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Schlagwort: Länderspiel

Das Vereinigungsländerspiel

Das einzige Länderspiel zwischen der DDR und der Bundesrepublik hat es bekanntlich so nicht gegeben, weil die beiden Auswahlmannschaften nicht nur bei der WM 1974, sondern auch schon bei Olympia 1972 aufeinandertrafen und schon vorher eine Olympia-Qualifikation ausgetragen hatten. Dass da für den Westen keine A-Nationalmannschaft antrat, ist dabei unerheblich.

Hier bislang unbekannt war, dass es beinahe sogar noch zu einem dritten oder je neach Lesart zweiten innerdeutschen Länderspiel gekommen wäre. Zum „Vereinigungsländerspiel“. Ein solches war für den 28. August 1990 in Leipzig geplant, wurde aber aus Angst vor Auseinandersetzung zwischen West- und Ost-Holligans sowie allgemeiner Gewalt abgesagt. Dass es diese Information erst 23 Jahre später in die hiesige Aufmerksamkeit schafft, ist betrüblich, allerdings ist es nie zu spät. Einige Informationen mehr bei fussball.de.

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Giovane Elber sez

Wenn er den Raum betritt, geht die Sonne auf. Lässig in Blue Jeans und roten Pullover gewandet, kaum gealtert und auch nicht gebreitert, umspielt seine Lippen ständig dieses schelmische Grinsen. Da die Augen aber mitlachen, weiß man sofort: Es ist echt, nicht aufgesetzt. Giovane Elbers Freundlichkeit kommt von Häätze. Und bleibt über die gesamte Zeit seiner Anwesenheit. Frei weg von der Leber spricht er in bekannt sehr gutem Deutsch, hat selbst für einen anwesenden Schalke-Blogger ein „Kopf hoch!“ übrig, als das Gespräch auf das 5:1 vom letzten Wochenende kommt. Allüren sind ihm fr …

Halt, Stop! Wird das jetzt hier eine dieser typischen Einleitungen von Glamour- und Klatschmagazinen, in denen die Kleidung (Franelle, Saint Malo, Schuhe von Hapag) des Protagonisten wichtiger ist als das, was inhaltlich passiert? Nein.

Doch Glamour gab es durchaus ein wenig in den Räumen des Sportpresseclubs vor der Partie gegen Chile im früheren Neckarstadion, schließlich waren die Stars aus ganz Deutschland angereist. Aus Berlin gleich zwei Fußballblogger, einer aus Leipzig, einige aus München und wieder andere Fußballblogger aus dem Ruhrgebiet. Umso erstaunlicher, wie offen Giovane Elber dieser Ansammlung von Größen der Publizisitik begegnete. Von Lampenfieber keine Spur.

Stattdessen ging es direkt in medias res, denn Elber gab auf Nachfrage sofort zu, dass eine Reise nach und ein längerer Aufenthalt in Brasilien sehr teuer sei. Womit er gleich die anwesende Runde vom leichten Makel entlastete, dass kein einziger Teilnehmer plant, selbst zur WM zu reisen. Kann ja nicht jeder ein Praktikum bei ARD oder ZDF machen.

Dort, bei der WM in Brasilien, seien seiner Ansicht nach übrigens Argentinien und Deutschland Favorit auf das Finale, mit dem späteren Weltmeister Deutschland. Ausgesprochen allerdings vor Anpfiff des Tests gegen Chile. Argentinien werde nicht zuletzt von den vergleichsweise kurzen Reisewegen profitieren und vom im Süden Brasiliens deutlich kühleren Klima als in anderen Regionen. In Manaus zum Beispiel sei es manchmal so heiß und feucht, das Elber und seine Mitspieler bei Partien dort schon in der Kabine geschwitzt und sich gar nicht warm gemacht hätten, nur ein bisschen gedehnt. Ob das aus dem Reich der Fabeln stammt oder doch stark auf die Jahreszeit ankommt, verrät ein Blick in die Klimatabelle von Manaus.

Außerdem sei es legitim, dass die Menschen in Brasilien so offensiv protestieren. Und es sei auch während der WM mit weiteren, umfassenden Protesten zu rechnen. Man brauche dort bessere Infrastruktur, die allen zugute komme, dieser Wunsch sei vollkommen legitim. Nicht allein Verkehrswege, sondern vor allem bessere Schulen und eine bessere Krankenversorgung. Gleich vier Stadien zählt Giovane Elber auf, die nach der WM nicht von Erst- oder Zweitligisten genutzt werden würden. Insofern habe es ihn selbst nur überrascht, dass die Menschen in Brasilien zum Confed-Cup in solchen Massen auf die Straße strömten. Die Mentalität in Brasilien verhindere oft, dass sich derartiger Protest entwickele, denn allzu oft zeige man dort eine gewisse Nachsicht mit den Verhältnissen und Trägheit bezüglich möglicher Änderungen. Dass sie protestierten, habe ihn überrascht, aber nicht, aus welchen Gründen.

Natürlich sei es außerdem fantastisch, zur Zeit Bayern München beim Fußballspielen zuzuschauen, aber er bevorzugte, wenn er die Wahl hätte, den Spielstil aus seiner Zeit. Damals hätte er als Stürmer viel mehr Räume gehabt, nutzen können und immer wieder selbst entscheiden können, wann was die bessere Idee sei. Im heutigen System müsse man als Stürmer ständig nur warten und auf den richtigen Moment hoffen. Das sei schon ein bisschen langweilig, auch das aktuelle Tiki-Taka des FC Bayern sei nicht sein absolut favorisierter Fußball zum Zusehen und schon gar nicht zum Selberspielen. Erstaunlich offen und ehrlich hier, wie er überhaupt in keiner Hinsicht ein Blatt vor den Mund zu nehmen schien. So sympathisch wie er allen Anwesenden (mit Ausnahme der dem HSV zugeneigten Blogger — „gegen uns hat er immer besonders oft getroffen“) vor Ort war, wirkt er wohl nicht zuletzt deshalb auch im Rest der Republik.

Die von den hiesigen Twitter-Followern eingereichten Fragen konnten leider nicht alle gestellt werden, schließlich waren u. A. der Frittenmeister oder GNetzer auch mal dran, doch fanden immerhin zwei Fragen der Leser den Weg zu Giovane Elbers Gehirn, woraufhin er sich mit Antworten auch nicht lange lumpen ließ.

Ja, er werde bei der WM für die ARD arbeiten und zwar als Experte für den Fußball, nicht als Reiseführer, der die Verhältnisse vor Ort erklärt. Zusammen mit Mehmet Scholl werde er diese Aufgabe angehen. Für wen diese Zusammenarbeit das härtere Brot sei, darauf wollte sich Giovane Elber dann aber nicht festlegen.

Nein, er hat keinen Kontakt mehr zu Martin Pieckenhagen, mit dessen Namen er sofort etwas anfangen konnte (für die Nachgeborenen: die Suche nach besagtem Tor des Jahres 1999 von Giovane Elber war bei youtube bislang erfolglos, was die Redaktion explizit bedauert), er habe ihn einmal noch in Hamburg getroffen, aber über sein legendäres Tor gegen Pieckenhagen habe man nicht geredet. Und fügte hinzu, dass eben jenes gegen Rostock „das schönste Tor gewesen“ sei.

Finden wir auch.

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Sverige — Tyskland 3:5 – Die Evolution frisst ihre Kinder

I have a dream. Und der geht so: An einem vielleicht regnerischen Tag im Februar 2014 wird Jogi Löw einen Termin in London haben. Er wird seinem Gesprächspartner mitteilen, dass er weiterhin voll auf ihn setzt. Dieser aber leider nicht mitfährt zur WM, zumindest nicht im 23er-Kader, aber für den Fall der Fälle solle er sich bereithalten. Später werden beide Beteiligten der Presse das genaue Gegenteil darüber erzählen, was denn nun Inhalt des Gesprächs gewesen sei. Der so Besprochene wird aber nicht im Flieger nach Brasilien sitzen, was der entscheidende Punkt dieses Traums ist.

Tja, schade, dass das nur ein Traum bleiben wird, aber was man angesichts der mit ordentlich Teufelspepperoni gefüllten Ladungen an Offensivpower mit durchdachten, kreativen und handlungsschnellen Szenen gestern in der Partie gegen Schweden noch mit Lukas Podolski bei einer WM möchte, wo die Besten der Besten eines Landes zusammengerufen werden, wird auf immer Jogi Löws Geheimnis bleiben. Die Defensivstärke im Vergleich zu den ihn nun überflügelt habenden Spielern kann es bei Podolski kaum sein, denn die müsste man immer noch mit der Lupe suchen.

Ansonsten bot die Partie genau das, was man von ihr erwartete. Einen immer wieder zum Patzer und dann zur patzigen Reaktion neigenden Manuel Neuer, der immerhin dann doch mal nach knapp 160 Minuten gegen Schweden einen dieser Bälle zu fassen bekam, die man ihm ständig aufs und dann ins Tor hämmerte. Eine Defensive, die löchrig genug ist, auch gegen Fußballgroßmächte wie Paraguay, die USA oder die Schweiz 3 Tore und mehr zu kassieren, zeigte wieder einmal ihre lachende Fratze. Lachend für Produzenten von Tornetzen, denn die spielten gleich 8x die ihnen zugedachte Rolle.

8x, das bedeutet auch, dass der Ball 5x in des Gegners Tor landete und es war der große Jannik Sorgatz, der letztens darauf hinwies, dass die DFB-Auswahl damit 9 Partien in Folge mindestens 3 Tore erzielt hat. Oliver Fritsch argumentierte in der Zeit, dass zu viele Tore dem Fußball nicht gut täten und auch Bastian Schweinsteiger äußerte sich nach seinem Jubiläumsspiel, dass ihm ein 2:0 deutlich lieber als ein 5:3 sei, denn dieses sei ein „schlechtes Ergebnis“. Erinnerungen wurden wach an das 4:2 gegen Griechenland im Viertelfinale der EM, als sich kaum jemand an den 2 Gegentoren der Griechen störte, welche doch für gewöhnlich nur 1 Tor pro Partie erzielen und diesen Wert mal eben gegen Deutschland verdoppeln konnten. Denn vorne rappelte es ständig im, Entschuldigung, in den Tornetzen und dann lässt man auch schon mal fünfe gerade sein.

Wie erwartet also die Rückkehr zu einer schwachen Defensivleistung, die auch nicht damit zurecht gerückt werden kann, dass die Schweden in der ersten Halbzeit nur 2x aufs Tor schießen. Was ja fast so klingen sollte, als seien das 2 Sonntagsschüsse gewesen, die so nicht in anderen Partien wieder passieren könnten. Erstens waren diese Tore glänzend herausgespielt und dann doch wieder so einfach, wie es eben ist, die deutsche Abwehr auszuspielen. Und zweitens zeigt die Vergangenheit ja, dass es eben nicht ein mal im Jahr vorkommende Sonntagsschüsse sind, die zu deutschen Gegentoren führen, sondern dass es wieder und wieder möglich ist selbst für die Nr. 50 der Weltrangliste, zwei, drei Tore zu erzielen. Wie erwartet, eben, und das sogar ohne Ibrahimovic.

Was man nicht erwarten kann, ist dass man beim Zuschauen auf einmal ein Gottesteilchen entdeckt. Aufgeblitzt war es in jener Szene, die zum 4:2 durch André Schürrle führte, als schon der durch eine blitzschnelle Drehung gewonnene Zweikampf auf der linken Außenbahn in Höhe der Mittellinie deutlich schrie, dass nun etwas sehr Besonderes passieren würde. Während man einigermaßen eingelullt von den vielen Toren vor dem Fernseher sitzt, plötzlich dieser Moment, an dem der Fernseher zu einem Medium des Lebens wird, sich die Schönheit des Spiels eröffnete und beinahe, für einen Moment jedenfalls, die Seele rein machte und eine Ahnung vom Gefühl der Erfüllung bescherte.

Zum Glück wird man von den Menschen beim ZDF, die dieses Spiel begleiten, immer sofort in die Realität zurückgeholt. Da spricht ein vermeintlicher Experte zum ersten Mal in seinem Leben selbstironisch davon, dass es ja auch viel „Druck“ gegeben habe, Applaus, Applaus, es gibt noch Hoffnung, da macht er diese Hoffnung im selben Moment zunichte, als er sich jeglicher Diskussion der anderen gesehenen Partien entzieht und stattdessen ständig über seine Erinnerungen von anno dazumal schwadroniert, deren Kontext zur Gegenwart man selbst mit jener Lupe, die Podolskis Defensivstärken sichtbar macht, nicht findet. In Moldawien habe er mal gespielt, das Publikum war gegen ihn, der Platz ein Unding, ja, Opa, jetzt iss auf und stell Dich neben den Franz. Was es über die anderen Mannschaften bei der WM alles zu sagen gegeben hätte — wer weiß das schon? Ein Zuschauer des ZDF jedenfalls nicht.

So frisst die Evolution ihre Kinder, Bastian Schweinsteiger wirkt schon wie ein alter Mann vor seinem letzten Turnier, dabei hat er die 30 Lenze noch gar nicht erreicht, und Oliver Kahn wirkt wie ein Fußballkommentator aus den 1990ern, als genau solche Dönekes schon ausreichten, um den Vertrag verlängert zu bekommen. So wie Podolski nicht mehr in diese Zeit passt, zu wenig handlungsschnell, zu wenig variabel, so passt auch Oliver Kahn nicht mehr in diese Zeit. Für Geschichten von damals gibt es hinten in der 11Freunde eine Rubrik, ein Interview alle paar Jahre mal sollte für Kahn dann ausreichen. Ansonsten gilt für ihn genauso wie für die Generation Podolski: Platz machen, die Evolution hat sie überholt. Zum Glück.

Und dann waren da noch die herrlichen Einlaufkinder, die dem ganzen Popanz, den der Fußball und die Menschen sich ausgedacht haben, eine schöne lange Nase zeigten. Nationalhymnen, bei denen man andächtig stehen muss, deren Text man mitsingen muss und Spot und TV-Kamera auf die modernen Gladiatoren gerichtet, die zu Helden überhöht werden — alles wunderbar karikiert von zappelnden, in der Nase bohrenden, sich ständig umdrehenden oder ihr Bäuchlein tätschelnden Einlaufkindern. Sollte man öfter machen, diese besonderen Kinder in den Vordergrund zu holen — ohne sie dabei dem Voyeurismus auszuliefern, falls das möglich ist.

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Kuranyi, Jeremies und Lahm kriegen den Arsch voll

Schön kurzes und knappes Video von den fünf Gegentoren gegen Rumänien, an die sich zu erinnern man am letzten Samstag gezwungen wurde.

Entgegen meiner mich immer öfter trügenden Erinnerung stand Timo Hildebrand nur in der zweiten Halbzeit im Tor, kassierte also nur eins der fünf Tore. Die anderen vier in der ersten Halbzeit … ein gewisser TV-Experte aus diesen, unseren Tagen.



Die Daten zum Spiel.

Wie die EM 2004 dann für jene Jungs in weiß ausging, erinnert man sich ja sicher noch gut.

(Abgelegt unter: Unken unken immer nur vorher. (Und nein, Unken hat noch nie irgendetwas bewirkt, weshalb man nach Herzenslust in rauen Mengen unken darf. Wie hier gerade geschehen.))

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Une soirée à Brême
Deutschland — Frankreich 1:2

Ein neuer Beitrag aus der Reihe „EM 2012″, die hier unter dem Motto „Noch ist Polen nicht verloren“ firmiert, der ersten Zeile der polnischen Nationalhymne. Und Recht hat sie, schließlich hat die EM noch gar nicht angefangen.

Ein Rückblick ganz der Reihe nach, wie es so war, am Mittwoch Jeh-roh-meh Boateng beim Nachdenken zuzuschauen, Franck Ribéry beim Divenmarkieren und Tim Wiese dabei, von seinen Heimfans gefeiert zu werden. Achja, und, ein beinahe in Vergessenheit geratenes Gefühl: Nicht nur in Ansätzen graupiger, man möchte fast sagen ein wenig fischiger Fußball von der deutschen Nationalmannschaft. Fangen wir vorne an.

Bahnhof Brême

[photopress:bahnhof_bremen_1.jpg,full,alignright]In Bremen ist man so stolz auf sein Werder, dass man die Werder-Fahnen schon im Bahnhof zur Begrüßung der Anreisenden aufhängt. Eine wieder mal äußerst ignorante Angelegenheit, nicht gegenüber den französischen Fußballfans, die, wie wir gleich sehen werden, in rauen Mengen anreisten, sondern gegenüber all jenen Bahnreisenden, die sich nicht für Fußball interessieren.

[photopress:werder_fahnen_1.jpg,full,alignleft] Mir ist das immer so ein wenig unangenehm, wenn man in eigentlich neutralem Setting die Menschen mit Fußballthemen bombardiert, ob nun in der Werbung, hier im Bahnhof oder meinetwegen, wenn Politiker Reden schwingen. Es gibt auch noch Menschen, die nichts mit dem Ausdruck „Werder Bremen“ anfangen können, und man sollte etwas mehr Rücksicht auf diese wenn auch kleiner werdende Randgruppe nehmen.

Bei Werder-Fahnen allein bleibt es im Bahnhof Bremen aber nicht. Denn was ein echter Marketender im Jahre 2012 ist, der lässt sich natürlich nicht lumpen, nicht nur die Brötchen mit Werder-Logo offiziell zu lizensieren, sondern gleich den Laden mit, in dem die Brötchen verkauft werden.

Nur echt mit dem Zusatz „offiziell“:

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Deutschland — Österreich 6:2

Jugendwahn jetzt nicht nur im Team, sondern auch bei den Berichterstattern? Zum Spiel kann man jedenfalls nur sehr wenig sagen, da das ZDF einen Achtjährigen an die Bildregie ließ, der sich immer dann, wenn der Ball in die Nähe eines der beiden Tore geriet, für die Nahaufnahme entschied. Viele bunte Knöpfe hier, kann man drauf rumdrücken und dann passiert etwas. Schau nur!

Anderenfalls hätte man sicher ein überzeugendes Spiel gesehen, denn das Ergebnis von 6:2 lässt doch vermuten, dass da eine Mannschaft spielte, die ein paar Ideen hatte, wenn sie auch immer noch und immer wieder für ein, zwei schludrig kassierte Gegentore gut ist, deren Bedeutung sich aus dem Grund potenziert, dass es zwei Gegentore durch Österreich waren. Eine Mannschaft, die Stimmen aus deren Heimatland zufolge weder eine Taktik noch Ideen hat.

40 zölliges Plasma-TV in HD wirkt tatsächlich, als säße man selbst im Stadion — was der Autor allerdings bislang noch bei jeder technischen Innovation aufs Neue geglaubt hat. Da sieht man selbst in der — wie erwähnt nur selten eingesetzten — Totalen die kleinen Löcher im Rasen. Und man erkennt ebenso gut, dass Lahms Bartwuchs an den Wangen noch größere Lücken aufweist. Dass er trotzdem bereits Kapitän und einer der Älteren in der Mannschaft ist, lässt hoffen, dass diese auf Jahre hinaus … aber da ist ja noch das „HSV“-Problem in dieser Partie, was ihre Aussagekraft arg zerbeult:

Wer gewinnt schon nicht gegen Österreich?

Und wenn man endlich Antworten darauf bekommt, ob die Defensive ebenso gut wie die Offensive ist, dann ist es schon wieder zu spät. Der Schiedsrichter pfeift ab und Spanien ist weiter.

Dann hat Oliver Kahn Zeit genug, statt über die Geschehnisse in der Partie darüber zu raunzen, wie er es denn genau gemeint hat mit seiner Forderung an Lahm und Schweinsteiger nach mehr Führung, kann sich in Rage reden und vergisst darüber sogar, sein elendiges Fanorakel zu erwähnen. Was zwar begrüßenswert ist, aber lieber wäre man mit über 90 Minuten konzentrierter Defensive weitergekommen.

Noch lieber hätte man das gestrige Spiel überhaupt gesehen, aber da war ja der Clown von der Bildregie im Wege.

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Stochern nach dem Spieler der Saison

[photopress:sport_blogschau.jpg,full,alignleft] Noch mehr im Nebel gestochert als die Frage nach dem Torschützenkönig dürfte die Prognose das Raten sein, wer der herausragende Spieler der Saison 2011/2012 werden wird. Einige der Fußballblogger haben sich trotzdem an dieser von Jens Peters in den virtuellen Raum geworfenen Frage versucht, so auch mal wieder der hiesige Hausherr, welcher tatsächlich ein wenig verliebt ist. Doch wer ist das zur Zeit abgesehen von Anhängern direkter Konkurrenten nicht?

Wie passend übrigens, dass man just zu dieser Zeit auch den Karriereverlauf von Thomas Broich im Hinterkopf hat, der in einer Phase, als man sich gerade davon verabschiedete, Menschen erst ab 25 Lebensjahren in die A-Nationalmannschaft zu berufen, immerhin Kapitän der U21-Nationalmannschaft war. Und nach kurzem Aufglühen schnell ver-.

Ein Tor gegen Brasilien gelang Thomas Broich mangels Gelegenheit nicht, das hat ihm der von mir im Video erwähnte Spieler also voraus. Wo Thomas Broich seinerseits vorne liegen dürfte, ist die allgemeine Lebenszufriedenheit am Strand von Australien. So schön kann es selbst in gehobenerer Wohngegend in einem Vorort von Dortmund gar nicht sein. Was wiederum nicht aufwiegen kann, bereits einmal Deutscher Meister geworden zu sein.

Amüsant aber natürlich ebenso, wie die Tipps der anderen Teilnehmer für den „Spieler der Saison“ lauten. Siehe die Sport-Blogschau Ausgabe 3 bei catenaccio, der ersten von vier Folgen zu diesem Thema.

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Alemanha — Brasil 3:2

1993 aß ich ein Brot mit Marmelade und machte es mir auf dem Sofa von Martin bequem. Lars war auch da, und Thorsten. Es war kalt draußen, das machte aber nichts, denn Martin hatte ja diesen neuen Fernseher, mit schnellaufheizenden Röhren. Draußen war Herbst, in Müngersdorf sicher auch, das erinnere ich nicht mehr so genau. Andi Möller traf zum 2:1-Siegtreffer noch vor der Halbzeit, und Berti Vogts trat am Ende zufrieden und chalant, wie es stets seine Art gewesen war, vor die Presse, um sich frei von Verschwörungstheorien darüber zu äußern, dass man 1994 sicher gute Chancen haben würde, den nur vermeintlich von des Dummschwätzers Gnaden errungenen Weltmeister-Titel zu verteidigen. Niemand sang Seven Nation Army, die wenigsten im Publikum waren außergewöhnlich geil oder auch schwarz-golden. Es gab keine bewegten Banden und die Nationaltrikots des DFB waren damals schick, heute aber schon Sammlerstücke, die ob des Designs nur die Tapferen unter den Sammlern überhaupt würden bestellen wollen. Im Tor stand Bianca Illgner, für Brasilien spielte noch der überaus fiese Branco. Der sich gut als Hauptgegner in einem Superheldencomic geeignet hätte. Man musste damals noch in Comics denken. Youtube war so fern wie zeitlich selbst zu bestimmen, wann man welches TV-Programm sehen wollen würde.

Alle drei habe ich seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen. Alle drei damaligen Freunde. Die Nationalmannschaft hingegen schon, meist mindestens einmal pro Monat, abgesehen von zwei Unfällen im Wach-Schlafrhythmus (und das eine Mal wegen Max Goldt) eigentlich jedes Mal, wenn sie vor den Ball trat. Manchmal, um 1998 herum besonders, schien sich die eigentlich nach vorne gedachte Entwicklung der Mannschaft und des deutschen Spiels umzukehren und in die Vergangenheit lünkern zu wollen. Mit ein bisschen Glück hätte uns 1993 also schon der Sir aus dem Fernseher heraus die Hand geben wollen. Dazu kam es nicht. Stattdessen nutzte Oliver Kahn seine Hand, um ein Eigentor zu erzielen. Später wurden Hoffnungen durchs Dorf getrieben, die dann in der WM-2006-B-Mannschaft endeten. Märchen wurden erzählt, und im Vergleich zu früher waren es tatsächlich schöne Geschichten. Nur gegen Brasilien gewann man nicht mehr. Weder in Japan noch in Nürnberg, im Vorspiel zum Heimturnier. Projektionsflächen hießen Robert Huth und Mike Hanke, es tat sich was, aber mehr als das Knirschen im Gebälk war erstmal noch nicht zu hören.

Heute war es das erste Mal seit 1993 wieder soweit. Den Führerschein, damals noch recht frisch, besitze ich heute immer noch. Die Pass-Geschwindigkeit von heute allerdings konnte damals niemand erahnen. Auch dass man mit 26 im Team zu den Alten gehören würde, war 1993 nicht absehbar, als der Altersschnitt des Teams immer mal wieder vorsichtig sein musste, nicht die Zahl 30 zu überschreiten. Was bewährt war, war gut. Heute war gut, was sich durchsetzte, nicht allein gegen die eigene Konkurrenz, sondern vor allem gegen den Gegner. Während man damals aber über Abwehrprobleme jahrzehntelang nicht hatte diskutieren müssen, scheint heute alles so mühelos — bis es in die eigene Richtung geht. Dann zerfällt beinah sogar dieser Sieg, der erste seit 1993, Sekunden bevor man ihn in den Händen hält, wieder zu Staub und am Ende wäre es doch ganz egal. So schnell, so jung, so intelligent konnte es nur die Evolution seit 1993 machen. Der man gerne unter die Arme griff, auch wenn man da lange Zeit allzu betriebsblind war. Da schmälert es auch wenig, dass dieses Brasilien kaum in Schwung war und 2014, wenn es wieder mal 1994 sein wird, nur wenig mit dem heutigen gemein haben wird. Geboren wurde Mario Götze 1992. Als das 2:1 von Andi Möller fiel, wird er wohl gerade einen Löffel Spinat bekommen haben.

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Indien — Thailand 1:2

Der schlafende Riese will einfach nicht aufwachen.

Für den Rest der Fußball-Welt vielleicht auch besser so.

Nur 1,2 Milliarden Einwohner.

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