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YB, das Schweizer Schalke in schwarz-gelb

„Ieehh-Bähh“ spricht man die Abkürzung „YB“ aus. Was kleine Kinder sagen, wenn sie sich ekeln, ist in Bern Ausdruck der Liebe zum erfolgreichsten lokalen Fußballverein, dem BSC Young Boys. Stimmt nicht ganz, denn natürlich ist das „I“ im „YB“ kurz und betont, das Bääh wird eher ausgespuckt.

Dass der Verein in einem Stadion zu Hause ist, in dem — zumindest der später entstandenen Legende nach — das Selbstbewusstsein der BRD seine Wiedergeburt erfuhr, macht es überflüssig, viele Worte zum Wankdorfstadion zu verlieren. Allerdings wurde das alte, 1925 errichtete Stadion 2001 abgerissen. Mit den 31.120 Plätzen im neuen „Stade de Suisse“ an selber Stelle verfügt die Bundesstadt Bern über das zweitgrößte Stadion der Schweiz.

Darin spielen in schwarz-gelb gewandete Spieler, deren geschicktester in der Vergangenheit Stephane Chapuisat war. Zumindest wenn man den Fans glauben darf, die ihn zum besten Spieler aller Zeiten des BSC Young Boys wählten.

Warum nun ist YB das Schweizer Schalke in schwarz-gelb/gelb-schwarz?

Weil man hier zwar auf eine sogar noch erfolgreichere Vergangenheit zurückblicken kann. 11x wurde man Landesmeister, mit einer Hochphase in den 1960ern, 6x gewann mal den nationalen Pokal. Doch seit 1987, als der letzte Pokalsieg eingestrichen wurde, ist Ebbe an jenen Stellen in den Kalendern der YB-Fans, die dafür da sind, sich Termine für Meisterfeiern und Pokalübergaben zu notieren.

Fast 30 Jahre keinen Titel und zwischendurch — ebenso wie Schalke — sogar mal abgestiegen und das nicht nur ein Mal. Ebenso wie Schalke inzwischen aber in der höchsten Spielklasse des Landes stabilisiert und mit einer der größten Fanschaft sowohl in reiner Anzahl als auch in den Punkten Treue und Ergebenheit beschenkt. Ebenso wie Schalke hat man ein recht neues Stadion, wie Schalke spielt man auch immer oben mit und genauso wie für Schalke reicht es dann auch schon mal am letzten Spieltag doch nicht zur Meisterschaft, woraus man schöne Legenden stricken kann und es auch tut. Ähnlich wie Schalke hat YB zwei Rivalen in der Liga, welche finanziell aus einem noch etwas größeren Bottich schöpfen können.

Dennoch hat man in seiner Clubgeschichte eine ganze Reihe auch hierzulande bekannter Fußballer in seinen Reihen Kommen und Gehen sehen, sowohl auf dem Platz als an der Linie. Lars Lunde und Hakan Yakin auf dem Platz dürften bekannt sein, Gernot Rohr, Martin Andermatt oder Christian Gross an der Linie. Dazu mit Pal Csernai, Timo Konietzka und nicht zuletzt Albert Brülls auch Namen, die für die älteren Saisons unter den Lesern irgendwo in den Synapsen gespeichert sein dürften. Aber vielleicht sind ja auch die Namen interessanter, die nicht in hiesigen Landen bekannt sind, da möge man selbst stöbern.

Zudem besitzt der Club ein Museum seiner eigenen Geschichte und war damit lange Zeit der einzige in der Schweiz, der solches von sich sagen konnte. Heutzutage bleibt er damit der erste, welcher eine solche Einrichtung schuf. (Zum Schalker Museum hier entlang.) Nur die Farben, die sind eben nicht königsblau, sondern schwarz-gelb (oder gelb-schwarz).

Es gibt vielerlei Schrägpositives über den Verein zu berichten. Nicht zuletzt, dass eine Gruppierung gegen Rassismus einst in üblen Zeiten, genauer 1996, als die Kurve mit Rechten durchsetzt war, für eine Partie Trikotsponsor der Mannschaft wurde, mit dem Slogan „Gemeinsam gegen Rassismus“, mehr (und Bilder) dazu hier.

Und dann ist da noch die YB-Wurst. Hier lechzt man ja immer danach, dass nicht alle Klubs die gleichen Songs singen, das „Danke-Bitte-Spielchen“ machen oder schrottige Tormusik haben. Man fertigt sogar Sammlungen derartiger Besonderheiten an. Eine solche Besonderheit ist die YB-Wurst. Sie ist so besonders, dass wir der Erklärung bei der alten Tante lauschen:

Im alten Wankdorf wurden die Schweinswürstchen im Wasserdampf heiss gemacht. Die Nachfrage war jedoch so gross, dass die Verkäufer eine grössere, sättigendere Wurst anbieten wollten. Die Verantwortlichen trafen sich, um eine Lösung zu finden. In Lausanne wurden sie auf ein bestehendes Rezept aufmerksam. Die neue, im Wasser gekochte Wurst wurde übernommen und fortan als „YB-Wurst“ verkauft. Über die Jahre wurde die Wurst zu einem Kultsymbol in Bern. Es entstanden verschiedenste Fanartikel, ein eigener Fansong und sogar ein Fanclub, der sich nach der YB-Wurst benannte.

Eine Wurst mit einem eigenen Fanclub — das kann noch nicht mal der FC Schalke von sich behaupten! Eine solche YB-Wurst gibt es nun in aufblasbarer Form bei den organisierten YB-Fans zu bestellen.

Noch eine so calmund-positiv-bekloppte Besonderheit: Weil der letzte Titelgewinn mit dem Pokalsieg von 1987 kürzlich 25 Jahre her war und es seitdem nichts mehr zu feiern gab, organisierte man schlicht eine erneute Pokalfeier, um dieses Jubiläum zu begehen. Man lud Aktive von damals in ein Kino ein, zeigte bei YB-Wurst und Bier das Pokalfinale in kompletter Länge und hatte anschließend zusammen mit den Heroen jener Zeit, unter Anderem besagter Lars Lunde, dann doch mal wieder etwas zu feiern.

Achso, eigentlich das Spannendste: der Name des Vereins. Nun, 1898 existierte bereits ein FC Old Boys im nicht allzu weit entfernten Basel. Die Gründer von YB waren so angetan vom Fußballsport, dass sie ebenfalls einen solchen aus der Taufe hoben und diesen dann in Anlehnung wie Ablehnung der Vorbilder der Old Boys eben Young Boys nannten. Warum man die Abkürzung „YB“ aber „Iiih-Bäh“ ausspricht und nicht „Ypsilon-Bäh“, das konnte mir niemand erklären. Übrigens ist es weniger verwunderlich, dass die Clubs in einem Land, in dem man deutsch, französisch, italienisch und rätoromanisch spricht, einen englischen Namen auswählten. Es sind schließlich Fußballclubs und der Sport stammt aus England. In der Schweiz hat man auch viele Begriffe nicht eingedeutscht, aber damit erzählt man wohl niemandem der hier Mitlesenden etwas Neues. Man spricht von „Penalty“ oder „Corner“, und da passen Old Boys als Clubname doch ebenso gut zum Fußball wie Young Boys.

Zudem existiert eine tatsächlich lebendige und gelebte Fanfreundschaft der YB‘ler mit — halten Sie sich fest — dem SV Darmstadt 98. Die Geschichte, wie es dazu kam, wurde mir zwar angetragen, da ich aber über die Wahl des befreundeten Clubs so erstaunt war, war mein Hirn kurze Zeit nicht aufnahmefähig und man müsste dies also noch einmal nachlesen.

Gastfreundlich ist man bei den Young Boys übrigens außerordentlich. Nicht nur wird man von der Fanorganisation, die in der Halbzeit zu Hause ist, zu einer Lesung eingeladen, obwohl der Schweizer Fußball in den Texten gar nicht vorkommt. Man überreicht auch noch einen echten YB-Schal als Geschenk für den Lesenden. Somit existiert jetzt wohl auch eine Fanfreundschaft zwischen YB und Trainer Baade, zumindest seitens Letzterem.

Wenn Sie mal da sind, schauen Sie sich YB im Stadion an — kaum sonst irgendwo in der Schweiz ist die Fußballatmosphäre so fußballatmosphärisch wie in Bern. Gehen Sie aber vom Hauptbahnhof aus nicht über die Kornhausbrücke zu Fuß in Richtung Stadion, oder besser nur dann, wenn Sie schwindelfrei sind.

15 Kommentare

  1. Manfred Manfred

    Trainer, ich kann dir nicht ganz folgen: entweder zählen alle Titel oder nicht. Und Schalke hat nach 1958 sowohl den DFB-Pokal (4x) als auch den UEFA-Cup gewonnen. Wenn du also YB Bern dann mit dem letzten Pokalsieg 1987 hier hernimmst, dann bin ich verwirrt.
    Aber ein schöner Text, ich ziehe meinen imaginären Hut.
    Ich wüßt zudem den idealen Sponsor: ebay :)

  2. ahoi ahoi

    Die Tatsache, dass in der Schweiz mit die ältesten Klubs auf dem Kontinent existieren, liegt auch an deren Attraktivität für englische Internatsschüler, welche ihren Lieblingssport mitbrachten. Hierher dürften auch die Old Boys Basel ihren Namen haben (Old Boys -> Klub der Schulentlassenen) . long story short!

  3. Um den Sprachwirrwarr komplett zu machen, schlage ich mal folgende Begründung für die Aussprache „I“ statt „Üpsilon“ vor: in der Schweiz ist es wohl üblich, diesen Buchstabend wie im Französischen „i grec“ zu nennen (siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Y).

  4. Ihr bester Beitrag ever, geschätzter Trainer Baade!! ;)

    Y wird im Berndeutschen als langes I ausgesprochen. Darum heisst bspw. Christoph Spycher Christoph Schpiicher.

    Wie? Ja, selbstverständlich gibts auch ein Berndeutsches Wörterbuch. Fragen Sie ggf. rasch Herrn Guhgel.

  5. Danke für Eure Korrekturen.

    An erster Stelle natürlich Manfred, denn der FC Schalke hat bekanntlich unter meiner Anwesenheit erst vor wenigen Monaten einen Titel gewonnen – den darf man da nicht rausfallen lassen. Das so vergleichbar vergebliche Mühen um einen Meistertitel überstrahlte diesen Titel bei mir leider.

    Von mehreren Seiten kam jetzt auch der Hinweis, dass die Old Boys aus Basel waren, nicht aus Bern. Das wird jetzt korrigiert.

    Außerdem gibt es Zustimmung allerorten dazu, dass das Ypsilon vor Ort zwar eines ist, aber eben als ein I gesprochen wird, Danke hier besonders auch an den ortsfremden Gunnar.

    Zur Kornhausbrücke trägt man durchaus Fußballrelevantes aus der Zeit der EM 2008 nach:

    Die Kornhausbrücke sei seit der Euro 2008 zu holländischem Gebiet erklärt worden, auch wenn dies zwischenzeitlich von italienischer Hand bekämpft worden sei.

  6. Manfred Manfred

    Wenn die Zebras schon mit ‚Gimme 5′ anfangen… ;)

  7. Housi Housi

    Schöner Beitrag über den geilsten Klub der Welt.

    Nur etwas, das mich enorm stört, wir sind GELB-Schwarz, nicht Schwarz-Gelb. Riesiger Unterschied! Sonst fühlen sich plötzlich noch die Nachbarsfreunde von Königsblau mit uns verbunden – das wollen wir dann schon nicht. :)

  8. derGRAF derGRAF

    im Bericht wird leider das Verb veryoungboysen nicht erwähnt. Dieser Begriff ist mittlerweile schweizweit bekannt und steht für „Eine wichtige Chance oder Möglichkeit auslassen“ „Sicher geglaubte Erfolge wieder aus der Hand geben“ „In wichtigen Momenten versagen“

    Grüsse von einem FC Basel Fan :)

  9. „veryoungboysen“, sehr hübsch.
    Wenn mal wieder ein Trainerwechsel ansteht, dürfte ich dann vielleicht Hans-Jürgen Boysen empfehlen? ;-)

  10. El_Buro El_Buro

    Bei der Entstehung gilt es hinzuzufügen, dass YB von den Junioren des älteren FC Bern gegründet wurde, weil sich diese mit den älteren Spielern überworfen haben. Da die Old Boys zu dieser Zeit guten Fussball gespielt haben, wurden dessen Vereinsfarben übernommen. Der FC Bern wurde übrigens einmal Meister, aber der Titel wurde nachträglich aberkannt, da sie einen nicht lizenzierten Spieler eingesetzt haben. Seit den 80er ist der FC Bern in den Amateurbereich abgerutscht und ihr Stadion wurde mittlerweile von YB gekauft!!! YB hat also den Stadtrivalen gedemütigt, wie kaum ein anderer Verein in Europa!

  11. Sandrino Sandrino

    Wenn ich auch noch etwas Sprachliches bzw. Phonetisches nachtragen dürfte:
    Das „B“ wird im Berndeutschen nicht „Bähh“ ausgesprochen und ähnelt somit in keiner Weise dem lautmalerischen Ausdruck, den Kinder verwenden, wenn sie sich ekeln. Soviel Pedantismus muss sein. Wir YB-Fans müssen sonst schon Vieles ertragen… ;-)

    Klar hat es eine berndeutsche Färbung, aber am ehesten spricht man es ganz normal „Behh“ aus, das „e“ also wie z.B. in „Oh Weh“… Womit man dann wieder einen inhaltlich zur jüngeren Geschichte passenden lautmalerischen Vergleich hätte…

    Gruss aus Bern

  12. Sandrino Sandrino

    Nachtrag: …zur jüngeren Geschichte unseres Vereins passend, meinte ich natürlich eben.

  13. Sehr schöner Artikel! Weiß aber gerade nicht, ob ich mich als Schalker jetzt darüber freuen soll, dass es anscheinend so einen sympathischen Leidensgenossen gibt, der auf Zielgerade treffsicher eben genau nicht trifft… ;)

  14. Simon Simon

    Man spricht es iii Beee aus nichts mit Ä!

    Es ist der geilste Club der Welt wenn man Leidenschaft und Treue zeigen kann.

    Und im Gegensatz zum FC Basel (auf CH Deutsch FC Bisler) baut man auf Nachwuchs und kauft nicht die ganze Liga ein.

  15. Lars Lars

    Was sagen Sie heute? Wie kann YB in einem Jahr mehr Rekorde brechen als Basel in 8 Jahren Serienmeister aufgestellt hat…

    YB – Eine Liebe – Ewige Treue

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