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Schlagwort: Trikot

Spanish East German Blue Eyes

Wir haben hier schon darüber diskutiert, warum denn die Azzurri traditionell in Blau spielen. Warum Deutschland, später West-Deutschland und später wieder Deutschland in Weiß spielt, ist zumindest in diesem Blog noch nicht geklärt worden, der Guardian liefert aber schon mal die Antwort darauf, warum die „DDR“ in Blau spielte:

„The answer almost certainly lies in the fact that the shirts of the East German youth movement, the so-called ‚Free German Youth (FDJ)‘ were also blue,“ said Donald Phillips. „When sport started in post-war East Germany, it was under the auspices of the FDJ,“ he continued. „The colour of the FDJ shirts was in turn chosen as a neutral response – as opposed to the red-brown shirts of the Hitler youth. The FDJ was, of course, the youth arm of the governing party of East Germany, the Socialist Unity party, formed by the remnants of the pre-Nazi era German Communist Party and SPD.“

Donald went on to say that during one match the head of the Stasi, Erich Mielke, who was watching in the directors‘ box, was told off by the East German trainer for griping about the referee. „Shut up and sit down,“ he was told, „you know nothing about football.“ Mr Mielke, bless his ideological red socks, responded with: „It’s a free country, I‘m entitled to my opinion.“

Jetzt wissen wir, warum die DDR in Blau spielte. Sollte einer meiner Leser eventuell des Englischen nicht mächtig sein, bin ich gerne bereit, das Zitat in astreinstes Deutsch zu übersetzen. Wer den Text hingegen schon im Original begreift, möge das bitte in den Kommentaren angeben. Ich arbeite schließlich an meiner Dissertation „A time to make friends: The post-modern Germany and its knowledge of English as the soccer language in the year 2006.“

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„Wir müssen reden“

Wer hat sie noch nicht gehört, die berühmten Worte der Partnerin/des Partners. „Wir müssen reden.“ Dabei sagt dieser Satz doch das genaue Gegenteil dessen, was die Worte vermitteln sollen. Wir müssen eben nicht mehr reden. Doch, ok, das eine Mal noch. Das eine letzte Mal. Aber eigentlich ist auch das schon überflüssig. Wer den Satz „Wir müssen reden.“ vernimmt, dessen Urteil ist schon längst gefällt. Es wird ihm mehr oder weniger schonend verkündet, um in Revision zu gehen, ist es aber schon längst zu spät.

Schlimmer noch ist, dass meist das soziale Umfeld eher über das Urteil informiert ist als der Verurteilte selbst. Das geschieht selten aus böser Absicht, sondern dient dazu, sich zu vergewissern, dass der Scheidende in seinem Urteil richtig liegt, dass auch das soziale Umfeld diese Entscheidung begrüßt oder zumindest mitträgt und für richtig hält. Der Verurteilte wird also auch noch doppelt gedemütigt: einmal durch das Urteil, zum anderen dadurch, dass er später mitkriegt, dass alle schon wussten, was passieren wird außer ihm — der, um den es doch eigentlich in diesem Urteil geht.

Und während ich hier mal wieder in den Diskurs mit mir verfalle, dräut dem einen oder anderen Leser womöglich bereits, um wen es hier eigentlich geht: Christian Wörns.

Ich muss zugeben, vor einigen Tagen noch fand ich sein Gejammer nur peinlich, hab mich ein wenig innerlich aufgeregt über seine Wehleidigkeit und dachte, dass er wirklich überreagiert. Inzwischen hat sich das gewandelt und er tut mir leid. Ich meine kein spöttisches Mitleid, welches man eigentlich oft meint, wenn man sagt, dass einem jemand leid tut. Ich meine echte Empathie, ich leide ein wenig mit ihm.

Jetzt las ich, dass er für gestern Abend mit Jürgen Klinsmann in Düsseldorf verabredet war. Und ich kann mir genau vorstellen, wie er sich gefühlt hat, als er den Termin dafür ausgemacht hat, alle Vorbereitungen getroffen hat, andere Termine verlegt hat, extra seine Frau (die ihn begleiten wollte) vorher noch mal zum Friseur geschickt hat. Ich kann mir vorstellen, wie in seinem Herzen, na, sagen wir in seinem Hirn noch einmal diese Flamme aufloderte, der Wunsch, doch bitte, bitte bei der WM dabei zu sein und dass die Verschmähung durch den Angebeteten doch nicht wahr sein kann.

Ein Fünkchen Hoffnung blitzte ein letztes Mal auf. Doch tief in seinem Inneren wusste er natürlich, dass das Urteil schon gefällt war. Er hätte sich allerdings noch einmal zum Idioten gemacht, noch einmal versucht, die Bald-Ex umzustimmen, wo nichts mehr umzustimmen ist.

Hatte sich womöglich gute Argumente für den Abend zurechtgelegt, alle eventuellen Reaktionen des Gegenübers schon im Vorhinein durchgedacht und auch eine jeweils passende Reaktion vorbereitet, wäre sich auch nicht zu schade gewesen, Fehler einzugestehen, gar um Verzeihung zu bitten und Besserung zu geloben, all diese Fehler, die zur Trennung geführt haben, nicht wieder zu begehen.

Vielleicht hatte er sich gar ausgemalt, wie er dann am Dienstag plötzlich doch noch in den Kader berufen wird, wie er sich das weiße Trikot am nächsten Mittwoch hätte überstreifen dürfen. So, wie man es sich in seinen Träumen wünscht, wenn man zwar weiß, dass es vorbei ist, es sich aber nicht eingestehen kann, obwohl man es doch so genau spürt.

Als er mit Klinsmann dann vor dem Termin per Telefon über das anstehende Treffen sprach, servierte der ihn eiskalt ab, wie jemand, der mit dem Aussprechen, dass es vorbei ist, schon mit der Sache abgeschlossen hat. Natürlich ist Klinsmann dabei so kalt und trotzdem höflich, wie jeder Ex es ist: Er würde sich auf das Gespräch mit Wörns freuen, aber an seiner Entscheidung würde es nichts ändern.

Da brach innerlich eine Welt für Wörns zusammen. Er hatte diese letzte Hoffnung, das Gespräch, zu dem er all seine Reserven und all seinen Mut zusammengekratzt hatte, würde noch mal etwas ändern können. Puff. Erloschen, die Hoffnung. Am Telefon wird er noch recht gefasst gewesen sein, sein Gehirn hat aber noch so weit funktioniert, dass er das Treffen daraufhin, nach der Kenntnisnahme der absoluten Chancenlosigkeit seines Anliegens, abgesagt hat.

Erst kommt der Schock, man spürt nix.

Je nach Schwere der Nachricht dauert es zwischen vielleicht zwei Minuten oder ein paar Monaten, bis der Schock nachlässt. Nein, kein physischer Schock, aber ein emotionaler, möglicherweise auch eine leichte Traumatisierung.

Klinsmann hatte also aufgelegt, Wörns hielt das Handy noch in der Hand. Seine Frau wird neben ihm im Auto gesessen habe, er hatte sie gerade vom Friseur abgeholt. Sie musste nichts fragen, seine Reaktion, sein Gesichtsausdruck wird alles verraten haben.

Von außen sieht man immer klarer, natürlich wissen wir alle, dass Wörns keine Chance mehr hatte. Das bedeutet aber nicht, dass er selbst das auch wusste. Oder glauben wollte. Er wird jetzt diese Leere haben. Kann die Nummer von Klinsmann aus seinem Handy löschen. Kann die Nummer des DFB aus seinem Handy löschen. Kann nach Hause fahren und die alten Fotos von der WM 1998 anschauen, vom Confed-Cup 1999, kann sich die Bilder anschauen, die ihn noch mit Jürgen gemeinsam in einer Mannschaft zeigen.

Er kann sie verbrennen, er kann sie zerreißen, aber er wird das Gefühl der Leere nicht los, das alsbald der Enttäuschung weichen wird. Darauf folgt die Wut.

Und nach 13 Jahren Beziehung mit der Nationalmannschaft so abserviert zu werden — es ist vielleicht das Beste, was ihm passieren konnte. So wird er genug Wut ansammeln können, auf dass er nicht in der Schockstarre verharrt.

13 Jahre nach einem kurzen Telefonat zu Ende.

Ich möchte gestern Abend nicht im Hause Wörns gewohnt haben müssen und ich möchte auch nicht mit Christian Wörns tauschen. Wie gesagt: Mitgefühl, nicht spöttelndes Mitleid.

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Azzurro

Die Frage kam letztens in den Kommentaren auf, noch hat sich niemand dazu geäußert, deshalb stell ich das hier noch mal als eigenen Beitrag ein.

Weiß jemand, warum die Farbe der Trikots der italienischen Mannschaft Blau ist?

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Bist du ein guter Christ?

Heutzutage trägt ja fast jeder eins, also sollte man auch die Sache mit den Fußballtrikots mal aus anderer Warte beleuchten. Nur weil man ein Trikot trägt, ist man noch lange kein Fußballspieler. Und nur weil man eine Uniform trägt, ist man noch lange kein Polizist. Und nur weil ich hier blogge, bin ich noch lange kein Blogger.

Und nur weil einer dummschwätzt, ist er noch lange kein Kaiser.

Ad lib in den Kommentaren.

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Die letzte Bastion ist gefallen

Aus der Rubrik „Nicht ganz neu, trotzdem erwähnenswert“:

Dass der Fußball und besonders die -weltmeisterschaft zunehmend kommerzialisiert werden, dürfte selbst dem Uninteressierten angesichts der medialen Dauerbeschallung mit dem heraufziehenden Ereignis zwangsläufig nicht entgangen sein.

Bis heute gab es im Profifußball aber immer noch eine Insel der Verweigerung: der FC Barcelona, mit über 100.000 Mitgliedern „mas que un club“, also mehr als nur ein Fußballklub, eine Institution, sozusagen der lebendige Ausdruck katalonischer Identität hatte sich seit jeher den Luxus gegönnt, auf einen Trikotsponsor zu verzichten. Wie gesagt, die letzte Bastion.

Seit Kurzem ist auch das Vergangenheit und der FC Barcelona wird ebenfalls auf seinem Trikot Werbung machen. Ohnehin war das nur eine halbgare Verweigerung gewesen, denn das Logo von Ausrüster Nike prangte natürlich trotzdem schon seit Jahren auf dem Trikot. Eine kleine Träne dürfen wir uns trotzdem heimlich aus dem Auge wischen, wenn die letzten lieb gewonnenen Besonderheiten im Profisport auf dem Altar des Mammons geopfert werden.

[Sozialromantik off]

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Wenn ein Dummschwätzer eine Reise tut (I)

„In der Öffentlichkeit wird er es wohl nicht tragen.“

sagte der Dummschwätzer bei der Überreichung eines Trikots der deutschen Nationalmannschaft an den Kronprinzen der Niederlande.

Der Dummschwätzer ist zu seinen Reisen gestartet, bei denen er alle 31 WM-Teilnehmer besuchen will. Haben wir also erst mal Ruhe vor ihm?

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