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Erste schwarze Spieler in Fußballnationalmannschaften

Anlass war ein Link von Lizas Welt zu einem Blog-Beitrag des Independent, der sich mit einer italienischen (!) Karikatur von Mario Balotelli als King Kong (welcher ein Affe ist) beschäftigt. In diesem Beitrag fällt auch der Name Viv Anderson, welcher der erste schwarze Spieler in der englischen Nationalmannschaft war.

Landläufig wurde dem Zuhörer Mario Balotelli während der EM als erster schwarzer Spieler in der Nationalmannschaft verkauft. Als geübter Korinthenkacker glaubt man das natürlich nicht, ohne es selbst geprüft zu haben. Der erste schwarze Spieler der Squadra Azzurra war im Jahr 2001 Fabio Liverani. Angesichts der Entwicklung der Menschenströme in und durch Europa ist auch 2001 immer noch sehr spät, aber eben nicht erst 2012.

Davon inspiriert begann der Blick auf die Jahreszahlen, in denen andere Fußballnationen zum ersten Mal einen Spieler mit dunkler Hautfarbe in ihre Nationalmannschaft beriefen und auch aufstellten. Die Zahlen sprechen erst einmal für gar nix, außer für sich selbst. Chronologisch sortiert bietet sich folgende Liste:

1881 Schottland: Andrew Watson
1914 Brasilien: Artur Friedenreich
1931 Frankreich: Raoul Diagne
1931 Wales: Eddie Perris
1937 Portugal: Guilhermo Esperito Santo
1950 USA: Joe Gatjens
1951 Schweiz: Raymond Bardel
1960 Niederlande: Humphrey Mijnals
1965 Österreich: Helmut Köglberger
1970 Australien: Harry Williams
1974 BR Deutschland: Erwin Kostedde
1978 England: Viv Anderson
1979 Irland: Chris Hughton
1987 Belgien: Dimitri M‘Buyu
1990 Schweden: Jean-Paul Vondenburg
1994 Dänemark: Carsten Dethlefsen
1994 Griechenland: Daniel Batista
1998 Spanien: Vicente Engonga
1998 Norwegen: John Carew
2000 Polen: Emmanuel Olisadebe
2001 Italien: Fabio Liverani
2002 Japan: Alex
2004 Kroatien: Eduardo
2006 Türkei: Mehmet Aurelio
2011 Tschechien: Theodor Gebre Selassie
Russland, Ukraine: Fehlanzeige.
Argentinien, Uruguay: keine Antwort gefunden.

Alle Daten ohne Gewähr. Falls also jemand bessere Informationen hat, gerne her damit.

Dann allerdings sprechen die Zahlen doch dafür, dass ehemalige Kolonialmächte qua Möglichkeit deutlich früher begannen, Schwarze in ihren Nationalteams aufzustellen, während ehemalige Ostblockstaaten die Nachzügler bilden, wohl da Immigration lange Zeit nicht möglich war.

(Etwaige Diskussionen, dass Hautfarbe ein Kontinuum ist, und es genauso wenig Klassen bei Hautfarben geben kann wie es Rassen unter den Menschen gibt, dazugedacht.)

28 Kommentare

  1. Danne Danne

    2002 Japan: „Alex“ bzw. Alessandro Santos

  2. Georgie Best Georgie Best

    Gerald Asamoah

  3. für Österreich: 1965 Helmut Köglberger (Sohn eines afroamerikanischen US-Soldaten mit einer Österreicherin)

  4. Ja, auch da spiegelt sich deutsche und österreichische Geschichte, denn auch Erwin Kostedde ist der Sohn eines amerikanischen Soldaten und einer deutschen Mutter.

    Köglberger. Nie zuvor gehört, aber jetzt. Vielen Dank.

  5. Gunnar Gunnar

    1923 Uruguay: Jose Leandro Andrade ? (der beste Spieler bis Pelé kam, aber war er der erste Schwarze für Uruguay?)
    1951 Schweiz: Raymond Bardel
    1990 Schweden: Jean-Paul Vondenburg
    2004 Kroatien: Eduardo

  6. Eduardo Alves da Silva, brasilianischer Herkunft und dessen Verletzung einst die Youtube-Welt erzürnte, spielt seit 2004 für Kroatien. Ob er der Erste war? Gute Frage!

    Wie sieht’s mit Schweden und Henrik Larsson aus? Mit John Carew und Norwegen?

  7. Sidan Sidan

    Ein ehemals brasilianischer Spieler namens Marco Aurelio wurde nach jahrelanger Aktivität in der Türkei kurzerhand zu Mehmet Aurelio und daraufhin zum ersten nichttürkischstämmigen und damit auch zum ersten schwarzen Nationalspieler der Türkei.

    Habe gerade geschaut, 2006 wurde er erstmals nominiert. 2008 war er bei der EM dabei, das weiß ich aber gar nicht mehr, zwecks Spieltyp unauffälliger Mittelfeldstratege. Inzwischen aber in die Jahre gekommen und vereinslos, der Gute.

  8. Ich biete Joe Gaetjens für die USA an. Sohn eines deutschstämmigen Vaters. Auf Haiti geboren und dort auch vermutlich von den Schergen der Diktatur Anfang der sechziger Jahre umgebracht. Zwischendurch lebte er in den USA und spielte dort auch für die Nationalmannschaft, später spielte er auch noch für Haiti. http://soccernet.espn.go.com/world-cup/story/_/id/4937012/ce/us/real-story-1950-world-cup-hero?cc=5901&ver=us Noch ein Hinweis: der Vater des soeben verstorbenen Gil Scott Heron war ebenfalls ein hervorragender Fußballer, aber wurde wohl nicht in die Nationalmannschaft berufen, sonst wäre er wohl der erste gewesen.

  9. Ich will hier nicht die Kommentarspalte zukleistern. Aber dass der Trainer diesen Uru nicht aufgestöbert hat, überrascht mich. Zitat aus Wikipedia:
    José Leandro Andrade (*1. Oktober, nach anderen Quellen 20. oder 22. November 1901 in Salto; † 4. Oktober nach anderen Quellen 5. Oktober 1957 in Montevideo) war ein uruguayischer Fußballspieler.

    „La Maravilla Negra“ (Das schwarze Wunder) war einer der ersten Weltstars – und der erste Schwarze – des internationalen Fußballs. Andrade galt als bester Fußballer der 1920er Jahre und gewann mit Uruguay 1924 und 1928 die Olympischen Spiele und 1930 die erste Fußball-Weltmeisterschaft.

  10. Danke. Ich hab auch Kroatien, Türkei, Schweiz und Schweden nachgetragen.

    Ich war auch auf Andrade gestoßen, meine englischsprachige Quelle sagte aber, dass er nicht der erste Schwarze für Uruguay war.

    „Der erste Schwarze (womöglich: „Star“) des internationalen Fußballs“ ist ja auch etwas schwammig.

    Sidan, hast Du mitbekommen, dass man hier nach Dir fragte?

  11. Gunnar Gunnar

    Ilja hat bei John Carew wohl recht. Er war der erste schwarze Norweger (1998).

    Habe noch Harry Williams gefunden. Er war 1970 der erste Aborigine in der australischen Nationalmannschaft.

    Zu Uruguay: Vor Andrade spielten bereits Isabelino Gradin und Juan Delgado (1915) in der Nationalelf.

  12. Wie man beim DFB auf Asamoah tippen konnte, erschließt sich mir nicht. Ulf Kirsten war doch schon früher da. Der wurde doch nicht umsonst der „Schwatte“ genant, oder?

    Und ohne Scherz, weit vor Asamoah wäre ja auch noch Jimmy Hartwig gewesen.

  13. Die Frage ist blöd und inkorrekt, aber… wie schwarz muss einer sein, um als „schwarzer Nationalspieler“ durchzugehen? Ist/war Felix Magath schwarz?

    (Frage wegen Fabio Liverani)

  14. Gunnar, Hut ab. Ich merke mal wieder, was Wikipedia doch für eine Narretei ist. Ich habe deshalb mal lieber diese Quelle verlinkt mit den Auffstellungen von der Südamerika-Meisterschaft von 1916 http://www.rsssf.com/tables/16safull.html. Wenn man sich dort weiter durchtastet, kommt man auf eine ganze Liste von Mitwirkenden, die die Fußballstatistiken weltweit führen http://www.rsssf.com/nersssf.html Vielleicht mal ein eigener Blog-Beitrag wert?

  15. moldo moldo

    wenn ich das richtig sehe, dann gab es gestern den ersten farbigen NM-Kapitän ..

  16. thomas thomas

    Was das betrifft, hat Jens dann wohl gestern die entscheidende Frage gestellt…

  17. Christian Christian

    Zu Russland: Ich habe eine Weile gesucht, aber keinen Schwarzen gefunden, der in die Nationalmannschaft berufen wurde. Aber es gibt Leo Nelson, einen Russe, Vater kommt aus Ghana, spielt für den FC Rjasan, der durfte schonmal für die U19-Nationalmannschaft aufs Feld. Konnte leider nicht rausfinden wann, muss aber, da er 1980 geboren wurde, vor 2000 gewesen sein.

  18. Christian Christian

    Selbiges gilt für die Ukraine. 2008 wurde überlegt, Papa Gueye einzubürgern, der spielt für Metalist Charkiv, das hat wohl nicht geklappt, jedenfalls spielt er jetzt für Senegal.

  19. Ich fürchte, dass es noch ein wenig dauern wird, bis man sich traut einen dunkelhäutigen Spieler einzubürgern, damit er für die „Sbornaja“ auflaufen kann. Dazu brodelt der Topf noch zu sehr und dazu hat man dort noch zu viele Probleme mit Rechten (Rechtsgesinnten), die sich ständig mit den Einwanderern aus dem Kaukasus kloppen. Klar, wäre es ein Meilenstein, wenn es tatsächlich einen gäbe, der das Potential hätte. Die Bananenwürfe, die affenartigen Laute etc. lassen mich daran zweifeln, ob Schwarze wirklich für eine solche Nation auflaufen und Pionierarbeit leisten wollen. Zumindest scheint man, Alan Dsagojew als Osseten akzeptiert zu haben…

  20. Heiko Heiko

    Und was ist daran jetzt so spannend? Was hat das mit Sport zu tun? Ich habe den Eindruck, dass einige nur der One-World-Ideologie unterliegen!

  21. Tja, was hat die Anwesenheit von Schwarzen mit Sport zu tun? Keine Ahnung. Vielleicht irgendwas mit dem Auflösen von Rassismus oder so, dem Aufbrechen von kolonialen Strukturen, dem Annähern an eine Welt, in der alle unangesehen ihrer Hautfarbe gleich sind? Vielleicht aber auch nicht.

    Was ist die „One-World-Ideologie“? Noch nie gehört.

  22. Thomas S. Thomas S.

    Einen hab ich noch: José Clayton, Tunesien, 1998

  23. MattG MattG

    Könnte man auf 2 Schwarze in der Nationalmannschaft ausweiten. Scheint kein Problem gewesen zu sein. Aber 3 wären vielleicht doch problematisch. Versteht mich nicht falsch, ich wundere mich nur. Man wird von manchen Kommenaren irgendwie falsch geprägt, man weiss nicht mehr ob die Deutschen jetzt rassistischer sind oder sich davon distanzieren und das Gegenteil eintritt.

    Özil und Gündokan interessiert mich nicht. Zumal die gar nicht mehr die erste Wahl sind. Das ganze Theater war Zeitverschwendung, da haben sich alle reingesteigert. Ich meine die spielen ja bei Putin.

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