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Mut zum Hochmut

Ein Edding: 2,50 Euro
Fünf Eddings für das Flipchart: 12,50 Euro
Wissen, wie man einen Elfmeter versenkt: Priceless

Mario Gomez wiegelte ab: Nicht der Strahl des Laserpointers sei Schuld, dass er den Strafstoß vergeben hat. Sondern er selbst ganz allein. Das ist in bemerkenswerter Art zutreffend. Doch hat diese Art nichts mit der An- oder Abwesenheit von Laserpointerstrahlen zu tun.

Eine kleine grafische Darstellung nur für den Fall, dass es irgendjemand vergessen haben sollte, wie es genau aussieht, wenn man die seit Jahrzehnten unveränderte Quote von 77% verwandelten Elfmetern berücksichtigt. Bei all dem verfrühten Jubel, den Spieler und Fans durchführen, wenn es zu einer für sie positiven Elfmeterentscheidung kommt: Wetten, dass niemand über eine Brücke gehen würde, die mit gleicher Wahrscheinlichkeit einstürzt wie Spieler ihre Elfmeter verschießen? Und dass man in einer solchen Situation alle Möglichkeiten ausschöpfen würde, um die Wahrscheinlichkeit, dass die Brücke nicht einstürzt, zu erhöhen? Warum man das beim Treten von Strafstößen immer noch nicht macht, ist schleierhaft.

Nur 77% aller Elfmeter werden verwandelt. Großzügig gerundet landet somit jeder vierte Schuss nicht im ominösen Netz, sondern in diversen Nachthimmeln, in Torwarthandschuhen oder einige Sekunden später in den zarten Händen eines enttäuschten Balljungen. „Grafisch“ sieht das dann aus wie folgt.

 

 

 
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Dies ist natürlich nur eine sehr vereinfachte Darstellung, denn man wenn man diese Reihen über einen längeren Zeitraum zusammensetzt, dann entstehen ebenso Phasen von häufigeren Versuchen ohne Treffer als nur „1 aus 4″, genauso wie längere Phasen entstehen, in denen kein Fehlschuss geschieht.

Obwohl der gemeine Fußballfan dies ja grundsätzlich bestreitet, sollte man — abgesehen von Härtefällen, dazu unten mehr — eben nicht ins Kalkül ziehen, einen Schützen aufgrund einer schlechten Trefferquote der jüngeren Vergangenheit auszusortieren. Die Wahrscheinlichkeit, durch einen Strafstoß ein Tor zu erzielen, liegt für jeden Strafstoß immer wieder neu bei 77%. (Und jene, zu scheitern bei als reiner Zahl doch enorm hoch anmutenden 23%, natürlich ebenfalls stets unverändert.)

Da es aber Ausreißer nach oben gibt (siehe unten stehenden Link), muss es auch Ausreißer nach unten geben, sonst existierte dieser Durchschnittswert ja nicht. Es gälte also, einen Spieler und dessen Treffgenauigkeit bei Elfmetern über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. Erst wenn dieser statistisch abgesichert dauerhaft eine deutlich unter 77% (oder bei welchem Wert auch immer man zufrieden wäre) liegende Trefferquote aufweist, sollte man ihn endgültig aus dem Kreis der Elfmeterschützen des eigenen Teams verbannen.

Einer der gerade angesprochenen Ausreißer nach oben ist mit einer faszinierenden Quote der Engländer Matthew Le Tissier.

Wie dessen Patentlösung aussah, ist hier nicht bekannt. Sehr wohl bekannt ist aber von Ruud van Nistelrooy, dass er eine extrem lange Serie ohne Elfmeter-Fehlschüsse in der Premier League hinlegte, weil er seine Strafstöße auf eine bestimmte Weise schoss. Das Interessante daran ist, dass die gegnerischen Torhüter sogar wussten, wohin er schießen würde, und dennoch konnten sie das Gegentor nicht verhindern. Womöglich hat sich Ruud van Nistelrooy als einer der Wenigen damit beschäftigt, wie man Elfmeter am besten verwandelt. Denn:

Nur weil jeder 4. Elfmeter verschossen wird, ist Mario Gomez vom vergangenen Spiel in Neapel nicht entschuldigt. Wie eine seit geraumer Zeit bekannte Untersuchung ergab, führen 99% aller Elfmeter, welche höher als 1,22m (der Hälfte der Torhöhe) platziert werden, zu einem Tor.

Warum also sich überhaupt mit so Schüsschen, für die die Gewerkschaft der Gurken eine Abmahnung schicken würde, wenn man ihren Namen damit in Verbindung brächte, flach wie der zuvor stehende Witz es versuchen, wie Mario Gomez es am Dienstag tat? Warum schießt Mario Gomez diesen Strafstoß flach?

Weil die Spieler offensichtlich immer noch keinen Lernwillen besitzen? Weil niemand Kenntnis von dieser Information hat? Weil jemand zwar Kenntnis hat, sie aber nicht tradiert? Edding und Flipchart statt „teurer“ Computer, schön und gut. Die Information über diese 99% wäre aber im Internet zu finden, wenn man sich überhaupt dafür interessierte.

Ich wollte in die Mitte schießen. Wieso ich es nicht getan habe, weiß ich auch nicht. Man sollte bei seinem ersten Gedanken bleiben.“

Schuld am Fehlschuss ist tatsächlich Mario Gomez ganz allein und das gleich doppelt: Er schoss seinen Elfmeter nicht hoch — und er wusste nichts davon, dass er ihn hoch hätte schießen müssen.

10 Kommentare

  1. Ha! Elfmeter ist Glückssache, daß weiß doch jeder, der sich mit Halma beschäftigt.

    Unser neuer Sportvorstand hat erzählt, daß er ein guter Elfmeterschütze war, weil er diese täglich trainiert hat. Täglich. Das ist ein technischer Ablauf, sagte er.

    Was ein verrückter Hund!

  2. Pillemann Pillemann

    Sind in den 99% bzw. in dem einen Prozent auch all diese unsäglich in den Oberrang geballerten Elfer enthalten?
    Intuitiv wäre ich ja der Meinung, dass flach geschossene Elfer mit einer höheren Wahrscheinlichkeit das Tor treffen würden. Unabhängig davon, ob der Torwart den Ball dann hält.

  3. Elfmeter sind so statisch…

  4. McP McP

    Die Erfolgsquote ist mMn eher 4 von 5 als 3 von 4. Nach manchen verschossenen Elfmetern kann der Schütze immerhin den Nachschuss verwerten (siehe z.B. Gomez gegen Lautern). Statistisch gilt der Elfmeter dann zwar als verschossen, praktisch war er aber trotzdem erfolgreich.

    Gomez wollte also in die Mitte schießen? Das macht das Ganze ja noch schlimmer und unverständlicher.

  5. Bei der Trefferquote von Mario Gomez und trotz Statistik und techn. Hilfsmittel wie z.b. Informationen aus dem Internet, sei ihm dieser Elfmeter verziehen. Hat nicht der beste Profi oder auch der sicherste Schütze mal „eine Gurke im Schuh“?

  6. …und was wäre die Fußballwelt, die Medien und auch wir hier, ohne die Statements von Uli Hoeness(12,50 für 5 Eddings)? :)

  7. nt nt

    bastian schweinsteiger (und wie ich in der sportschau gesehen hab auch sein bruder) experimentiert bei den elfmetern die er in den letzten monaten geschossen hat mit dem inzwischen legalen verzögerten anlauf.
    er übertreibt es nicht, aber in ansätzen hab ich das bei jedem seiner versuche in letzter zeit gesehen.
    die schüsse waren nicht besonders gut, aber da der torwart eh schon in eine ecke unterwegs ist trifft er trotzdem recht sicher.

    wieviele elfer die bayern verwandeln ist mir egal, aber für kommende bedeutende nationalelf-spiele wünsche ich mir herrn schweinsteiger als elfmeterschützen. gomez hat meist die bessere schusstechnik, aber schweinsteigers ansatz ist cleverer.
    er kann den gern auch an spieler weitergeben, die sich normalerweise nicht trauen halbhoch zu schießen.

  8. Ich zweifle diese 99 % vehement an. Mag sein, dass fast alle hoch geschossenen Elfmeter, die aufs Tor gehen, dann auch im Netz landen. Aber alle über oder über einer Höhe von 1,22 m neben das Tor geschossenen Strafstöße können mMn darin nicht enthalten sein.

  9. Wow, toller Link, Danke Linksaussen. Lulu Nolden auf Platz 2 und eine positive Wertung, in der Otto Rehhagel als Spieler dabei ist!

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