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Schlagwort: Meidericher SV

Filmkritik: Fürn Mettbrötchen und ne Tasse Kaffee – Meidericher Vizemeister

Filmkritik: „Meidericher Vizemeister“

Aus der Reihe: „Von Anfang bis Westende“


So sieht das aus, wenn ein Verein tatsächlich noch nie einen Titel im Profifußball errungen hat. Dann ist ein zweiter Platz, stolz zur VizeMEISTERSCHAFT erhoben, das, worauf man seinen Mythos stützen muss. Denn diese „Meidericher Vizemeister“ aus der Gründungssaison erreichten die beste Platzierung der Geschichte dieses Clubs vom Niederrhein.

Doch geht es in der kürzlich ehrenamtlich (!) auf professionellem Niveau erstellten Dokumentation über den Meidericher SV nicht allein um eine Mythosbildung, auf welche man dann gerne bei Diskussionen unter der so tiefliegenden Mütze der Tradition verweisen kann.

Es geht auch darum, diese besondere Geschichte festzuhalten, so lange die Protagonisten noch selbst davon berichten können, wie sie es in der Doku ausgiebig tun. Und das umfasst nicht in erster Linie den überraschenden sportlichen Erfolg, sondern auch viel Lebensgefühl (wer will, fügt: im Ruhrgebiet an) aus den Jahren 1962 bis 1964, als natürlich nicht nur im Fußball noch ein völlig anderes Klima herrschte. Angefangen von der lange fraglichen Qualifikation für einen der nur 16 Plätze in der neuen Bundesliga eben 1962 über allerlei aus dem Leben neben dem Platz, schließlich hatten alle — siehe Beitragstitel — noch einen Beruf, bis zum Ende, als es dann doch nicht zum Titel reichte, der 2. Platz aber als ebensolche Sensation gefeiert wurde.



Die schon in Ronald Rengs Buch „Spieltage“ erwähnte Besonderheit dieser Mannschaft, die größtenteils nicht nur aus dem selben Stadtteil, sondern von gerade mal zwei, drei nebeneinander liegenden Straßen stammte, findet hier auch kurz ihren Wiederklang und bildet gleichzeitig das Korsett für die ineinander verwobenen Originalkommentare der einzelnen Mannschaftsmitglieder. Wenn größere und kleinere rhetorische Talente auch im Wissen um die Existenz der Bühne, die der Film für sie baut, von früher erzählen, dann wird diese Zeit sehr anschaulich. (Und kratzige Stimmen manch älterer Herren bilden einen Teil dieser Anschaulichkeit.)

Spieler wie Günter Preuß, Lulu Nolden oder jener Hennes Sabath im Trailer unten erhalten ein zuvor in der Öffentlichkeit nicht existentes Gesicht. (Und man darf hinzufügen, dass Sabath im Film zum Glück nicht immer so überzeugt von sich und seinen Jungs ist, wie im Trailer unten.)

Sowie natürlich Riegel-Rudi Gutendorf, der sich mit seinen 87 Jahren und 55 Trainerstationen erstaunlich präzise an genau jene Saison beim Meidericher SV erinnert, um die es hier geht. Und diese prompt zur schönsten seiner Laufbahn erklärt. Was allgemein wenig überrascht, doch ist auch seine Auskunftsfreudigkeit ein Baustein zum Gelingen des Werks.

Und dann geht es tatsächlich auch darum, wie Rudi Gutendorf schon damals durch eine taktische Innovation mit in Deutschland völlig unbekannten Spielern, Ausnahme: 54er Weltmeister Helmut Rahn, dem Meidericher SV dazu verhalf, seinen Gegnern reihenweise die Punkte zu stehlen.

Als einziger Außenstehender wird übrigens Uwe Seeler in einigen Passagen zum damaligen Gegner Meidericher SV befragt, und wer den Grund dafür nicht kennt, sollte sich erst schämen, kann ihn ja dann aber im Film erfahren.

Dieser bietet mehr als nur Heimatfolklore, wenn auch zu nicht geringen Teilen: Vor allem ist er ein Stück Bundesligageschichte, das vielleicht auch wegen seines Charmes vom eigentlich unglaublichen Märchen der Freunde, die zusammen sportlich die Fußballplätze aufmischen, bis in die heutige Zeit im Fußball wirkt.

Zumindest heute Abend, 21.15h jedenfalls. Wenn der Film im Sommernachtskino im Landschaftspark Nord in Duisburg gezeigt wird. Wie ich berichten kann: höchst sehenswert, mit dem Fokus auf den Protagonisten und weniger auf dem Spiel.

Höchst sehenswert auch in diesem Theater, einem halb-offenen Kino, das in einen früheren Hochofen eingebettet ist. Passender könnte die Kulisse nur noch dann sein, wenn man ein paar Hundert Meter weiter wirklich in Meiderich aufführte.



Wer Zeit hat und Fußballfan, nicht nötigerweise des Meidericher SV, ist, der sollte sich den Streifen an diesem besonderen Aufführungsort nicht entgehen lassen. Aufführungsbeginn ist nach Sonnenuntergang.

Allen anderen sei der Film aber ebenso ans Herz gelegt. Wer „Spieltage“ von Reng mochte, kommt an „Meidericher Vizemeister“ kaum vorbei.

PS: Das Zebrastreifenblog hat ihn auch schon gesehen.

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Wenigste Heimgegentore in einer Saison

Einen etwas und einen sehr überraschenden Teilnehmer gibt es in dieser Aufstellung der Teams mit den wenigsten Heimgegentoren pro Saison in der Bundesliga.

Entstanden aus diesem Tweet und der folgenden Diskussion mit @goonerportal. Wobei der Tweet besagt, dass der FC Barcelona bislang 39:0 Tore in seinen 9 Heimspielen fabrizierte und dass das doch ein wenig bemerkenswert ist. Zumal wohl nicht allzu viele hinzukommen werden. Die Ergebnisse lesen sich übrigens bislang so:

5:0
5:0
8:0
3:0
4:0
0:0
5:0
4:0
5:0

Leider hat die folgende Liste bei vollkommen wilkürlich gewählten Kritierien zur Aufnahme kaum eine Aussagekraft bezüglich irgendwelcher Ereignisse in der Zukunft, aber. Aber es ist eine nette kleine Spielerei, wie man sie am Sonntag zum Ausklang eines in beinahe jeder Hinsicht unspektakulären Bundesliga-Wochenendes noch mit in den Schlaf nehmen kann.

Oder sich einfach freuen, wenn man Anhänger des VfL Bochum, des SV Werder Bremen oder der SpVgg Unterhaching ist. Et voilà:

5
Werder Bremen 1993

6
VfL Bochum 2004

8
Eintracht Braunschweig 1967
FC Schalke 04 1972
VfB Stuttgart 1979
FC Bayern München 1989
FC Bayern München 1990
VfB Stuttgart 1990
Borussia Dortmund 1990
FC Bayern München 2008
Borussia Dortmund 2008

9
FC Bayern München 1983
1. FC Köln 1988

10
Werder Bremen 1965
Hamburger SV 1980
Werder Bremen 1989
FC Bayern München 1994
1. FC Kaiserslautern 1994
Borussia Dortmund 1999
Hertha BSC 1999
SpVgg Unterhaching 2000
FC Bayern München 2002

11
Meidericher SV 1964
VfB Stuttgart 1978
VfL Bochum 1978
Hamburger SV 1983
Hamburger SV 1986
1. FC Kaiserslautern 1989
Werder Bremen 1990
Karlsruher SC 1990
Hamburger SV 2000
Hamburger SV 2003
Borussia Mönchengladbach 2003
FC Schalke 04 2007
Borussia Dortmund 2009

12
Borussia Mönchengladbach 1976
FC Bayern München 1980
1. FC Köln 1982
VfB Stuttgart 1984
Hamburger SV 1987
Werder Bremen 1988
Hamburger SV 1990
FC Schalke 04 1992
FC Bayern München 1997
VfB Stuttgart 1998
FC Schalke 04 1998
Borussia Dortmund 2002
FC Bayern München 2003
Hamburger SV 2010

Beim Führenden dieser Wertung sah das übrigens so aus, in jener Saison 1993 unter Otto Rehhagel:

3:1
1:0
3:0
0:0
5:0
1:0
3:0
2:0
1:1
2:0
4:1
3:0
2:0
2:0
1:1
2:1
3:0

Werder als das damals deutlich abwehrstärkste Heimteam. Eine gewisse Ironie in Bezug auf die Entwicklung unter dem aktuellen Trainer bleibt da nicht aus.

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Wenn der Dummschwätzer mal einen Elfmeter verursacht

Der MSV Duisburg ist bekanntlich nur ein wenig titelloser als der VfL Bochum, die Deutsche Amateurmeisterschaft ist so etwas wie eine bestandener Idiotentest nach dem dritten Durchfallen bei der Führerscheinprüfung: Natürlich ist es besser als es nicht geschafft zu haben, aber man erzählt lieber niemandem davon.

Heute hat der MSV Duisburg immerhin die Gelegenheit, Rekordteilnehmer beim DFB-Pokalfinale ohne eigenen Sieg zu werden. Zur Zeit teilt man sich diesen Spitzenplatz bekanntlich noch mit Alemannia Aachen.

Wie es dazu kam, dass man überhaupt heute in der glücklichen Lage ist, diesen Topwert womöglich heute Abend für sich alleine beanspruchen zu können, zeigt u. a. das kurze Video vom ersten verlorenen Finale 1966, das mal wieder mit ein paar Leckerli aus der Dunkelkammer der Fußballgeschichte aufwartet.

Zum Beispiel mit so Informationen wie dass das Finale des DFB-Pokals von 1953 bis 1963 wohl immer gegen Ende des Jahres stattgefunden haben soll. Kurze Recherche bei fussballdaten.de ergibt aber: Das war nur von 1957 bis 1959 der Fall.

Am Ende, klar, Bayerndusel, haha, gewinnt natürlich der FC Bayern München das Spiel, im Jahr darauf übrigens einen kleinen, unbedeutenden Europapokal und danach dann noch einige weitere, kleine, unbedeutende Europapokale, Weltpokale usw., während der MSV.



Ein weiterer Offenenmundmacher, anknüpfend an diese Anmerkung, ist übrigens des Schiedsrichters Reaktion nach seinem Pfiff zum Strafstoß für den FC Bayern. Ein echter Beinspreizer, in diesem Fall im Wortsinne.

Hat man lange nicht mehr gesehen … aber penibel sind’s scho, gä?

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Zünglein an der Tabelle

Natürlich muss man keinem Fußballinteressierten erklären, dass die Tordifferenz extrem wichtig werden kann, insofern als sie in bestimmten Konstellationen genauso viel zählt wie ein Punkt mehr als der punktgleiche Tabellennachbar zu haben. Und das vergisst über die gesamte Saison wohl auch niemand, schon gar nicht, so hofft man als Anhänger, wenn eine Mannschaft mal so richtig untergeht, eine Partie schon zur 60. Minute entschieden ist, weil man mit 3, 4 oder 5 Toren hinten liegt. Und genauso hofft man, dass allen auf dem Platz Beteiligten klar ist, dass es eben keineswegs gleichgültig ist, ob man nun mit 0:3 oder 0:7 nach Hause geht, von den direkten Auswirkungen dieses Unterschieds noch einmal abgesehen.

In den knapp 50 Jahren Bestehen der Bundesliga kam es schließlich mehr als nur ein Mal vor, dass sich elementare Fragen wie Abstieg oder Meisterschaft allein durch die Tordifferenz entschieden. Dazu kommt das Phänomen, dass nahezu keine Spielzeit vergeht, ohne dass nicht wenigstens eine Platzierung anhand der Tordifferenz entschieden würde. Und dass das wiederum Auswirkungen auf die Finanzen hat, muss man hoffentlich ebenfalls nicht mehr erwähnen.

Grün und Rot markiert sind jene Fälle, in denen tatsächlich die Frage Meisterschaft, Abstieg oder Teilnahme am internationalen Fußball mittels Tordifferenz entschieden wurden.

Früher war es der DFB, heute macht die DFL jedes Jahr drei Kreuze, dass die beiden besten Teams einer Saison noch nie punkt- und torgleich waren, wobei danach noch einige Kritierien mehr („Fragen zum Spielbetrieb“ anklicken) zum Einsatz kämen. Helfen diese alle nicht, steht man vor der Frage: Wo sollte man zu welchen Bedingungen ein Entscheidungsspiel austragen?

Rekord-Depp ist natürlich der Depp, Entschuldigung, der Club, der gleich zwei Mal wegen der schlechteren Tordifferenz abstieg, Stichwort Phantomtor. Der VfB Stuttgart hingegen wurde zwei Mal nur aufgrund der besseren Tordifferenz Meister. Ansonsten scheint die Drei-Punkte-Regel für eine geringere Häufigkeit von Punktgleichheit zu sorgen, wodurch die Ängste der DFL-Verantwortlichen ein wenig geringer geworden sein dürften.

Bis zur Saison 1966/1967 zählte nicht die durch Subtraktion ermittelte Tordifferenz, sondern der so genannte „Torquotient“, der sich denkbar einfach berechnen lässt, allerdings den Vorteil der mehr geschossenen Tore und somit eines vermeintlich attraktiveren Spielstils nicht berücksichtigt. Seit 1967/1968 gilt also die nicht mehr ganz neue Regelung der Tordifferenz im Gegensatz zum Torquotienten.

Die mit einem Asterix versehen Clubs mussten in die Relegation, welche sie dann aber erfolgreich bestritten. Fettgedruckte Mannschaften sind absolut punkt- und torgleich, während kursiv gestellte Teams zwar die selbe Tordifferenz aufweisen, eines der beiden Teams jedoch mehr Tore erzielte als das andere und ersteres somit vor dem zweiten rangiert.

Den sprichwörtlichen Vogel schießt die Saison 1974 ab, als sich die stolze Zahl von fünf punktgleichen Teams auf den Plätzen 9 bis 13 am Ende der Saison allein anhand der Tordifferenz in eine Reihenfolge bringen ließen.

2007/2008
4. Hamburger SV +21 47:26 54
5. VfL Wolfsburg +12 58:46 54
2006/2007
9. Borussia Dortmund -2 41:43 44
10. Hertha BSC -5 50:55 44
11. Hannover 96 -9 41:50 44
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