetzt noch dran erinnern? Weil es Winter ist, weil im Moment so wenig aktueller Fußball gespielt wird, weil Deutschland vermutlich so schnell nicht mehr Weltmeister wird. Es gibt Gründe genug, noch einmal die Uhr ein halbes Jahr zurückzudrehen in den Sommer 2014, als Deutschland in Brasilien Weltmeister wurde. Ich war dabei, fast jedenfalls.

Die Deutungshoheit, die der DFB und im besonderen Oliver Bierhoff via Kinofilm über die Ereignisse des Vorjahres zu haben trachtet, erzählt ungefähr folgendes. Die Erfolgsgeschichte der deutschen Nationalmannschaft, sie beginnt bereits im Mai in Südtirol — bei jener Vorbereitungswoche im Passeiertal, die damals von fast allen Beobachtern als zumindest unglücklich wahrgenommen wurde, man könnte sie auch misslungen nennen.

Beim DFB hat man das sehr anders wahrgenommen, die Mannschaft, der Trainerstab, das Management, sie sprechen unisono davon, wie sehr man in dieser Woche zusammengerückt sei, der gemeinsame Saunagang, Thomas Müller im Dirndl — das trug wohl zum Teambuilding bei, aber die Negativpresse möglicherweise genauso.

Der DFB als Wagenburg gegen das Böse von draußen, ein Bild, das nicht ganz unpassend ist, so erklärt sich teilweise auch dieser hochgejazzte Campo-Bahia-Spirit in Porto Seguro. Wir sind wir, wir sind die DFB-Familie, da können die Anderen erzählen, was sie wollen. Diese Haltung ist mir bei der Nationalmannschaft schon häufig begegnet, nirgends war sie so ausgeprägt wie 2014.

Dass es die Mannschaft nicht besonders durchgeschüttelt hat, dass bei einer überflüssigen PR-Aktion von Sponsor Mercedes zwei Menschen schwer verletzt wurden, spricht für die Stabilität des Teams, kann man sagen. Ich fand das allerdings eher befremdlich, es hatte den Eindruck von Kollateralschaden – bloß nicht vom großen Ziel abbringen lassen.

Joachim Löw spricht gerne davon, im Tunnel zu sein vor wichtigen Spielen, und so kamen mir die Spieler, das gesamte Team vor. Ein Tunnel, lustig dekoriert zwar, an den Tunnelwänden Selfies über Selfies, beschallt mit cooler Musik, aber emotional keine seitlichen Abbieger zulassend. Ab in eine Richtung, da hakt man selbst die Verletzung von Marco Reus kurz vor dem Abflug ab. Am Abend, als Reus sich verletzt hat, war ich komplett überzeugt, dass Deutschland damit seine Titelchance eingebüßt hat. Der beste Spieler des Jahres nicht dabei – wie sollte das denn in Brasilien funktionieren? Ich bilde mir ein, viele haben so gedacht, auch die Mehrzahl der Kollegen.

Vor dem Portugalspiel habe ich wenige Kollegen gesprochen, die sich getraut hätten, Deutschland als Weltmeister zu tippen. Es hat vermutlich eine Halbzeit gedauert, das zu ändern. Die erste Hälfte von Salvador gegen Portugal, und danach herrschte im Medienzentrum überbordende Zuversicht. Dass bei dieser Partie dem Löw-Team alles in die Karten spielte — angefangen vom angeschlagen spielenden Cristiano Ronaldo, jeder konnte das sehen, über den frühen Elfmeter bis zum Ausraster von Pepe, der das Spiel nach 30 Minuten entschieden hatte — haben interessanterweise die Spieler am ehesten betont.

Die Fans, die man in Brasilien traf, die waren danach schon siegesbesoffen. So sehr, dass Einzelne von ihnen am Abend in der Altstadt von Salvador randalierten — übrigens der einzige Gewaltausbruch, den ich in den vier Wochen mitbekommen habe. In einem Land, das angeblich so von Gewalt geprägt sei. Wie ich übrigens auch von der Opposition gegen die WM nur noch wenig wahrnahm, als das Turnier lief. Wie es oft so ist. In Porto Alegre, dem auch klimatisch europäischsten Spielort der WM — dort hingen noch mehrere Plakate in den Fenstern: „This is not my tournament.“ — ansonsten herrschte, so mein Eindruck eines Besuchers, schon überwiegend Freude bis hin zur Begeisterung im Land, vor allem viel Fach- und Sachverstand. Es müssen ja gern die Taxifahrer herhalten, wenn man die Expertise eines Volkes zu Politik, Wirtschaft oder Sport messbar machen möchte. In Brasilien waren die Taxifahrer in jedem Fall Experten: Am ersten Abend in Salvador, jener schönen, geheimnisvollen Stadt, wurde mir auf der Taxifahrt vom Stadion zum Hotel gleich deutlich gemacht, dass Brasilien auf keinen Fall den Titel holen würde. In Frage kämen nur Deutschland, Argentinien oder die Niederlande – die am Ende die ersten drei Plätze belegten.

Wobei die Deutschen in den kommenden Partien nicht unbedingt alles dafür taten, diesen Eindruck zu bestärken. Ich habe keine Ahnung, wie das In Europa rezipiert wurde — man liest in diesen WM-Wochen viel weniger Zeitung als sonst, man ist im Arbeitsmodus, ich habe echt wenig mitbekommen — aber die Spiele gegen Ghana, die USA und Algerien haben bei vielen im Pressetross und bei mir auch wenig Zuversicht geweckt. Im Nachhinein vergisst man das manchmal, doch das DFB-Team hat sich durch diese drei Spiele geschleppt, da war kein Glanz, da war ein Muskelfaserriss gegen Algerien zur rechten Zeit und Verlass auf die Offensivkräfte. Die erste Halbzeit gegen Algerien war dennoch das Schlechteste, was ich von einer DFB-Elf seit Jahren gesehen hatte.

Mit dem Viertelfinale erst hat sich dieses Blatt gedreht. Kritisch nachgefragt wurde dennoch von uns allen nur wenig — aber vor allem deswegen, weil das kaum möglich war. Am Tag nach den Spielen gab es keine Pressekonferenzen, was ich als Unding empfunden habe, danach ging schon wieder der Fokus auf die nächste Partie los — zum Nachhaken war wenig Gelegenheit. Die Abgeschiedenheit des Campo führte zudem dazu, dass bei den Pressekonferenzen kaum internationale Kollegen auftauchten und auch manche deutsche Journalisten den täglichen mühsamen Anreiseweg via Fähre nicht immer mitmachen wollten. Der DFB wird darüber nicht todunglücklich gewesen sein.

Skeptisch bin ich geblieben, vor dem Viertelfinale, die Franzosen erschienen mir zu stark — und sie verloren. Vor dem Halbfinale, die Brasilianer hatten sich von Spiel zu Spiel gesteigert — und sie wurden vernichtet. Vor dem Finale, ich hatte Messi immer auf der Rechnung gehabt — und auch da habe ich mich geirrt. Wobei ich dabei bleibe, das dieser Finalsieg extrem glücklich ausgefallen ist. Ich hab ihn übrigens von Deutschland aus verfolgt, ich bin am Tag vor dem Endspiel heimgeflogen, das hatte private Gründe — und so war das Finale das einzige Spiel, das ich ohne Stress, ohne Einzelkritiken schon während des Spiels zu schreiben, beim Bier angucken konnte. Das war fast mein persönliches WM-Highlight.

Es waren beeindruckende vier Wochen, in jedem Fall. In Deutschland haben mir anschließend Leute mehrfach gesagt, das müsse doch mit die tollste Zeit meines Lebens gewesen sein. Da muss ich allerdings ganz klar sagen: Nein. WM-Berichterstattung, egal ob sie in Brasilien stattfindet oder in Südafrika oder in der Wüste — das ist nun mal kein Urlaub, ich war in den vier Wochen Brasilien grob geschätzt zweimal am Strand, ich war nicht an der Christus-Statue von Rio, ich war aber viel in den durchgekühlten Medienzentren vorm McDonalds-Buffet, und über brasilianische Flughafen-Foyers kann ich jetzt einen kleinen Flyer fertigen. Das hört sich jetzt vielleicht jammeriger an, als es sein soll. Es ist und bleibt ein gewaltiges Privileg, diesen Job zu haben, aber er ist auch in Brasilien vor allem Arbeit. Zugegeben, eine schöne Arbeit.

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Interview mit einem der großen Verlierer der WM

Hallo Herr, äh, muss ich eben nachschauen, ah, Herr Fuleco.

So ist mein Name, ja. Guten Tag.

Eigentlich sollten Sie das Gesicht der WM werden. Im Nachklapp kann man sich nicht mal erinnern, dass Sie irgendwo in Erscheinung getreten wären.

Doch, ich lag massenhaft in den Supermärkten dieser Welt aus und bei der Gruppenauslosung hat man mich auch noch wahrgenommen. Während des eigentlichen Turniers war meine Medienpräsenz dann, sagen wir, suboptimal.

Eine Idee, woran es lag?

An meinem Aussehen sicher nicht. Gut, ein Gürteltier ist jetzt nicht gerade ein Löwe, aber ich fand mich doch ganz gut designt. Vielleicht war der Fußball einfach zu gut, so dass solche Äußerlichkeiten nicht so sehr zählten

Aber wenn die WM gut war und Sie mit dieser verbunden werden, dann können Sie doch froh sein.

Das geht ja nicht Hand in Hand. Die WM 2010 war nicht so dolle, trotzdem kennt jeder noch diesen Jabulani.

Äh, Verzeihung, so hieß der Ball, nicht das Maskottchen.

Ach, naja, gut, aber an dessen Aussehen kann sich jeder erinnern. Ich bin ja scheinbar jetzt schon wieder vergessen. Und die Müllcontainer werden bald voll von mir sein, wenn sie das nicht jetzt bereits sind.

Die Stimmung ist also nicht allzu gut. Dabei grinsen sie doch immer so fröhlich.

Das ist ja eines der Probleme. Ich war für eine WM in Brasilien gemacht. Fröhlich, mit Tanz im Blut und wie endete die WM für Brasilien? Genau. Da wollte niemand mehr ein fröhliches Gürteltier sehen. Zumal die Bedeutung des Fußballs in Brasilien ohnehin abgenommen hat.

Also kein Eingang in die Geschichtsbücher oder wenigstens in die brasilianische Kultur?

Gott bewahre, bevor man mich in Brasilien mit diesem Turnier verbindet, ist es besser, man vergisst mich ganz. Das darf mir zwar eigentlich nicht schmecken, aber in dem Fall ist es wirklich besser so.

Was schlagen Sie denn vor, wer oder was als Bleibendes mit dieser WM in Verbindung bleiben soll?

Da kann es nur einen geben: die riesige Heuschrecke, die passenderweise auf der Schulter des späteren Torschützenkönigs James Rodriguez landete. Fügt sich ja auch sonst ganz gut als Bild in diese WM ein.

Sie meinen die 1,6 Milliarden Euro Gewinn für die FIFA, während Brasilien nur Kosten hatte?

Nur Kosten und dann auch noch Trauer am Ende. Dabei hab ich’s so nicht gemeint.

Okay, dann mal gutes Verschwinden im Orkus der Geschichte. Auf Wiedersehen, Herr äh …

Fuleco. Was übrigens nicht „Arsch“ bedeutet, wie in ihrem Land fälschlicherweise die Medien behaupteten. Doch als solcher fühle ich micht jetzt, mit so viel Brimborium eingeführt, nur um nicht mal eine Nebenrolle zu spielen. Aber Danke für die Wünsche, mit dem Verschwinden bin ich ja fast schon durch.

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Das Tor der WM

Gerade warf ein Twitterer ein, dass er sehr wohl auf der FIFA-Seite für das „Tor der WM“ abgestimmt habe. Offiziell gibt es da aber nichts, was die undurchsichtige Grand Jury alter Herren (wobei alt sein kein Makel ist) verkündet hätte.

Hier die Frage: Welches war das „Tor der WM“?

Im Falle von Antworten: bitte nicht nur den Namen des Schützen angeben, sondern auch, welches Tor gemeint ist. Danke im Voraus.

(Mein Kandidat: Tim Cahill gegen die Niederlande mit seinem Volley unter die Latte. Eins von den sieben Toren gegen Brasilien war sicher schöner rausgespielt, aber man mag am Fußball auch oft das Urwüchsige.)

Die nicht ganz Faulen fügen auch einen Link zum Video des Tores ein, muss aber nicht.

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Surrealissimo

Zur Vergegenwärtigung, welches Fußballwunders die eigenen Augen gestern im WM-Halbfinale zwischen Brasilien und Deutschland Zeuge wurden, hier erstmal ein paar Daten rund ums Spiel. Jaja, Rethy-Karteikärtchen galore, aber nach der so gelungenen Homestory des ZDF gestern über Rethy im Vorfeld des Spiels darf das auch mal sein.

Rethy ist übrigens, wie er freimütig zugab, beim ersten Versuch durch die Führerscheinprüfung gefallen, und den darf man dann nicht liegen lassen: er wusste also zumindest früher nicht immer ganz genau, wo es langgeht. Gestern aber fiel er definitiv nicht negativ auf, war das aus der Sicht der Bewertung des Sportlichen ohnehin unmöglich, so war er noch dazu überwältigt vom Gesehenen wie fast jeder Zuschauer und immer wieder von Zweifeln an seiner Wahrnehmung befallen, so oft wie er dem Zuhörer versicherte, dass der Spielstand real sei.

Hier konnte man es lange Zeit auch nicht glauben und wähnte sich immer wieder auf dem falschen Kanal, auf dem ein Testspiel und kein WM-Halbfinale übertragen würde.

Hin also zu einigen der Höchstleistungen und Rekorde, die dieses Spiel zeugte:

  • es war der höchste Sieg in einem WM-Halbfinale aller Zeiten
  • es war die erste Heimniederlage Brasiliens in einem Pflichtspiel seit 1975
  • noch nie erzielte eine Mannschaft schneller fünf Tore in einem WM-Spiel als die Deutsche in diesem
  • es ist der zweithöchste Sieg einer deutschen Mannschaft bei einer WM
  • Miroslav Klose erzielte sein 16. WM-Tor und ist damit alleiniger WM-Rekordtorschütze
  • noch nie erzielte die deutsche Mannschaft schneller vier Tore in Folge als in diesem Spiel
  • Brasilien hatte bei einer WM noch nie höher als 0:3 verloren, 1998 gg Frankreich
  • Deutschland erzielte jetzt die meisten WM-Tore aller Teams aller Zeiten
  • erst 1x erhielt eine Mannschaft bei einer WM mehr Gegentore in einer Halbzeit als Brasilien mit seinen 5 in der ersten: El Salvador mit 7 gegen Ungarn 1982
  • noch nie hat ein Ausrichter einer WM derart hoch verloren
  • in der Liste der höchsten Siege/Niederlagen bei einer WM reiht sich das 7:1 auf Platz 11 ein, in einer Liste, in der Brasilien sich nun nur knapp hinter Nordkorea, El Salvador, Zaire oder eben Saudi-Arabien befindet
  • noch nie hat ein Torschützenkönig einer vorangegangenen WM beim nachfolgenden Turnier genauso viele Tore wie beim Turnier zuvor erzielt, was Müller mit seinem Tor gelang
  • Müllers Tor zum 1:0 war das 2000. Tor für die DFB-Auswahl
  • Deutschland ist damit zum 8. Mal im WM-Finale und baut diesen Rekordwert weiter aus
  • Deutschland hatte noch nie zuvor ein Tor gegen Brasilien bei einer WM erzielt (bislang zwei Spiele BRD 2002/DDR 1974)
  • Deutschland hatte erst einmal zuvor mit mehr als einem Tor Unterschied gegen Brasilien gewonnen (2:0)
  • Deutschland erzielte noch nie zuvor 3 Tore in nur 3 Minuten
  • noch nie überhaupt verlor Brasilien höher (bisher: 0:6) als in diesem Spiel

Eine Bilanz des Wahnsinns, eine Bilanz des Schreckens aus Sicht des Gastgebers, der ernsthaft gehofft hatte, den Weltmeistertitel ins Visier nehmen zu können.

Wem noch mehr aufgefallen ist oder nachträglich einfällt, der möge gerne ergänzen.

Doch nun zum Spiel.

Denn was alle diese Rekorde, an denen man sich ergötzen kann, darf und soll, trotz allem nicht beinhalten, ist, welch surreales Fußballspiel auf allerallerhöchstem Niveau man gestern zu sehen bekam. Historisch, episch, für viele Medien gar als „ohne Worte“ bewertet. Nun muss man nicht in die Sprach- und Einfallslosigkeit jener Menschen einstimmen. Es war mehr als eine banale Sensation wie man sie in jeder dritten Runde eines Pokalwettbewerbs erlebt, das wäre unzulässig untertrieben. Nicht mal die Vokabel vom „Erdrutsch“ würde es wirklich treffen. Es war eine Singularität, die der Weltfußball noch nie erlebte. Der völlige Untergang nicht irgendeines zufällig ins Halbfinale gespülten Außenseiters, sondern des Rekordweltmeisters und gleichzeitigen WM-Gastgebers, mag er in den letzten Jahren auch auf dem Platz selten überzeugt haben.

„Das Wunder von Belo“ nannte Rethy die Partie in Anlehnung an die stehende Wendung vom „Wunder von Bern“. Während letztere Partie allerdings eine heiß umkämpfte, bis zuletzt hochspannende war, bestand das „Wunder von Belo“ aus dem totalen Zusammenbruch einer der beiden Kontrahenten, wie man einen solchen im Weltfußball in diesem Stadium eines Turniers noch nie erlebt hat. War das 1:5 des amtierenden Weltmeisters Spanien in der Vorrunde gegen die Niederlande schon eine mindestens herzdicke Überraschung, bei der aber von Auflösung Spaniens auf dem Platz angesichts fragwürdiger Entscheidungen und einiger Torwartpatzer nie die Rede sein konnte, so ist das 1:7 des Gastgebers … und hier verließen den Autor dann die Kräfte nach stundenlanger Extase bei gleichzeitigem Zweifel, ob er die Realität verloren habe und mittlerweile in einer Zwischenwelt angekommen wäre.

Deshalb wird dieser Beitrag später vervollständigt. Am Tag nach dem historischen Tag.

Aber bis dahin sei die Frage in den Raum geworfen: fehlt noch ein Rekord, eine Bestleistung in diesem Spiel aller Spiele?

Welches am Ende dann dennoch ziemlich wertlos gewesen sein wird, wenn van Gaal den Weltpokal in den rionesken Nachthimmel recken sollte und nicht der irgendwie Jogi. Surreal war dieses Ereignis dennoch. Die meisten hier beobachten den Fußball, seit sie vor Jahrzehten als Kind angefixt wurden. Wer hätte etwas Vergleichbares schon einmal gesehen?

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Der (fast tägliche) WM-Podcast spricht mit Trainer Baade

So wenig hier schriftlich während der WM passiert, beinahe so viel passiert außerhalb. Am Freitag sprach ich mit @sport_thies über „Das Spiel meines Lebens“ bei meinsportradio.de, übrigens immer noch immer wieder live gesendet und mit guter Musik aus dem Jahr des Spiel meines Lebens (abgesehen von der Nr. 1 der Charts in jener Woche).

Am Samstag sprach ich mit Yalcin Imre über die WM, ein Gespräch, das heute veröffentlicht wird. Am Donnerstag spreche ich zu den Zuhörern der Lesung in Bochum und am Mittwoch gilt es vielleicht noch das WM-Quiz von Kickwelt.de in Köln zu besuchen.

Yalcin Imre von Fehlpass.com richtete zur WM einen Podcast ein, der sich da treffend „Der fast tägliche Podcast zur WM“ nennt. Kurz: DFTWM. Dazu lädt er Koryphäen der Fußball-Netzkultur ein, zuletzt den bekennenden Leverkusen-Fan, ja, so etwas gibt es, mahqz, davor auch schon Tobias Escher von Spielverlagerung.de, Rafael Buschmann von Spiegel Online oder GNetzer alias Günter Netzer, natürlich darf auch mindestens eine halbe Hälfte von Collinas Erben nicht fehlen. Sehr hörenswert das Ganze und eine formidable Idee. Am Samstag war dann meine Wenigkeit zu Gast im DFTWM.

Jetzt gerade ist jenes Gespräch mit Fehlpass.com online erschienen: Yalcin Imre — einer der Gottväter des Fußball-Podcasts im deutschsprachigen Raum — hat mich zu sich gebeten. Ich bin gerne gefolgt und habe hoffentlich diesmal nicht so zischend eingeatmet wie beim Gespräch mit meinsportradio.de — dafür umso zischendere Ansichten geliefert.

Man lausche Yalcin mit der markanten Stimme und mir im Zwiegespräch an diesem Orte bei fehlpass.com.

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… ist unser Leben

Eine der wenigen Versionen, bei denen man wohl tatsächlich die Spieler, in dem Fall die Nationalspieler vor der WM 1974 singen hört. Und natürlich hört, wie schief sie singen. Von wegen Hymnenmitsingzwang und so …



… aber zum Glück zählt ab morgen ja auf dem Platz und nicht am Mikro, frei von allen „Flüchen“, „Kapitänsbindenstreits“, „Nichtabgeklatschthabens“, „Mitsing- und Migrantendiskussionen“ und sonstigem Kram, den sich Menschen recht entfernt vom Spiel ausdenken, um nicht über das Spiel selbst sprechen zu müssen.

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Ein paar Antworten rund um die WM

Der Libero“ stellt sich ein paar Fragen zur WM und gibt sich auch gleich die Antworten. Die selben Fragen stellt er auch mir, wofür ich recht dankbar bin. Wegen diverser Aktivitäten rund um die WM stand hier noch gar nichts zum sportlichen Teil der kommenden WM. Also antworte ich gerne auf seine Fragen, und wäre gespannt, was andere dazu sagen, die Lust verspüren, hier mitzumachen. Aufdrängen möchte ich es niemandem, aber wenn Meine Saison und der Stadtneurotiker sich berufen fühlten, fänd ich das gut.

Los geht’s:

Dein erstes bewusstes WM-Erlebnis war?

Wenn man sich nur auf die Endrunde bezieht, war mein erstes bewusstes WM-Erlebnis gleich mal eine gute Schule fürs Leben. Die deutsche Mannschaft hatte den Gegner nicht nur auf die leichte Schulter genommen, sondern den Gegner gar noch im Vorfeld verspottet. Jupp Derwall tönte: „Wenn wir die nicht schlagen, fahre ich mit dem nächsten Zug nach Hause“, was er dann doch nicht tat. Algerien hatte als absoluter Underdog die Deutschen sogar verdient und nicht glücklich mit 2:1 im Gruppenauftaktspiel geschlagen. Den Nachbarsjungen, der das Spiel mitgeschaut hatte, musste meine Mutter dann nach Abpfiff nach Hause schicken, weil ich völlig in Tränen aufgelöst war und mit mir nicht mehr zu reden war.

Wenn man die WM aber als Gesamtturnier sieht und nicht nur die Endrunde betrachtet, war mein erstes WM-Spiel (im TV natürlich) in der Qualifikation das 7:1 im Ruhrstadion gegen Finnland am 23.9.1981. Drei Tore von Rummenigge, zwei Tore von Breitner und ein völlig ungefährdeter Kantersieg. So ging es dann ja nicht immer weiter, im Leben nicht und mit der DFB-Auswahl auch nicht. Immerhin lernt man dann die Höhen zu schätzen.

Mit welcher WM-Legende würdest Du gern einmal Doppelpass spielen?

Er ist zwar keine WM-Legende, dafür war er im Vergleich zu erfolglos und hatte zu wenig nennenswerte Szenen bei seiner einzigen WM. Ich würde aber tatsächlich gerne mal mit Marco Bode einen Doppelpass spielen. Vor allem, um danach mit ihm quatschen zu können. Eine der angenehmsten Erscheinungen wohl der gesamten deutschen WM-Historie, sozusagen das Mädchen von nebenan.

Welchem TV-Kommentator wirst Du bei der WM gerne zuhören?

In den ÖR gibt es gar nicht so wenige, die man gut ertragen kann, die man sogar loben muss, wie ich beim Verfolgen der letzten Drittliga-Saison im TV erlebte. Leider hab ich mir dort dann nie die Namen gemerkt. Aber diese sind ja ohnehin nicht in Brasilien dabei.

Von der ÖR-Truppe gefällt mir eigentlich niemand wirklich gut. Tom Bartels, der immer über Gott und die Welt redet, dann aber die Wörter so pressend betont, als säße er auf dem Klo, wenn etwas auf dem Spielfeld passiert, ist unerträglich geworden, obwohl ich ihn früher mal mochte. Über Poschmann braucht man glaube ich kein Wort zu verlieren, der alte Klepper kriegt da eben sein Gnadenbrot, das muss man nicht verstehen, aber sich auch nicht großartig aufregen.

Steffen Simon ist bestimmt kein schlechter Journalist, aber am Mikro bei einem Spiel die totale Fehlbesetzung. Irgendetwas setzt bei ihm dann aus, gerade so, als wenn er seine Sendung „Schnauze Simon!“ produziert. Offensichtlich haben seine Untergebenen alle Angst um ihren Job, sonst würde ihm mal jemand stecken, dass er beides nicht im Entferntesten beherrscht.

Oliver Schmidt finden viele langweilig, bei mir kommt er eher besser weg. Ich finde ihn unaufgeregt und eben nicht marktschreierisch, das macht ihn mir angenehm. Gerd Gottlob läuft auch so unter ferner liefen, ohne unangenehm aufzufallen. Und jetzt stelle ich fest, dass ich Jens Jörg Rieck noch nie bewusst gehört habe.

An Thomas Wark mag ich ebenso das, was ich an dem dann noch verbliebenden Béla Réthy mag: dass man die Stimme so intensiv mit WM und EM verbindet. Ansonsten finde ich Wark auch relativ okay und mag ihn lieber als die gerade zuvor Zerfleischten. Ja, und dann bleibt doch tatsächlich auch bei mir Béla Réthy als Favorit über.

Aber das auch aus zwei konkreten Gründen: Weil ich irgendwie schon mit ihm abgeschlossen habe im Laufe der Jahre und einfach inhaltlich nix mehr von ihm erwarte. Er ist halt der altbekannte Onkel, der bei WM da sitzt. Zweiter Grund: weil ich ihn in Interviews abseits der Live-Reportage durchaus als Fachmann wahrnehme, der etwas weiß und auch darlegen kann. Deshalb bekommt er den Bonus, dass er für ein Länderspielpublikum kommentiert und die Normalo-Zuschauer dabei qua Auftrag mitnehmen muss. Das gilt zwar eigentlich aufgrund der Situation für alle hier Genannten, da bin ich mir aber oft nicht so sicher, ob sie fachlich tatsächlich mehr zeigen könnten, wenn sie dürften.

Großer Trost ohnehin: das ZDF bietet diesmal auch das Bild nur mit Stadionton und ohne Kommentator an. Da ich aber vornehmlich unter anderen Menschen die Spiele schauen werde, werde ich wohl selten in diesen Genuss kommen.

Die Iren haben sich für die WM am Zuckerhut leider nicht qualifiziert. Welchem weiteren Land drückst Du neben Jogis Jungs als »Zweitteam« die Daumen?

Geprägt von den WM 1982 und 1986 ist Belgien schon immer mein liebstes Zweitland. Es hat mich auch ein wenig bedrückt, dass dort nach der WM 2002 die große Flaute einsetzte. Umso erfreuter nehme ich den neuen Aufschwung zur Kenntnis. Da Belgien aber sozusagen mein festes Zweitland ist, nehme ich mir noch ein drittes dazu (wie wohl jeder in jeder Gruppe so seine Favoriten hat) und das war schon beim letzten Mal und ist auch diesmal wieder Chile.

Ansonsten wünsche ich mir noch, dass Bosnien einen guten Auftritt hinlegt und Australien zählt ebenfalls zu meinen Lieblingen, nicht zuletzt wegen ihres nicht nur als Klischee existierenden Sportsgeists. Den konnte man beim spätesten Elfmeter der WM-Geschichte in der normalen Spielzeit besichtigen, als Italien in der 95. Minute das Aus im Achtelfinale der Australier in Kaiserslautern besiegelte.

Zu Jogis Jungs: Nenne Deine beiden Lieblingskicker aus dem deutschen Kader?

Großkreutz und Reus wären es eigentlich gewesen. Letzteren hat Syndesmoses Rache ereilt, noch bevor er einen Fuß nach Südamerika setzen konnte. Bedauerlich.

Dann bliebe wohl als Zweiter noch Miroslav Klose, dem man bei dieser WM als Fan von Zahlen im Fußball nur alle Daumen drücken kann. Besonderen Esprit versprüht er als Typ ja nicht gerade, aber das gilt heute eh nur noch für wenige, Stichwort Kroos und „Pur“. Ich mag Kloses Spiel sehr und schätze, wie er durch mehrere Epochen des Fußballs hindurch auf höchstem Niveau sein Spiel immer wieder den Veränderungen angepasst hat.

Zu Großkreutz muss man wohl nicht viel sagen. Wer so sehr lebt, dass er den Fußball wirklich im Herzen trägt, darf und soll sogar auch mal übers Ziel hinausschießen. Seine Variabilität auf dem Platz sucht schließlich weiterhin ihresgleichen. Und als Typ liebt oder hasst man ihn, bei mir ist es Ersteres.

Aber ehrlich gesagt ist mir auch völlig egal, ob ich unter den Spielern Favoriten habe oder nicht: „Ich“ gewinne lieber mit Manfred Kaltz und Carsten Ramelow als auszuscheiden.

Wie weit kommen Jogis Jungs?

Es wird Platz 3, wie immer zuletzt. In der Vorrunde mache ich mir keine großen Sorgen, zumal Klinsmanns US-Boys im letzten Spiel, falls es noch drauf ankommt, kein Hindernis sein werden. Klinsmann sieht sich weiterhin eher als der Mentor der Spieler denn als ein Trainer einer Fußballmannschaft. Yoga, Sprachen lernen, Entscheidungen treffen, alles schön und gut, aber wie, bitteschön, Trainer, sollen wir spielen?

Gegen Portugal könnte eine der wenigen Niederlagen der deutschen WM-Geschichte hinzukommen, aber selbst dann würde es für die zweite Runde reichen. Im Halbfinale ist dann wieder Schluss, weil Neuer patzt, weil Boateng pennt und mit Rot vom Platz geht oder weil auch einfach schlicht der Gegner stärker ist und Jogi bei Rückstand wieder wie eingefroren an der Linie steht und seine Gehirnwindungen 25 Minuten brauchen, bis er reagiert.

Dann wird zwar Klose immerhin im Spiel um Platz 3 noch zwei Tore erzielen und alleiniger WM-Rekordtorschütze sein. Es hätte aber dann doch lieber der Titel sein dürfen. Ein Ausscheiden im Achtel- oder Viertelfinale halte ich für unwahrscheinlich, gleichwohl Reus‘ Verletzung eine echte Hiobsbotschaft bedeutet. Angesichts des Verlaufs des Trainingslagers in Tirol kam das aber irgendwie auch nicht mehr überraschend.

(Wenn nicht Jogis Jungs:) Wer wird am 13.07.2014 im Maracanã Weltmeister?

Natürlich Belgien. Oder Chile. Oder Bosnien. Im Ernst: ich fürchte, es könnte wirklich Brasilien sein. Die wären dann tatsächlich „auf Jahre hinaus“ uneinholbar, was die Zahl der WM-Titel angeht. Wenn es nicht Deutschland wird, wäre mir aber ein Neuling am liebsten, wobei da nicht viele in Frage kommen, ein „Dänemark“ früherer Kajüte sehe ich nicht am Horizont. Einen Weltmeister aus Afrika werden wir aber leider (?) immer noch nicht erleben, auch keinen Halbfinalteilnehmer, genausowenig aus Asien. Bleiben wohl die üblichen Verdächtigen.

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Echtes Gewinnspiel: Reise nach Berlin samt Hotel zur WM-Eröffnung in der Waldbühne

Heute endlich mal wieder ein Gewinnspiel, das seinen Namen sogar verdient. Zu gewinnen gibt es eine Reise für 2 Personen per Bahn nach Berlin samt Hotelübernachtung vom 12.6. auf den 13.6. zum Kick-Off der Übertragungen der WM-Spiele in der Waldbühne. Die Aufgabe ist diesmal denkbar einfach:

poste einfach Dein Lieblingstor von allen WM überhaupt.

Zwei Einschränkungen: es darf kein Tor für Deutschland sein (gegen aber sehr wohl) und es dürfen weder Bergkamps Tor gegen Argentinien noch Maradonas Tore gegen England sein. Das ist alles. Allerdings muss das Tor per youtube-Video verfügbar sein, gefunden und der youtube-Link in den Kommentaren hinzugefügt werden (einbetten funktioniert leider nicht).

Ziehung der Sieger ist am 4.6. um 20h, bis dahin könnt Ihr so viele Tore einstellen, wie Ihr wollt, jedes Tor ist dann ein „Los“ in der Verlosung bei diesem feinen Gewinnspiel, bei welchem es — logisch — keine richtigen oder falschen Antworten gibt.

Bereitgestellt wird der Preis von Gillette, welche auch noch ein weiteres Gewinnspiel rund um die WM veranstalten und einen gewissen Thomas Müller als ihr WM-Rasurgesicht gewählt haben. Anders als Paul Breitner anno 1982 hat Thomas Müller aber keinen Bart, den er sich abrasieren könnte. Auf dem Land ist es halt nicht so hip wie in Berlin, wohin der glückliche Gewinner samt Begleitung reisen darf.

Dann darf man gespannt sein auf Eure Lieblingstore der WM-Geschichte, welche nicht für Deutschland fielen.

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World-Cup-Quiz in 8bit

WM-Zeit heißt wieder, dass allerlei Schrott in schwarz-rot-gold auf den Markt geworfen wird, dass es etliche Werbespots mit manchmal sehr bemühtem Fußballbezug gibt, aber auch, dass das eine oder andere Spielchen aufpoppt, mit dem man etwas mehr Freude hat als mit der Grillzange mit schwarz-rot-goldenem Griff.

Zum Beispiel beim World-Cup-Quiz von 8bit-football, wo in altbekannter 8bit-Grafik 32 WM-Spieler dargestellt und zu erraten sind, jeweils plus dazugehörigem Land.

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Schicke Alternativen zu den WM-Trikots 2014

Ausgerechnet jenes für den DFB ist eher so würg geworden. Die anderen Alternativen, die ein Designer namens Rojito zusammendesignt hat, sind teilweise aber ganz außerordentlich schick. (Liegt ja a) immer im Auge des Betrachters und b) auch an den in der jeweiligen Zeit vorherrschenden Strömung. Noch dazu sind wir Fußballfans ja gerade bei den Trikots schlimme, ganz abscheuliche Traditionalisten.)

Wenn die Dinge aber derart gewitzt daherkommen, wie diese alternativen Trikots zur WM 2014, dürfte man Einiges davon gerne auch mal umsetzen.

Das Trikot von Belgien, wow, Ghana noch wower und bei Uruguay schmilzt es dann.

Achja, wie zuletzt bei Twitter erwähnt: Bald ist WM. Nicht vergessen.

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Giovane Elber sez

Wenn er den Raum betritt, geht die Sonne auf. Lässig in Blue Jeans und roten Pullover gewandet, kaum gealtert und auch nicht gebreitert, umspielt seine Lippen ständig dieses schelmische Grinsen. Da die Augen aber mitlachen, weiß man sofort: Es ist echt, nicht aufgesetzt. Giovane Elbers Freundlichkeit kommt von Häätze. Und bleibt über die gesamte Zeit seiner Anwesenheit. Frei weg von der Leber spricht er in bekannt sehr gutem Deutsch, hat selbst für einen anwesenden Schalke-Blogger ein „Kopf hoch!“ übrig, als das Gespräch auf das 5:1 vom letzten Wochenende kommt. Allüren sind ihm fr …

Halt, Stop! Wird das jetzt hier eine dieser typischen Einleitungen von Glamour- und Klatschmagazinen, in denen die Kleidung (Franelle, Saint Malo, Schuhe von Hapag) des Protagonisten wichtiger ist als das, was inhaltlich passiert? Nein.

Doch Glamour gab es durchaus ein wenig in den Räumen des Sportpresseclubs vor der Partie gegen Chile im früheren Neckarstadion, schließlich waren die Stars aus ganz Deutschland angereist. Aus Berlin gleich zwei Fußballblogger, einer aus Leipzig, einige aus München und wieder andere Fußballblogger aus dem Ruhrgebiet. Umso erstaunlicher, wie offen Giovane Elber dieser Ansammlung von Größen der Publizisitik begegnete. Von Lampenfieber keine Spur.

Stattdessen ging es direkt in medias res, denn Elber gab auf Nachfrage sofort zu, dass eine Reise nach und ein längerer Aufenthalt in Brasilien sehr teuer sei. Womit er gleich die anwesende Runde vom leichten Makel entlastete, dass kein einziger Teilnehmer plant, selbst zur WM zu reisen. Kann ja nicht jeder ein Praktikum bei ARD oder ZDF machen.

Dort, bei der WM in Brasilien, seien seiner Ansicht nach übrigens Argentinien und Deutschland Favorit auf das Finale, mit dem späteren Weltmeister Deutschland. Ausgesprochen allerdings vor Anpfiff des Tests gegen Chile. Argentinien werde nicht zuletzt von den vergleichsweise kurzen Reisewegen profitieren und vom im Süden Brasiliens deutlich kühleren Klima als in anderen Regionen. In Manaus zum Beispiel sei es manchmal so heiß und feucht, das Elber und seine Mitspieler bei Partien dort schon in der Kabine geschwitzt und sich gar nicht warm gemacht hätten, nur ein bisschen gedehnt. Ob das aus dem Reich der Fabeln stammt oder doch stark auf die Jahreszeit ankommt, verrät ein Blick in die Klimatabelle von Manaus.

Außerdem sei es legitim, dass die Menschen in Brasilien so offensiv protestieren. Und es sei auch während der WM mit weiteren, umfassenden Protesten zu rechnen. Man brauche dort bessere Infrastruktur, die allen zugute komme, dieser Wunsch sei vollkommen legitim. Nicht allein Verkehrswege, sondern vor allem bessere Schulen und eine bessere Krankenversorgung. Gleich vier Stadien zählt Giovane Elber auf, die nach der WM nicht von Erst- oder Zweitligisten genutzt werden würden. Insofern habe es ihn selbst nur überrascht, dass die Menschen in Brasilien zum Confed-Cup in solchen Massen auf die Straße strömten. Die Mentalität in Brasilien verhindere oft, dass sich derartiger Protest entwickele, denn allzu oft zeige man dort eine gewisse Nachsicht mit den Verhältnissen und Trägheit bezüglich möglicher Änderungen. Dass sie protestierten, habe ihn überrascht, aber nicht, aus welchen Gründen.

Natürlich sei es außerdem fantastisch, zur Zeit Bayern München beim Fußballspielen zuzuschauen, aber er bevorzugte, wenn er die Wahl hätte, den Spielstil aus seiner Zeit. Damals hätte er als Stürmer viel mehr Räume gehabt, nutzen können und immer wieder selbst entscheiden können, wann was die bessere Idee sei. Im heutigen System müsse man als Stürmer ständig nur warten und auf den richtigen Moment hoffen. Das sei schon ein bisschen langweilig, auch das aktuelle Tiki-Taka des FC Bayern sei nicht sein absolut favorisierter Fußball zum Zusehen und schon gar nicht zum Selberspielen. Erstaunlich offen und ehrlich hier, wie er überhaupt in keiner Hinsicht ein Blatt vor den Mund zu nehmen schien. So sympathisch wie er allen Anwesenden (mit Ausnahme der dem HSV zugeneigten Blogger — „gegen uns hat er immer besonders oft getroffen“) vor Ort war, wirkt er wohl nicht zuletzt deshalb auch im Rest der Republik.

Die von den hiesigen Twitter-Followern eingereichten Fragen konnten leider nicht alle gestellt werden, schließlich waren u. A. der Frittenmeister oder GNetzer auch mal dran, doch fanden immerhin zwei Fragen der Leser den Weg zu Giovane Elbers Gehirn, woraufhin er sich mit Antworten auch nicht lange lumpen ließ.

Ja, er werde bei der WM für die ARD arbeiten und zwar als Experte für den Fußball, nicht als Reiseführer, der die Verhältnisse vor Ort erklärt. Zusammen mit Mehmet Scholl werde er diese Aufgabe angehen. Für wen diese Zusammenarbeit das härtere Brot sei, darauf wollte sich Giovane Elber dann aber nicht festlegen.

Nein, er hat keinen Kontakt mehr zu Martin Pieckenhagen, mit dessen Namen er sofort etwas anfangen konnte (für die Nachgeborenen: die Suche nach besagtem Tor des Jahres 1999 von Giovane Elber war bei youtube bislang erfolglos, was die Redaktion explizit bedauert), er habe ihn einmal noch in Hamburg getroffen, aber über sein legendäres Tor gegen Pieckenhagen habe man nicht geredet. Und fügte hinzu, dass eben jenes gegen Rostock „das schönste Tor gewesen“ sei.

Finden wir auch.

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Das Design des WM-Balls 2014

Dass der neue WM-Ball für das Turnier in Brasilien brazuca heißen wird, weiß man als Leser dieses Blogs schon länger. Jetzt ist angeblich auch das Design des neuen WM-Balls 2014 publik geworden. Die Fake-Polizei hat jedenfalls keine Bedenken angemeldet (vielleicht hat sie auch schon Feierabend).

Jetzt gerade geistert jedenfalls dieses Bild vom Design des neuen WM-Balls 2014 durchs Netz. Und man kann nur sagen: Es ist nicht das beste Jahr der für WM-Klumpatsch zuständigen Designer. Natürlich ist so etwas immer reine Geschmackssache. Und ebenso natürlich kann die Strategie womöglich tatsächlich lauten, dass man bei den nächsten Ausgaben dann denken wird: hach, endlich wieder in schön.

Ich malte jedenfalls einst in meiner Funktion als explizit überhaupt nicht Zeichnen und Malen könnender Mensch im Kunstunterricht ein Bild zu einem leider vergessenen Thema, welches der Lehrer, ansonsten kein Freund allzu harter Worte, mit dem Kommentar verzierte: „Sieht aus wie draufgekotzt.“

Damit gehen wir dann also ganz beruhigt in die Nacht, seit wir wissen, wie der WM-Ball 2014 aussehen wird und welches Monstrum uns von nun an auf Jahre hinaus auf den Fußballplätzen dieser Welt verfolgen wird. Denn haltbar sind sie ja für gewöhnlich. Gute Nacht.

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