Zum Inhalt springen

Ein Assist

Ein Assist ist ein Assist ist ein Assist, so viel ist schon mal klar.

Und youtube ist eine feine Sache, so kann man diverse Lücken schließen und Tore sehen, die man vor langer Zeit schon verpasst hat, z. B. die Tore des EM-Finales 1980. Das Kopfballtor von Horst Hrubesch zum 2:1 in der 89. Minute kannte ich, nicht aber sein 1:0. Hier ist es bei youtube unter der Bezeichnung „Bernd Schuster Superstar“ oder so ähnlich zu finden.

Wenn man diese „tolle Vorlage“ zum 1:0 betrachtet, fragt man sich wirklich, wer eigentlich die Regeln für die Erlangung eines Assists aufstellt. Ein wurschtig, fast schon beckenbaueresk gechippter Ball auf den irgendwo am Strafraum rumlungernden Hrubesch, der den Ball ins Tor knallt. Wo war hier die besondere Leistung von Bernd Schuster, bezogen auf dieses Tor? Und war Bernd Schuster wirklich so gut, wie alle behaupten?

Es nützt nämlich nichts, die Videos mit den tollen Highlights einer Karriere zu betrachten, um sich darüber ein Urteil bilden zu können. Aussagekräftig wäre allein ein Video mit Szenen aller Phasen, auch der schlechten. Aber die will ja keiner sehen, leider. Dabei wäre eine Sammlung von großartigen Fehlpässen großer Spieler auch mal interessant: Was da alleine bei Beckenbauer zusammen käme. Und bei einer solchen Sammlung von Lothar Matthäus wüssten wir alle, wo diese ihre Krönung fände: Lyon, 39. Minute.

18 Kommentare

  1. In einer Zeit, in der im europäischen Fussball pro Team nur drei ausländische Spieler erlaubt waren, haben Barca und Real den deutschen Bernd Schuster verpflichtet. Ganz so kacke scheint er also nicht gewesen zu sein.

  2. Das ist tatsächlich ein Argument. Ich bezweifel seine Stärken auch nicht grundsätzlich, nur habe ich selbst kein Bild davon, was mich immer ein bißchen ärgert, wenn man nur auf die Informationen aus dritter Hand angewiesen ist, und dann selbst Leute abfeiern soll (oder zumindest diesem Abfeiern Glauben schenken muss), die man nie spielen sehen hat.

    War Pelé ein „Guter“ – keine Ahnung. Jetzt sag nicht, dass 1000 Tore ja wohl aussagekräftig genug sind. Was weiß ich, gegen welche Gurkengegner er diese erzielt hat. Wenn die gegnerischen Torhüter alle so gut waren wie Jean-Marie Pfaff in obigem Video, dann war das auch keine Kunst. Klar, ja, natürlich kommt er nicht vollkommen ohne Grund in diese Rolle des „Besten der Besten“. Es ist aber auch immer viel Propaganda dabei und auch der Wunsch derjenigen, die Stories verkaufen wollen, dass einer über den anderen schwebt und gottgleich und verehrenswert ist.

    Schaut man sich mal die letzte (oder vorletzte?) Wahl zum Fußballer Europas an, ist Ronaldinho wohl eher aufgrund seiner Reputation als aufgrund seiner Leistungen gewählt worden. Denn hell strahlt der Stern, wenn man nur lange genug davon schreibt, dass der Stern hell strahlt.

  3. Aber wir können uns doch alle noch an Bernd Schuster bei Bayer Leverkusen erinnern oder?
    Zumindest am Anfang konnte er sein Auge und seine Technik schon noch ziemlich überragend einsetzen. Hinterher wurde er dann ziemlich unsanft rausgedrängt, auch weil er bei mangelnder eigener Geschwindigkeit den Libero gab und damit nicht zurechtkam.

  4. Denke ich nur an seine Bundesligazeit, war er vielleicht ein Guter, aber mehr nicht. Keiner, den man jetzt noch ewig abfeiern und als Heiland des Fußballs preisen müsste. Selbiges gilt ja auch für Rudi Völlers zweite, späte Bundesligazeit. Schlitzohr ja, richtig groß: eher nein.

  5. Nun ja, richtig abfeiern vielleicht nicht, aber ich finde man konnte schon erkennen, das Schuster vom fußballerischen gerade in Deutschland ein absolutes Ausnahmetalent gewesen ist.

  6. Okay, okay. Ansonsten hätte sich Beckenbauer der Legende nach vor der WM 1986 wohl nicht auch so intensiv um Schusters Rückkehr in die Nationalmannschaft bemüht (auch wenn 1986 jetzt wieder ne andere Zeit als seine Bundesligazeit ist). Angeblich hat Gaby Schuster 1Mio DM Antrittsgeld verlangt, weshalb der nicht-erpressbare DFB (honore Menschen, alle miteinander) dankend verzichtete.

    Aber was heißt „gerade in Deutschland“ – so finster waren die 1980er in Deutschland nun auch wieder nicht.

  7. Welchen anderen Fußballer der 80er in Deutschland hatte denn sonst exzellente technische Fähigkeiten? Und war gleichzeitig Spielmacher?

  8. Wenn ich die zweite Frage mit berücksichtige: Lothar Matthäus hatte exzellente Fähigkeiten zu dieser Zeit.

    Wenn ich nur die erste Frage beantworten will: Karl-Heinz Rummenigge, Pierre Littbarski, Olaf Thon, Klaus Allofs, Rudi Völler, Matthias Herget, Paul Breitner, Wolfram Wuttke, Jürgen Klinsmann, Thomas Häßler, Klaus Fischer, Manfred Kaltz, um keine Torhüter zu nennen.

    Aber okay, Du hast halt die erste Frage mitgestellt.

  9. Oh, sagte ich Klinsmann und exzellente technische Fähigkeiten? Mea culpa.

  10. Auch Manni Kaltz und Technik stelle ich mal in Frage.

    Am nächsten kommt dem Spieltyp Schuster meines Erachtens Wuttke. Bei dem fehlte es dann an anderer Stelle.

  11. Manni Kaltz und keine Technik? Manni Bananenflanke, ich Kopf, Tor – das sagt doch wohl alles. Auch wenn er ansonsten kein Dribbler vor dem Herrn war, nein.

    Ja, und Wuttke wäre natürlich eine Alternative gewesen. Nur vier Länderspiele, wat jammers.

  12. Aber Bananenflanke ist doch nicht gleich gute Gesamttechnik?
    Gut, die richtige Stellung des Hufs muss gegeben sein, dann vielleicht nocht die richtige Geschwindigkeit und die richtige Haltung beim Oberschenkel nach vorne ziehen und Ball treffen, dann kommt es zur Bananenflanke. Aber sonst ist Kaltz für mich eher der Prototyp des Linie-lang-Wetzers.
    Und ich weiß nicht, warum ich statt Kaltz immer Kastl schreiben will…

  13. Johannes Hansknecht Johannes Hansknecht

    Werter Trainer Baade,
    bitte helfen Sie mir auf die Sprünge: Matthäus, Lyon, 39. Minute? Sagt mir nix.

    Abgesehen davon: Riesenidee, das. Ein Video, ne DVD mit den schönsten Fehlpässen großer Spieler. In Verbindung mit Fußball wird sonst jeder Mist ausgeschlachtet, z.B. der Umzug eines halbwegs abgehalfterten und chronisch überschätzten englischen Nationalspielers – da sind die Fehlpässe nachgeradezu ein Stück für Kenner.

    JH

  14. Ecki Ecki

    Viel schlimmer finde ich bis heute die Erinnerung an das 84er Pokalfinale. Bah wat habe ich den Loddar da gehasst.

  15. kurt,

    Aber Bananenflanke ist doch nicht gleich gute Gesamttechnik?

    Nein, ist es nicht. Aber es ist gute Teiltechnik und noch dazu muss man auch um der Rekordelfmeterschütze der Bundesliga zu sein nicht nur gute Nerven, sondern eben auch eine präzise Technik haben. Technik bedeutet ja nicht Übersteiger und Dribblings zu beherrschen, sondern den Ball genau dorthin zu spielen, wo man ihn hinhaben möchte – und das noch zum richtigen Zeitpunkt. Auch, jedenfalls. Und insofern hatte er schon eine gute Technik.

  16. Mein Vater, der immer ein Fan der Spielvereinigung Erkenschwick geblieben ist und dem ich verdanke, einen gewissen Klaus Fichtel im Trikot von Arminia Ickern gesehen zu haben, hatte folgenden Begriff für Spieler, die dank ihres technischen Könnens ein Spiel an sich ziehen können und in entscheidenden Phasen gestalten: Das sind Leute, die den Ball verarbeiten können. Das klingt ziemlich unfachmännisch, aber hat mir im Zweifel in der Bewertung einzelner Spielerkarrieren immer sehr geholfen. Ich will jetzt nicht die Liste durchgehen. Nur soviel: die achtziger Jahre in Deutschland waren schlimm in Sachen Ästhetik und Technik. Schuster hat damals gekniffen. Das kann man gar nicht anders sehen: Der hätte, als das Vakuum am größten war, in der Nationalmannschaft zeigen können, was er kann (oder eben auch nicht). Nur soviel: Mein Vater hielt damals ziemlich von Schuster. Ich eher weniger. Generationenkonflikt?

  17. Wieso nun ausgerechnet Pele der Überflieger war, habe ich mich auch schon oft gefragt. Zumal der Mann mit seinem Club in Europa quasi ausschliesslich in „Freundschaftsspielen“ zu bewundern war. Möglicherweise ist er aber auch genau deshalb heute die Lengende.

    Er war eben auf der großen Messe Fussball-WM vielmal vertreten und dort eben der überragende Spieler. Das ist es, was zählt, die WM. Ausserhalb dieser Turniere hatte er nicht so viele Gelegenheiten, Schwächen zu zeigen.

    Was sonstige Legendenbildung angeht: Die Lichtgestalt (als Beispiel) hat nunmal das damals übliche Denken über Taktik verändert, in dem er seine Position völlig neu interpretiert hat. Wenn sowas Erfolg hat, ist die Legendenbildung nicht aufzuhalten.
    Aber vielleicht war das ja garnicht seine Idee. Vielleicht hat er das auf igendeinem Münchender Vorortplatz bei einem anderen gesehen und einfach nachgemacht, so wie Elvis im Film seinen Hüftschwung beim beinbeschienten Forrest Gump abschaute; wer weiss …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert