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Schlagwort: USA

Landon Donovan — Durchbruch oder Hattrick des Scheiterns?

Ein Spieler aus den USA wechselt nach Deutschland.

Das ist heutzutage nicht mehr ganz so selten wie noch zur WM 1950, als die USA England mit 1:0 schlugen und britische Zeitungen das Ergebnis für einen Übermittlungsfehler hielten und deshalb mit dem Ergebnis 10:1 für England aufmachten. Dass aber ein amerikanischer Fußballer als würdig erachtet wird, beim hiesigen Meisterschalenmagneten anzuheuern, ist dann doch noch mal etwas Besonderes: Landon Donovan, zuvor schon zwei Mal bei Bayer Leverkusen gescheitert, wechselt zu Bayern München, wobei die Vokabel gescheitert hier noch untertrieben klingt. Bei seinem zweiten Versuch in der Saison 2004/2005 absolvierte er gerade mal 7 Spiele für Bayer Leverkusen mit dem Resultat einer Torvorlage. Noch ernüchternder wurder er 6x dabei nur eingewechselt und 1x ausgewechselt; somit stand er nur ein einziges Mal überhaupt von Beginn an auf dem Platz. Nicht besser erging es ihm bei seinen zwei Einsätzen in der Champions League im Achtelfinale gegen den FC Liverpool: Beide Male wurde er nur eingewechselt und schied mit Bayer durch zwei 1:3-Niederlagen aus.

Endergebnis dieser kurzen Eskapade war die Flucht zurück in die MLS, wo er — zuvor von San Jose Earthquakes kommend — bei LA Galaxy anheuerte, dort allerdings immer mehr zu einem der prägenden Gesichter der MLS wurde.

Wie sind Donovans Chancen bei seinem dritten Versuch in der Bundesliga, und auf welcher Position wird er überhaupt spielen?

Dass Donovans Chancen auf einen Durchbruch in der Bundesliga in seiner Heimat nicht allzu rosig gesehen werden, zeigt das Interview in Jürgen Kalwas Beitrag vom November zu diesem Thema. Gleichzeitig sehen wir dort nicht nur einen absolut vom Gegenteil überzeugten Jürgen Klinsmann, sondern lesen auch ein Interview mit Joshua Meyers von The Beautiful Game, der Donovans Chancen wesentlich besser einschätzt als die vermeintlichen Experten vom TV.

So haben auch wir heute ein paar Fragen an einen hiesigen Experten für Landon Donovan, auch wenn dieser angesichts der Kürze von Donovans Aufenthalten in Deutschland nur ein kleiner Experte sein kann. Jens Peters von Catenaccio beantwortet uns einige Fragen zu diesem trotz seines geringen Alters (Jahrgang 1982) schon mit recht hoher Stirn geplagten potenziellen neuen Liebling Jürgen Klinsmanns:

Jens, wie sind Deine Erinnerungen an die beiden Versuche Donovans, sich bei Bayer Leverkusen durchzusetzen und hast Du überhaupt noch eine Erinnerung an dessen ersten Versuch?

Tatsächlich ist es schwierig, sich an die erste Zeit von Landon Donovan zu erinnern. Es hieß, man habe ein Jahrhunderttalent verpflichtet, aber gesehen hat ihn keiner. „Zu weit vom Kader weg,“ waren Berti Vogts‘ Worte damals. Dass dies wohl in doppelter Hinsicht gemeint war, ahnten die wenigsten. Der junge Mann kam wohl überhaupt nicht mit Europa klar, worunter dann auch das spielerische Leistungsvermögen litt und dann war er auch schon wieder weg.

Für den Fan an sich war das nicht so wild, denn einem 18-jährigen Talent kann man ruhig etwas Entwicklungszeit gönnen und schließlich war Donovan ja auch nur in die Staaten ausgeliehen. Kritischer wurde das Ganze, als er dann drüben für die US-Nationalmannschaft und in der Liga immer besser wurde und wirklich gute Leistungen abrief. 2002, nach einer tollen WM mit den USA, sollte er dann wieder in die Bundesliga, aber so richtig wollte er nicht. Das stieß übel auf. 2005 kam er dann ins Rheinland zurück, rutschte aber in ein Team, das zwar Potenzial hatte, aber irgendwie nicht zusammenpasste. Donovan kam erneut nicht zurecht und verabschiedete sich mit einem erbärmlichen Spiel gegen Liverpool, in dem ihm die komplette Verunsicherung anzusehen war.

Wurde damals in irgendeiner Form publik, dass Donovan so gut deutsch spricht, wie Jürgen Kalwa es in seinem Beitrag erwähnt? Gab es Bayer-interne Interviews oder mal sonst einen Kontakt mit den Fans?

Ehrlich gesagt kann ich mich da an nichts erinnern, aber das soll auch nicht unbedingt etwas heißen. Es wundert mich im Nachhinein allerdings schon, denn Sprache begünstigt ja bekanntlich Integration und die hat ja sonst gar nicht bei ihm geklappt. Weder auf dem Platz, noch daneben.

Woran, glaubst Du, ist er damals gescheitert und wer waren seine Hauptkonkurrenten im Team? Würdest Du diese aus heutiger Sicht auch noch als stärker als Donovan damals einschätzen?

Schwer zu sagen. Zum einen gab es da den Fußballer, der ein unglaubliches Talent hatte und in seinem Land sehr gefördert wurde. Auf der anderen Seite gab es den Menschen, der wiederum ein intaktes und heimeliges Umfeld benötigte, um gut spielen zu können. Ich glaube beim Umfeld hat es dann gehapert, obwohl man in Leverkusen ja alles probiert, um ausländische Spieler zu integrieren. Vielleicht hätte man dafür aber seine Frau bzw. seine Familie mit nach Deutschland holen müssen. Hinzu kamen dann die Erwartungen der Amerikaner, die ihn als Botschafter des US-Fußballs gesehen haben, sowie die Ansprüche der Trainer und Fans in Leverkusen, denen Donovan nie gerecht werden konnte. Ebenfalls ungünstig war, dass das Leverkusener Team 2004/2005 zwar ungeheures Potenzial hatte, aber nicht wirklich ein Team war. Schwer für einen Spieler, dann mitten in der Saison dazu zu stoßen. Ponte, Freier, Schneider, Krzynowek, Babic, Bierofka, Ramelow spielten damals um die Plätze im Mittelfeld. Von denen spielt im Moment eigentlich kaum mehr einer auf Bundesliga-Niveau, von daher hat sich Donovan vielleicht zum Positiven verbessert.

Und wie schätzt Du die aktuellen Chancen für Donovan ein, gerade unter der Prämisse, dass Podolski nun ohnehin ein Dead Man Walking ist?

Gut. Wie schon aller Orten beschrieben wurde, scheint er wesentlich gefestigter zu sein als vor ein paar Jahren. Niemand erwartet den ganz großen Wurf von ihm. Als die Bayern ihn zum Probetraining bestellten, haben erstmal alle gelacht, aber Klinsmann ist ja US-Kenner und ein großer Fürsprecher von ihm, so dass ich glaube, dass er mehr Spiele machen wird als bei Bayer damals. Die Testspiele waren ja schon sehr vielversprechend.

Wo waren damals die Stärken und wo, vermutest Du, wird er diese heute bei Bayern einsetzen können?

Donovan spielt Fußball. Das ist seine größte Stärke. Er kann dribbeln, den Ball behaupten, er ist schnell und schussstark, wenn er nicht groß darüber nachdenkt, was er da macht. Leider hat er das damals nicht wirklich zeigen können. Vielleicht ja dieses Mal bei den Bayern.

Mich würde noch interessieren, ob Du tatsächlich Parallelen zwischen Podolski und Donovan siehst, wie es in Deiner Frage vielleicht anklingt.

Nein. Ich denke, unterschiedlicher können Typen kaum sein, was aber auch daran liegt, dass Podolski nun mal ein ausgemachter Stiesel ist. Könnte man sich vorstellen, dass er nach Spanien oder Italien geht und dann nach ein paar Monaten die Sprache spricht? Spielerisch mögen die beiden sich näher sein als sie das mit Klose oder Toni sind, auch Podolski steht nicht gerne mit dem Rücken zum Tor, sondern kommt von etwas tiefer und hat auch durchaus seine Stärken im Dribbling. An ein Kopfballtor kann ich mich von Podolski aber nicht erinnern, während Donovan schon in der Vorbereitung häufiger per Kopf traf. Und dass Podolski trotz aller Instinktfußballerei mancher Begriff von Taktik abgeht, sah man immer wieder, etwas, was ich mir beim gereiften Donovan nicht mehr vorstellen kann. Aber da die Bundesliga deutlich schneller ist als die MLS, bin ich wirklich gespannt.

Vielen Dank für Deine Einschätzung, Jens.

Soweit die Antworten von Jens Peters. Die tatsächliche Antwort auf alle Fragen liegt natürlich — 5 Euro ins Finanzfond-Schwein — auf dem Platz. Bislang hat Donovan sich bei Bayern München aber offensichtlich schon ordentlich eingefügt, wie diese 1, 2, 3, insgesamt somit 4 Tore aus Vorbereitungsspielen der Bayern zeigen.

Und auch auf seiner Webseite (die selbstredend immer offene und ehrliche Texte fernab jedes reingewaschenen Marketinggedöhns veröffentlicht, so wie eigentlich alle Spielerseiten) klingt es so, als gefiele es ihm in München. Ausgerechnet Natürlich in Miroskloff Klose fand Donovan einen redegewandten, weltoffenen und stets am Schicksal anderer interessierten Mitspieler, der noch dazu Etliches über die Stadt München zu berichten weiß, weil er so gesellig ist und Jan und Mann dort kennt:

Question: Welcome to Bayern! We hope you enjoy your time here and stick on for years! Is there anyone on the team that is helping you adjust to Germany?

Answer: Miro is the main one of the three or four players on the team who has welcomed me with open arms. He helps me constantly, when we are really competitors for places in the line-up. He’s always asking me how I‘m doing in Munich, which is really nice to hear. Miro is an absolute top professional.

Warten wir ab, wie Donovan schließlich einschlagen wird, vielleicht wechselt er ja demnächst für 10 Millionen Euro zum 1. FC Köln.

(Den Text gibt es auch mit rosa Schleifen auf Catenaccio.)

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Soccer, wie geht das noch mal?

Die bedauerlichen Menschen, die in den USA versuchen, Fußball zu spielen, müssen sich immer wieder mit neuen Irrungen und Wirrungen auseinandersetzen, wenn sie im Land der Big Dreieinhalb unsere dort exotische Sportart ausüben wollen. Angefangen dabei, dass Fußball immer noch als Frauensport gilt, über die Sache mit dem Unentschieden, das kein Mensch dort kennt, ist es zudem weiterhin schwierig, einen Platzwart zu finden, der sich mit dem regelgerechten Verlauf der Linien im Fußball auskennt.

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Ich sehe was, was Du nicht siehst

Man erinnere sich an den alten Nick Hornby, der da ja schrieb, dass er mit den Fans von Wolverhampton Wanderers mitfühle, welches irgendwann in den 1950ern zwei, drei Mal Meister wurde und seitdem — gar nicht mehr. Als kleiner Junge dachte er, Meisterschaft, das sei so etwas, was in schöner Regelmäßigkeit reihum ginge. Nun warten Fans der Wolverhampton Wanderers schalke-esk seit den 1950ern auf eine Wiederholung des Titelgewinns, allein: vergeblich.

Seit Einführung der „neuen“ Premier League wurde neben Manchester United, dem FC Arsenal und dem FC Chelsea mit den Blackburn Rovers genau ein Außenseiterteam Meister. Klar, bei Wettbewerben mit Turniercharakter ist die Außenseiter-Durchlässigkeit aufgrund der geringen Zahl der Spiele etwas höher, dennoch sind Turniere wie die WM 2002, bei der wirklich alle Großen früh die Segel strichen, selten. Als Selbstverständlichkeit darf man bei der winzigen Zahl von 4 Teilnehmern an einem Halbfinale aus entweder über 200 oder knapp 50 Kandidaten dennoch nicht nehmen. Man muss nur die Zahl der „Großen“ in Europa zusammenzählen und kommt zur Konsequenz, dass es für je nach Maßstab 3-5 Große einfach nicht reichen kann. Umso bemerkenswerter ist jene Bilanz, der gestern nur ein weiteres Kapitel der langen fußballdeutschen Erfolgsgeschichte angehängt wurde:

möglich gespielt verpasst
WM 82 Finale 7 7 0
EM 84 Vorrunde 5 3 2
WM 86 Finale 7 7 0
EM 88 Halbfinale 5 4 1
WM 90 Finale 7 7 0
EM 92 Finale 5 5 0
WM 94 Viertelfinale 7 5 2
EM 96 Finale 6 6 0
WM 98 Viertelfinale 7 5 2
EM 00 Vorrunde 6 3 3
WM 02 Finale 7 7 0
EM 04 Vorrunde 6 3 3
WM 06 Dritter Platz 7 7 0
EM 08 Finale 6 6 0

So sieht „meine“ Bilanz aus, da ich 1982 bezogen auf große Fußballturniere erwacht bin. Das bedeutet auch: Von den möglichen 88 Spielen, die Deutschland hätte machen können, haben 75 stattgefunden. Ich habe also dank des langfristig gesehen überragenden Erfolgs der deutschen Mannschaft nur schlappe 13 mal keinen Fußballabend mit deutscher Beteiligung gehabt, der hätte sein können, und man muss schon sehr undankbar sein, um das nicht zu würdigen zu wissen.

Einfach nur nach Österreich, in die Schweiz, nach Polen, selbst nach Frankreich oder England schauen, um zu sehen, wie gering die bundesdeutsche Quote an nicht stattgefundenen Spielen ist. In den Jahren 82 bis 92 waren es glatt nur 3 Spiele in einem Jahrzehnt, die nicht stattfanden. Nimmt man die Zeit ab der WM 1970 hinzu, wird es nicht schlechter, eher besser. Verpasst nur das Finale der WM 1978, ansonsten alle möglichen Spiel mitgemacht.

Hat da jemand über unansehnlichen Fußball gejammert? Sicher nicht so unansehnlich wie ein Spiel, das gar nicht stattfindet.

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Und immer diese hohen Managergehälter (bei geringer Leistung)

Zeit-Management, keine Ahnung, ob das auch zu Olli Bierhoffs Aufgabengebiet gehört, wenn er nicht gerade Seminare im Uhrenzusammenbauen oder vorläufige-Kader-Verkündungs-Zelebrierungen auf der Zugspitze organisieren muss. Wäre aber schön, schließlich ist ein Manager gemeinhin dazu da, zu managen. Das mit dem Zeitmanagement hat er aber noch nicht so wirklich heraus, vor allem — Skandal für einen Manager — setzt er gerade dabei die falschen Prioritäten.

„Um Standardsituationen zu trainieren, fehlte bislang die Zeit.“

So wird Jogi Löw irgendwo zitiert und man darf anfügen: Kein Wunder, wenn man dauernd mit der Familie rumhängen darf, Basketball spielt oder ansonsten unmotiviert freie Nachmittage ausschenkt.

Bei der WM 2006 hatten — damals noch — Jürgens Jungs schon keine Zeit gehabt, Standardsituationen zu üben, angeblich, weil die taktischen Defizite so groß waren. Das mag damals gestimmt haben, wenn man sich Metzelder und Podolski anschaut, mag das auch heute noch stimmen. Dennoch halte ich mal abends ne halbe Stunde Freistoß- oder Eckstoßvarianten üben, zumindest mal besprechen, für keinen so arg schlechten Grund, die Playstation, die Freundin oder die Skatkarten (Skat? Klingt ein bisschen nach 1982, dabei war Mertesacker da noch gar nicht geboren.) wegzulegen und sich auf die eigentliche Aufgabe vorzubereiten. Aber nun gut, so ein freier Nachmittag, das ist ja speziell für die Herren Lehmann, Podolski, Metzelder, aber auch Schweinsteiger und Frings oder Odonkor etwas total Neues in dieser Saison und so ist ein solcher nun mal wichtiger als eine erfolgreiche Standardsituation beim „großen gemeinsamen Ziel“.

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Unbekanntes aus … Klagenfurt

… Klagenfurt.

Klagenfurt heißt gar nicht Klagenfurt, sondern Klagenfurt am Wörthersee. Das ist seit 2007 so. Hier waren ähnlich Komplexbeladene am Werke, die ihrer Stadt noch das Portiönchen Extravaganz verleihen wollten, was sie eben nicht hat, wie in Rothenburg ob der Tauber, Newcastle-upon-Tyne oder Bad Berleburg. Klagenfurt am Wörthersee. 22 Buchstaben für ein rien ne va plus.

Klagenfurt besitzt zusammen mit der Stadt Wiesbaden die älteste Städtepartnerschaft der Welt, und zwar seit 1930. Muss etwas seltsam gewesen sein, als man dann 1938 plötzlich im selben Staate lebte. Aber solche Partnerschaften innerhalb eines Staates gibt es ja auch in Deutschland, wo Städte aus der alten Bundesrepublik eine Partnerschaft mit Städten aus den NFL FNL haben. Städtepartnerschaften sind eine der überflüssigsten Einrichtungen dieser Welt. Man sollte lieber zu Hause bleiben und was für die Schule tun.

Klagenfurt ist mit nur 92.000 Einwohnern bereits die sechstgrößte Stadt in Österreich. Auf Platz 1 liegt natürlich Berlin, gefolgt von Graz, Linz, Innsbruck und Salzburg. Und bis auf die Stadt „Superpfund“ sind das auch schon alle österreichischen Städte, die man gemeinhin kennt. In der Konglomeration Wien lebt mit 2 Millionen Menschen ein Viertel aller Österreicher, eine bessere Quote erreicht international wohl nur noch Montevideo.

Klagenfurt brachte auch den Romancier Robert Musil hervor, bzw. eigentlich war das seine Mutter, aber sonst könnte der Absatz hier nicht wie alle anderen mit dem Wort „Klagenfurt“ beginnen. Musil bewies mit seiner zweiteiligen Trilogie „Der Mann ohne Eigenschaften“ — obwohl bereits 1932 veröffentlicht — schon zu jener Zeit Weitblick auf die EM 2008, bei der Miroslav Klose in diesem Stadion antreten würde.

Klagenfurt hat eine Universität, einen Wörthersee, einen Hauptbahnhof, ein Stadion und irgendwo sogar einen Flughafen. Während man beim Stadion wenig kreativ war („Wörthersee-Stadion“), aber immer noch kreativer als bei deutschen Stadiennamen derzeit, hat die Universität einen Namen wie Hamburg-Mannheimer, Aachen-Münchener oder Callsen-Bracker: Adria-Alpen-Universität. Beim ersten Teil des Namens denkt man unweigerlich an Eisdielen in den an dieser Stelle zu oft zitierten Fußgängerzonen, auf deren Stühlen man immer entweder Schmerzen oder Beklemmungen bekommt, niemals aber das Gefühl von Entspannung. Außerdem sind die Bällchen zu klein. Beim zweiten Teil des Namens denkt man entweder an Schokolade, an einen Ort am Niederrhein oder an Berge. Eine Eisdielen-Schokoladen-Universität — es scheint als sei Klagenfurt ganz nah am Schlaraffenland. Oder alle Klagenfurter sind fett, was aber eher unwahrscheinlich wirkt, weil der „Oggersheimer Koloss“ hier ständig zum Abspecken hinfuhr.

Klagenfurt hat wie gesagt ein Stadion, das Wörthersee-Stadion, das als URL komischerweise unter sportpark-klagenfurt.at zu finden ist, womit wir dann doch wieder bei der deutschen Stadiennamenszenerie angelangt wären. 32.000 Zuschauer fasst es zur EM oder „an der EM“, wie man dort sagt. Nach der EM folgt der Rückbau des Stadions auf eine Kapazität von 12.000 Zuschauern. Die überflüssigen Tribünen werden, wie man es in Entwicklungsländern häufig macht, abtransportiert und an anderen Stadien wieder aufgebaut. Eine nette Idee. Außerdem gewann das Stadion den „grünen Ball“ für besondere Umweltfreundlichkeit. Den grünen Ball. Wow.

Klagenfurt. So weit, so klein.

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Eishockey in Algerien

Warum trägt man eigentlich eine Europameisterschaft — eins der beiden größten Fußballturniere der Welt — in einem Land aus, in dem außer von ein paar Amateuren gar kein Fußball gespielt wird?

Wie die Überschrift schon buchstabenzeigt, wird eine Eishockey-WM ja auch nicht in einem Land ausgetragen, in dem sich niemand für diesen Sport interessiert, geschweige denn, dass ihn jemand ausübt.

Wahrscheinlich war es Josef S. Blatters Wunsch, noch vor seinem baldigen Ableben ein Turnier direkt vor der Haustür zu erleben. Und da die Schweiz in diesen fußballerischen Zeiten alleine als Kandidat nicht in Frage kam, hat man eben diese Nuhr’schen Exoten dazugeholt.

Selbst die WM 1994 in den USA hatte dank der dort lebenden Iren, Italiener und Latinos eine gewisse Fußballatmosphäre zu bieten. Aber Österreich? Das ist ja wie Eishockey in Algerien, Cricket in Deutschland oder Hunderennen in Korea.

Wollen wir hoffen, dass die Österreicher sich ähnlich wie jene Koreaner wenigstens ein bisschen mit diesem Sport anfreunden, auch wenn sie keine Ahnung davon haben. Jubeln sollte man übrigens, wenn der Ball ins Netz geschossen wurde, nicht, wenn er übers Tor fliegt. Ist für Fans des österreichischen Teams aber auch nicht so wichtig, wird eh nicht passieren.

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Konzepte sind Kokolores — Kirmes aber auch

Man hält sich ja gerne daran auf, dass Erich Ribbeck eine schwer blinde Pfeife war, die wirklich gar nichts im Köcher geschweige denn Großhirn hatte, was vielleicht ein bisschen mit Fußball zu Tuna gehabt haben könnte. Und Bashen ist hier ja verboten, seit das allgemeine Bashing-Verbot für kleine Eck-Blogs wie unsereins in Kraft getreten ist. Deshalb wird nicht mehr gebasht, jedenfalls nicht, so lange nicht „mind. ein bashing-freier Raum für das Publikum“ zur Verfügung steht.

Wir waren keine Einheit, sondern ein Haufen von Individualisten. Mit Professionalität hatte das nichts zu tun. Ganz zu schweigen von einer Spielphilosophie, die es bei uns überhaupt nicht gab. Löw hat einen Plan, damals gab es keinen. Es war hanebüchen, was bei uns abgelaufen ist. Eine Truppe wie bei einer Kirmes.

Sagt Markus Babbel, und der muss es schließlich wissen. Weil er dabei war, als die Nationalmannschaft einen der ersten Tiefpunkte vor dem nächsten erreichte: die EM 2000 in Botswana und Holland. Ein peinlicher Auftritt, in jeglicher Hinsicht. Babbel lässt sich mit Didi Hamann von der FOTO-Zeitung beim Saufen in Köln erwischen. Oliver Bierhoff, damals noch oder schon oder zwischendurch Mannschaftskapitän, verletzt sich beim einzigen öffentlichen Training schwer an der Krawatte und muss sofort von einem Helikopter in eine Krawatten-Rettungsklinik in Colorado, USA, geflogen werden. Oliver Kahn ist während des gesamten Turniers, der einzige, der mitspielt, neben Mehmet Scholl natürlich, der aber wieder mal beweist, dass Oliver Kahn unrecht hat: „Musse alleine de Spiel gewinne“ geht eben nicht, wenn man neben sich nur Gurken, Kroepoek und anderes genmanipuliertes Gemüse rumstehen hat. Zumindest wenn — so ehrlich darf man sein — da kein Trainer steht, der das Gemüse nicht wenigstens auf die höchste Stufe der Mikrowelle richtig eingestellt hat.

Einem peinlichen 1:1 gegen Balkan folgt ein noch peinlicheres 0:1 gegen England, und diesmal war es gar nicht Oliver Kahn, der in dem entscheidenden, großen Spiel gepatzt hatte (der Druck, unmenschlicher (man sollte eine Extra-Fußnote für diesen Ausdruck anlegen, auf dass man immer auf diese Fußnote verlinken kann, wenn nötig)), sondern der Rest der Gurkentruppe. Die erste Turnier-Spiel-Niederlage gegen England seit 36 Jahren und wer war schuld? Natürlich Kokolores-Ribbeck. Dem hätte man aber nicht mal eine Homegrow-, sack- und Baumarkttruppe anvertrauen dürfen zu dieser Zeit. Weshalb fraglich bleibt, wieso Babbel, Nowotny und Scholl und Co. auf dem Platz nicht einfach gemacht haben, was sie wollten: Hätte der olle subjektiv-objektive Ribbeck doch eh nicht gemerkt, wenn sie ihre Positionen verlassen hätten. Er hätte vielleicht einmal kurz versucht zu pfeifen, auf dem Unterarm, wie es ansonsten Rehhagel immer tut. Da das Getute (Delling -1) in Stadien aber ohnehin immer so laut ist, dass niemand ernsthaft ein Gepfeife (auf dem Unterarm) von der Bank hören würde, hätten alle einfach so tun können, dass sie nichts hören und sich nachher beim Feiern über den Gewinn des Coupe-Joules-Flambiert einen in den nicht vorhanden Trainer lachen können, dass sie trotz ihres Trainers Weltmeister geworden wären. Nach amerikanischen Maßstäben jedenfalls.

Insofern ein Armutszeugnis für die Truppe von 2000. Die Truppe von 1996 gewann schließlich auch trotz Trainer.

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101

Schon immer wollte ich einen Beitrag mit diesem Titel schreiben, obwohl ich kein Fan von Depeche Mode bin. Trotzdem: Nun ist es endlich möglich, der FIFA-Coca-Cola-Weltrangliste sei großer, herzlicher Dank. So unnötig eine Weltrangliste von Fußballmannschaften, die nie zusammen in einer Liga spielen, auch ist: Heute gibt es wieder etwas Bemerkenswertes zu berichten.

Österreich, seines Zeichens Gruppengegner der deutschen Nationalmannschaft bei der EM 2008 (hat da jemand „Euro“ gesagt?), befindet sich auf dem aufsteigenden Ast. Von Platz 102 jetzt auf Rang 101 in dieser famosen, aussagekräftigen Weltrangliste gestiegen, und da zweifle noch einer an den Chancen Österreichs in der Vorrundengruppe mit Polen, Kroatien und Deutschland. Polen auf 27, Kroatien auf 13 und Deutschland auf 5. Ein Klacks, sozusagen, für Österreich, diesen Rückstand — der ja gar keiner ist, weil die Weltrangliste nun mal nur ein Konstrukt ist, das nichts mit dem Spiel zu tun hat — aufzuholen. Selbst konstruierte Rückstände aufholen, das ist einfach.

Es ist bekannt, wir hatten das Thema der Weltranglistenplatzierung Österreichs hier schon einmal. Aber eine dreistellige Platzierung war es damals noch nicht, und dass Platz 101 jetzt eine Verbesserung zum Vormonat darstellt, ist auch schon wieder ein leichter bis mittlerer Skandal.

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Dr. Oetker oder Der große Mr. X

Ungeachtet des kleinen Hinweises, allerdings nur um zwei Ecken, im Titel, wartet hier mal wieder ein schwereres Rennen auf Euch. Allerdings ist es auch schnell zu Ende, wenn jemand die Antwort weiß und hier hinterlässt. Das wenig legendäre 1:2 gegen Bulgarien im Viertelfinale der WM 1994, bei dem Deutschland zum ersten Mal seit 1978 wieder bei einer Weltmeisterschaft vor dem Halbfinale (oder dessen Entsprechung) ausschied, ist allseits bekannt. Auch die Aufstellung dürfte keine größeren Probleme bereiten, wenn da nicht ein kaum zu vermutender Name zwischen all den heute zumindest medial noch als Größen existierenden Spielern auftauchte:

Bodo Illgner — Lothar Matthäus — Jürgen Kohler, Thomas Helmer – Thomas Berthold, Guido Buchwald, [der große Mr. X] – Thomas Häßler, Andreas Möller – Rudolf Völler, Jürgen Klinsmann

Trainer: Hans-Hubert Vogts

Eingewechselt wurden übrigens Thomas Strunz (somit schon der vierte Thomas auf dem Spielfeld) und Andreas Brehme, die beiden können es also auch nicht gewesen sein.

Wer könnte der fehlende Mr. X sein und die Frage sei auch erlaubt: Was hatte der überhaupt da zu suchen? Sollte dieses Spiel schon vor dem dritten Kommentar wieder im Rohr krepieren, gibt es beim nächsten Mal wieder Spiele, bei denen ganze Kader zusammengesucht werden müssen. Also, wir werden sehen.

PS: Wer googlet, fliegt raus (aus seinem eigenen Vergnügen).

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Danke

Ich vergaß, Danke zu simsen, zu sagen. Es tut mir leid, Mrs. englisches Wort für Geschoss unter dem Erdgeschoss, ein Nachname, den auch der Gladbacher Stammtorwart lange trug. Die Nachricht erreichte mich spät am Abend, eigentlich nicht zu spät, um darauf zu reagieren. Ich war aber zu jener Zeit nicht ansprechbar.

Die nette Dame sagte:

Die Deutschen haben wirklich sehr gut gespielt und sie haben es nicht verdient, im Halbfinale auszuscheiden, nach so einer guten Leistung.

Sie sagte das alles natürlich auf Englisch, ihr Deutsch war nicht so gut, Recht hatte sie aber trotzdem. Ich sicherte die Pistole und überlegte mir, dass es vielleicht doch Sinn machen würde, noch eine weitere WM zu erleben. Danach stieg ich vom Höckerchen, lockerte die Schleife um meinen Hals und betrachtete die vor mir ausgebreiteten Landminen nur noch als Scherz. Was so eine SMS doch alles bewirken kann.

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Wan-Tatsch-Fußball

Früher kamen Entwicklungen und Trends aus den USA mit fünf Jahren Verspätung hier an, jene aus Großbritannien ungefähr ein Jahr nach ihrer Entstehung. Zu Zeiten von wuwuwu und damit einhergehenden Möglichkeiten haben sich diese Abstände dramatisch verkürzt.

Außer beim Fußball.

Da spielt die Bundesliga noch mit Libero (Nürnberg, Duisburg) und hält den Ball so lange, dass das Großhirn gar keine andere Wahl hat, vorm Stream sitzend auf Stand-By zu schalten, eine Einrichtung, die man auch unter der Bezeichnung Schlaf kennt.

Gestern das Spektakel im Namen Guiseppe Meazzas hingegen war großes Golf und man darf die Frage stellen, wieso so etwas mit 20-Jährigen schaffbar ist, welche hierzulande erst noch in die Provinz zum Lernen geschickt würden, statt sie direkt an Ort und Stelle und vor allem mit den eigenen Methoden zu verbessern um sie schlussendlich dazu zu verwenden, wofür man sie zu sich geholt hat: um den bestmöglichen Fußball zu spielen.

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Super-Bowl-Live-Ticker

Wir berichten live vom amerikanischen Fußball, die USA mittlerweile auf Platz 20 der FIFA-Coca-Cola-Weltrangliste:

Was macht er da? Er nimmt den Ball in die Hand, völlig unnötig in dieser Szene! Rote Karte für Eli Manning. Die New York Giants nur noch zu fünfundvierzigt.

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Fußball ist ein Spiel der Spieler (nicht der Trainer)

Na, da kann ich ja einpacken hier.

Während alle Welt nach Green Bay blickte, um die Packers dort unformidabel ausscheiden zu sehen, während allesaussersport dann später doch weg von Cover-It-Live (oder so) wieder auf Handbetrieb umstellte, klärt uns Jürgen Klinsmann im Interview bei der ZEIT darüber auf, warum Fußball in den USA noch nicht wirklich angekommen ist:

Bei Basketball, American Football und Baseball handelt es sich, wie die Amerikaner sagen, um coaches games, um Mannschaftsspiele, die wesentlich durch das Eingreifen des Trainers von außen bestimmt werden. Fußball hingegen ist ein klassisches players game, ein Spiel, das von den Spielern bestimmt wird. Die Amerikaner versuchen immer noch, Fußball zu spielen, als sei es ein coaches game. Dadurch entsteht eine irrsinnige Hektik, weil permanent alle Trainer von außen auf die Spieler einreden. Das ist einer der Gründe, warum der Fußball, so wie wir ihn kennen, in Amerika eigentlich noch gar nicht angekommen ist.

Soso, ein Spielers Spiel ist Fußball also. Und die Trainer haben — während des Spiels — nicht so viel zu melden. Das könnte man durchaus ändern, wenn man denn wollte, dafür müsste man aber a) mehr trainieren und b) intelligentere (im Sinne des Spiels) Spieler zur Verfügung haben. Das wird es in Deutschland so lange nicht geben, wie beim Einkauf eines Spielers immer noch auf die bei Arsenal und Manchester United längst gang und gäbe seienden Intelligenz- und sonstigen Persönlichkeitstests verzichtet wird.

Andererseits ist auch Walerij Lobanowksyi mit Dynamo Kiew und der sowjetischen Nationalmannschaft nicht gänzlich erfolglos gewesen, sich bewegt oder gar gesprochen hat er während eines Spiels aber nie, weshalb auch erst drei Wochen nach seinem Tod auffiel, dass er gar nicht mehr lebt.

Die meisten der Fußballliebhaber sind sich einer solchen Unterscheidung überhaupt nicht bewusst, im Zweifelsfalle, hätten sie die Wahl, votierten sie wohl ohnehin dafür, Fußball ein Spielers Spiel sein zu lassen. Ich als Trainer muss und möchte dem widersprechen: Würde nur endlich eine verdammte originelle Freistoß- oder Eckstoßvariante dauerhaft zu Erfolg führen, sofort wären alle der Meinung, dass ein Trainers Spiel irgendwie doch schöner ist, denn Erfolg, darum geht es ja letztlich allen, die zuschauen und sich identifizieren, macht sexy.

Sobald sie dann wieder selbst spielen, möchten sie natürlich gerne zurück zum Spielers Spiel, damit sie ihren Spieltrieb ausleben können und auf keinen Fall in so etwas wie vorgefertigte Spielzüge gepresst werden.

U. a. deshalb bin ich auch Trainer und viel weniger Spieler: Weil ich diese infantile Verspieltheit innerhalb eines Systems, in dem man durch festgelegte Muster mit viel größerer Wahrscheinlichkeit zu Erfolg käme, hasse. Hass ist übrigens das andere Ende der Dimension „Liebe“. Das Gegenteil zu Liebe schimpft sich Gleichgültigkeit.

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