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Schlagwort: Salzburg

Unbekanntes aus … Klagenfurt

… Klagenfurt.

Klagenfurt heißt gar nicht Klagenfurt, sondern Klagenfurt am Wörthersee. Das ist seit 2007 so. Hier waren ähnlich Komplexbeladene am Werke, die ihrer Stadt noch das Portiönchen Extravaganz verleihen wollten, was sie eben nicht hat, wie in Rothenburg ob der Tauber, Newcastle-upon-Tyne oder Bad Berleburg. Klagenfurt am Wörthersee. 22 Buchstaben für ein rien ne va plus.

Klagenfurt besitzt zusammen mit der Stadt Wiesbaden die älteste Städtepartnerschaft der Welt, und zwar seit 1930. Muss etwas seltsam gewesen sein, als man dann 1938 plötzlich im selben Staate lebte. Aber solche Partnerschaften innerhalb eines Staates gibt es ja auch in Deutschland, wo Städte aus der alten Bundesrepublik eine Partnerschaft mit Städten aus den NFL FNL haben. Städtepartnerschaften sind eine der überflüssigsten Einrichtungen dieser Welt. Man sollte lieber zu Hause bleiben und was für die Schule tun.

Klagenfurt ist mit nur 92.000 Einwohnern bereits die sechstgrößte Stadt in Österreich. Auf Platz 1 liegt natürlich Berlin, gefolgt von Graz, Linz, Innsbruck und Salzburg. Und bis auf die Stadt „Superpfund“ sind das auch schon alle österreichischen Städte, die man gemeinhin kennt. In der Konglomeration Wien lebt mit 2 Millionen Menschen ein Viertel aller Österreicher, eine bessere Quote erreicht international wohl nur noch Montevideo.

Klagenfurt brachte auch den Romancier Robert Musil hervor, bzw. eigentlich war das seine Mutter, aber sonst könnte der Absatz hier nicht wie alle anderen mit dem Wort „Klagenfurt“ beginnen. Musil bewies mit seiner zweiteiligen Trilogie „Der Mann ohne Eigenschaften“ — obwohl bereits 1932 veröffentlicht — schon zu jener Zeit Weitblick auf die EM 2008, bei der Miroslav Klose in diesem Stadion antreten würde.

Klagenfurt hat eine Universität, einen Wörthersee, einen Hauptbahnhof, ein Stadion und irgendwo sogar einen Flughafen. Während man beim Stadion wenig kreativ war („Wörthersee-Stadion“), aber immer noch kreativer als bei deutschen Stadiennamen derzeit, hat die Universität einen Namen wie Hamburg-Mannheimer, Aachen-Münchener oder Callsen-Bracker: Adria-Alpen-Universität. Beim ersten Teil des Namens denkt man unweigerlich an Eisdielen in den an dieser Stelle zu oft zitierten Fußgängerzonen, auf deren Stühlen man immer entweder Schmerzen oder Beklemmungen bekommt, niemals aber das Gefühl von Entspannung. Außerdem sind die Bällchen zu klein. Beim zweiten Teil des Namens denkt man entweder an Schokolade, an einen Ort am Niederrhein oder an Berge. Eine Eisdielen-Schokoladen-Universität — es scheint als sei Klagenfurt ganz nah am Schlaraffenland. Oder alle Klagenfurter sind fett, was aber eher unwahrscheinlich wirkt, weil der „Oggersheimer Koloss“ hier ständig zum Abspecken hinfuhr.

Klagenfurt hat wie gesagt ein Stadion, das Wörthersee-Stadion, das als URL komischerweise unter sportpark-klagenfurt.at zu finden ist, womit wir dann doch wieder bei der deutschen Stadiennamenszenerie angelangt wären. 32.000 Zuschauer fasst es zur EM oder „an der EM“, wie man dort sagt. Nach der EM folgt der Rückbau des Stadions auf eine Kapazität von 12.000 Zuschauern. Die überflüssigen Tribünen werden, wie man es in Entwicklungsländern häufig macht, abtransportiert und an anderen Stadien wieder aufgebaut. Eine nette Idee. Außerdem gewann das Stadion den „grünen Ball“ für besondere Umweltfreundlichkeit. Den grünen Ball. Wow.

Klagenfurt. So weit, so klein.

4 Kommentare

Wiener Straßencafé

So stell ich mir das in Österreich vor, auch wenn’s gar nicht in Wien, sondern in Salzburg war: Kurz vor einer von der UEFA geplanten Konferenz in einem riesigen aufblasbaren Zelt (nein, nicht die Allianz-Arena) entwich Luft durch einen Riss und das Ding stürzte in sich zusammen.

Was in Deutschland wohl einen mittelprächtigen Aufschrei bezüglich der Sicherheit der WM-EM-Arenen nach sich gezogen hätte — man erinnere sich an das kurzzeitige Medienrauschen nach der Veröffentlichung der Prüfergebnisse der Stiftung Warentest — ist in Österreich kein Problem und wird nonchalant gelöst:

„Eine geplante Pressekonferenz wurde in ein nahegelegenes Café verlegt.“

Stück Sachertorte dazu?

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NIMBY

Es ist ja nun nicht so, als hätte ich an der Uni außer Klopapier Klauen überhaupt nichts gelernt. Zum Beispiel habe ich gelernt, dass man im angelsächsischen Sprachraum gerne aus allem Möglichen ein Akronym bildet. Klar, es gibt hier auch Haribo, Hanuta und Konsorten, aber die Zahl der mir bekannten englischen Akronyme übersteigt die der deutschen doch bei Weitem: DINK, YUPPIE, AIDS, BDSM (Dank an Anita und SLogan), und last not least NIMBY.

Sie kommen auch im Fußball vor, diese NIMBYs, die bei jeder vom Menschen geplanten Veränderung der Umwelt auf den Plan treten: sei es ein Hochsicherheitstrakt für psychisch kranke Schwerverbrecher, sei es eine Energie produzierende Windradfarm oder eben ein Emissionen jeglicher Couleur verursachendes Fußballstadion.

Im Wikipediabeitrag wird das Akronym „Not in my backyard“ sinngemäß mit „Das ist nicht mein Bier“ übersetzt, was zwar Sinn hat, aber nicht gemäß ist. „Das ist nicht mein Bier“ bedeutet, dass einen das Geschehen nicht interessiert bzw. nichts angeht. Ein Nimby hat aber großes Interesse an dem Geschehen, genauer gesagt will er es verhindern. Sinngemäß müsste es (wie dort allerdings auch erwähnt) „nicht in meinem Garten“ heißen oder besser: Natürlich will ich die Vorteile nutzen, aber mit den Nachteilen nichts zu tun haben.

„Der aus den USA stammende Begriff bezeichnet insbesondere eine Geisteshaltung von Personen, welche die Vorteile moderner Technologie zwar nutzen, im eigenen Umfeld aber keine Nachteile in Kauf nehmen wollen.“

Solche Nimbys machen jetzt auch den Ausrichtern der EM das Leben schwer. In exotischen Ländern wie Österreich ist es möglich, dass eine Handvoll Anwohner sich erfolgreich gegen die Interessen der ganzen Fußballnation wendet. Das Salzburger Stadion, soll nach der EM von 30.000 wieder auf 18.000 Zuschauer zurückgebaut werden und zudem schon während der kommenden österreichischen (hier irgendeinen abstrusen Markennamen, von dem man noch nie gehört hat und dessen Produkte man auch nie kaufen würde)-Bundesliga-Saison nur eben jene 18.000 Zuschauer zulassen. In Freiburg Magdeburg Deutschland wäre dergleichen natürlich völlig unmöglich.

Lauter NIMBYs also in Salzburg, die zugegebenermaßen nicht direkt von dieser Veranstaltung profitieren, denen man aber durchaus die Interessen von zig Tausend Fußballinteressierten gegenüberstellen darf. Und eine Veranstaltung alle 14 Tage wird wohl auszuhalten sein, sofern es sich nur um den Lärm, die Staus, die Abgase und das Pinkeln in Vorgärten handelt, wie es am Bökelberg üblich war. Für mich vollkommen unverständlich, wie Anwohner solche Macht erlangen können, bei einer Belastung von gerade mal 85 Stunden mit An- und Abfahrt im Jahr bei 17 Heimspielen.

Übrigens gibt es auch Yimbys und Pimbys. Und natürlich BANANAS, die eine eindeutige und wenig verhandelbare Position beziehen:

Build Absolutely Nothing Anywhere Near Anything

(Inspiriert von Fritten, Fußball und Bier, die auf obigen Kicker-Beitrag mit schönen Fotos der Stadien der EM verlinken. Meist nur knappe 30.000 Plätze pro Stadion, die Schwarzmarktpreise werden explodieren. Schade für mich Non-Krösus.)

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