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Grateful Jens — Now, I‘ve had the time of my life

Kurz bevor er seine Nationalmannschaftskarriere beenden wird — ein Abschiedsspiel wird er wohl noch bekommen — hören wir noch mal jenem Manne zu, den Klinsmann als besser als den Welttorhüter des Universums erachtete, womit er mir, uns und den Zeitungen eine lange Diskussion um die „T-Frage“ vor der WM ermöglichte. Eine schöne Zeit, in der man sich die Finger wund tippen konnte, wer warum besser ist und wieso. Apropos Zeit.

Wer ein bisschen Zeit mitbringt — die ja nicht nur ohnehin, sondern ganz besonders hierzulande sehr rar geworden ist — kann sich knappe 10 Minuten Mad Jens Lehmann anschauen, wie er auf englisch (nein, es heißt nicht „in englisch“) über die WM, das Elfmeterschießen gegen Argentinien, den Horst-Eckelesk-unvermeidlichen-Zettel und überhaupt parliert, wobei unbekannt bleibt, wer der Fragesteller eigentlich ist.

Leider nicht als Pottcast erhältlich, in dem Falle wäre es dann aber auch nur halb so interessant. Und trotz des hammerharten accents muss man sagen: so relatively guud englisch hat man schon lange keinen deutschen Fußballer (und wohl auch nicht Kanzler/in) sprechen hören. Was daran liegen könnte, dass PISA nicht lügt, wenn die schulische Ausbildung in Deutschland international nur als mittelmäßig betrachtet werden kann. Und ob jetzt Migrantenkinder, wie jene von Jens es für die Zeit bei Arsenal waren, haupt-ursächlich für das schlechte PISA-Ergebnis sind oder nicht: dieses schlechte Englisch ist immer noch das beste, was man seit Langem von einem deutschen Emmigranten auf einem Schirm oder sonstwo zu sehen bekam.

Achso, es geht übrigens um die WM 2006, nicht um die EM, insbesondere ums Elfmeterschießen. Wir erfahren zum Beispiel, dass Jens Lehmann bei jedem Elfmeter tatsächlich in die richtige Ecke geflogen ist, dass er nach dem Spiel zusammen mit Oliver Kahn als erster in der Kabine war und somit von der kleinen Boxerei mit den Argentiniern nichts mitbekommen hat, dass er einen kleinen Check von dem argentinischen Torwart bekam, und dass er angeblich keine Ahnung hat, wie er es schafft, sich 90 Minuten lang zu konzentrieren. Aber nach dem Sehen und Hören weiß man das ja dann auch.

Außerdem erfahren wir, dass englischsprachige Zungen „ahdíhdas“ sagen statt „áddidass“. Funny.

Und ganz außerdem bekam ich beim zweiten gehaltenen Elfmeter mit dem jubelnden, geradezu orgiastisch anmutenden Olympiastadion im Hintergrund eine Gänsehaut und das ist selten. Bin ich etwa Fußballfan?

13 Kommentare

  1. Ooli Ooli

    Hammer-Akzent! Ich bin mir sicher, dass wir Jens noch in einem Bond-Film als Gegenspieler zu Daniel Craig zu sehen bekommen.
    Zu seinem Englisch: Der hat 5 (!) Jahre in London gewohnt! Da sollte man sich schon ein bißchen verständigen können, zumal der sicher auch in Essen auf der Schule Englisch hatte. Zudem denke ich mal, dass der unsichtbare Reporter Jens den Fragenkatalog zuvor vorgelegt hat …

    Aber natürlich immer noch besser als Podolski deutsch spricht ;-)

  2. Schulenglisch. Klar, da lernt man ganz besonders, seinen Akzent loszuwerden. Sofern man überhaupt eine Sprache sprechen lernt und nicht nur die Grammatik, wenn man 90 Sekunden pro Woche diese Sprache aktiv spricht bei 35 Schülern pro Klasse.

    Aber das mit den 5 Jahren ist natürlich richtig. Offensichtlich ist der FC Arsenal nicht so weit wie der FC Bayern, dass er in der Mittagspause Sprachtraining anbietet. Wird Podolski da eigentlich hingehen müssen?

    Jedenfalls finde ich Lehmanns Englisch immer noch besser als alles andere, was ich von deutschen Fußballern zuvor gehört habe. Aber 5 Jahre, okay, da dürfte man eigentlich schon mehr erwarten.

    Dass selbst der Franz nach 3 Jahren New York noch bairisches Englisch spricht, wurde hier ja schon erwähnt.

    Aber der Jens ist nicht der Franz, das hat man ganz genau gehört.

  3. Gilad Gilad

    Wie schön, dass du dir die Überschrift aus dem Schlusstableau des Films „Dirty Dancing“ entliehen hast.

    http://youtube.com/watch?v=WpmILPAcRQo&feature=related

    Jens L. spricht wirklich fließend und außerdem nicht unelegant englisch. Anerkennung auch von mir dafür.

  4. Also rein sprachlich ist das doch nahezu perfekt, auch wenn er am Anfang wie so oft auf den „False Friend“ become = werden / get = bekommen hereinfällt. Wenn es nach 5 Jahren nicht so wäre, hätte der gute Jens aber auch was falsch gemacht.

    Es hört sich manchmal eben nur scheiße an, sein „th“ ist unter aller Sau, aber den Akzent würde er auch in 20 Jahren nicht los werden. Von daher ist es so rum doch besser.

    Jetzt kann er in Stuttgart direkt die nächste Fremdsprache lernen.

  5. Äh das ist ein Missverständnis, allerorten, hier, ich habe Jens nicht für sein Englisch gelobt, sondern getadelt.

  6. Man sollte bei Lehmanns Fremdsprachenkenntnissen ein wenig Rücksicht üben, wenn man weiß, was z.B.ein Ailton nach knapp 8 Jahren Deutschland so in unserer Sprache von sich gibt . Und ich würde sagen, der ist auch nicht verhungert, wenn ich ihn so ansehe, daher wirds wohl auch gereicht haben. Ein Pferd springt halt nur so hoch wie es muss :-)

  7. Gilad Gilad

    Vielleicht stellt der Trainer mal einen Pottcast von sich hier rein – auf englisch natürlich. Dann haben wir bessere Vergleichsmöglichkeiten, um zu tadeln.

  8. Felix Felix

    …weil ja, wie allgemein bekannt, man etwas besser können muss, um es zu kritisieren.

  9. Bei mir gibt’s keine Pottcaste, wie ich letztens irgendwo schon mal erwähnte. Weil lesen nicht schreiben ist und zuhören auch nicht gucken.

  10. Gilad Gilad

    Okay, okay, bin ja schon ruhig. Das beste Englisch (eines Deutschen) spricht übrigens Udo Kier, wenn es jemanden wissen möchte. Und zwar in Lars von Triers Film ‚Epidemic‘

    http://youtube.com/watch?v=BAcJ8Wx8uMg

  11. Lars von Trier.

    Genau der fehlte mir noch in meiner Kommentar-Sammlung, um endlich eine ernstzunehmende Seite zu sein. Danke, Gilad. Ich bin Kultur. Oder sagen wir, die Server meines Providers sind jetzt Kultur.

    Aber ich schaue das Video, Danke.

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