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Schlagwort: WM 2011 – Bielefeld von seiner schönsten Seite

Neulich, mit Kundschaft in der Agentur

Sie wollen ein, äh, Sommermärchen, Ausführung „reloaded“? Aber bitte sehr, da gehen wir ganz schnell durch die kurze Checkliste und Sie werden sehen, wie nah am Original die Version ist, für die Sie sich heute interessieren. Sie interessieren sich doch für das Sommermärchen reloaded? Fein, da hätten wir also:

  • Millionen vor dem TV ✔
  • Millionen weltweit vor dem TV – leider nein
  • diskutable Schiedsrichterleistungen ✔
  • total ausverkaufte Stadien – leider nein
  • Super-Sommer-Wetter (Variante „Kaiserwetter“) – leider nein
  • toller Abschied eines verdienten Nationalmannschaftskapitäns im Spiel um Platz 3 – leider nein
  • packendes deutsches Vorrundenspiel ✔
  • packende deutsche Vorrundenspiele – leider nein
  • republikweit volle Public-Viewing-Plätze – leider nein
  • gelungenes Marketing rund ums Turnier – leider nein
  • ein verdienter Weltmeister ✔
  • ein verdienter Halbfinalteilnehmer Deutschland – leider nein
  • Menschen aus aller Herren Länder zu Gast ✔
  • Menschen aus aller Herren Länder zu Gast, die nicht mit den Spielerinnen verwandt sind – leider nein
  • Spieler, die angesichts der Kulisse über sich hinauswachsen – leider nein
  • Spielerinnen, die angesichts der Kulisse einen Köttel in der Hose haben ✔
  • Große Abschiedsveranstaltung mit den deutschen Spielern in Berlin – leider nein
  • Torschützenkönig des Turniers aus dem deutschen Team – leider nein
  • Menschen reden in fünf Jahren noch davon, die Stimmung dieses Turniers wiederholen zu wollen – leider nein

Ja, gut, äh, Sie sehen, ich muss zugeben, es ist nicht ganz das Original. Ich würde Sie aber trotzdem bitten, dass Sie noch bis zum Ende des Turniers … hallo? So gehen Sie doch nicht schon, bitte, was sollen die Gäste … … hallo?

*Tür fällt zu*

*Wählgeräusche eines Handies*

Chef, sie wollen es nicht mehr. Ich fürchte, sie haben gemerkt, dass es nicht das Original ist. Was? Nein, leider Gottes, der Kunde eben hatte keine Deutschlandbrille mehr auf.

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Jörg Wontorra empfängt die Weltmeister 1990 am Frankfurter Flughafen

Während in der Gegenwart heute die ersten beiden Viertelfinals der Frauen-WM 2011 stattfinden, während das Finale in Frankfurt erst in einer Woche über die Bühne gehen wird, blicken wir etwas länger zurück in die Vergangenheit, auf den 9. Juli 1990, einen Tag nach dem 8. Juli 1990.

Die deutsche Nationalmannschaft kehrt unter Bundestrainer Holger Osieck und dem einen oder anderen Teamchefchen aus Rom zurück, mit dem Pokal in den Händen.

Einige Geschenke von den Journalisten (!) kommen hinzu. Andreas Brehme erklärt genau, wie das so war im Spiel, am damaligen gestern. Durchaus zuhörenswert, das alles.

Sollte die deutsche Frauennationalmannschaft Weltmeisterinnen werden, wird es übrigens keinen solchen Empfang am Frankfurter Flughafen geben — denn dann wären sie ja schon in Frankfurt.

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Nach der Gender- die Gerontoproblematik

Wer sich an ansprechenden Betrachtungen zu den Spielen der Frauen-WM mit deutscher Beteiligung laben will, sollte sein Internetinhaltewiedergabegerät zum Beispiel zu freitagsspiel oder zu angedacht lenken.

Hier kann es das nicht geben, denn die Schwierigkeiten beim Eröffnungsspiel haben sich noch verschärft. Jener nämliche Laden vom Tag der Partie im Berliner Olympiastadion ist pleite gegangen und hat mit Stichtag 30.6. die Pforten geschlossen. Bleiben nicht mehr allzu viele, die überhaupt in Frage kommen, Frauenfußball zu zeigen. Die erste Alternative überzeugte beim Spiel gegen Nigeria deshalb nicht, weil der Laden — obschon nicht allzu barock in der Aufmachung — nur von Menschen jenseits der 50 besucht wird. Die zweite Alternative, gestern gegen Frankreich getestet, überraschte beim Annähern mit großem Lärm und Unmengen an, auch jungen, Menschen, die sich trotz der Temperaturen freiwillig im Innern der Kneipe und nicht im Biergarten an der frischen Luft aufhielten. Heißa, das versprach ein Spaß zu werden, endlich WM-Stimmung, wie man sie sich als passiver Teilnehmer wünscht.

Noch dazu mit Frankreich ein spielstarker Gegner, in Mönchengladbach eventuell sogar etwas dem Fußball näheres Publikum als in Berlin, die passenden Zutaten also. Das Publikum in der Kneipe selbst schien in höchst freudiger Erwartung zu sein, alle sprachen durcheinander, sicher ging es um die Frage, ob Birgit Prinz in der Startelf stünde oder wer ihr Ersatz sein würde, die Stimmen drangen laut nach draußen, zu verstehen waren sie aber nicht. Außerdem war die Lokalität sogar von außen erkennbar mit einigen Länderfahnen geschmückt — es war also alles angerichtet für einen perfekten Fußballabend.

Bis man die Tür des Gewerbes öffnete, die Augen schon wieder keine Leinwand erblickten und der Quizmaster des Abends sein Mikro ergriff, die erste Frage in die Runde warf, woraufhin das Diskutieren und der dazugehörige Lärmpegel weiter anschwollen und man wiederum ohne Bewegtbilder der WM von dannen ziehen musste. Merke: Wenn man Kneipiers eine Woche vor der Frauen-WM fragt, ob sie denn wirklich alle deutschen Spiele der Frauen-WM übertragen, gilt das Bejahen dieser Frage nur für jene Tage, an denen nicht andere, alteingesessene und definitiv publikumsträchtige Veranstaltungen stattfinden.

Erneut verpasste der Autor also auf dem Weg zur dritten Alternative den Beginn des Spiels und seine Laune wollte sich angesichts des sich stets wiederholenden Procederes des hektischen Ortswechsels vor Anpfiff auch nicht allzu schnell erholen, obwohl die Partie selbst alles Nötige dazu bereit stellte.

Wieder nur ältere Herren im Publikum dieser Schänke, von eher 60 Lenzen aufwärts, war immerhin hier das WM-Spiel tatsächlich das Zentrum des Interesses. Eine kleine Entschädigung, das Publikum schaute endlich das Frauenfußballspiel und zwar nur das Frauenfußballspiel. Nicht unter dem Tisch heimlich die Apothekenrundschau und auch nicht in Wahrheit die Frauen. Einem besonders lauten Exemplar an Zuschauer war neben den vielen Toren für die Deutschen auch noch jede gelunge Flanke einer deutschen Spielerin ein „So geht Fußball!“ oder „Das ist Fußball!“ wert, kaum zu überhören, dass er es im elendigen Vergleich mit dem Männerfußball verstanden wissen wollte. Dennoch erhöhte seine Begeisterung für das Gesehene auch diese der Umstehenden dramatisch.

Jene Begeisterung, die beinahe überzukochen drohte, als nach dem 3:1 auch noch der Anschlusstreffer fiel, welcher wiederum mit einem Tor beantwortet wurde. Ehe die Gefahr zu groß wurde, dass einer der Anwesenden wegen der berechtigten Aufregung mit Herzinfarkt umkippte, entschied der Chef der Gaststätte allerdings mit einem kurzem „So, das reicht jetzt“, dass man zwar gerne Frauenfußball schauen könne, Interviews mit den Spielerinnen nach Abpfiff dann aber doch niemanden mehr interessieren.

„Mach doch mal wieder Heino an.“

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Unser‘ Medsche

Das heute erschienene Kicker-Sonderheft zur Frauen-WM zeigt, dass man dort selbst nicht glaubt, dass es sich einfach so an Fußballinteressierte verkauft, wie sich sein Pendant zu Männer-WM und -EM (wohl immer noch) selbstverständlich verkauft.

Denn wo man in den älteren Ausgaben zu den Männerturnieren schlicht mit „alle Daten, alle Fakten“ (EM 2008, WM 2006, EM 2004, WM 2002) oder Ähnlichem wirbt, muss es auf dem Cover des Frauen-WM-Sonderheftes gleich ein vereinnahmendes, nach Verschwisterung heischendes, anbiederndes

Unsere Spielerinnen

sein.

Man kann dem Kicker ja oft vorwerfen, keine Meinung zu besitzen und dröge allein die Fakten zu reproduzieren, einfach das Fünkchen Verve vermissen zu lassen, das die Texte auch mal im Jahr 2011 ankommen lassen würde. Wenn die alternative Herangehensweise aber ein solcher FOTO-Stil ist, bei dem wir alle ganz schwarz-geld-goldbraun-geil werden sollen, dann sind die (Fußball-)Nerds anziehenden Slogans à la „alle Daten, alle Fakten“ dem allemal vorzuziehen.

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Alte Stimmungen nicht wieder aufwärmen!

Sie könnten giftig sein.

Der DFB bewirbt tatsächlich seine von ihm veranstaltete WM 2011 mit dem Slogan „Sommermärchen reloaded“.

Erstens weiß doch jeder, dass Fortsetzungen von erfolgreichen Filmen und Partyreihen so gut wie nie das Original übertreffen oder auch nur erreichen und zweitens kann man doch eine Stimmung — und nichts anderes war das Sommermärchen ja, eine durchs ganze Land wabernde Stimmung — nicht par ordre du mufti wiederaufleben lassen.

Ebenso ist jedem bekannt, dass genau die Parties, welche mit dem größten Gebimmel und Klingkling („ein bisschen Chi-Chi“) angekündigt werden, am Ende die sind, die gar nicht erst zünden, sondern unausgelebt in ihren Fußball-Fan-Puschen auf dem Sofa verrecken.

Das ganze Konfetti total umsonst eingekauft.

Wenigstens sind die Getränke auf Kommission besorgt.

Jeder weiß das, außer natürlich jenen Leuten beim DFB, die zwanghaft hip und modern sein wollen, einen alten Erfolg aber nicht loslassen können. Weshalb sie ihr misslungenes Anliegen auch mit einer Wendung aus einem Filmtitel aus dem Jahr 2003 bewerben. Modern eben.

Da lob ich mir doch die viel kreativere Redaktion von trainer-baade.de, deren Slogan zur WM überhaupt nicht an irgendetwas zuvor Dagewesenes anknüpft, sondern die WM 2011 als eigenständige Veranstaltung ernst nimmt und dementsprechend bewirbt, siehe passenden Slogan Kategorientitel.

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Erster (?) Frauen-Fanshop eröffnet

Man könnte jetzt Mario-Barthesk alle möglichen Klischees darüber bedienen, was man wohl in einem Frauen-Fanshop kaufen könne. Schuhe zum Beispiel. Hier aber geht es nicht um — jedenfalls noch nicht, das könnte sich aber bald merklich ändern, schließlich steht die WM 2011 im eigenen Land vor der Tür — typische in endlosen Simplizissmen Frauen zugeordnete Interessen, sondern um den FCR Duisburg, der seinen ersten eigenen Fanshop eröffnet hat, wie duisburgfans.de [Link leider tot] zu berichten weiß. Nicht wie der große FC Bayern im CentrO in Oberhausen (Hallo, Jürgen!), sondern nur in der kleinen Galeria des Kaufhofs inmitten von Duisburg. Dennoch eine Meldung wert, schließlich kommen zu Frauen-Fußball-Bundesliga-Spielen immer noch teilweise weniger Zuschauer als beim ewigen Minusrekord der in diesen Tagen viel zitierten Tasmania (827). Es mag einigermaßen von Vorteil sein, dass die Duisburger Frauen wesentlich erfolgreicher sind als ihre männlichen Kompagnons, schließlich ist der FCR Duisburg amtierender UEFA-Pokalsieger (ein aussterbendes Wort, übrigens) und punktgleich mit dem Tabellenführer, während sich die Herren weiter in der 2. Liga abmühen, solche kleinen Klubs wie Arminia Bielefeld oder Fortuna Düsseldorf hinter sich zu lassen.

Die zur Eröffnung abgehaltene Autogrammstunde ist leider bereits vorbei, da es trotzdem noch nur 5 Minuten zu Fuß dorthin sind, werde ich bei Gelegenheit Bericht erstatten, was dieser erste (?) Fußball-Frauen-Fan-Shop denn alles so im Portfolio hat.

[Disclosure: Rainer Zimmermann, 2. Vorsitzender des FCR Duisburg, war mal mein Nachbar.]

(probek, gibt’s sowas auch in München?)

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Fußball ist für Mädchen

Nein, heute geht es nicht um die Frauenfußball-WM 2011 und die dazugehörige merkwürdig anmutende Auswahl der Austragungs“städte“ (Sinsheim hat keine 36.000 Einwohner und liegt nicht mal wie andere Fußballstandorte vergleichbarer Kleine in direkter Nachbarschaft einer Metropole oder eines Ballungsgebiets), sondern darum, dass das folgende Video zurecht die Verweichlichung — und das ebenso verweichlichte Zeitspiel — der fußballspielenden Männer aufs Korn nimmt. Vor allem aber die so manchem Spieler, u. a. dem, den man hier nicht mehr nennen darf, angedichtete größere Sorge um seine Frisur als um den Sieg:

Dass man stattdessen Rugby versuchen sollte, kann an dieser Stelle zwar nicht unterschrieben werden, der Ruf nach einer anderen Mentalität in unserem Sport im Umgang mit Körperkontakt muss fußballromantisch dennoch unterstützt werden.

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Nur 30 Konkurrenten für Gladbach

Wie war das noch bei der Herren-WM? 15 Städte waren in der endgültigen Auswahl, die sich längere Zeit Hoffnungen machen durfte. Davon fielen schließlich unverständlicherweise Bremen, Mönchengladbach und Düsseldorf aus dem Sieb unten durch, während Städte wie die langweiligste Stadt der Welt, Hannover, und Ostbonus-Städte wie Leipzig dabei waren.

Vor dieser endgültigen Endausscheidung hatten sich aber auch Städte bzw. Stadien wie Bochum, Leverkusen, Rostock oder Duisburg beworben, wobei eigentlich von vorneherein klar war, dass die WM-Stadion mindestens 40.000 Zuschauer würden fassen müssen. Dem war eben bei jenen im ersten Durchgang ausgeschiedenen Städten nicht so.

Bei einer Damen-Fußball-WM, für deren Ausrichtung sich der DFB für 2011 bewerben will, müssen es wahrscheinlich deutlich weniger als diese 40.000 an Fassungsvermögen sein. Somit überrascht die Zahl von bislang 30 interessierten Städten/Gemeinden/Kommunen als Ausrichter der Damen-WM 2011 nicht allzusehr.

Mönchengladbach mit seinem Borussia-Park ist auch darunter. Und ginge der Zuschlag tatsächlich an Deutschland für die WM 2011, dürfte man sicher mit ausverkauftem Hause in Mönchengladbach bei den WM-Spielen der deutschen Mannschaft rechnen.

Vielleicht wäre das eine kleine Entschädigung dafür, bei der WM 2006 als Austragungsort nicht dabei gewesen zu sein. Zu wünschen wäre es dem laut übereinstimmender neutraler Meinungen von außen häßlichen, innen aber durchaus seinen Charme entwickelnden Borussia-Park bzw. seinen Betreibern, Fans und Anvertrauten.

Nach den stimmungsvollen Erfahrungen bei der WM 2006 dürften die Chancen für das neben England fußballbegeistertste Land der Welt recht gut stehen, dass die Damen-WM in Deutschland stattfindet. Und dann heißt es wieder wie damals: Rechtzeitig an der Karten-Lotterie teilnehmen, damit man wenigstens ein Spiel live im Stadion sehen kann.

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