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Schlagwort: EM 2008

Demut

Wir sprachen schon davon. Die Leute, die hier jetzt im Autokorso nach einem insgesamt blamablen 1:0 gegen Österreich wild durch die Nacht hupen, sind wahrscheinlich dieselben Gesellen, die nicht einen Spieler des Gegners mit Namen kennen und da irgendwo vor der Großleinwand auch immer rumgröhlen und -tröten, weil sie ihre anale, ödipale, orale oder sonst irgendwelche Phasen noch nicht abgeschlossen haben. Hauptsache Deutschland. Hauptsache Gröhlen. Hauptsache Lärm machen, tröt, tröt, hier bin ich, nehmt mich wahr, wenn es schon sonst keiner tut.

Manchmal würde man sich wünschen, diese Leute würden endlich zum Hockey abwandern. Aber das ginge wohl erst, wenn Hockey-Turniere zur Primetime im Fernsehn liefen. Also nie.

Ich habe ja nix gegen Feiern, aber das heute war alles andere, als etwas zum Feiern. Vielleicht bin ich auch zu verwöhnt und wer da draußen jetzt gerade 18 ist, der hat ja auch noch nie bewusst ein EM-Viertelfinale mit deutscher Beteiligung erlebt. Und Modefans-Bashing ist heutzutage in unserem Inzeststadl (© by Herrn Wieland) namens Blogosquarium ebenso wenig noch vermittelbar wie Kommentatoren-Bashing. Dennoch: ein wenig mehr Demut bitte. Ein 1:0 gegen Österreich.

Gute Nacht.

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Tschüss Jupp Derwall Jogi Löw?

Ich will ja nicht unken, unke aber.

Es gab da schon mal diese Situation, dass ein Remis gereicht hätte. Die Österreicher sind keine Spanier, das hat man ganz genau gesehen. Außerdem scheint wenigstens Lehmann in irgendsoetwas wie Normalform zu sein. Aber so ein Remis ist ja immer verlockend. Damals war ein Trainer dann auch Geschichte. Und vielleicht haben wir die letzten Minuten von Jogi Löw auf der deutschen Trainerbank schon hinter uns. Wäre schade um seinen putzigen Dialekt, um die Rubrik hier und vor allem um die Katastrophe, die uns drohte, wenn er wirklich kurzfristig gegangen werden „müsste“.

Komisch, da wacht man auf und plötzlich ist alles ganz anders als überhaupt. Aber so plötzlich?

So schnell kann’s gehen.

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Spargelzeit

Das Angebot der hiesigen Pizzeria für die Pizza zur deutschen Nationalmannschaft heißt übrigens „Spargelzeit“.

Meint man damit Mertesackers Beine, eine Variante zur „Rumpelzeit“ oder doch einfach das, was mit dem Urin dann passiert, wenn man fertig hat?

In meinem Assoziationsblaster erhalte ich bei der Kombination „Spargel“ und „fußballerische Leistung“ jedenfalls keine positiven Auswürfe. Und schon gar keine positiven Ausflüsse.

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Der Schläfer

Nachdem ich einige Zeit brauchte, um mich davon zu erholen, dass die Zeit seit Klinsmann gar nicht stattgefunden hat und alles nur ein schöner Traum war, vor allem die Siege in der Slowakei und in Tschechien, wird mir jetzt klar, dass ich da nur das geträumt habe, was ich mir gerne wünsche: Dass man wieder gerne bei diesen Länderspielen zusieht. Es geht gar nicht so sehr, auch, ums Gewinnen, aber eigentlich geht es darum, dass man nicht das Gefühl haben muss, dass die Jungs in weiß ein anderes Spiel spielen als der Gegner, wenn sie denn überhaupt spielen.

Man würde gerne sagen: so ein Ausrutscher, der darf vorkommen. Aber wenn man genau hinschaut, gibt es seit dem Spiel in Irland, dem folgenden in Wales, dem gegen Serbien, Weißrussland, Tschechien eigentlich überhaupt nichts mehr, was an Dominanz des Gegners oder an Spielfreude im Sinne auch des Willens, ein solches Spiel zu gewinnen, auffiele.

Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn dieser Traum wahr geworden wäre. Jetzt geht es doch wieder weiter mit Gurkenfußball, bei dem einzig das Weiterkommen die arg limitierten Mittel und vor allem diese Spielweise rechtfertigt.

Es gibt zwar heute Abend noch eine Chance, das alles als einmaligen Ausrutscher ablegen zu können, DDR, Sparwasser und so, der Warnschuss „just in time geliefert“. Einzig, der Glaube fehlt, dass man das kurzzeitige Hoch zwischen den beiden Turnieren ernsthaft hat konservieren können und es bislang nur geschickt versteckte. Hier wehen keine Fähnchen im Wind, die ausgemachte Überlegenheit, gerade im Bereich der Fitness, aber auch im „Willen“, fehlte schon lange, und man durfte dennoch hoffen, dass es solch einen argen Rückfall nicht mehr geben würde.

Schauen wir, ob wir heute Abend wieder das Gegenteil behaupten müssen, ich fürchte nein. Wenn da diese erste Szene aus deutscher Sicht bei der EM kein Omen ist: hoher Ball in den Strafraum und Lehmann und Mertesacker rennen sich erstmal über den Haufen. Ein wenig bang ist mir vor den ersten Minuten dessen, was da kommen möge, schon. Kann doch nicht vier Jahre lang geträumt haben?

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Quintessenz

Die Färöer hätten das angesichts der Bedingungen heute locker nach Hause geschaukelt. Aber die Schwiz hat eben keinen Hickersberger.

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Tollhaus

„Wenn der Schiedsrichter gleich abpfeift, wird sich die eine Hälfte des Stadions in ein Tollhaus verwandeln.“

So sagte es Thomas Wark justameng und wir sind noch froher, keine Karten bekommen zu haben, denn wie Wikipedia weiß:

„Ein Tollhaus ist der Vorläufer des Irrenhauses. Meist wurden die Geisteskranken oder geistig Behinderten unter schlechtesten Bedingungen untergebracht. Sie erhielten nur unzureichend Nahrung und Wasser, waren angekettet, wurden geschlagen und gequält und von der Bevölkerung verachtet. Mit Folterwerkzeugen versuchte man, sie „zur Vernunft zu bringen“

Anketten, schlagen, quälen — das kennt man ja aus Österreich[1], dass aber auch die Schweizer schon zu diesen Methoden greifen, um die Leute im Stadion zu halten, hätten wir nicht gedacht.

[1] 5 SFr. in die Nicht-am-Elfmeter-vorbeigehen-können-Kasse.

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100 Stündli

Komischer Gedanke: Sollten die Schweizer gleich nach dem Türkeispiel schon ausgeschieden sein, wären das läppisch wirkende 100 Stündli EM-Vergnügen gewesen, bei 2 Jahren Vorbereitung und -freude.

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Und immer diese hohen Managergehälter (bei geringer Leistung)

Zeit-Management, keine Ahnung, ob das auch zu Olli Bierhoffs Aufgabengebiet gehört, wenn er nicht gerade Seminare im Uhrenzusammenbauen oder vorläufige-Kader-Verkündungs-Zelebrierungen auf der Zugspitze organisieren muss. Wäre aber schön, schließlich ist ein Manager gemeinhin dazu da, zu managen. Das mit dem Zeitmanagement hat er aber noch nicht so wirklich heraus, vor allem — Skandal für einen Manager — setzt er gerade dabei die falschen Prioritäten.

„Um Standardsituationen zu trainieren, fehlte bislang die Zeit.“

So wird Jogi Löw irgendwo zitiert und man darf anfügen: Kein Wunder, wenn man dauernd mit der Familie rumhängen darf, Basketball spielt oder ansonsten unmotiviert freie Nachmittage ausschenkt.

Bei der WM 2006 hatten — damals noch — Jürgens Jungs schon keine Zeit gehabt, Standardsituationen zu üben, angeblich, weil die taktischen Defizite so groß waren. Das mag damals gestimmt haben, wenn man sich Metzelder und Podolski anschaut, mag das auch heute noch stimmen. Dennoch halte ich mal abends ne halbe Stunde Freistoß- oder Eckstoßvarianten üben, zumindest mal besprechen, für keinen so arg schlechten Grund, die Playstation, die Freundin oder die Skatkarten (Skat? Klingt ein bisschen nach 1982, dabei war Mertesacker da noch gar nicht geboren.) wegzulegen und sich auf die eigentliche Aufgabe vorzubereiten. Aber nun gut, so ein freier Nachmittag, das ist ja speziell für die Herren Lehmann, Podolski, Metzelder, aber auch Schweinsteiger und Frings oder Odonkor etwas total Neues in dieser Saison und so ist ein solcher nun mal wichtiger als eine erfolgreiche Standardsituation beim „großen gemeinsamen Ziel“.

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In the year 2525

In jenem Jahre wird es vielleicht soweit sein, dass alle an diesem Ballyhoo Beteiligten die lächerlichen 17einhalb Regeln kennen, bevor sie sich hinstellen und über dieses Spiel palavern. Einfach nur um ein Gefühl dafür zu bekommen, was ein echtes Regelwerk — und nicht nur ein paar nicht zu Ende gedachte und dahingeschmierte Sätzchen — ist, empfehle ich die Lektüre der Regeln des American Footballs. Schade, dass ich im Jahre 2525 schon tot gewesen sein werde, denn diesen Moment, in denen Menschen, deren Job es ist, über das, was innerhalb der 17einhalb dahingeschmierten Regeln passiert, zu berichten, zu sinnieren und es zu analysieren, die Regeln kennen, hätte ich gerne noch erlebt.

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Man weiß, dass man alt geworden ist …

… wenn man zwei Welt- und zwei Europameistertitel miterlebt hat, gleichzeitig aber schon derer 3 WM-Finalniederlagen und es irgendwie albern bis lächerlich findet, nach einem einfachen Vorrundensieg gegen eine eher marginal daherspielende Mannschaft so etwas wie einen Autokorso zu veranstalten, wild hupend durch die Nacht zu fahren, Fahnen zu schwenken und rumzugröhlen.

Die Leute wissen eben nicht, was es heißt, steigerungsfähig zu bleiben. Wie soll man Sex genießen, wenn man schon vor dem Ausziehen, nun ja.

2:0 in der Vorrunde. Die Hupe bleibt stumm. Man nimmt das genießerisch hin, wohlwissend, dass da noch mehr folgen wird, aber man entblößt sich doch nicht nach einer kleinen Vorspeise schon vor seiner Nachbarin.

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Nachrichten aus der Zukunft

Die vorgestern erst erwähnte RPO hat wieder etwas Neues für uns in petto. Diesmal sind es nicht Liveticker aus der Vergangenheit, sondern Nachrichten aus der Zukunft:

Von Heidfeld bis Vettel
Formel-1-Stars im Fußball-Fieber

Montreal (RPO). In ihrem Beruf machen sie immer Tempo, doch in Montreal hatten es Nick Heidfeld und Co. besonders eilig. Der Grund: Auch die Formel-1-Stars hat das Fußball-Fieber gepackt. Schnell die Siegerehrung, danach einige Interviews, und dann nichts wie ab unter die Dusche.

Es gab keine Zeit zu verlieren, denn nur 15 Minuten nach dem Kanada-Grand-Prix flimmerte im Fahrerlager der EM-Auftakt der deutschen Mannschaft gegen Polen in den spontan eingerichteten „Sports Bars“ über die Bildschirme.

Hier flimmerte noch gar nix, aber in der RPO-Redaktion ist man traditionell mit der Zeit gut vertraut und kann sie nach vorne oder nach hinten manipulieren, wie man lustig ist.

Davon abgesehen interessiert es Karl Gesäß, ob irgendein Formel-Langweilig-Steward EM guckt oder deshalb schneller duscht.

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Ein Wort zur Eröffnungsfeier

Wenn man diese Eröffnungsfeier der EM 2008 genossen hat, wird das, was München (man kann kaum Deutschland sagen) da zur WM 2006 abgeliefert hat, noch mal deutlich peinlicher, als es ohnehin schon ist. In einer langen Karriere Eröffnungsfeier erduldenden Lebens war diese Eröffnungsfeier gestern das kurzweiligste und wenig schmonzettenhafteste, was man je zu Gesicht bekam.

Pixelig wurde nicht mal ignoriert, dass es so etwas wie Rechner inzwischen gibt, gleichzeitig wurde man nicht als total unbedarft eingestuft und die Notwendigkeit, über die gesamte Historie der Schweiz aufzuklären, abgelehnt. Das war erleichternd.

Zudem wurde wenig bis gar nicht getanzt, was immer gut ist, wenn es um Fußball geht. Gleichzeitig versprühten Damen, die Teil der Show waren, auf den Rängen in weißen Kleidern gute Laune und noch irgendetwas, wahrscheinlich Glitter, was eine schöne Idee war. Nur kurze 15 Minuten reichten, und schon war die beste Eröffnungsfeiershow seit man hier denken kann, also seit 1982, erledigt. Ich würde sogar fast sagen: Das können nur die Schweizer.

(Die Pein, die der Gedanke an die Eröffnungsfeier von 2006 verursacht, ist kaum auszuhalten.)

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Lesen, was gespielt wird

Den Mädels am Hauptbahnhof war es nicht verständlich zu machen, dass ich keine Tageszeitung brauche, weil da nur die Nachrichten von gestern drinstehen, die ich schon am Tage zuvor im Internet gelesen habe. Ihr Argument: „Ja, aber hier wird das alles noch mal aufbereitet.“ hat mich gerade in Bezug auf die WAZ, „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“, nicht wirklich überzeugt. Die Glossen und Kommentare zu politischen, aber auch sportlichen Ereignissen, die ich dort früher am liebevoll von meiner Mutter zubereiteten Frühstückstisch las, bevor ich zu den Lateinstunden des Samstagsunterrichts aufbrach, hätte ich als mein eigener Deutschlehrer meist nicht durch den Banalitätsfilter gelassen. [photopress:zwei_m_dels_verteilen_zeitungen_2.jpg,full,centered]

Was mich hingegen überzeugt hat, waren ihre schicken Stutzen, ihre vergleichsweise zellulitefreien Beine und ihr generelles Fußballoutfit. Das hatte was. Was aber wohl eher daran lag, dass sie insgesamt nicht der Typ „Frauenfußballerin“ waren, sondern eher der bedauernswerte Typ „Studentenjahre sind keine Herrenjahre, und man muss sich für die paar Kröten auch noch für den letzten Scheiß zum Marketingclown machen und in Hauptbahnhöfen rumstehen“. Das hatte was. Abgesehen von der Transparenz ihrer T-Shirts.

Lesen, was gespielt wird.

In Zukunft auch wieder hier.

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