Zum Inhalt springen

Schlagwort: Sommerpause

Günstige Rezepte für Jedermann – Heute: das Populismus-Süppchen

Neue Folge in unserer beliebten Reihe „Was jeder kochen kann, ohne ein Meister zu sein“.

Das Rezept fürs Süppchen ist uralt, schon die noch älteren Ägypter sollen es der Legende zufolge zur Beruhigung größerer Massen eingesetzt haben. Lediglich eine „kleine Gruppe“ habe sich damals als immun gegen die Auswirkungen dieser Speise erwiesen, welche die Herrscher kostenlos an ihre Untertanen verteilten.

Wichtiger als die einzelnen Zutaten sind dabei erstaunlicherweise die Umstände der Zubereitung. Richtig gewieft, die alten Ägypter also zu ihrer Zeit schon.

Man nehme:

  • Vor Beginn der Zubereitung ominöse „Konsequenzen“ androhen
  • Anschließend mit der Zubereitung unbedingt um 9 Uhr beginnen, statt wie sonst um 10 Uhr
  • Einige faule Äpfel, die man ohnehin nicht mehr benötigt hätte, unter großem Getöse in die Zweitvertretung entsorgen
  • Handschuhe, Mützen und Schals verbieten, damit Außenstehende fälschlicherweise von großer zu erleidender Pein ausgehen
  • Namentlich aufzählen, wer alles nicht zur Suppe gehört, und damit allen nicht namentlich Erwähnten Schuld zuschieben — sehr beliebter kostengünstiger Rundumschlag, kostet fast keinen Aufwand, wobei für die beste einseifende Wirkung die Zahl der Aufzuzählenden möglichst gering zu halten ist; ein Abakus könnte da hilfreich sein, zur Not tut es ein handschriftlicher Zettel im Hinterhirn
  • Die Winterpause streichen und dabei verschweigen, dass das Training bei einem Proficlub ohnehin meist nur 90 Minuten dauert

Fertig ist das Süppchen!

Wichtig: Vor Verabreichung des Süppchens unbedingt alle an Reichweite reichen Mediatoren informieren, damit diese genauso kostenlos wie die Suppe selbst es ist die Kunde über die Zubereitung des Süppchens in die Lande hinaustragen. Anschließend auf die tranquilierende Reaktion beim Publikum warten. Im Falle des Nichtwirkens auf die „kleine Gruppe“ hinweisen, die nun mal schon zu Zeiten der Ägypter immun gegen dieses Süppchen gewesen sei. Behaupten, dass sich da wohl etwas längerfristig vererbt habe, höhere Mächte also.

Ansonsten: Wohl bekomm’s und nicht vergessen: Wirkt unabhängig von Ort und Zeit. Kleine Modifikation im Sommer: statt Handschuhe zu verbieten sollte man dann das Trinken verbieten oder die Beigabe von Sonnenmilch. Allerdings empfiehlt sich grundsätzlich eher die Anwendung im Winter oder Herbst, da man beim Sommerpausestreichen immer wieder Probleme mit Arbeitsrichtern und ähnlichen Gesellen bekommen kann. Sowas kannten die alten Ägypter natürlich noch nicht.

Leicht verdaulich bleibt das Süppchen trotzdem.

11 Kommentare

Nur kurz durchatmen

29.6.2008 bis 10.08.2008 — das lässt sich diesmal wohl aushalten. Am 29. Juni steigt (aber wohin steigt es?) das Finale der EM, am 10. August geht es weiter mit der ersten Runde des DFB-Pokals 2008/09. 42 Tage, quasi nur ein Marathon. Und nicht wie 2007 gleich ein Iron Man durchs Death Valley, mit fast drei Monaten Durststrecke.

8 Kommentare

Weihnachten ist dieses Jahr früher

Schon komisch, wenn man durch die Sahara stapft und weiß, es sind noch 1.400km zu Fuß bis zur nächsten Wasserstelle, und plötzlich biegt man um die Ecke (Ecken soll es auch in der Sahara geben, nur nicht ganz so stabil) und auf einmal liegt direkt vor einem die lang ersehnte Wasserstelle.

Der DFB-Pokal beginnt ja schon in anderthalb Wochen, um genau zu sein am 3. August 2007. Das bedeutet: Es ist nur noch ein einziges fußballfreies Wochenende zu verbringen. Die Sommerpause ist quasi vorbei! Ein spielfreies Wochenende gibt es auch mitten in der Saison mal. Nolookpass, ich habe durchgehalten, ich habe es überlebt. Die längste Nacht in meinem Leben, doch der Morgen graut [/pathos].

1 Kommentar

Drama Queen

Man sagt, dass es zwischen zwei und drei Jahren dauert, bis ein Mensch, der zuvor sehend war und dann erblindet, vergisst, wie Farben aussehen. Schwierig vorzustellen für uns Sehende, dass man vergessen könne, wie Farben aussehen. Analog wird man, nehme ich an, auch nach Ertaubung innerhalb dieses Zeitraums vergessen, wie sich Musik, Geräusche, Sprache anhören; eine schreckliche Vorstellung — bezogen auf alle Sinnesmodalitäten. Man stelle sich vor, man verlöre seinen Tastsinn und wüsste irgendwann nicht mehr, wie sich Berührungen anfühlen, ganz gleich, ob nun die der Liebsten oder die des Wassers aus dem Duschkopf.

Zwei bis drei Jahre sind je nach Alter des Lesers viel oder nicht so viel, in meinem Alter klingt es eher nach ziemlich wenig. Wüsste ich jetzt schon, dass ich mich in zwei Jahren nicht mehr an den Geschmack von Erdbeeren noch an überhaupt irgendeinen Geschmack erinnern könnte, ich wüsste nicht damit umzugehen.

Zwei bis drei Jahre also, und genau diese drei Jahre ist es her, dass wir eine echte Sommerpause erlebt haben. EM 2004, Confed-Cup 2005, WM 2006. Jetzt ist es 2007 und meine, unsere letzte Fußball-Sommerpause war 2003. Davor war sogar noch WM 2002, an die ich mich wegen der ungewöhnlichen Anstoßzeiten besonders intensiv erinnere. Meine letzte Fußballsommerpause war also 2003, vier Jahre her. Ich muss zugeben, ich kann mich a) nicht mehr an das Gefühl des Fußballentzugs erinnern und b) nicht daran erinnern, was ich überhaupt stattdessen in jenem Sommer getan habe.

Nun rufen einige schon das Ende dieser Sommerpause aus, weil die Bundesligisten wieder mit dem Training beginnen. Tatsächlich endet die Sommerpause aber — Ligapokal hin oder her — erst mit dem ersten Bundesligaspieltag. Und das ist immer noch ein gutes Weilchen hin.

Eine völlig neue, zwei bis drei Jahre, Erfahrung mache ich zur Zeit: Ich erlebe die Wochenenden so wie ca. 50 Millionen andere Deutsche und unzählige weitere Nicht-Sportinteressierte auf der ganzen Welt. Das Wochenende ist frei.

Frei bedeutet: Es gibt keine Höhepunkte, es gibt keinen Plan, es gibt nichts, was Dramatik verspricht, es gibt nichts, was entschieden oder zumindest vorentschieden wird. Es plätschert so dahin, und zwar dermaßen laut, dass man vor Plätschergeräuschen kaum schlafen kann.

Sicher ist es eine interessante Erfahrung, zu sehen, wie andere Menschen das Wochenende erleben. Als Zeitraum der Muße, der Entspannung, vielleicht auch des aktiven Sports (Läufer, Volleyballer und Tennisspieler interessieren sich ja eher selten wirklich für Fußball), Zeit dafür, liegen gebliebene Dinge zu erledigen oder einfach nichts zu tun.

Diese Ereignislosigkeit des Wochenendes wird von den Nicht-Sportinteressierten bestimmt gar nicht so erlebt, im Gegenteil passiert gerade deshalb viel am Wochenende, weil man Abwechslung von der Arbeit findet, die Gelegenheit zu einem Städtetrip oder zu einem Spaziergang im Wald nutzt. Vielleicht besucht man mal wieder Oma in Gütersloh, vielleicht den Neffen in Finsterwalde, vielleicht macht man gar einen Kurs, der einem Spanisch, Koreanisch oder Tai Chi beibringt. Es ist also alles keine verlorene Zeit und noch nie hörte man einen Nicht-Sportinteressierten über die Langeweile seines Wochenendes klagen.

Für uns Fußballjunkies ist das aber gänzlich anders: Normalerweise lebt die ganze Woche davon, sich auf das Spiel am Wochenende vorzubereiten, sei es, weil man Karten hat, sei es, weil an jenem Tag das Derby (welches auch immer) ansteht, man den Abstieg oder den Verlust des Meistertitels fürchtet. Jede Woche ein Orgasmus frei Haus, ja, auch Enttäuschung, aber auch Jubel, Freude, Adrenalin und Endorphin satt und genug. Mag sein, dass am selben Wochenende das Date mit der heißen Rothaarigen ansteht, ein neues Auto gekauft oder der Sohn nach Fahrradunfall ins Krankenhaus eingeliefert wird: Entscheidend und dominierend bleibt das Spiel am Wochenende.

Ohne ein solches Spiel erscheint das Wochenende leer und überflüssig. Man könnte eigentlich die ganze Zeit im Bett bleiben. Es wird ja doch nichts entschieden und es werden auch keine Punkte vergeben. Es passiert nichts. Regungslos sitzt das Wochenende da und blickt uns an. Wir starren zurück, aber wir können nichts in ihm erkennen.

Jetzt, da die Sommerpause ein paar Wochen alt ist, muss ich konstatieren: Was für ein seltsames Leben diese anderen Menschen doch führen — frei von Höhepunkten, frei von Spannung. Ein in jeglicher Hinsicht freies Wochenende. Nein, ich möchte nicht tauschen.

7 Kommentare

Nous sommes à nouveau entre nous

Vollkommen lässt sich das Rad der Zeit nicht mehr zurückdrehen. Aber von denen, die sich auch vorher nicht für Fußball interessierten, habe ich noch keinen von jenem Phantomschmerz berichten hören, den wir alle verspüren, weil in diesem Jahr keine WM ist. Kurz gesagt:

Wir sind wieder unter uns.

3 Kommentare

Nihil

So langsam schleicht sich eine komische Angst von hinten an. Seit dem Sommer 2004 gab es immer ein großes Fußballturnier während der heißen Jahreszeit, welches man bewetten, betippen, bekakeln und vor allem begucken konnte. Ein Blick auf die beiden Bundesligatabellen sagt mir, dass es nur noch wenige Spieltage sind, bis die Saisons vorbei sind.

Was mach ich nur diesen Sommer?

4 Kommentare

Beim ersten Mal (diesmal aber wirklich Fußball)

Des Öfteren findet sie Erwähnung, in Deutschland geht schließlich kaum ein Weg an der Zeitung vorbei, über die Günter Wallraff einst sagte, die einzigen echten Informationen fänden sich im Sportteil. Darüber kann man streiten, meistens liefert diese Zeitung keine Informationen, sondern möchte Politik machen. Aktuelles Beispiel ist Jürgen Klinsmann, der — vollkommen konträr zu Rudi Völler — ständig angegriffen wird. Älteres Beispiel ist Hans Meyer, der in Gladbach von dieser Zeitung aus dem Job geschrieben werden sollte.

Dass es früher, als sowieso alles besser war, auch einmal anders war, beweist dieses Bild der Berichterstattung der FOTO-Zeitung über den allerallerallerersten Bundesligaspieltag. Fast schon süß, wie die Entstehung der Tore beschrieben wird. Beste Spieler: „Rehhagel […] bei Hertha“.

Man stelle sich ein Leben ohne Bundesliga vor. Undenkbar. Ich finde schon die Zeit der Sommerpause schwer genug zu ertragen — aber wenn’s gar keine Bundesliga gäbe? Au weia.

5 Kommentare