Zum Inhalt springen

Schlagwort: Fangesänge

Du hast die Haare schön usw. etc. pp.

Ah, Fußballkultur.

Wie es zuletzt eben immer so ist, habe ich gerade bei Twitter eine Aussage in diesem Text aufs Korn genommen, die da verkürzt lautet:

In der Bundesliga gibt es immer wieder selbstironische Gesänge.

Mir sind kaum welche bekannt, sieht man von der dann und wann auftretenden vermeintlichen Selbstabwertung als „Karnevalsverein“ oder „Penner, die unter Brücken schlafen“ ab, wobei da in beiden Fällen nicht sicher ist, ob überhaupt Ironie im Spiel ist.

Wie sich bei diversen Antworten bei Twitter zeigte, gibt es da aber doch so einiges, was vielleicht weniger bekannt ist, weil es sehr isoliert (nur beim FC St. Pauli) oder nur in unteren Klassen (beim FC St. Pauli oder Union Berlin) auftritt. Ist aber bekanntlich auch Bundesliga.

Damit nicht wieder alles im Twitter-Orkus verschwindet, erlaube ich mir, die Tweets hier als Kommentare einzufügen, sieht nicht schön aus, aber liest sich schön, denn da sind dann doch einige Perlen dabei. Wer sonst noch gelungene Ironie rund um die Bundesliga kennt, möge es gerne ebenfalls eintragen.

29 Kommentare

The Kop loves you

Weil der Clip eine zeitlang bei youtube wieder verschwunden war und — auf einem Bein kann man schlecht stehen — weil heute die überarbeitete Version des Films „Yellow Submarine“ in den USA in ausgewählten Theatern anläuft, noch mal jenen Bericht der BBC aus dem Jahr 1964 eingeworfen, in dem die Menschen auf dem „Kop“ in Liverpool „She loves you“ singen.



7 Kommentare

Die Erfinder des Berlin-Berlin-“Schlachtrufs“

Die Erfinder des 2xBerlin!-Wirfahrendajetztmalhin!-Schlachtrufs im Zuge von Veranstaltungen im DFB-Pokal sind die Fans von Bayer Uerdingen, heute KFC Uerdingen. Zumindest ist das so, wenn man RPO Glauben schenken darf, was oft schwerfällt. Hier allerdings nicht ganz so schwer, war das 1985er-Finale des DFB-Pokals doch das erste, das in Berlin stattfand.

Von manchen Bräuchen nimmt man an, dass sie schon immer zum Fußball gehörten. Dann ist es schwer vorstellbar, dass diese Dinge einmal anders waren. Zum Beispiel sich wegen der (selbst ernannten) Zugehörigkeit zu einem Fußballverein gegenseitig auf die Fresse zu hauen, und dabei so viel Spaß zu empfinden, dass man es freiwillig immer wieder macht. Oder aber eben im DFB-Pokal dieses Berlin-Fahren-usw. anzustimmen, was es erst seit dem 6. April 1985 gibt, als Bayer Uerdingen sein Halbfinale im DFB-Pokal in Saarbrücken gewann. Womit seine Fans sicher sein konnten, tatsächlich nach Berlin zu fahren, bzw. den für sie dazu nötigen Anlass zu besitzen.

Den heute deutschlandweit bekannten Slogan „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“ erfanden die Uerdinger Fans, nachdem ihre Mannschaft am Ostersamstag 1985 das Halbfinale mit 1:0 beim Zweitligisten 1.FC Saarbrücken gewonnen hatte.

So wären die Urheber dieses Slogans schon mal geklärt. Fehlt nur noch die Antwort auf die Frage der Herkunft der „Melodie“.

5 Kommentare

Die (andere) Mutter aller Fangesänge

Kleiner Treppenwitz der Geschichte ist, dass die beiden Fangesänge „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“ und „Olé, hier kommt der BVB“ zur selben Melodie gesungen werden. Normalerweise müsste ich diese unglaubliche Einfallslosigkeit ja anprangern, in dem Fall aber amüsiert es mich. Und zugegebenermaßen haben nur wenige Melodien einen solch ausgeprägten Ohrwurmcharakter.


(Dass „Go West“ im Original von Village People ist, muss man nicht erwähnen? Ja, die mit dem Bauarbeiter. Und ja, Village People wurden bewusst im Hinblick auf eine homosexuelle Zielgruppe gecastet. Deren Song singt heutzutage dann die gesamte Schalke-Arena und das gesamte Westfalenstadion. I like.)

Trotzdem: Die 90er sind genauso vorbei wie die 00er. Zeit für ein neues Mem in den Stadien. Oh stimmt, gab’s ja schon, Seven Nation Army von den White Stripes. Die haben sich aber auch schon aufgelöst, und ihre Melodie war auch nicht ganz so betextungsfähig.

Neue akustische Meme braucht das Land und die anderen Leute drumherum.

Vorschläge, Gromit?

11 Kommentare

Selber singen: Ein Wachtraum

Eines Tages wird es doch noch passieren. Eines Tages fallen Freddie Mercury am Klavier bei den ersten Tönen des Intros von „We Are The Champions“ die Finger ab. Dann ist endlich Ruhe.

Den einen oder anderen Finger wird man später zu horrenden Preisen bei eBay ersteigern können. An der herrlichen Ruhe ändert dieser ansonsten nicht weiter erwähnenswerte Umstand allerdings nichts mehr.

Nicht nur die Fans, sondern auch die Spieler müssen ihre Jubellieder wieder selbst singen. Es könnte sogar sein, dass sie sich dabei etwas einfallen lassen, was Bezug zum Siegerclub, zum gewonnenen Wettbewerb oder gar zu den einzelnen Spielern hat.

Plöck, plöck, fallen ihm die Finger ab, einer nach dem anderen, schlagen auf der Tastatur des Klaviers auf, die Band verstummt und im Fußball singt man endlich wieder Zeilen und Melodien, die etwas bedeuten.

Wachtraum zu Ende.

4 Kommentare

… und immer diese Fangesänge

40 Jahre lang in einer Band E-Gitarre spielen und dabei 80 Jahre lang während der Proben ohne Hörschutz vor dem Verstärker stehen, 120 Jahre lang in einer Großstadt leben, 160 Jahre lang nicht nur gesund leben und 200 Jahre lang im Stadion den Ultras zuhören haben bei mir zu folgendem Ergebnis beim Online Hörtest bei „Kind“ geführt:


[photopress:kind_online_hoertest.jpg,full,centered]

Und Ihr so?

(Nein, weder viral noch überhaupt Werbung.)

Diese Ultras! Das Gehör schädigen sie offensichtlich dann doch nicht — nur das Gehirn, mit ihren elendigen, fiesen Ohrwürmern, gegen die die moderne Medizin anders als bei Hörschäden noch kein Mittel kennt. Ist man mal wieder im Stadion gewesen, bekommt man diese Melodien tagelang nicht aus dem Ohr. Äh, aus dem Hirn.

Hört Ihr mich?

5 Kommentare

Ich trommel, also bin ich

Und wo wir dann schon mal beim Thema Musik sind, gehört auch noch ein kleiner Rant dazu:

Die Trommler in Stadien.

Man sollte ihnen eigentlich die Bürgerrechte entziehen. Nicht, weil sie so dämlich sind, statt das Spiel zu schauen, für vermeintliche Stimmung zu sorgen; nicht, weil sie sich fürn Appel und ne Dauerkarte entwürdigen lassen, als simple Trommelgesellen herzuhalten; nicht, weil sie sich die Trommel dann auch noch vom jeweiligen Club sponsorn lassen, auf dass unbedingt das Vereinslogo auf jenem Fell sei, auf welches sie dann ständig — ohne sich dieses Widerspruchs gewahr zu werden — draufklöppeln wie die Beserker; nein, ganz einfach:

Weil sie nicht trommeln können.

Es wäre sicher nicht unangenehm, bei seinen Gesängen und Spieler-Unterstützungen verbaler Art wenigstens von etwas begleitet zu werden, was der Masse einen gewissen Halt in ihrem Singsang gäbe. Es wäre aber auch nicht allzu bedauernswert, wenn es gar keine Klöppler vor dem Herrn gäbe, weil die Masse sowieso total schief und viel zu schnell respektive langsam singt. Es wäre auch gar nicht unangenehm, wenn diese Glöckner von Notre Dame, die meist auch von der Statur her die Differenzierung zu diesem literarischen Phänomen schwierig machen, wenigstens das beherrschten, wofür man ihnen diese Dauerkarte (oder ein Wurstbrot) gegeben hat:

Dafür, dass sie ordentlich klöppeln.

Nun ist es aber leider so, dass die Mehrzahl jener, die sich solch ein Klöppelgerüst um den Hals und Bauch schnallen, gar keine Ausbildung im Klöppeln hat. Und sich deshalb ständig verklöppelt. In Weihnachtsmessen hat man für die Leistungen, die man klöppelnderweise in Stadien um die empfindlichen Ohren gehauen bekommt, das Publikum schon mal buhen hören. In Weihnachtsmessen, zum Fest des Friedens! Im Stadion wird zwar auch oft gebuht. Zum Glück für die schlechten Trommler meint das Publikum damit allerdings in aller Regel den Gegner.

Und kümmert sich auch um die Klöppler kaum, weil sie ohnehin ein undefinierbares Etwas dahinklöppeln, das so viel Übereinstimmung mit den Gesängen der Fans hat, wie eben jene Dauerkarte für ihre Leistung an der umgehängten Tom-tom.

Das alles würde man ja noch verzeihen können, wer hat nicht am 32. Spieltag schon mal zwei Bier in der Sonne getrunken und wusste nachher nicht mehr, wie dieser ureigene Fangesang jetzt zu beklatschen war?

Das Problem der Insassen der Klöpplerinnung in deutschen Stadien ist nicht die mangelnde Technik, sondern die mangelnde Vielfalt. Sie kennen nur die zwei Rhythmen, die jedes musikalisch spät begabte Kind in der 7. Klasse klatschen kann. Varianz und Kreativität, wie sie auf dem Platz doch allzu gerne gefordert werden: Nullkommanull.

Wie gesagt, Bürgerrechte entziehen. Oder einen Trommelkursgutschein überreichen.

7 Kommentare

Ultras, go home! (Reclaim the game)

Ein wenig spät, dieser Beitrag, ein ganz klein wenig populistisch auch. Ein ganz klein wenig auch davon eingefärbt, dass man hier als Fußballzuschauer im Stadion gerne das Spiel erleben, erfahren und leben möchte, und die x Euronen nicht dafür abgedrückt hat, von sich selbst feiernden Dauergesängen beschallt zu werden, denn sonst wäre man zum Männerchor-Konzert gegangen.

Aber:

Wer ernsthaft glaubt, „der Verein“ zu sein, nur weil er a) manisch zu allen Spielen hinfährt, die dieser Verein irgendwo hat (übrigens beschränkt sich dieses Phänomen nicht auf Fußball allein, es gibt auch durchaus nicht wenige „Fans“, welche einer Band zu allen ihren Konzerten hinterherreisen, so weit das finanziell und von der Entfernung her machbar ist, allerdings schreiben diese Band-Fans den Bands selten vor, wie viele Autogramme sie zu geben haben und welche Songs im jeweiligen Set gespielt werden sollen) und b) ohne jegliches Gespür 90 Minuten lang die gleichen Gesänge singt, gänzlich unabhängig vom Spielstand; wer ernsthaft glaubt, aus diesem seinen befremdlichen Verhalten, welches in der Organisation der Hierarchie der übrigen Teilnehmenden noch dazu äußerst konservativ-militärisch strukturiert zu sein scheint, einen Anspruch auf einen Einfluss innerhalb eines Vereins ableiten zu können, der ist kein „Fan“, der ist kein „Ultra“ oder „Hooltra“ (tolle Wortschöpfung von the one and only Gunter Pilz), der ist vor allem eins:

bescheuert.

Man könnte auch sagen: weltfremd. Vielleicht ist er auch einfach nur jung und ist da zufällig so reingewachsen. Aber ach, der Welt ist er ja gar nicht so fremd. Denn: In den Stadien hat er sich tatsächlich zu so etwas wie einem Staat im Staate heraufgedrangsaliert. Und glaubt jetzt, weil er in seiner Freizeit, wozu ihn niemand gebeten hat, lange Fahnen bastelt, Papierschnipsel (Autist eben) zusammenschneidet, die man dann innerhalb von nur 90 Sekunden in die Luft hält, schmeißt oder sonstwas und vorbei ist der Effekt, dass er einem Fußballverein sagen könne, wo es lang zu gehen habe oder auch nicht.

Und wer dann solche Floskeln benutzt wie (den weinerlichen Unterton bitte dazu denken): „Aber wenn das in Südland (wo auch immer dieses Südland liegen mag) passiert, wird es immer als tolle Atmosphäre abgefeiert, wenn man anderen Menschen mit 1000° heißen Flammen die Beine abfackelt, warum denn hier nicht?“

Wer solch kranker Fan ist, dass er sein Leben einem etwas widmet, das gar nicht existiert, außer in seinen Wahnvorstellungen, der gehört auf die Couch.

Dass das für zig Tausende Fans in Deutschland gilt und nicht nur für die Ultras – geschenkt. Der entscheidende Unterschied zwischen den wenigen, die glauben, der Staat im Staate zu sein, und jenen, die zwar ebenso autistisch sind, aber gewaltfrei, ist, dass Letztere von sich nicht behaupten, der Verein zu sein. Und das hier ist übrigens Napoleon, er hat immer Ausgang zwischen 14h und 16h, dann führt ihn die Schwester im Park herum.

Andere Teil-Aspekte dieser Argumentation, dass z. B. ein Dauergesang ungefähr so spielbeeinflussend und spieler-motivierend ist wie ein 92 Tage lang aufs Wellblechdach prasselnder Monsun, wie das stete Zirpen der Grillen in einer lauen Sommernacht oder wie das Rattern eines D-Zugs auf der Strecke zwischen Warschau und Bordeaux, werden für weitere Beiträge aufgespart, sind aber nicht minder relevant.

Und „Pyrotechnik“ und „Feuerwerkskörper“ findet wohl auch nur jener noch in irgendeiner Form amüsant, dem noch nicht das Trommelfell oder noch mehr im Ohr zerrissen wurde, woraufhin jeglicher Gleichgewichtssinn flöten geht, frag nach bei Georg Koch. Und mit kaputtem Gleichgewichtssinn ist gerne mal ohne Anlass kotzen, weil man nicht mehr gerade stehen noch sehen kann — selbst wenn man bereits auf dem Krankenhausbett liegt.

Aber im Südland — jenem imaginären Traumland der Ultras — gibt es natürlich keine kaputten Gleichgewichtssinne. Abgesehen von den eigenen kaputten Gleichgewichtsinnen in Bezug auf die realen Begebenheiten.

Ein Fußballspiel ist mehr oder minder interessant durch seinen Spielverlauf. Da kann man auf ein paar Fahnen und ein paar Papierschnipsel und ein paar 1000° heiße Flammen verzichten. Denn der Verlauf und vor allem der Ausgang des Spiels entscheiden über die Stimmung. Das allerdings natürlich nur dann, wenn man sich für den Spielverlauf interessiert.

Wir schalten zurück zum Abenteurspielplatz Fußballplatz Krankenhaus Funkhaus.

87 Kommentare

Schießt ein Tor für uns

Früher gab es das nicht.

Den Fangesang „Verein xy, schieß ein Tor für uns!“, der mich mit seiner sinnlich-flehenden Art immer wieder verwirrt, weil es so etwas in einer immer noch testosterongetränkten Fankurve eigentlich nicht geben dürfte.

Das Flehende an dem Gesang wirkt, als solle der Fußballgott beschworen werden.

Das Sinnliche daran ist so fremd in einem Fußballstadion, dass es mich wie gesagt immer wieder umwirft.

Die Komponente, dass hier die sonst üblichen Verhältnisse in einem Stadion umgekehrt werden, darf ebenfalls nicht übersehen werden. Normalerweise feuert der Fan seinen Klub, seine Stadt, sein Land an. Aber er tritt nicht in der Rolle eines Ansprüche Erhebenden an seine Heroen auf dem Rasen auf.

Hier, mit diesem Gesang, ist genau das der Fall. Der Zweck des Toreschießens wird den Spielenden entrissen, nicht derjenige, der selbst spielt, soll möglichst gewinnen und sich daran erfreuen. Derjenige, der zuschaut, soll erlöst und belohnt werden, und der Spielende wird vom Zusehenden dazu aufgerufen, diese Erlösung zu bewirken.

Interessante Umdrehung.

5 Kommentare

„With a Kop like that, you know you should be glad“

Mit dem Veröffentlichen von Blogeinträgen ist es wie beim Anbandeln mit Frauen: Wenn man zu lange wartet, ohne aktiv zu werden, schnappt sie sich ein anderer. Es liegt schon länger hier rum, da fällt dem Direkten Freistoß ein, dass man doch mal in der Videograbbelkiste der 11 Freunde wühlen kann bzw. wühlt gar nicht selbst, sondern lässt die 11 Freunde wühlen und in ihrer eigenen Grabbelkiste finden, was hier nun Thema sein soll. She Loves You gesungen in the Kop. Da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll.

Deshalb schön der Reihe nach:

1. The Kop bot mit damals 28.000 Stehplätzen noch mehr Menschen Platz als die heutige Südtribüne im Westfalenstadion.

2. Der Name „The Kop“ ist niederländisch, bzw. burisch und dient dem Gedenken in Südafrika gefallener Liverpudlians.

3. Damals sangen nicht nur die jungen, sondern zumindest auf diesem Video auch die älteren Zuschauer mit Inbrunst „She loves you“ von den Beatles. Das ist einerseits bemerkenswert, weil der Song damals kein altes „Traditional“ (wie es heute „Yellow Submarine“/“Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ für uns ist), sondern höchstens ein paar Monate alt war. Das Mitsingen der älteren ist auch deshalb bemerkenswert, weil der Generationskonflikt zwischen den jungen Menschen, die so etwas wie die Beatles hörten, und jenen, die lieber Marschmusik hörten und meistens die Eltern derjenigen waren, die die Beatles hörten, viel größere Dimensionen hatte, als es heutzutage der Fall ist. Zwischen Eltern, die mit Jennifer Rush groß geworden sind und deren Kindern, die Sarah Connor hören, wird es wohl kaum aufgrund des Musikgeschmacks noch zu Auseinandersetzungen kommen.

4. Damals sangen 28.000 Zuschauer in „The Kop“ den Beatles-Song „She loves you“ auch, weil die Band nun mal aus Liverpool kam und die Beatles sicher (ich weiß da nichts Genaues nicht) als Teil der Heimat, der regionalen Verbundenheit empfunden wurden. Bemerkenswert auch, weil 28.000 Zuschauer (und der Rest des Stadions natürlich ebenfalls) es immerhin versuchten, mit Kopfstimme das „ooooh“ aus „She loves you“ zu singen. Sie scheinen zumindest in dem Video nicht gänzlich zu scheitern.

5. Damals klatschten die eigenen Spieler begeistert mit, wenn die Zuschauer sangen.

6. Wir wollen nicht vergessen zu erwähnen, was aus genau dieser mit Krawatten und Pilzkopf-Frisur optisch nahezu gleichgeschalteten Masse später erwuchs: Jener Hooliganismus, der für üble späte 1970er im Fußballfanbereich, für Heysel und für die Verbannung britischer Mannschaften aus dem Europapokal sorgte, was schließlich zur Verbannung der Stehplätze in internationalen Begegnungen führte. Natürlich sind nicht die dort Anwesenden Schuld an dieser Entwicklung. Die faszinierende Dynamik dieser Massen, dieses Unkontrollierbare, was hier auf dem Video aussieht wie „Schunkeln“, verdeutlicht eindrucksvoll, dass all das sich natürlich auch jeder Zeit genauso in eine andere Richtung bewegen kann, ohne dass man eine Chance hätte, es zu stoppen.

7. So etwas wie eingespielte Fan-Wurst-Songs aus der Dose schien es damals noch nicht zu geben. Ich muss zugeben, keiner meiner Bekannten ist in einem Gesangsverein. Ich muss auch zugeben, dass es damals weder MTV gegeben hat noch Plattenspieler für jeden selbstverständlich waren. Ich muss genauso zugeben, dass ich — so ich ins Stadion gehe — in den seltensten Fällen die Fangesänge mitsinge, ich hier also keineswegs mit dem Finger auf die so genannten Event-Fans zeigen möchte. Gleichzeitig finde ich es außerordentlich bedauerlich, in eigentlich jedem Stadion, das ich aufsuche, dem „Akustik-Müll“ ausgesetzt zu sein, gegen den es inzwischen auch Initiativen gibt. Der heutige Stadiongänger wird von vorne bis hinten beschallt: Sollte gerade keine auditive Werbung laufen, wird Musik in einer derartigen Dezibelzahl gespielt, dass man gut verstehen kann, warum Anwohner gegen Stadionbetreiber klagen. Damit wird den meisten Fans die Möglichkeit genommen, eine Atmosphäre wie in dem Video zu erzeugen. Ich kenne die genauen Verhältnisse in den einzelnen Bundesligastadien nicht (Berichte wären aber sehr willkommen), doch ist es unstrittig, dass es einige sangesfreudige Brüder gibt, deren Möglichkeiten durch den Schallmüll in den Stadien vor Anpfiff zunichte gemacht werden.

8. Der ekstatischen Wirkung dieser Gesänge, zumal man sich 28.000 Menschen auf einer einzigen Tribüne vorstellen möge, kann sich wohl niemand entziehen. Und leider begreifen wir wieder das Pech der späten Geburt in Bezug auf Stadionerweckungserlebnisse sowie auf den britischen Fußball der 1960er Jahre, als die Atmosphäre einfach begeisternd war Schrägstrich gewesen sein muss.

Und zu guter Letzt nun auch der Link zum Video von den Gesängen auf „The Kop“.

9 Kommentare

Musikunterricht

Vor dem Hinspiel der Paarung Werder Bremen — Ajax Amsterdam empfand ich es als eine gute Idee, dass der übertragende Sender die Gesänge der Zuschauer etwas hörbarer machen wollte. Auf dem Papier würde wohl jeder diesen Plan begrüßen. Die Vorfreude auf dieses Element der Übertragung hielt bei mir bis zu jenem Moment, in dem ins Stadion geschaltet wurde.

Die Mikrofone standen so nah an der Bremer Fankurve, dass man genau hören konnte, wie schief die Jungs ihre als Anfeuerung gedachten Melodien schmetterten. Es war so schief, dass es selbst mir als ungeübtem Sänger die Zehennägel hochrollte. Da diese selten kurz sind, rollte sich dort ordentlich was zusammen, und das über 90 Minuten lang.

Hoffen wir, dass die Tonregie das Phänomen der schlechten Gesangsausbildung pubertierender Fußballfans beim heutigen Rückspiel in Amsterdam im wahrsten Sinne des Wortes ausblendet.

5 Kommentare