Zum Inhalt springen

Schlagwort: Oliver Bierhoff

Eine EM ohne Star

Das ist toll.

Endlich hat die hurende Zunft mal keinen Typen, den sie in den Himmel schreiben kann. Es bietet sich einfach niemand an, und selbst der bräsigste Event-Fan würde merken, dass das nicht ganz richtig sein kann, wenn man plötzlich Wayne Rooney zum Star dieses Turniers schreiben würde.

Es ist ja richtig, selbst die Fußballfans wissen es: Menschen sind Menschen sind Menschen und sie orientieren sich an Menschen. Deshalb hatte auch keiner etwas dagegen, Gerd Müller zum Star der WM 1970 zu schreiben, Oliver Bierhoff zum Star des Finales 1996 zu machen oder Miroskloff Klose eben WM-Torschützenkönig 2002 2006 werden zu lassen. Und auch wenn die Idee des „man of the match“ der Grundidee des Spiels zuwider läuft, weiß jeder, dass ein Mittelstürmer (oder ein Torhüter) nun mal eine andere Rolle spielt als der Außenverteidiger.

Dieses Jahr wird es aber schwieriger und Arschwieriger, einen echten Star der EM zu finden. Jene, die in der Champions League dominieren, sind meist früh ausgeschieden, die übrig gebliebenen Deutschen spielen zu unkonstant, der Russe ist ausgeschieden und Verlierer mag nun mal keiner so wirklich, während bei den Spaniern das alles so gesichtslos daherkommt, dass man gar nicht weiß, wie die Leute alle heißen, zumal „Wat Villa?“ jetzt auch noch verletzt ist. Casillas gewann ein Elfmeterschießen (wobei man an dieser Stelle mal sagen muss, dass Elfmeterhalten in aller Regel genauso viel Glück oder Pech ist, wie Elfmeterverschießen, und es daher reichlich albern anmutet, Torhüter nach gewonnenen Elfmeterschießen zum Helden zu schreiben), taugt aber sonst nicht zum Star.

Normalerweise kommt der ein Turnier überstrahlende Spieler aus dem schließlichen Siegerteam, sollte es Deutschland sein, wüsste ich nicht, wen man nach diesen teilweise schauderhaften Leistungen zum „Star des Turniers“ ausrufen könnte. Sollte es Spanien werden, sind die Gesichter so nichtssagend, so ohne Kanten und irgendwas, dass es wehtäte, finalement einen dieser glattrasierten und -gestriegelten U21-Jahrgänge Europameister zu werden haben sehen: Man züchtet sich offensichtlich, was man braucht. Und auch wenn Arschawin mal zum Friseur müsste: Ihn hätte man sich immerhin als Star des Turniers vorstellen können, jemand, der Fußball spielen kann, sich ansonsten aber nicht kümmert.

Die Fratzen und Gesten von Cristiane Ronaldo hingegen braucht kein Mensch, außer der Marketingabteilung diverser Sportartikelhersteller. Dieses lächerliche Gehabe vor der Ausführung eines Freistoßes, den er verkackend in den Nachthimmel der Alpen setzte, zeigt uns, wo wir inzwischen angekommen sind: Die Werbespots finden mittlerweile auf dem Feld statt. Und genau deshalb lieben wir Torjubel wie den von Philipp Lahm nach seinem 3:2 gegen die Türkei. Das war authentisch und dieser Tisch ist immer noch der liebste, an dem wir sitzen.

Aber Stars, im Sinne des Erfinders, gibt es diesmal keine.

Schön.

Fußball ist schließlich ein Mannschaftsbewerb.

19 Kommentare

Und immer diese hohen Managergehälter (bei geringer Leistung)

Zeit-Management, keine Ahnung, ob das auch zu Olli Bierhoffs Aufgabengebiet gehört, wenn er nicht gerade Seminare im Uhrenzusammenbauen oder vorläufige-Kader-Verkündungs-Zelebrierungen auf der Zugspitze organisieren muss. Wäre aber schön, schließlich ist ein Manager gemeinhin dazu da, zu managen. Das mit dem Zeitmanagement hat er aber noch nicht so wirklich heraus, vor allem — Skandal für einen Manager — setzt er gerade dabei die falschen Prioritäten.

„Um Standardsituationen zu trainieren, fehlte bislang die Zeit.“

So wird Jogi Löw irgendwo zitiert und man darf anfügen: Kein Wunder, wenn man dauernd mit der Familie rumhängen darf, Basketball spielt oder ansonsten unmotiviert freie Nachmittage ausschenkt.

Bei der WM 2006 hatten — damals noch — Jürgens Jungs schon keine Zeit gehabt, Standardsituationen zu üben, angeblich, weil die taktischen Defizite so groß waren. Das mag damals gestimmt haben, wenn man sich Metzelder und Podolski anschaut, mag das auch heute noch stimmen. Dennoch halte ich mal abends ne halbe Stunde Freistoß- oder Eckstoßvarianten üben, zumindest mal besprechen, für keinen so arg schlechten Grund, die Playstation, die Freundin oder die Skatkarten (Skat? Klingt ein bisschen nach 1982, dabei war Mertesacker da noch gar nicht geboren.) wegzulegen und sich auf die eigentliche Aufgabe vorzubereiten. Aber nun gut, so ein freier Nachmittag, das ist ja speziell für die Herren Lehmann, Podolski, Metzelder, aber auch Schweinsteiger und Frings oder Odonkor etwas total Neues in dieser Saison und so ist ein solcher nun mal wichtiger als eine erfolgreiche Standardsituation beim „großen gemeinsamen Ziel“.

7 Kommentare

Konzepte sind Kokolores — Kirmes aber auch

Man hält sich ja gerne daran auf, dass Erich Ribbeck eine schwer blinde Pfeife war, die wirklich gar nichts im Köcher geschweige denn Großhirn hatte, was vielleicht ein bisschen mit Fußball zu Tuna gehabt haben könnte. Und Bashen ist hier ja verboten, seit das allgemeine Bashing-Verbot für kleine Eck-Blogs wie unsereins in Kraft getreten ist. Deshalb wird nicht mehr gebasht, jedenfalls nicht, so lange nicht „mind. ein bashing-freier Raum für das Publikum“ zur Verfügung steht.

Wir waren keine Einheit, sondern ein Haufen von Individualisten. Mit Professionalität hatte das nichts zu tun. Ganz zu schweigen von einer Spielphilosophie, die es bei uns überhaupt nicht gab. Löw hat einen Plan, damals gab es keinen. Es war hanebüchen, was bei uns abgelaufen ist. Eine Truppe wie bei einer Kirmes.

Sagt Markus Babbel, und der muss es schließlich wissen. Weil er dabei war, als die Nationalmannschaft einen der ersten Tiefpunkte vor dem nächsten erreichte: die EM 2000 in Botswana und Holland. Ein peinlicher Auftritt, in jeglicher Hinsicht. Babbel lässt sich mit Didi Hamann von der FOTO-Zeitung beim Saufen in Köln erwischen. Oliver Bierhoff, damals noch oder schon oder zwischendurch Mannschaftskapitän, verletzt sich beim einzigen öffentlichen Training schwer an der Krawatte und muss sofort von einem Helikopter in eine Krawatten-Rettungsklinik in Colorado, USA, geflogen werden. Oliver Kahn ist während des gesamten Turniers, der einzige, der mitspielt, neben Mehmet Scholl natürlich, der aber wieder mal beweist, dass Oliver Kahn unrecht hat: „Musse alleine de Spiel gewinne“ geht eben nicht, wenn man neben sich nur Gurken, Kroepoek und anderes genmanipuliertes Gemüse rumstehen hat. Zumindest wenn — so ehrlich darf man sein — da kein Trainer steht, der das Gemüse nicht wenigstens auf die höchste Stufe der Mikrowelle richtig eingestellt hat.

Einem peinlichen 1:1 gegen Balkan folgt ein noch peinlicheres 0:1 gegen England, und diesmal war es gar nicht Oliver Kahn, der in dem entscheidenden, großen Spiel gepatzt hatte (der Druck, unmenschlicher (man sollte eine Extra-Fußnote für diesen Ausdruck anlegen, auf dass man immer auf diese Fußnote verlinken kann, wenn nötig)), sondern der Rest der Gurkentruppe. Die erste Turnier-Spiel-Niederlage gegen England seit 36 Jahren und wer war schuld? Natürlich Kokolores-Ribbeck. Dem hätte man aber nicht mal eine Homegrow-, sack- und Baumarkttruppe anvertrauen dürfen zu dieser Zeit. Weshalb fraglich bleibt, wieso Babbel, Nowotny und Scholl und Co. auf dem Platz nicht einfach gemacht haben, was sie wollten: Hätte der olle subjektiv-objektive Ribbeck doch eh nicht gemerkt, wenn sie ihre Positionen verlassen hätten. Er hätte vielleicht einmal kurz versucht zu pfeifen, auf dem Unterarm, wie es ansonsten Rehhagel immer tut. Da das Getute (Delling -1) in Stadien aber ohnehin immer so laut ist, dass niemand ernsthaft ein Gepfeife (auf dem Unterarm) von der Bank hören würde, hätten alle einfach so tun können, dass sie nichts hören und sich nachher beim Feiern über den Gewinn des Coupe-Joules-Flambiert einen in den nicht vorhanden Trainer lachen können, dass sie trotz ihres Trainers Weltmeister geworden wären. Nach amerikanischen Maßstäben jedenfalls.

Insofern ein Armutszeugnis für die Truppe von 2000. Die Truppe von 1996 gewann schließlich auch trotz Trainer.

6 Kommentare

Füße aus Malta, Kopp aus Essen

Da der Völler-Bierhoff-Disput immer weiter schwelt, rufen wir uns noch einmal in Erinnerung (und wer es nicht glauben kann, sollte die Statistik bemühen): 1998 wurde Oliver Bierhoff in der italienischen Serie A Torschützenkönig, noch vor einem gewissen Ronaldo Luís Nazário de Lima. (Die Ausrufezeichen, die man hier setzen müsste, verbieten der gute Geschmack und die Huldigung an die Lesbarkeit von Texten, der hier häufig nachzugehen versucht wird.)

Füße aus Malta, aber einen Kopp aus Essen.

2 Kommentare

Das Hui Buh des Bundesliga-Fußballs

Jenes „Who is Who“ findet sich in der Geschichte von Bayer Uerdingen. In der Geschichte des KFC Uerdingen jedenfalls findet es sich nicht. Wenn man aber liest, wer alles schon bei Bayer Uerdingen spielte, bevor es ihn zu größeren Vereinen zog, dann kann man schon eine ordentliche Bundesliga-Elf zusammenstellen (und die weniger bekannten Namen sind jetzt noch rausgestrichen):

Oliver Bierhoff
Rudi Bommer
Manfred Burgsmüller
Stéphane Chapuisat
Bernd Dreher
Holger Fach
Wolfgang Funkel
Friedhelm Funkel
Sergej Gorlukowitsch
Jan Heintze
Siegfried Held
Matthias Herget
Simon Jentzsch
Stefan Kuntz
Brian Laudrup
Marek Lesniak
Erik Meijer
Stephan Paßlack
Wolfgang Rolff
Wolfgang Schäfer
Ludger van de Loo
Marcel Witeczek
Claus-Dieter Wollitz

Herausstechend natürlich: Brian Laudrup und Stephane Chapuisat. Aber auch mit dem anderen Gemüse hätte man zur jeweiligen Zeit durchaus etwas reißen können. Wer wusste schon, dass Stefan Kuntz mal in Uerdingen spielte, von Manfred Burgsmüller ganz zu schweigen?

Grundsätzlich wäre das nicht erwähnenswert: Wer hat nicht schon alles bei Bayern München gespielt? Mindestens das Hans Clarin des Bundesligafußballs. Wer hat nicht schon alles bei Borussia Mönchengladbach gespielt? Eine ganze Menge fähiger Leute, würde man meinen und läge damit nicht falsch.

Im Falle von Bayer Uerdingen ist es aber erwähnenswert ist, weil Bayer Uerdingen nie über den Status der kleinen Stiefschwester von Bayer Leverkusen hinauskam. Und ja, ich weiß, dass früher beide Vereine gleichberechtigt nebeneinander existierten und auch mit ähnlich hohen Beträgen vom Konzern gefördert wurden. Dass Uerdingen aber neben einem Pokalsieg nur diverse Aufstiege in seiner Erfolgsliste aufführen kann, sagt doch alles, wenn nicht noch mehr.

7 Kommentare

Bierhoffs Fehlkalkulation

Da braut Oliver Bierhoff extra sein ganz besonderes Süppchen mit Bitburger zusammen, um Bolzplätze in Deutschland zu renovieren, und dann machen die faulen Eltern der Zielgruppe diese Bemühungen zunichte, wie die Cellesche Zeitung von einem Nachbarschaftsstreit um in einem Hinterhof Fußball spielende Kinder berichtet:

„‚Ich habe kein Problem mit Kindern, sondern damit, dass auf dem Hof Fußball gespielt wird‘, sagt er. Er könne nicht verstehen, warum die Jungen unbedingt vor dem Haus spielen müssten, wo es doch in etwa 100 Metern Entfernung extra einen Bolzplatz gebe. ‚Die Eltern sind einfach zu faul, mit ihren Kindern dorthin zu gehen‘, empört er sich.“

2 Kommentare

Ich Roque

Ich würde gerne ausführlich über „Ich Roque“ Santa Cruz schreiben. Doch leider hat sich mit diesen paar Buchstaben schon alles erschöpft, was er verdient hätte.

Einzig, dass Ottmar Hitzfeld bezüglich Roque so zitiert wird, dass dieser „sein Potenzial noch nicht ausgeschöpft hat“, sollte man hinzufügen. Möglicherweise hat Hitzfeld ja auch recht: Roque, der große Fußballstar, nur wissen wir alle das noch nicht. Die Frage, wie jemand es sieben (!) Jahre lang schafft, sein Talent (oder möglicherweise sogar seine Fähigkeiten) so geschickt zu verschleiern, dass nur Hitzfeld diese sehen kann, darf uns allerdings schon in Erstaunen versetzen. Nun ist Roque-Bashing noch billiger als Kahn-Bashing, man kann hier eine lange Liste von Spielern oder Trainern oder Managern oder Sportdirektoren anlegen, auf denen immer alle rumhacken, witziger oder lesenswerter wird es dadurch trotzdem nicht:

Roque („Ich“) himself, David Jarolim, Lukas Podolski, seit er bei den Bayern spielt, Thomas Strunz, Dieter Hoeneß, Holger Fach, Marco Pantelic, Peter (jaja) Neururer, Carsten Ramelow, Oliver Bierhoff und neuerdings auch Lars Ricken.

Es gibt so viele am Fußball Beteiligte, die nie ein gutes Haar an sich wachsen sehen, weil eben keiner ein solches an ihnen lässt. Ob das immer gerechtfertigt ist, wage ich in den meisten Fällen nicht zu beurteilen. Bei („Ich“) Roque sind die Verhältnisse allerdings so klar wie ich den Nachthimmel über der Antarktis wähne: Vollkommen überschätzt, und das inzwischen fast seit Jahrzehnten. So kann man natürlich auch Rekordmeisterspieler der Bundesliga werden. Einfach immer auf der Bank sitzen, 15-20 Spiele pro Saison als Einwechselspieler haben und früher oder später Mehmet Scholl mit seinen 8 Titeln als Rekordmeisterspieler ablösen.

Ich würde noch nicht mal annehmen, dass Roque sich wirklich daran störte. Er hat schon 50% der Zeit seiner Karriere im Hinterstüberl der Showbühne verbracht, warum sollte er das alles plötzlich anders sehen? Nun, er tut es offenbar, was mir nicht ganz verständlich ist: Woher dieser plötzliche Sinneswandel, wenn er schon vor fünf Jahren hätte wechseln sollen?

3 Kommentare

Wortmann. Ein Schlummerlied

Hatte ich ursprünglich noch ein wenig Angst verspürt, mir das Wiedererleben des Halbfinalaus bei der WM anzutun, muss ich jetzt zugeben, dass alle Angst völlig unbegründet war.

Der Film von Wortmann, den ich gestern Abend erst sah, versprüht ungefähr so viel Emotionalität und bewirkt Anteilnahme wie die Aufkleber auf den Mülleimern der Stadt, die darum bitten, Abfall doch bitte dorthinein zu werfen.

Die ersten 50-60 Minuten plätschern so dahin; man fragt sich, warum es je eine Diskussion über ein paar offensichtlich angebrachte Fitnessübungen gegeben haben kann und muss gleichzeitig konstatieren, dass es in deutschen Medienlanden immer noch ziemlich einfach ist, einen Aufhänger zu finden, um sich über irgendetwas lustig zu machen. Sicher, es gibt wohl keine Großstadt in Deutschland, in der nicht eine Kneipe namens „Oberbayern“ steht, und trotzdem existiert die Republik noch.

Die ersten 50-60 Minuten plätschern so dahin und Neues erfährt man überhaupt nichts. Könnte daran liegen, dass ich dummerweise vor dem Kinogang bereits den Trailer zum Film sah, der eigentlich alles Wesentliche erzählt: Arne Friedrich hat Geburtstag, Lukas Podolski kann weder sprechen noch einen klaren Gedanken äußern (was aber als Fußball-Stürmer auch selten förderlich war, siehe Uwe Seeler, Gerd Müller oder Fritz Walter, der Jüngere), Schweinsteiger ist der legitime Nachfolger Sepp Maiers in der Nationalmannschaft und „Metze“lder war nicht beim Bund. So weit, so langweilig.

Gegen Ende der Dokumentation nimmt das Ganze dann doch noch mal Fahrt auf, was aber auch nur daran liegt, dass durch den Charakter der Playoff-Spiele jederzeit das Aus droht. Das kommt bekanntlicherweise auch irgendwann. Einzig wirklich prägnante Szene ist jene, in der vor Einlauf der deutschen und der italienischen Mannschaft ins Westfalenstadion ein paar deutsche Spieler auf ihre Gegner gemünzt rufen: „Die haben Angst! Die haben Angst!“, was eine sonore Stimme eines italienischen Betreuers auf deutsch mit den Worten „Wir haben keine Angst.“ beantwortet. Daraufhin schaut Philipp Lahm völlig verstört in Richtung Kamera, bevor er ins Stadion einläuft. Ich möchte den Film nicht auf diese eine Szene reduzieren, es gab sicher noch mehr Atmosphärisches zu sehen: Frings im Bild nach seiner Sperre, die Diskussion der Frage, ob Berlin oder Stuttgart richtig seien, um sich von den Fans zu verabschieden (neben Lehmanns Widerworten in der Halbzeit des Italien-Spiels übrigens der einzige Moment, in dem der Film mal wenigstens einen Funken Authentizität vermittelt), der jubelnde Andy Köpke nach dem 1:0 gegen Polen, Borowski, wie er von seinen Gefühlen beim Fußballspielen in großen Stadien spricht.

Schließlich und endlich aber sieht man hier das Leid eines Fußballprofis ausgedehnt auf 110 Minuten: Langeweile, Langeweile, Langeweile. Ein bißchen Fußball spielen, sich bejubeln lassen, das auch mal genießen. Dann wieder Langeweile, Langeweile, Langeweile. Warum es Oliver Bierhoff so wichtig war, dass die Jungs auch mal „von ihren Zimmern runter kommen“, nur um dann so hochtrabende Dinge zu tun wie Playstation zu spielen, zu darten oder Bogenschießen zu üben, hat sich mir nicht erschlossen. Teamgeist bilden, klar. Aber muss man dafür unbedingt drei überdachte Zelte in einem Hotelgarten aufstellen? Okay, das war früher anders. 1974 — und somit vier nicht nur gefühlte, sondern echte Dekaden vor der WM 2006 — mussten die Spieler noch in einer Art Internierungslager hocken, in dem es außer Strom und fließendem Wasser keine Annehmlichkeiten gab.

Inzwischen ist man weiter mit der Psychologie, deshalb ist Derartiges nicht mehr sinnvoll. Warum ich aber extra ins Kino gehen muss, um Oliver Bierhoff über Playstation-Zock-Möglichkeiten dozieren zu hören, oder um Angela Merkel ein miserabel ausgesprochenes und miserabel passendes „Good Luck!“, welches Podolski („Translator, Translator!“) eh nicht verstanden haben kann, wünschen zu hören, weiß ich leider nicht. Negativ übertroffen wird das Ganze nur noch von Horst Köhlers grinsender Visage, mit der er nach dem Halbfinalaus durch die deutsche Kabine schlurcht und alle Spieler beglückwunscht. Dieser Mann macht aber auch wirklich alles falsch, was man falsch machen kann, insofern — da ich dieses Urteil schon vorher gefällt hatte — auch nichts Neues.

Von der viel zitierten guruhaften Einpeitscherei sehe ich ebenfalls nichts. Auch nicht davon, dass sich ein Jürgen Klinsmann (schrob ich gerade „ein Jürgen Klinsmann“? Schriftführer, bitte streichen sie das „ein“) nach seiner einen WM als Teamchef schon verbraucht haben könnte. Weder ist Klinsmann ein begnadeter Rhetoriker, den die Massen sofort auf den Diktatorenstuhl heben würden, wenn er seine Künste in den diversen Bierkellern dieser Stadt ausübte, noch ist das, was er da so schwadroniert, für eine Fußballkabine so ungewöhnlich, dass man diesen Sermon nicht noch länger hören könnte — zumindest als Fußballer in dieser Kabine. Als Zuschauer möchte man das natürlich nicht länger ertragen, weil es schon irgendwie peinlich wirkt. Nichtsdestotrotz redet man doch so schon seit jeher in Fußballerkabinen: Dass man konzentriert sein soll, diszipliniert, aber gleichzeitig auch aggressiv und in letzter Konsequenz den „Gegner weghauen“ soll. Was ist daran neu? Was ist daran Guru-haft?

Dass Klinsmanns Methoden neu sind, sonst wäre ein Bernd Schneider nicht noch Monate nach der WM vollkommen angefixt und in Bestform, ist unbestritten, wird aber im Film — gesehen im Oktober 2006 — nicht mehr deutlich. Darin liegt wohl Klinsmanns Verdienst: Dass man Besprechungen des Gegners durch Urs Siegenthaler, Taktikbesprechungen mit Jogi Löw, Fitnesstrainings mit Mark Verstegen und für gute Laune sorgende Spielerfrauen und Geburtstagsfeiern als selbstverständlich hinnimmt.

Es ist einfach ermüdend, dass die wenigen Spielszenen und die noch wenigeren Fanszenen nicht dazu geneigt sind, den Zuschauer mitzunehmen; dass das Ganze eben nur ein Dokumentar- und kein Spielfilm ist. Ich bin selbst schuld, ich hatte das „Dokumentar-“ irgendwie aus meinen Erwartungen gestrichen.

In erster Linie macht der Film klar, wie rückständig Rudi Völler und Erich Ribbeck waren. Somit dann doch sehenswert: als Zeitdokument. Beim nächsten Film, der mir glorreiche Einsichten in Fußballerkabinen und in den Teamzusammenhalt verspricht, warte ich aber auf den Sendetermin im Fernsehen.

5 Kommentare

Mit Jürgen ist nicht gut Kirschen essen — mit Olli schon

Dass Jürgen wahrlich kein schlapper Urlauber ist oder gar ein netter Herr, den ja noch nicht mal der Rudi 24h am Tag schafft, wissen wir alle, spätestens seit dem Film „Deutschland — ein Sommermärchen“. Dass wir das aber auch gewusst hätten, wenn es den Film nicht gegeben hätte, erzählt uns diese Anekdote vom Training vor dem Länderspiel in Nordirland.

„Kurz vorm Confed-Cup gab es ein Länderspiel in Belfast gegen Nordirland, und da lag so ein Ball. Und wenn da so ein Ball liegt, da fällt es mir schwer, den einfach so liegen zu lassen. Und dann habe ich ein bisschen mit Oliver Bierhoff hin und her gekickt und dann abends erfahren, dass Jürgen das gar nicht gut fand.“

wird Sönke Wortmann zitiert und man muss doch sehr bitten. Es geht nicht an, dass einfach ein dahergelaufener Filmfuzzi die auf WM-Mission befindlichen Kicker beim Training vor einem Testspiel stört, indem er mit demselben ständigen Plöp-plöp nervt, das man neben einem Tennisplatz stehend hört. Da kann sich wahrlich kein Mensch konzentrieren und fast hätte unser Sönke Wortmann durch diese Gedankenlosigkeit noch das ganze Projekt gefährdet. Seinen Film meine ich jetzt, nicht das Projekt „WM-Titel“. Aber da haben wir noch mal Glück gehabt. Abends hatte Klinsmann sich schon wieder abgeregt und Sönke die Nachricht zukommen lassen, dass er in keinster Weise daran gedacht habe, das Filmprojekt abzusagen. Nur beim nächsten Mal solle er, Sönke, doch bitte Jürgen auch mitspielen lassen.

Einen Kommentar hinterlassen

Sönke

Mit dem Erreichen des Halbfinals wird es auch wahrscheinlicher, dass Sönkes bislang knapp 50 Stunden Filmmaterial zu einem Kinofilm verwurstet werden werden und nicht im Mülleimer landen. Da bin ich froh, denn so kriegen wir noch mal die Schlägerei nach dem Elfmeterschießen gegen Argentinien aus der Perspektive der Beteiligten zu sehen.

Auch wenn’s dann wahrscheinlich nicht mehr so brennend interessiert wie jetzt.

Im Moment ist noch in der Schwebe, wie die FIFA über Frings urteilen wird, im Gegensatz zu Mertesackers Weichteilen, die offensichtlich keinen größeren Schaden genommen haben.

Wie aber ausgerechnet Gute-Leute-Sohn Oliver Bierhoff sich ins Getümmel warf, um seine Spieler zu schützen, ringt mir Respekt ab. Ist aber wahrscheinlich ohnehin gut versichert, der Bengel mit der adretten Frisur.

Dass man auch mit 60 noch topfit sein kann, bewies Teamarzt Dr. Müller-Wohlfahrt mit seinem Sprint zum sich balgenden Knäuel. Kein Wunder bei ihm, wahrscheinlich nutzt er seine eigenen Wundermittel.

[photopress:profelan.jpg,full,centered]

Mehr über den geschäftstüchtigen Münchner Arzt gibt es bei der ZEIT.

3 Kommentare

Ohne Bithoff fahrn wir nach Berlin

Jetzt ist endlich klar, warum die deutsche Nationalmannschaft im Spiel meist viel überzeugender auftritt als es die Trainingskiebitze von den Trainingseinheiten berichten: Oliver Bierhoff, der im Training manchmal noch dabei ist, spielt bei den Spielen nicht mit.

Einen Kommentar hinterlassen

Luxemburg also – II

Ich hatte schon davon gesprochen. Luxemburg wird der Gegner für das zusätzliche Testspiel der Deutschen, Liechtenstein war ebenfalls im Gespräch. Zum selben Thema äußert sich jemand in der FR. Dem Urheber dieses Beitrags, in welchem die deutschen Kantersiege der letzten Jahre gegen Liechtenstein und Luxemburg aufgezählt werden, scheint aber etwas durchgegangen zu sein: Liechtenstein ist im Gegensatz zu Luxemburg kein Kanonenfutter mehr.

Deshalb hat Oliver Bierhoff ja auch Luxemburg für das zusätzliche Testspiel der Deutschen ausgewählt und nicht Liechtenstein.

Die Liechtensteiner Ergebnisse in der WM-Qualifikation 2006 verdeutlichen dies:

18.08.2004 Liechtenstein – Estland 1:2 (0:1)
08.09.2004 Slowakei – Liechtenstein 7:0 (2:0)
09.10.2004 Liechtenstein – Portugal 2:2 (0:2)
13.10.2004 Luxemburg – Liechtenstein 0:4 (0:2)
17.11.2004 Liechtenstein – Lettland 1:3 (1:1)
26.03.2005 Liechtenstein – Russland 1:2 (1:2)
04.06.2005 Estland – Liechtenstein 2:0 (1:0)
08.06.2005 Lettland – Liechtenstein 1:0 (1:0)
17.08.2005 Liechtenstein – Slowakei 0:0 (0:0)
03.09.2005 Russland – Liechtenstein 2:0 (1:0)
07.09.2005 Liechtenstein – Luxemburg 3:0 (1:0)
08.10.2005 Portugal – Liechtenstein 2:1 (0:1)

Eine einzige Klatsche ist mit dem 0:7 gegen die Slowakei dabei, was die Liechtensteiner aber nicht daran hinderte, sich im Rückspiel gegen eben jene Slowaken mit einem 0:0 einen Punkt zu sichern. Überhaupt verloren sie nur vier (!) von zwölf Partien gegen so Gegner wie Russland, Portugal oder die Slowakei mit mehr als einem Tor Unterschied. Gleichzeitig ließen sie Luxemburg mit insgesamt 7:0 Toren (Grüße an Jeff Strasser) bei zwei Siegen in zwei Partien reichlich alt aussehen.

Ich verstehe nicht, warum Journalisten unfähig sind, aktuelle Ereignisse in ihr von Klischees scheinbar nur so vollgestopftes Hirn einzubauen. Liechtenstein ist sicher ein „Kleiner“, um mal auf den Einwurf von Anita Bezug zu nehmen, aber genauso sicher kein Kanonenfutter mehr.

9 Kommentare

Luxemburg also

Nach dem 1:4 in Italien riefen alle nach einem weiteren Testspielgegner, da die deutsche Mannschaft noch unter Wettkampfbedingungen üben müsse. Olli Bierhoff hörte auf diese Stimmen und besorgte noch einen weiteren Gegner: Luxemburg.

Da kann man auch gegen den FV Luckenwalde statt 2×30 Minuten 2×45 Minuten antreten, der „Wettkampfcharakter“ wäre ähnlich.

Einen Kommentar hinterlassen