Man stelle sich mal vor, es wäre 1961, und die Sowjetunion würde verkünden:
„Es gibt inzwischen Atombomben.“
Man wäre doch ein wenig erstaunt, wo sich die Sowjetunion und deren Insassen die letzten 16 Jahre rumgetrieben hätten und welche Ausmaße die Scheuklappen haben müssten, um dieser Erkenntnis 16 Jahre lang aus dem Weg gegangen sein zu können.
Oder im Jahr 2005 würde Oskar Lafontaine auffallen:
„Die Mauer ist inzwischen weg.“
Ja, richtig, Oskar, richtig Sowjetunion, nur: Was habt Ihr die ganze Zeit gemacht? Nie das Haus verlassen, keine Zeitung gelesen (oder wenn, dann immer nur den Sportteil), nicht mit den eigenen Kindern oder Enkeln gesprochen oder mal mit einem Professor oder Studenten einer Universität Kontakt gehabt? Denkbar, durchaus. Es gab ja auch mal die Versuche, als Reaktion auf überfüllte Gefängnisse Häftlinge ihre Strafe mit elektronisch überwachten Fußfesseln im Hausarrest absitzen zu lassen. Nur nicht sonderlich wahrscheinlich, dass weder die Sowjetunion noch Oskar Lafontaine 16 Jahre lang keinen Fuß vor die eigene Haustür setzten. Und noch dazu nicht besonders in eigenem Interesse, keine Ahnung zu haben, was in der Welt vor sich geht, wenn man irgendwelchen Dingen vorsitzt, die die Interessen von einer nicht geringen Zahl von Menschen vertreten.
Wie kann es sein, dass jemand im Jahr 2009 mit der Erkenntnis
„Es gibt inzwischen eine dritte Medienwelt.“
hinterm Baum hervorkommt, und für diese auch noch angeblich zunächst Bücher lesen musste?
Die Angst der Älteren vor Neuerungen ist menschlich, sie ist nachvollziehbar und der eine oder andere von uns wird dereinst selbst zumindest Anflüge davon erleben. Das entschuldigt aber nicht, dass man sich in diesen Dingen nicht wenigstens von Menschen beraten lässt, die sich damit auskennen. Man muss es ja nicht selbst benutzen, um zu verstehen, welchen Einfluss diese dritte Medienwelt gewonnen hat und welche Möglichkeiten sie bietet.
Fraglich, ob man mit solch einer Ahnungslosigkeit überhaupt in der Lage ist, das Bestmögliche für die Interessen derer, denen man vorsteht, zu erreichen. Fraglich auch, ob das die Interessen des Fußvolkes an dieser Stelle überhaupt noch eine ins Gewicht fallende Rolle spielt.
Zweifelsfrei wäre es besser, wir fänden an solchen Orten Menschen, die sich dem alltäglichen Wandel stellen und lernen, wiederum das Beste für die eigenen Interessen daraus zu machen. Und nicht das zu bekämpfen oder auch nur zu ignorieren, was schon seit Langem zur Welt dazugehört.
Auch auf die Gefahr hin jetzt ebenfalls als grandios unwissend dazustehen: was sind denn die ersten beiden Medienwelten? Print und Rundfunk/Fernsehen?
Ich hab gehört, dass zu dieser dritten Medienwelt inzwischen auch Links gehören sollen.
Von sonnem Computerkrams hab ich keine Ahnung.
Ja, das_ben, der Besagte bezeichnete sich als „Kind des Fernsehens und der Zeitung“.
Links gehören sicher zu dieser Welt dazu. Aber hier ist eigentlich alles Nötige gesagt und getan.
Vielleicht steckte er die letzten 16 Jahre noch im Second Life fest?