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Kategorie: WM 2011 – Bielefeld von seiner schönsten Seite

Hopp, Sinsheim, Hopp

„Die besten Frauen der Welt“ — der Film zur WM 2007

Wer einmal einem Fußballteam — um das Wort Mannschaft zu vermeiden — dabei zuschauen möchte, wie es ein Fußballteam ist und neben dem Fußballspielen auch zusammen trainiert, im Hotel Zeit totschlägt, obligatorische Späßchen miteinander macht und staunend (hier:) durch das übervölkerte China läuft, der sollte sich „Die besten Frauen der Welt“ ansehen. Soll ja Leute geben, die solche Dinge interessieren, den Autoren zum Beispiel.

Der Film begleitet die deutsche Frauen-Fußballnationalmannschaft auf ihrem Weg durch das WM-Turnier 2007 aus nächster Nähe. Dabei ist ein sehenswerter Streifen entstanden, denn dieser Film ist ohne das Bedürfnis gedreht worden, Märchen einzufangen. Stattdessen nimmt er mit der Realität vorlieb. Weshalb man ihn als gelungen bezeichnen darf, und zudem jedem empfehlen kann, der sich selber oder andere in Bezug auf eine Teilnahme bei einem Teamsport motivieren möchte.

Die Protagonistinnen verfügen alle noch über ein Leben abseits des Fußballs und so fällt die Identifikation mit Nicht-Profi-Sportlern, die vergleichbar mit diversen Olympioniken oder Hockey-Nationalspielern mitten aus dem Leben kommen, wesentlich leichter als bei Pendants, die ihren Unterhalt allein mit Kicken bestreiten. Erfrischend normal, mit durchwachsenem Humor, wie man ihn von jeder Gruppenreise kennt, und abgesehen von ausgiebigen Haarspray-Orgien vor dem Anpfiff ausgesprochen unprätentiös zeigt der Film die Spielerinnen. Da ist auch die kurz angerissene Sonntagsrede des unvermeidlichen Theo Zwanziger zu verschmerzen.

Zudem ist „Die besten Frauen der Welt“ kurzweilig, ohne die Besonderheiten des Frauenfußballs zu übersehen. Die hauptsächlich darin bestehen, keine Besonderheiten zu besitzen. Wie die Nationalspielerinnen im Film erklären, fliegen sie auf dem Weg zur WM 2007 in China zum ersten Mal überhaupt Business Class, sonst sei es immer Economy gewesen. Silke Rottenberg hadert mit ihrer Rolle als zweite Torhüterin hinter Stammkraft Nadine Angerer, einige Spielerinnen präsentieren sich als besonders langweilige Zeitgenossinnen, und der sonst kaum auftretende Mannschaftsarzt oder Torwarttrainer flippt nach dem WM-Gewinn genauso aus wie es jeder Teambegleiter bei einem Team aus sagen wir Goslar oder Ludwigslust täte.

Um seinen Lauf voranzutreiben, vermischt der Film drei Bereiche: Erstens kurz gehaltene Interviews mit jeweils zwei der Nationalspielerinnen über ihre Erlebnisse während des Turniers in China, aber auch ihr sonstiges Leben mit dem Frauenfußball. Durchaus mit Blick über den Tellerrand. Zweites Element sind die Szenen der täglichen Vorbereitungsarbeit, Szenen in den Innenstädten und im Hotel. Als Drittes schließlich die eigentlichen Spielszenen, welche in angenehmer Kürze abgehandelt werden, dem Frauenfußball dennoch durch ihren speziellen Fokus die Intensität und Rasanz geben, die er innerhalb seiner Partien auf diesem Weltniveau besitzt.

Vor allem stehen die Spielerinnen selbst im Vordergrund. Für umfassende Charakterbilder reichen 91 Minuten bei einem Team von über 20 Personen zwar nicht, dafür sind einige der Spielerinnen auch (wohl nicht nur) vor der Kamera zu fad. Andere packen die Chance beim Schopf und präsentieren sich derart unverfänglich, dass man ihnen abnimmt, dass kaum etwas an dem Film gekünstelt ist. Dazu gehört auch eine große Portion Naivität und in Anflügen auch Chauvinismus im Umgang mit den Verhältnissen im Gastgeberland China.

Bemerkenswert: Wie beherrscht, zurückhaltend und fast schon kühl die Ansprachen von Silvia Neid sind. Diese werden vor der Abfahrt im Hotel, direkt vor den Partien und in der Halbzeit gezeigt. Auch sie — auch, wie Klinsmann im Sommermärchen-Film — erzählt nichts Neues, nichts, was man nicht selbst aus den Kabinen des Amateurfußballs kennen würde. Sogar das im Fußball obligatorische, leider unausrottbare „Hallenhalma“, das man eben nicht spielen wolle, kommt darin vor. Ansonsten scheinen diese Momente weniger der Motivation als der Konzentration auf das Wesentliche zu dienen. Offensichtlich sind die meisten Frauen so gut vorbereitet, dass man ihnen ihre Aufgaben nicht ständig mit der Gebetsmühle einbleuen muss.

Der Film lief nie (außer heute) im Kino, was bedauerlich ist. Immerhin hatte er in der ARD bei seiner Ausstrahlung im Januar 2008 etwa 2 Millionen Zuschauer, das ist immer noch jeder vierzigste Bundesbürger und somit deutlich mehr, als je Menschen zwei Füße in ein Frauenfußballbundesligastadion gesetzt haben.

Vergleiche mit anderen Geschlechtern verbieten sich eigentlich, und zwar aus dem Grund, dass andere Geschlechter andere Voraussetzungen haben. Der Film macht das zum Glück auch nur mittels der Aussagen der Nationalspielerinnen selbst. Was die in Oberhausen anwesende Lokalreporterin nicht davon abhielt, mich zu fragen, warum ich gekommen sei, und ob ich mich wirklich für Frauenfußball interessiere. Ich bejahte, was auch als Zugehöriger zu den ca. 5% Männern unter den bei der Vorstellung Anwesendinnen nicht allzu sehr erstaunen sollte.

Prädikat: Absolut sehenswert, ohne ganz große Überraschungen zu bieten. Dichter an den Spielerinnen als andere Filme, ist das schließlich gewonnene WM-Turnier in China nur der Aufhänger, der Frauen-Nationalmannschaft beim Wirken zuzusehen, aber nicht der Kern des Films. Den bilden die Äußerungen und Eindrücke der Spielerinnen.

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Willkommen zur Frauen-WM 2011!

Eigentlich sollte hier ein umfassender Aufruf zu einer Aktion stehen, in der in allen Stadien während der Frauen-WM Meinungsäußerungen zu sehen gewesen wären, die ausdrücken, dass man mit den Handlungsweisen der FUFA nicht einverstanden ist. Aber dann fehlte angesichts bescheidener Reichweite der Glaube daran, dass eine solche Aktion mit einer überhaupt spürbaren Wirkung umzusetzen sei. Auch rein virtuelle Bauchlandungen bereiten keinen Spaß. Selbst wenn das hier das Internet ist: Konkret ist niemand in z. B. Augsburg oder der Nähe von Sinsheim bekannt, oder jemand, der willens wäre, nach Augsburg oder Sinsheim zu fahren, um dann ein Plakat oder Banner in die Kameras zu halten.

Vielleicht fällt ja jemand Anderem etwas Gutes ein, ob und wie man es organisieren und verbreiten könnte, die Idee dürfte dann selbstredend gerne aufgenommen werden. Die Chance, mehr oder weniger vor der eigenen Haustür kund zu tun, dass man nicht einverstanden ist, kommt schließlich nicht so bald wieder. Zumindest nicht mit dieser Reichweite.

Es sind nur noch 12 Tage.

Wer hat eine gute Idee?

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Unser‘ Medsche

Das heute erschienene Kicker-Sonderheft zur Frauen-WM zeigt, dass man dort selbst nicht glaubt, dass es sich einfach so an Fußballinteressierte verkauft, wie sich sein Pendant zu Männer-WM und -EM (wohl immer noch) selbstverständlich verkauft.

Denn wo man in den älteren Ausgaben zu den Männerturnieren schlicht mit „alle Daten, alle Fakten“ (EM 2008, WM 2006, EM 2004, WM 2002) oder Ähnlichem wirbt, muss es auf dem Cover des Frauen-WM-Sonderheftes gleich ein vereinnahmendes, nach Verschwisterung heischendes, anbiederndes

Unsere Spielerinnen

sein.

Man kann dem Kicker ja oft vorwerfen, keine Meinung zu besitzen und dröge allein die Fakten zu reproduzieren, einfach das Fünkchen Verve vermissen zu lassen, das die Texte auch mal im Jahr 2011 ankommen lassen würde. Wenn die alternative Herangehensweise aber ein solcher FOTO-Stil ist, bei dem wir alle ganz schwarz-geld-goldbraun-geil werden sollen, dann sind die (Fußball-)Nerds anziehenden Slogans à la „alle Daten, alle Fakten“ dem allemal vorzuziehen.

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Ganz schön viel Holz im Frauen-WM-Wald

Wer sich gefragt hat, wie das eigentlich funktioniert, dass im Vorfeld von großen Turnieren stets damit geworben wird, dass die Turniere „klimaneutral“ „klimafair“ durchgeführt werden würden, dem wird auf der Seite der Stadt Bochum geholfen.

Übergeordnetes Ziel des FIFA Umweltprogrammes „Green Goal“ ist die Durchführung einer klimafairen Weltmeisterschaft.

Es folgt ganz viel Blabla, das man ja gerne, Link ist vorhanden, auf der Seite nachlesen kann. Nach kurzem Abwägen hab ich das dazwischen rausgenommen. Es ist ein wenig zum Lachen und dann auch wieder nicht.

Ein ganz besonderes Projekt in Bochum ist die Anpflanzung eines „FIFA Frauen WM-Waldes“. […] Um dieses Projekt durchführen zu können werden noch Förderer und Unterstützer gesucht!

(Die vorgesehene Förderung und Unterstützung ist ab 500 Euro möglich (zuzüglich 19% MwST).)

So, wie funktioniert das also mit der Klimafairness? Einfach ein paar Dumme suchen, die für dieses Projekt auch noch freiwillig zahlen, obwohl sie mit dem Turnier gar nix zu tun haben.

Sollte man nicht genug Dumme finden — macht nix. Nach dem Turnier hat eh noch nie jemand eine konkrete Auflistung gefordert, wie denn jetzt die Umweltbilanz am Ende ausgefallen ist. Und wo kein Kläger, da kein Richter. Zuzüglich Mehrwertsteuer natürlich. Aus Verschleierungsgründen aber nicht vergessen, in derartigen Texten möglichst viele Vokabeln der Güteklasse „nachhaltig“, „Engagement“ oder „sich beteiligen“ einzusetzen. Gerne sehr viele, gerne ganz oft, denn auch die prüft später niemand auf ihren Gehalt.

Sollte sich jemand wundern, wo denn die X Millionen Gewinn von der letzten Männer-WM sind: Jedenfalls nicht im Bochumer Waldboden.

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Neues von der Bochum-Verschwörung

Bei Spiegel Online ist man ja immer für die eine oder andere Verschwörungstheorie zu haben. Manches Mal, wenn es der Auflage/den Besucherzahlen gut tut, gießt man schon mal Öl ins köchelnde Feuer derartiger Meme. Natürlich ganz versteckt in Ressorts, in welchen die Leserhirne perfide nichtsahnend infiltriert werden, da sie alle Schutzmechanismen deaktiviert haben, weil sie sich in verschwörungstheoriefernen Gefilden wähnen.

So zum Beispiel bei der Karte zur Frauenfußballweltmeisterschaft in Deutschland. Angeblich soll es Bielefeld nun also doch geben, allerdings unter einem anderen Codenamen, der da „Bochum“ lautet.


[photopress:bochum_verschwoerung.jpg,full,centered]

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Alte Stimmungen nicht wieder aufwärmen!

Sie könnten giftig sein.

Der DFB bewirbt tatsächlich seine von ihm veranstaltete WM 2011 mit dem Slogan „Sommermärchen reloaded“.

Erstens weiß doch jeder, dass Fortsetzungen von erfolgreichen Filmen und Partyreihen so gut wie nie das Original übertreffen oder auch nur erreichen und zweitens kann man doch eine Stimmung — und nichts anderes war das Sommermärchen ja, eine durchs ganze Land wabernde Stimmung — nicht par ordre du mufti wiederaufleben lassen.

Ebenso ist jedem bekannt, dass genau die Parties, welche mit dem größten Gebimmel und Klingkling („ein bisschen Chi-Chi“) angekündigt werden, am Ende die sind, die gar nicht erst zünden, sondern unausgelebt in ihren Fußball-Fan-Puschen auf dem Sofa verrecken.

Das ganze Konfetti total umsonst eingekauft.

Wenigstens sind die Getränke auf Kommission besorgt.

Jeder weiß das, außer natürlich jenen Leuten beim DFB, die zwanghaft hip und modern sein wollen, einen alten Erfolg aber nicht loslassen können. Weshalb sie ihr misslungenes Anliegen auch mit einer Wendung aus einem Filmtitel aus dem Jahr 2003 bewerben. Modern eben.

Da lob ich mir doch die viel kreativere Redaktion von trainer-baade.de, deren Slogan zur WM überhaupt nicht an irgendetwas zuvor Dagewesenes anknüpft, sondern die WM 2011 als eigenständige Veranstaltung ernst nimmt und dementsprechend bewirbt, siehe passenden Slogan Kategorientitel.

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Sukzessives Synchronsingen

Wenn ich wüsste, wie man das bewerkstelligt, würde ich die entscheidenden Sekunden als Endlosschleife hier einstellen. Doch auch so wird es wohl klar. Zur besseren Einstimmung beginnt das ohnehin nur 38 Sekunden lange Video jetzt nicht an der relevanten Stelle, sondern von Anfang an.

Aber dann!

Aber dann.

Dann geht es richtig los, denn die Untoten tanzen (und singen natürlich) wieder. Ab Sekunde 30 hat man links und rechts von Steffi Jones zwei bemitleidenswerte Mädchen aufgestellt, die vorgeben, sich im Takt der Musik zu bewegen.



Leider hört offensichtlich jedes eine andere Musik, die sie auch mitsingen, zwei verschiedene Lieder, zwei verschiedene Texte, die sie singen, dabei hat die Hintergrundmusik gar keinen Text. Bizarr.

Sind Lippenleser anwesend?

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Goleo hat sich operieren lassen

… und heißt jetzt nicht mehr Goleo, sondern Karla Kick.

Wir sind ja aufgeschlossen bei sowas. Also viel Erfolg, Pussycat, beim Maskottieren der Frauen-WM 2011, diesmal mit Höschen.

„Pille“ als Sidekick war wohl bei einem weiblichen Maskottchen nicht mehr so angebracht …

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