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Eurovision Football Contest

Ich habe immer mal wieder in Zwiegesprächen oder bei Twitter darauf hingewiesen. Oft erntete ich Erstaunen.

Ab der EM 2016 werden 24 Teams an der Europameisterschaft (in Neusprech: „Euro“) teilnehmen.

Das ist eine Katastrophe.

Nicht nur bringt es die Soße zurück, dass sich 16 von 24 qualifizierten Teams für das dann neu einzuführende Achtelfinale qualifizeren und somit die „vier besten Dritten“ aus sechs Gruppen à vier Teams weiterkommen, während die schlechteren zwei Dritten ausscheiden, was es möglich macht, mit einer Niederlage und zwei Remis weiterzukommen, statt, wie es eigentlich sein sollte in einer Vorrunde, auszuscheiden.

Es verändert (vielleicht) auch die Qualifikation für die Europameisterschaft völlig.

Noch ist zwar nicht klar, wie das geschehen wird. Man könnte ja auch das alte System beibehalten und einfach die Gruppenzweiten sich ebenfalls qualifizieren lassen. Wie es früher war, als die Knute der UdSSR noch dafür sorgte, dass 10 bis 15 heute teilnehmende Nationen kein eigenes Team stellen durften und Jugoslawien noch ein solches war, man aber x Teilnehmer für eine Weltmeisterschaft suchte. Das wäre gut.

Bei nur 53 UEFA-Mitgliedern bedeuten 24 Teilnehmer aber, dass sich fast jede zweite Nation für das Endturnier qualifiziert, was durchaus gänzlich andere Qualifikationswege denkbar werden lässt. Zum Beispiel eine Vorqualifikation der Kleineren mit anschließendem 1:1-Playoff, zusammengestellt nach der Platzierung in der völlig lächerlichen Coca-Cola-Weltrangliste der FIFA. Oder Dreier-Gruppen oder Vierer-Gruppen. Mit anschließendem weiteren Playoff. Oder ein Setzen der 12 besten, auf dass die Übrigen eine herkömmliche Qualifikation ausspielen. Alles noch nicht klar, eine Änderung der Verhältnisse ist aber definitiv.

Und wer gestern und auch am Freitag schon die EM-Qualifikation verfolgt hat, wenn auch nur mit halbem Auge, der kommt nicht umhin, diese möglichen Änderungen zu bedauern: Es wird kein 1:1 von Färöer gegen Nordirland mehr geben, kein 0:0 von Italien in Nordirland, kein 1:3 von Serbien zu Hause gegen Estland und auch keine Partien der Deutschen gegen Kasaschstan, Aserbaidschan, San Marino, Liechtenstein oder Färöer.

Man muss schon sehr, sehr dem kapitalistischen, zirkusartigen, showmäßigen („Mach mal Show!“) Teil des Fußballs zugeneigt sein, der stets nur noch Barka gegen Arsenal sehen will, und aus gewisser verbliebener Überheblichkeit alle Teams aus dem Osten generell unter Fallobst subsumiert, um das nicht zu bedauern.

Hier ist kaum Schlimmeres vorstellbar: keine Großkampftage in der Qualifikation mehr würde bedeuten, diesem Innersten des europäischen Fußball das Wesen zu nehmen — und das Interesse auch aufgrund von fehlenden Gelegenheiten immer weiter zu senken. Ein Eigentor par excellence. Wollen wir hoffen, dass das alte Modell bewahrt bleibt. Aufgrund all der Rufer und Beschwerer à la Karl-Heinz Rummenigge bezüglich der „zu großen Belastung“ ist dies aber nicht sonderlich wahrscheinlich.

2016 24 Teams.

Auf der Mauer.

20 Kommentare

  1. Mahqz Mahqz

    Ich hoffe, dass dieses System dann keinen Einfluss auf die WM-Quali hat, dann kann man wenigstens da noch eine richtige Quali sehen. Mit ca. 12-14 aus 53 (52). Oder vielleicht bald auch noch mehr. Kosovo, Grönland, Gibraltar, dem Vatikan und was es sonst noch so gibt…

  2. Ja, stimmt, bei der WM-Qualifikation wird es sich in mittelfristiger Zukunft nicht ändern können, zum Glück. Wobei das eben auch ein Problem ist: Wenn man bei der EM-Qualifikation einer Vor-Qualifikation der Kleinen die Tür öffnete, wäre diese wohl auch bei einer WM-Qualifikation nicht mehr weit.

    Grönland gehört aber nicht zu Europa.

  3. gses gses

    So unterschrieben.

    Zudem wird oft vergessen, dass die „Quali“ ja schon die Europameisterschaft ist. Die besten daraus spielen dann in der EM-“Endrunde“ um den Titel.

    Das nun 24 Teams dabei sind, habe ich eher unter dem „mehr Spiele, mehr Kohle“ Argument gesehen. Dass dies aber den Weg für eine Art Vorqualifikation öffnen soll, liegt dann doch irgendwie auf der Hand.

    Schade ist v.a. dass die enorme Leistungsdichte bei 16 Teams Überraschungen möglich macht (siehe Griechenland oder Türkei). Bei 24 wird es dann wohl wie bei der WM. Die üblichen Verdächtigen machen es unter sich.

  4. Versuche, zustimmendes Nicken mit sorgenvollem Kopfschütteln zu kombinieren. Sieht komisch aus.

  5. Sportlich eine ziemlich blödsinnige Entscheidung, aber die 24 Mannschaften bringen ein paar schöne Erinnerungen an meine ersten Weltmeisterschaften zurück. Ich bilde mir jedenfalls ein, dass ich bei der WM 1986 gerade wegen dieser komischen Regelung das Rechnen gelernt habe.

    Und kurz klugscheißen muss ich auch: Man kann auch jetzt schon mit zwei Punkten weiterkommen, wenn ein Team alle Spiele gewinnt und der Rest jeweils unentschieden ausgeht.

  6. Es ist einfach nur bekloppt. Kennt jemand eine EM-Endrunde in einer anderen Sportart, bei der mindestens 24 Teams zusammenkommen? Gerade durch ihre Leistungsdichte haben sich Fußball- oder Handball-Europameisterschaften doch den Ruf einer alternativen WM erarbeitet. Feine Ironie, dass Platinins vermeintliche Sympathie für die Kleinen gerade denen zum Verhängnis werden könnte.

  7. Mahqz Mahqz

    Ja die Basketball EM wird ab 2011 Vorreiter dieses Projektes sein. ;-)

    Ich finde Grönland gehört als „Teil“ Dänemarks eher zu Europa als Kasachstan. ;-)

  8. Politisch ja, geographisch nein.

  9. @Mahqz: Das ist ja noch schwachsinniger, weil das Leistungsspektrum sicher erheblich größer ist, oder nicht?

  10. Thor Thor

    Hmm, ist jetzt auch auch etwas egoistisch bzw. showmäßig Deinerseits gedacht. Zu Deinem eigenen Amusement wünscht Du Dir Gruppen in denen underdogs sich mit nominell besseren Teams messen und ab und zu mal ein Sensatiönchen rauspurzelt (Aserbaidschan macht Show). Ich persönlich könnte mir zumindest vorstellen, dass vielen Kleinen eine Vorqualifiaktion, in der sie auf annähernd Gleichstarkte treffen, mehr Spaß macht bzw. das die reizvollere Herausforderung ist, als sich dauernd verdreschen zu lassen.
    Womit ich im übrigen keineswegs gesagt haben will, dass ich die Entscheidung 24 Ländern an der Endrunde teilnehmen zu lassen, gutheiße.

  11. Mahqz Mahqz

    @Jannik Ja es gibt sehr große Leistungsunterschiede. Im Mittelfeld und unteren Mittelfeld ists zwar jeweils recht eng, aber die Spitzenteams sind weit davon entfernt und werden jetzt gegen noch mehr Teams mit 40 Punkten gewinnen.

    P.S. die ganz kleinen dürfen erst gar nicht ran und müssen in der Division C spielen.

  12. Johan Petersen Johan Petersen

    Der übliche Stimmenkauf. Leider nimmt das dem Turnier seinen einmaligen Charakter: im Gegensatz zu Weltmeisterschaften, bei denen es erst ab dem VF los geht, ist schon in den ersten Paarungen Musike drin. Italien-Frankreicht, Deutschland-Holland, diese Größenordnung.

  13. Manfred Manfred

    Für jemanden wie mich, der schon 16 Endrundenteilnehmer als bizarr viel empfindet, gibt es nur einen leidlich akzeptablen Grund für diesen aufgeblähten Mist: die Chance, daß ein ‚Kleiner(er)‘ oder zwei durch günstige Auslosung/en die Endrunde aufmischt.
    Übrigens könnte man ja seitens der ÜFA mal mit vier 6ergruppen spielen und dann direkt ein Viertelfinale der erst- und zweitplatzierten Teams stattfinden lassen. Das würde zwar die Chancen der ‚Kleinen‘ reduzieren, aber eine gewisse Straffheit ist der Variante nicht abzusprechen.
    Konsequenterweise dann auch bitte die WM ab 2018 mit knapp 1/3 aller Mitgliedsverbände, das wird ja wohl zu stemmen sein :)

  14. liborix liborix

    Das alles aber wird auf ewig übertroffen werden vom Modus des Frauenfußballturniers bei den Olympischen Spielen 2004: Vorrunde mit einer Vierergruppe und zwei Dreiergruppen, wobei sogar der punktbeste Gruppenletzte ins Achtelfinale kam: http://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Sommerspiele_2004/Fußball#Frauen

    Meine Vermutung ist: Wenn es für die EM zwei Gastgeber gibt, sind noch 22 Plätze frei. Dann wird man in 11 Gruppen spielen (die jeweils 4 oder 5 Teilnehmer haben), und die ersten beiden kommen weiter.

    Wenn es für die EM nur einen Gastgeber gibt, sind noch 23 Plätze frei. Dann werden es 12 Gruppen werden (die meisten mit 4, einige wenige mit 5 Teilnehmern), die Sieger kommen weiter, nur die beiden schlechtesten Zweiten müssen in die Relegation.

    Die Zahl der Qualispiele beträgt dann pro Nation entweder 6 oder 8, im Ausnahmefall der Relegation 10.

    So wird es kommen.

  15. Jan Jan

    Mahqz: Die Qualifikation für die BB EM ist übrigens NOCH absurder. Die 3 Gruppenletzten, die quasi nicht qualifiziert sind, müssen noch eine Entscheidungsrunde spielen, in der noch ZWEI weitere Teilnehmer gestellt werden. Mit anderen Worten: Der ganze Scheiß nur, damit man EINE Nation ermittelt, die nicht mitspielen darf.

  16. jo jo

    So eine hirnrissige, blöde Entscheidung. Gerade durch die hohe Leistungsdichte hat die EM eine sportliche Qualität mit der kein anderes Fußballturnier, abgesehen von der CL vielleicht, mithalten kann.

    Im Gegensatz zur WM gibts schon in der Gruppenphase Topspiele auf hohem Niveau.

    Bei der WM hat man ja gesehen, was dabei rauskommt wenn Teams mit zu großem Qualitätsunterschied gegeneinanderspielen: Langeweile.

    Abgesehen davon, wie viele Länder gibt es, die eine EM mit 24 Mannschaften stemmen können? Polen und Ukraine tun sich ja schon mit 16 schwer.

  17. Thor, das ist ja eben keine Show, jedenfalls in meinem Verständnis, sondern Sport. Der Kleine spielt gegen den Großen; und normalerweise gewinnt der Große, aber nicht immer, was man halt im Vorhinein nicht weiß. Ich empfinde das nicht als „Show“, sondern als Sport. Aber okay, kann man auch anders sehen.

  18. DerKnipser DerKnipser

    Also ich muss mal in die andere Kerbe schlagen:
    Ich finde die Euro mit mehr als 16 Teams gut, denn so können sich auch mal Mannschaften zeigen, die in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht haben, für die es aber trotzdem nicht für mehr als Rang 3 in der Qualigruppe reichte. Außerdem fällt bei zwei Ausrichtern der Weggefallene 15. Qualiplatz nicht mehr so sehr ins Gewicht.

    Ich freu´mich jedenfalls schon darauf, wenn die Schotten, Waliser, Iren, Finnen und vielleicht sogar die Ösis den einen oder anderen Großen ärgern. Selbst wenn man die EM auf 32 Teams ausweiten würde, käme man vom Leistungsgefälle nicht an so manche WM heran.
    Was die Qualifikation angeht, sollte man es in der Tat bei 6 Teams belassen und einfach die Anzahl der qualifizierten Teams pro Gruppe erhöhen, z.B. indem man die Gruppendritten ins Playoff schickt.

  19. Einerseits würde ich dem zustimmen, dass es eine gute Sache ist, wenn eher seltene Teilnehmer nun bessere Chancen haben, mal an Turnierluft zu schnuppern. Das Problem dabei ist, dass es dadurch, dass es zur Regel wird, nichts Besonderes mehr sein wird. Dänemark, Schweden, Portugal werden sich immer qualifizieren. Bosnien, Irland, Finnland jedes zweite Mal. Langweilig.

    Ansonsten kann man sich über die aktuelle generelle Durchlässigkeit für Kleinere doch nicht beschweren. Lettland, Slowenien dabei, Griechenland gar Turniersieger, sind nur ein paar Beispiele und so lange gibt es die 16er-Version ja auch noch gar nicht. Wenn Finnland oder Wales eben stets knapp scheitern, dann hat das auch seinen Reiz und auch seine Berechtigung. Denn zu scheitern im Sinne von verlieren gehört in einem Sport, in dem man stets paarweise gegeneinander antritt, nun mal dazu.

    Eine EM mit 32 Teams allerdings wäre dann der blanke Hohn. Das würde bedeuten, dass man außer Nordirland gegen Moldawien überhaupt keine Qualifikation mehr betreiben müsste, womit praktisch zwei Jahre lang im Vorfeld einer EM gar keine relevanten Länderspiele mehr stattfänden. Das kann keiner wollen, insbesondere die nicht, die schon nach nur 6 Wochen Sommerpause laut twittern stöhnen, wann denn endlich der Fußball wieder losginge.

    Zudem empfinde ich das Leistungsgefälle nicht per se als problematisch. Gibt es einen Mannschaftssport, in welchem es weltweit gesehen geringer ist als im Fußball? Von mir aus darf Nordkorea gerne mit 0:7 gegen Portugal untergehen oder Saudi-Arabien mit 0:8 gegen Deutschland. Immer nur 2:1 auf Augehöhe ist doch genauso langweilig, wie immer nur Barka gegen Arsenal. So lange dieses Gefälle nicht dazu führt, dass die komplette Vorrunde Makulatur ist. Das ist sie aber nicht bei einer WM (siehe die letzten zwei Gruppen der Elfenbeinküste) und bei einer EM schon gar nicht.

    Ein Ziel dieser Aufstockung der Teilnehmer ist aber eben (vermutlich) auch, die Zahl der Qualispiele zu reduzieren, oder zumindest jene gegen die ganz Kleinen.

    Und womit würden die frei gewordenen Termine gefüllt werden? Mit Freunschaftsspielen wahlweise in Hintertupfingen oder in Shanghai.

    Finnland bei einer EM dabei, das würde ich sofort unterschreiben. Aber nicht, indem man jetzt einfach mehr Teams zum Turnier zulässt, sondern indem sie an einem fernen, glücklichen Tage die alte, höhere Hürde der Qualifikation überspringen.

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