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Schlagwort: Vuvuzela

Adeus a Brasil

Die WM ist tot, es lebe die WM!



Endlich keine Vuvuzelas mehr, endlich wieder Fußballstimmung.

Okay, es ist noch vier Jahre hin, vorher gibt’s noch Bundesliga, DFB-Pokal, Champions League und Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. Außerdem sind die Anstoßzeiten wahrscheinlich eher ungünstig für mitteleuropäische Zuschauer, was wiederum Public-Night-Viewing eher unwahrscheinlich werden lässt.

Aber dann endlich wieder „Aaahs“ und „Ooohs“ bei einem Fußballspiel, bei einer WM hören zu dürfen, wird das Ganze sicher deutlich angenehmer und mitreißender (um die Vokabel von den Emotionen zu vermeiden) werden lassen als es in Südafrika der Fall war. Die Spiele waren ja gar nicht so viel schlechter als andere WM-Spiele oder auch nur Fußballspiele. Allein: Wenn man nicht in der Öffentlichkeit geschaut hat, fehlte einfach dieses Auf und Ab.

Nirgendwo schläft man besser als in einem gleichmäßig vor sich hinratternden Zug. Erst wenn er hält und das Rattern verstummt, wacht man auf. Die Vuvuzelas aber verstummten nie.

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Die einzige Möglichkeit, Vuvuzelas zu ertragen

Manchmal trifft man auf Rätsel, von denen man nicht wusste, dass sie welche darstellten.

Vuvuzelas sollten angeblich zur südafrikanischen Kultur gehören, weshalb man sie akzeptieren müsse. Dass sie tatsächlich erst irgendwann in den 1990ern in den südafrikanischen Fußball eingeführt wurden und dann auch noch nur von jemandem, der diese Dinger gerne verkaufen wollte, mussten wir dann eben trotzdem als ausreichendes Argument gegen ein Verbot der Vuvuzelas hinnehmen, wenn wir nicht als Kulturimperialisten — welch nicht gerade feine Ironie, diesen Vorwurf bei einem Turnier der Fifa von sich zu weisen — gelten wollten.

So richtig hat aber hierzulande nie jemand verstanden, wie man das Dröhnen der Hornissen Vuvuzelas länger als einen Tag lang aushalten sollte, ohne Schaden an Geist und langfristig auch an Körper zu nehmen. Und wie man erst Recht dabei dann auch noch fröhlich tanzen konnte, oder ständig in Kameras grinsen. Einzig, dass das Hirn von der Dauerberieselung bereits völlig erweicht ist, wäre eine glaubwürdige Erklärung gewesen. Was Guantanamo Bay sein Metallica, ist dem Südafrikaner sein‘ Vuvuzela.

Doch: Da wir nicht wussten, dass es noch eine andere, eigentlich ganz einfache Erklärung dafür gibt, warum die Zuschauer in Südafrika stundenlang in diese Dinger tröten und dabei trotzdem noch fröhlich sein können, konnten wir auch nicht danach suchen.

Dabei ist die Erklärung allzu naheliegend, wenn man von dieser Erklärung nur weiß: Die Hirne sind tatsächlich bereits erweicht, wenn mit Inbrunst und ohne Rücksicht auf Verluste getutet wird: Marihuana gehört in Südafrika zum Fußball.

Eine bahnbrechende Erklärung, die angesichts der dort zitierten geringen Preise für das Zeug bei guter Qualität den Ticket-Verkauf zur WM in Südafrika vielleicht doch noch mal in Schwung bringen könnte.

Für 2014 werden wir den Gepflogenheiten des Ausrichterlandes entsprechend eine friedliche Weltmeisterschaft erneut nahezu garantieren können. Während sich 2018 aller Voraussicht nach wieder auf die dann eher mit flüssigen Mitteln erweichten Birnen gehauen werden wird.

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Kommando Wurfgeschoss

Der Bericht über einen Fan, der seine Vuvuzela bei einem Clubspiel in Südafrika als Wurfgeschoss in Richtung des Schiedsrichters zur Waffe umfunktioniert hat, weckt wirklich abscheuliche Wünsche in mir. Dass es noch ein paar mehr solcher Vorfälle in näherer Zukunft geben möge. Vielleicht sollte man sammeln und ein Kommando „VuvuWurfgeschoss“ nach Südafrika schicken, auf dass es möglichst viele solcher Vorfälle inszeniert. Natürlich nicht ohne sicherzustellen, dass niemandem wirklich etwas passiert. Sepp Blatter hatte schließlich die Ausnahmeregelung für die Vuvuzelas nur unter der Prämisse erteilt, dass mit ihr keine gefährlichen Dinge im Stadion angestellt werden.

Auch wenn das eine hinterhältige Strategie wäre (und Ambush‘e sind ja bekanntlich bei der FIFA verboten):

So eine herrliche Absenz von Fliegenschwarmgeräuschen bei den Fernsehübertragungen im nächsten Sommer wäre mir den einen oder anderen Euro im Vorhinein wert.

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Bela-Rethy-Facts-Sheet N° 1 — Nordkorea

Das nach außen völlig abgeschottete Nordkorea — kein Staat der Erde hat eine geringere Ausländerquote als Nordkorea — nimmt in Südafrika 2010 erst zum zweiten Mal an einer Fußball-Weltmeisterschaft teil.

Nordkoreas erste Teilnahme fand 1966 bei der WM in England statt.

Bei diesem ersten Auftritt auf der Weltbühne des Fußballs gelang Nordkorea ein sensationeller 1:0-Erfolg über Italien. Obwohl doch alle nach dem 0:3 in der Auftaktpartie gegen die UdSSR mit einem Gesänge- und tonlosen Ausscheiden dieses Exoten gerechnet hatten. Gegen Chile glückte im zweiten Spiel der Ausgleich in der 88. Minute, ehe es im letzten Vorrundenspiel zu einer der größten Sensationen bei Weltmeisterschaften überhaupt kam.

Gruppe D
Dienstag, 12.07.1966 UdSSR – Nordkorea 3:0 Middlesbrough, 22.568
Freitag, 15.07.1966 Nordkorea – Chile 1:1 Middlesbrough, 15.887
Dienstag, 19.07.1966 Nordkorea – Italien 1:0 Middlesbrough, 18.727
Viertelfinale
Samstag, 23.07.1966 Portugal – Nordkorea 5:3 Liverpool, 51.780

Nach dem von niemandem erwarteten, von den Zuschauern in Middlesbrough aber vernehmlich gefeierten 1:0-Sieg gegen Italien stand Nordkorea unter den besten acht Teams der Welt. Gegen Viertelfinalgegner Portugal führte Nordkorea dann sogar schon mit 3:0, ehe vier Tore von Eusebio plus ein weiteres von Eusebio aufgelegtes Tor doch noch die Niederlage und das Ausscheiden Nordkoreas erwirkten. Nichtsdestotrotz bleibt von diesem ersten Auftritt bei einer WM vor allem der Sieg gegen Italien im Gedächtnis und eher weniger das dramatische Ausscheiden.

Allerhöchste Rethy-Alarmstufe gilt deshalb für die folgende Information: „Der Torschütze des 1:0-Siegtores gegen Italien heißt Pak Doo Ik.“ – „Die Legende sagt, vor dem entscheidenden Schuss hatte er in den Boden getreten, so dass sein Gegner getäuscht war und ausrutschte, woraufhin Pak Doo Ik gegen Enrico Albertosi einschießen konnte und die Italiener vorzeitig nach Hause fuhren.“


(In der etwas längeren Zusammenfassung des Spiels sieht man, dass Nordkorea durchaus noch weitere gute Chancen hatte und nicht — wie so häufig bei „sensationellen“ Siegen — nur einen einzigen Sonntagsschuss ins Tor versenkte.)

Das der übrigen Welt unbekannte Land hat etwa 22 Millionen Einwohner, von denen knapp 8 Millionen zur Zeit beim Militär sind, aktiv oder als Reservist. Der Wehrdienst in Nordkorea dauert je nach Waffengattung zwischen drei und sieben Jahre. Nordkorea verfügt nach China über die zweitgrößte Armee Asiens, weitere Quellen sprechen von der drittgrößten der Welt, mit einer Million Mann ständig an der Waffe. Aber das nur am Rande. Wichtig ist Pak Doo Ik. Pak Doo Ik. Damals, an einem Dienstag in England.

Die Italiener mussten vorzeitig von der WM 1966 nach Hause reisen und wurden mit Schimpf und Schande, des Weiteren mit faulem Obst und tumultartigen Szenen empfangen.

Pak Doo Ik und seine Teamkollegen wurden daheim mit Orden empfangen.

Es war damals gar nicht so einfach, dass Nordkorea überhaupt an der WM teilnahm, denn Großbritannien pflegte keine diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea. Man einigte sich darauf, vor Spielen Nordkoreas statt deren Hymne nur einen Marsch zu spielen. Alle vier Versionen dieses Marsches hörte ein gewisser Pak Doo Ik vom Spielfeld aus, weil er alle vier WM-Spiele Nordkoreas von Beginn an bestritt.

Angeblich war das nordkoreanische Team vor der WM 1966 ein Jahr lang zusammen einkaserniert. Darunter auch ein gewisser Pak Doo Ik.

In Nordkorea wurden manche Spiele der WM 2006 übertragen, allerdings nicht live, sondern zeitverzögert. Hatte ein als feindlich eingestufter Staat das Spiel gewonnen, wurde gar nichts von dieser Partie gesendet. Doch das ist alles nicht so wichtig wie der Name des Siegtorschützen Nordkoreas gegen Italien: Pak Doo Ik.

Das größte Stadion der Welt steht in Nordkorea, das MayDay-Stadion in Pjöngjang, benannt nach dem 1. Mai und 150.000 Zuschauer fassend. Sicher war auch Pak Doo Ik schon einmal dort.

Die Menschenrechtslage in Nordkorea piep krächz pfeif … [Ein Radio-Standbildfoto von Bela Rethy (wenn man genau hinschaut, kann man schemenhaft allerdings Joseph S. Blatter erkennen, der zum Klang einer Vuvuzela sein Mantra betet, dass es im Fußball nur um Sport ginge und dieser sich aus Politik herauszuhalten habe, bis sich das Bild wieder normalisiert und die Vuvuzela verklingt) wird eingeblendet, die üblichen Vuvuzelas setzen wieder ein.] … krächz pfeif zuletzt noch 2008.

Die Kindersterblichkeitsrate in Nordkorea liegt mit 51 auf 1000 ungeheuer hoch, und damit dennoch nur auf dem 49.-schlechtesten Rang aller Nationen der Erde. Nach der Zerstörung eines für atomare Vorhaben benötigten Kühlturmes durch das nordkoreanische Militär entfernte George W. Bush Nordkorea von seiner Liste der zu ächtenden Staaten und ermöglichte neuerliche Hilfslieferungen an die seit Jahrzehnten unter Nahrungsmittelmangel leidende Bevölkerung. Seit ebenso vielen Jahrzehnten gibt es jedoch mehr als nur Gerüchte, dass sich an diesen Hilfslieferungen hauptsächlich die regierenden Clans bereichern, weshalb derartige Lieferungen bereits in den 1980er Jahren immer wieder von Seiten der Hilfsorganisationen eingestellt wurden.

Das System der Schriftzeichen der Koreaner wird von Gelehrten (von welchen, ist unbekannt) abfällig als „Morgenschrift“ bezeichnet, weil man es — anders als das Chinesische — an einem einzigen Morgen erlernen könne. Es gibt nur rund 40 Schriftzeichen, deren Anordnung allerdings deutlich von der europäischer Schriftzeichen abweicht. Internetzugang ist der breiten Bevölkerung in Nordkorea nicht möglich, immerhin gibt es ein staatsinternes Intranet… huch, hier ist irgendetwas verrutscht: Was hat das auf einem Bela-Rethy-Fact-Sheet zu suchen?

Wichtig bleibt wie erwähnt der Dienstag in England: Pak Doo Ik. Der Mann ist verheirateter Arzt und war im Jahr 2002 mit den noch lebenden insgesamt sieben Spielern der Siegermannschaft ein zweites Mal in England, was zwei Briten zur Dokumentation „The Game of Their Lives“ nutzten. Ob zu Anlass der Rückkehr der Nordkoreaner die Hymne ihres Staates gespielt wurde, ist unbekannt. Jemand anderes aber wird nicht vergessen, die Hymne auf Pak Doo Ik zu singen: Den kennt man ja dann.

(PS: Interessant ist auch, was Google Maps bei genauerem Hinsehen über Nordkorea preisgibt. Das kann aber niemals auf einem Bela-Rethy-Fact-Sheet erscheinen, weil Bela Rethy niemals annimmt, dass sich seine Zuschauer in gewissen Fragen vielleicht auch vorher schon selbst informiert haben könnten, bzw. dass sie das, während sie das übertragene Spiel schauen, noch tun könnten.)

(PPS: Die Frage sei erlaubt, ob das Wort „Vuvuzela“ — wenn man richtig hinhört — gar nicht wie „Uwe Seeler“ klingt, sondern wie Bela Rethy. Oder anders gesagt: Ob wir nicht wissen müssten, dass man sich an das 90-minütige Getröte sehr gut gewöhnt: Man hört schon nach ein paar Minuten nicht mehr so richtig hin.)

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