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Auf der Suche nach dem Jetzt und Hier

Es ist bezeichnend, was der kleine FOTO-Mauscheler angesichts der spielerischen und tabellarischen Situation des FC Bayern München von sich gibt:

Wir müssen jetzt alle zu unserer wirklichen Form finden.“

Da kann man ihm zurufen: Guck auf Deine Füße, in den Spiegel oder Dir selbst beim Spielen zu. Du hast sie schon längst gefunden, Deine wirkliche Form.

Bezeichnend für das, was er glaubt, was die Darbietungen seiner Mannschaft von dem unterscheidet, was wirklich ist.

Wirklich ist aber — lassen wir ausschweifendere philosophische Betrachtungen mal außen vor — nur das, was tatsächlich passiert.

12 Kommentare

  1. Es ist – leider, wie ich finde – hierzulande Usus geworden, das schöne Wort „eigentlich“ zu schmähen und es durch „wirklich“ zu ersetzen. Wo es beispielsweise „eigentlich nicht“ heißen müsste, sagt man heute oftmals „nicht wirklich“ (was dem englischen „not really“ entspricht). Die Eigentlichkeit aber stellt auf das (überzeitliche) Wesen ab, während die Wirklichkeit sich auf eine gegenwärtige Situation bezieht, die von diesem Wesen durchaus abweichen kann. Deshalb findet hier zu Unrecht eine synonymische Verwendung der beiden Wörter statt, die zu Missverständnissen geradezu einlädt.

    Ich vermute, dass auch Lahm dieser Begriffsverwirrung aufsitzt, wenn er sagt, man müsse zu seiner „wirklichen“ Form finden. Denn er meint: zu seiner eigentlichen Form, und das ergibt (nicht: „macht“) auch deutlich mehr Sinn. Kritikabel finde ich seine Aussagen trotzdem, denn mit seiner Schelte hätte er getrost bei sich selbst anfangen können. Eigentlich und wirklich.

  2. Das ist sicher in großen Teilen zutreffend, übersieht aber, dass der Widerspruch ja (zusätzlich) darin liegt, dass eine (aktuelle) Form keinen eigentlichen Zustand und keine eigentliche Ausprägung besitzt.

    Das eigentliche Leistungsvermögen ist vielleicht ein anderes, welches es wieder abzurufen gilt.

    Die Form aber ist immer die wirkliche, und eine eigentliche Form existiert nicht.

  3. Du hast Recht, das habe ich nicht bedacht. Dann hätte Lahm vom „eigentlichen Leistungsvermögen“ sprechen müssen statt von der „wirklichen Form“. Offenbar werden hier also zwei weitere Wörter unzulässig zu Synonymen gemacht. Bliebe die Frage, wie viele Menschen „wirkliche Form“ gelesen, aber „eigentliches Leistungsvermögen“ assoziiert haben – und wie viele die Aussage wortwörtlich genommen haben.

  4. Was ihr nicht recht bedenkt: Es geht hier um den FC Bayern.

    Da mag die Allerweltsphilosophie nicht greifen, da verweigert sich jegliches in-Worte-fassen. Denn wenn Fortuna Miasanmia im eigenen Stadion nach einem miesen Saisonstart derart ernüchternd gegen den 2. FC Karnevalsklub verliert, dann ist das unwirklich, surreal gar.

    Lahm will sagen: Das, was die Ballrepublik da am Wochenende gesehen hat, das war gar nicht. Die 1:2-Niederlage war so etwas wie ein Medienkonstrukt, irgendwo versteckt zwischen der dritten und vierten Matrix. Vom Herbst umnächtigt erkennen die Zuschauer, Berichter und sogar die Spieler selbst nicht, was eigentlich, wirklich, real passierte.

    Es war nur ein böser Traum. Und da möchte man dem kleinen Flippo seinen Teddy wiedergeben und ihm beruhigend über die Haare streicheln: „Bald wird alles wieder wirklich, bald siegt ihr wieder.“

  5. mak mak

    ich finde es traurig in welche Richtung Lahm sich entwickelt, medial gesehen mutiert er zum Lothar.

  6. Führungsspieler beim FC Bayern werden automatisch zum Matthäus oder Effenberg. Aber vielleicht verwechsle ich da Ursache und Wirkung.

    Hätte Lahm vom „eigentlichen Leistungsvermögen“ gesprochen, hätte er immer noch das falsche Verb benutzt: das Leistungsvermögen kann er nämlich auch wiederfinden und weiterhin mies spielen. Es dagegen abzurufen, das würde weiterhelfen. Andererseits ist „Leistung abrufen“ schon so sehr Fußballphrase, dass es für sich genommen gar nichts mehr bedeutet und jeder sprachlichen Analyse entzieht. Bedeutet „abrufen“ überhaupt, dass man etwas auch nutzbar macht? Mir scheint auch das eine problematische Formulierung zu sein.

    Am Besten wäre es deshalb, wenn Fußballer das aufgeblasene Geschwurbel sein lassen und das sagen würden, was sie meinen. Das ist ja meist sehr einfach, hier: Wir müssen im nächsten Spiel besser spielen und ein Tor mehr als der Gegner schießen.

  7. moldo moldo

    Lahm hätte so was wie Asterix werden können, er will aber lieber so was wie Hermann Otto Solms werden.

  8. Das Wörtchen „abrufen“ wird nach meinem Eindruck so inflationär häufig wie falsch verwendet, seit das Internet in so ziemlich jeden Haushalt Einzug gehalten hat. Jetzt ruft man nicht mehr nur seine E-Mails ab, sondern auch einen Betrag vom Konto oder eben seine Leistung.

    Vielleicht sollte man das alles aber auch nicht so hochsterilisieren. Entscheidend is wie immer auffem Platz.

  9. Noch ein kurioses Bonmot, ausgesprochen von Thomas Müller nach dem 2:1 der Bayern in Basel: „In der zweiten Halbzeit haben wir den Schalter mental umgelegt.“ Vielleicht so was wie Telepathie?

  10. fred fred

    Vielleicht ist aber auch die wirkliche Form von Herrn Lahm die eines Quaders. Oder ein Autoreifen, aus dem Luft entweicht.

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