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Wann ist ein Narr ein Narr?

(Vorab: Ein Narr ist immer ein Narr, wenn er sich mit der FOTO-Zeitung einlässt, wie es Zwanziger zu jeder Zeit besonders gerne tat und noch immer tut. Ein Narr ist ein Narr, wenn er sich, wie im Podcast bei Jens Weinreich zugegeben, allein aus der FOTO-Zeitung über Politik informiert und neben einer Regionalzeitung keine weiteren Medien konsumiert.)

Ein Narr ist aber immer auch dann ein Narr, wenn er die nach ihm benannte Freiheit nutzt, den Herrschenden Wahres zu servieren, gerne als Scherz, hier in Buchform verpackt. Normalerweise können diese dann über ihre eigenen Fehler lachen und sich vielleicht gar hinterfragen. In diesem Fall hat man es allerdings mit besonders humor- und somit auch kritikresistenen Exemplaren der Gattung Funktionär zu tun.

Natürlich ist das Ganze für sich schon eine Narretei, so Vieles an diesem Buch ist falsch: der Zeitpunkt so dicht an seinem Rücktritt, der Vorabdruck in der FOTO, die wenig distanzierte Selbsterhöhung im Titel und das höchst unseriöse Ausplaudern von etlichen Interna rund um Verträge, Planungen und Personal mitten aus der Zentrale des DFB. Eine so große Narretei, dass man annehmen muss, das Alter habe schon seine Finger im Spiel. Jenes eifersüchtige, sich ständig missverstanden fühlende Alter, nicht das weise, gütige, in sich hineinlächelnde und über die Bewertungen der Nachwelt erhabene.

Gleichzeitig ist ein Narr vor allem dann ein Narr, wenn man nie genau weiß, wann er die Wahrheit spricht und wann er nur versucht, sein Publikum zum Narren zu halten. Denn so richtig die Kritik an Hoeneß‘ allgemeinem Gebaren einer allwissenden Müllhalde, an Niersbachs offensichtlich fehlendem Interesse an Zwanzigers sozialen Themen — als habe der DFB sich nur um den Profifußball zu kümmern, welcher ja anders als die Amateure besonders gut ohne den DFB auskäme — und so richtig der Wunsch nach mehr Demokratie im DFB ist, so grotesk ist es, den größten aller Schurken rund um den Fußball zu beschützen: den Blatter Sepp.

Da hält der Theo nun seinerseits uns alle zum Narren, denn ob er etwas verstanden hat, mutig war und dem Fußball Gutes wünscht oder ob er doch nur zu eitel ist, den Verlockungen des Großmeisters des Werbens zu widerstehen und sein Hirn schon von Blatters Spielen vernebelt ist, kann man von hier nicht beantworten.

Ein Narr ist aber vor allem dann ein Narr, wenn er mal wieder nur auf Vorabschnipsel in irgendwelchen Blättern fußend eine Bewertung eines immerhin mehrere Dutzend Seiten umfassenden Werkes vornimmt. Weshalb man sich, sofern man noch kein Exemplar in den Händen hält, am besten von allen Bewertungen fernhält. Alles andere wäre eine recht große, na, Dummheit.

16 Kommentare

  1. Man sollte mal durchzählen, welchen Wert und Nachhall irgendwelche Bücher haben, die zuerst in der Zeitung mit den großen Buchstaben erscheinen (ich respektiere sprachlich erstmal die Vorgabe).

    Von Zwanziger zu Niersbach scheint mir das Pendel sehr in die Gegenrichtung ausgeschlagen zu sein. Vom totalen Pushen des Frauenfußballs und organisiertem Vernichtungslager-Besuch auf der einen Seite hin zur Ausrichtung des Verbandes auf den Profifußball auf der anderen Seite scheint mir der Platz in der Mitte nicht ganz genutzt zu werden. Harmloser scheint mir indes Theo Zwanziger gewesen zu sein. Die Art, mit der Wolfgang Niersbach die Äußerungen kommentierte, würde mich in anderen Fällen amüsieren. Vom DFB-Chef würde ich mir aber etwas mehr Diplomatie wünschen. Was ich aber von Niersbach zum Sicherheitspapier gelesen habe, läßt nichts Gutes erwarten.

  2. netzberg netzberg

    Einen Zwanziger habe ich immer gerne in der Tasche. – Wieviel kostet dieses deprimierend vorabdiskutierte Buch zur persönlichen Entlastung eigentlich?

  3. @netzberg Natürlich einen (knappen) Zwanni.

    @Trainer: Dein letzter Absatz klingt ja fast wie „kauft Euch das Buch, damit Ihr qualifiziert mitreden könnt“. Meiner bescheidenen Meinung nach wäre ein besserer Tipp: ignoriert das Buch und das Geschwätz drumherum (diesen Beitrag hier mal ausgenommen).

  4. Gunnar, es soll wenn, dann eher meinen: Bevor ich mitrede oder gar urteile, sollte ich es gelesen haben.

    Geschwätz ignorieren, ja nun, es geht ja nicht um Zwanzigers Liebeleien oder irgendwelche Sauftouren von Jungprofis mit ihrem neuen Porsche, sondern um Interna der Verbandspolitik des deutschen Fußballs. Das tät ich dann hier schon zum Inhalt des Blogs dazuzuzählen, wobei zugebebenermaßen diverse Privatleben hier beinahe öfter eine Rolle spielen als die Sportpolitik.

    Dieter, leider sehr richtig und insofern ist Zwanzigers Anwurf an Niersbach sicher einerseits eitel, aber eben dennoch sachlich berechtigt. Immerhin kam Zwanziger von den Amateuren im DFB. Über Niersbach als Nachfolger wurde in diesem nichtdemokratischen Verband ja nicht mal diskutiert, da Franz und Co. ihr Okay gegeben hatten. Sicher nicht, weil er beabsichtigt, in irgendeiner Form der DFL bei ihren Wünschen im Weg zu stehen.

  5. Mit „Geschwätz“ meinte ich vor allem das aktuelle Getöse, was ja nur zum Ziel hat, Aufmerksamkeit zu erzeugen und somit die Verkaufszahlen zu steigern. Ist ja auch ein denkbar einfaches Rezept: die drei einzigen interessanten Passagen werden per Vorabdruck in der FOTO aufgebauscht; Hoeneß wird angepinkelt, was mit absoluter Sicherheit eine Antwort garantiert und schon bleibt der Ball tage- oder wochenlang im Spiel (Klinsmann z. B. hat sich mMn geschickter angestellt und macht keinen großen Wirbel draus).
    Ob am Ende tatsächlich was Interessantes im Buch drin steht, wird man schon noch erfahren (ob man will oder nicht).

  6. Manfred Manfred

    Gebahren, Trainer? Nix dagegen, wenn Uli mal auf ner Müllhalde, aber davon ab: ich find den Buchtitel gut.
    Und die nette Referenz deinerseits zu einem wohlbekannten Lied von Tanzmaus Herbert ist mir nicht entgangen.

  7. Das h schnell zur Müllhalde gebracht. Danke, Herbert, äh, Manfred.

  8. netzberg netzberg

    Stimmt, Manfred, Buchtitel ‚Die Zwanziger Jahre‘ unschlagbar. Wir können uns nun vorstellen, was kommt: die weitere Durchkapitalisierung des geldwerten Balles, die Kriminalisierung der old-school und Ultra-Fans sowie noch mehr Kameraperspektiven, die kein beigewohntes Spiel in welcher Liga auch immer ersetzen können. – Dann lieber dieses Buch! Kein falscher Fuffziger! Sondern ein echter Zwanziger.

  9. mikewerner mikewerner

    Sehe das wie Gunnar, der Klinsmann hat’s richtig gemacht.
    Wenn jetzt nur noch der Hoeneß lernt,nicht über jeden Stock.zu springen,den man ihm hinhält…

  10. Nun, zweifelhafte Ansichten zur Mediennutzung scheinen bei großen Männern im deutschen Fußballgeschäft ja weit verbreitet. Der Uli rät ja auch stark von Pixeln ab…

    Mir drängt sich im Zuge der ganzen Angelegenheit ja plötzlich wieder die Frage auf, ob man diesen Narren denn nicht nur als einen solchen, sondern auch als einen unglaublichen Dema**** bezeichnen könnte. Es scheint aktuell mehr denn je angebracht.

  11. uk uk

    Und keiner spricht von den Memoiren des Peter Neururer, ebenfalls gerade erschienen. Sollte man darüber sprechen? Muss nicht sein…

  12. netzberg netzberg

    „Memoiren des Peter Neururer“ – die freilich lasse ich mir, die Zunge, – oh, heiß … kram, kram, ja, da, die Bilder, Neururer beim Karnevalsclub. Erinnerungen, die man gut verstaut hatte!

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