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Schlagwort: Computerspiel

Mal wieder Sensible Soccer?

Weihnachtsferien.

Früher spielte man darin mit den erhaltenen Spielen und -zeugen. Heute hat man schon alles, was man braucht, und wünscht sich nur dann und wann die Freude zurück, die man noch empfand, etwas zu bekommen, was nicht jederzeit verfügbar ist. Heute ist alles jederzeit verfügbar, nur Zeit hat man nicht mehr so viel und echte Weihnachtsferien ohnehin nur die Lehrer unter uns.

Ein paar leere Momente bleiben sicher dennoch zu füllen, und da könnte man ja mal wieder Sensible Soccer spielen, so in den Ferien.

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ZDF-Torwandschießen selber schießen

Erst Günter Netzer bei seinen rekordigen 5 Treffern zuschauen, welche er als erster überhaupt erreichte.


Dann selber machen und sogar andere per Email herausfordern:

Zum ZDF-Torwandschießen für die eigene Maus, sogar mit der Originalmusik „Up to date“ des Sportstudios im Hintergrund sowie dem unvermeidlichen Wolf-Dieter Poschmann, der wie damals bei FIFA 97 schon seine klugen Anweisungen zum Besten gibt. Ein echter Spaß für die ganze Familie.

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Zurück zum 1. FC Küln

Liebe Herren und sicher auch Damen Fußball-Computerspiele-Gestalter:

Es reicht.

Ich als Trainer Baade bin irgendwo zwischen 30 und 40 Lenzehn alt und ich spielte immer gerne Ihre Produkte. So lange es so war, dass ich jünger oder vielleicht gerade noch gleich alt war wie die Protagonisten in Ihren Spielen, die sie offensichtlich aus einer Konstruktion namens Realität abgekupfert hatten, welche ohnehin nicht so ohne Weiteres als bare Münze genommen werden kann. Natürlich gaukeln mir auch Zeitung, Fernsehen und Freunde vor, dass diese Realität immer die gleiche sei und sogar existiere. Beweise, stichhaltige Beweise lieferte mir dafür allerdings nie jemand. Jedenfalls nahmen Sie die Namen aus diesem Konstrukt und verfrachteten sie in Ihre Computerspiele. Gesetzt den Fall, es war vor 198x oder sie hatten genug Kohle dafür, diese Namen aus der Realität verwenden zu dürfen. War Letzteres nicht der Fall, wendeten Sie einen äußerst kreativen Trick an, der – man möchte ja gerne bescheiden bleiben – auch von mir hätte stammen können: Sie nahmen alle Namen aus der Realität, vertauschten aber ein paar Vakole oder Ümläute Crüe miteinander, so dass plötzlich aus den Namen aus der Realität Namen wurden, die an die Realität angelehnt waren, aber nicht mehr der Realität entsprachen.

Dös war faun, manchmel belostigend, en din meisten Fallen storte is abür nocht bim Urkennin dir Numen. Is untwackilty süch sugar zä einur Ort Spurt, dei si forchtürlech untstilltan Nymön trutz dus Oustuaschins dovirsir Viköle dei Numin nach ze örkinnen. Wos muistens gilung.

Ob nun also reale Namen oder an die Realität angelehnte – kirz dörchgischattilty Nüman – der Bezug zur realen Realität war vorhanden und wurde durchaus goutiert.

Es war ein Vergnügen zu sehen, wie denn der selbst heiß geliebte Spieler xy aus Mannschaft yz von den Machern eines Spiels in den Bereichen Kopfballstärke und Passgenauigkeit eingestuft wurde, oder aber auch: wie viele Punkte die KI-gesteuerte Mannschaft „1. FC Küln“ bei einer komplett durchgespielten Saison erzielen würde.

Die Betonung im vorigen Satz liegt auf war.

Mittlerweile ist außer Jins Lühman fast niemand mehr in der Bundesliga aktiv, der weniger an Lenzen zählt als meine Wenigkeit. Und deshalb wende ich mich an Sie: Ich möchte keine Teams mehr haben in den Computerspielen, die komplett oder annähernd der Realität nachgebildet sind. Ich möchte von nun an, da ich zu keinem der Spieler mehr aufblicke, nur noch reine Fantasieteams in meinen Computerspiel-Ligen enthalten wissen. Die deutsche Liga darf gerne Deutsche Liga heißen, die englische gerne Englische Liga oder English League und die dänische darf gerne Dänische Liga heißen. Die Verteidiger dürfen Schmitz, Schmidt, Smith und Smithers heißen, ohne dass irgendjemand aus dieser vermaledeiten Realität dafür Pate gestanden haben mag. Ich möchte, dass diese Spielfiguren über den gesamten Verlauf der Tätigkeit meiner Finger an diesem Computerspiel Bestand haben, auf dass sie ihre eigene Identität entwickeln können, die aber bittschön völlig losgelöst von der Realität sein soll.

Ich möchte nicht im Computerspiel noch auf die Figuren treffen, die mich schon im Fernsehen (und im Internet auch!) verfolgen und nicht mehr loslassen, die Runaldus, die Messys und die Röneys; ich möchte erst Recht nicht mehr nur aus Spielern auswählen können, die der Realität nachempfunden sind, egal, wohin ich schaue, ob in die 2. Liga zu Paderborn oder nach Brighton & Hove Albion, ob nach Guingamp oder nach Sarajevo. Ich möchte, wenn ich Fußballcomputerspiele spiele, dass diese möglichst nicht mal mehr in Stadien stattfinden, die es tatsächlich gibt (bzw. geben soll). Ich möchte, dass ein Computerspiel ein Computerspiel ist, mit all seinen unbekannten Protagonisten, die nur dem Hirn des Chef-Namensgebers Ihrer Firma entsprungen sind oder aber durch zufälliges Zeigen auf einen Namen im Telefonbuch. Von mir aus dürfen sie auch bekannten Songs entlehnt sein oder Filmfiguren sein, aber bitte, bitte, keine Namen und schon gar keine Gesichter mehr aus der Realität.

Die Realität sehe ich den ganzen Tag lang, und wenn ich ein Spiel spiele, möchte ich mich gerne aus dieser entfernen, zumindest gedanklich, und dann eben mit dem FC Paris gegen London United spielen, wo noch Jefferson im Tor steht und Leclerc die Tore macht, deren Pendants man in der Realität vergebens suchte.

Ich möchte.

Danke.

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FIFA INTERNATIONAL SOCCER

Mal wieder Langeweile? Die Sommerpause will nicht enden, das eigene Team kauft nur Gurken ein, droht im Mittelmaß zu versinken oder gar in die zweite Liga abzusteigen? Die elendigen Champions-League-Qualifikations- und Testspiele zermürben bis zur Unkenntlichkeit?

Trainer Baade weiß Abhilfe, und die kommt in knappen 1,5MB daher: FIFA International Soccer als kostenloser Download. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, müsste das Spiel ungefähr von 1995 stammen, somit genau zwischen jener Phase liegen, in der Fußballspiele noch aus der Vogelperspektive im 2D dargestellt waren, und jener, in der man aus diversen Perspektiven in 3D auswählen konnte bzw. kann und die Tricks à la Cristiano Ronaldo, welche damals noch Romário oder Bebeto gewesen sein müssten, auf dem Vormarsch waren.

Eine Reminiszenz medium sozusagen, nicht englisch, wie es z. B. Commodore International Soccer wäre oder das hier ebenfalls schon erwähnte „Peter Shilton’s Handball Maradona“.

Die Steuerung macht nur ganz am Anfang etwas Schwierigkeiten, nach kurzer Eingewöhnung ist der Spielspaß ganz genau wie damals wieder da, vor allem, wenn man ein komplettes WM-Turnier durchspielen kann, mit komplettem Look & Gewinn.

Vorher noch schnell gegen befreundete Nationen testen.

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Sich die eigenen Stärken und Schwächen grafisch darstellen lassen.

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Nach der Auslosung die komplette Gruppenaufteilung und ganz besonders die eigene Gruppe genau studieren, auch wenn die Dinger eigentlich Gruppen und nicht Divisions heißen sollten.

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Sich von einem Mann in Pixeln mit klugen Sprüchen auf die Partie einstimmen lassen. (Anders als bei späteren Versionen muss man hier noch keinen Wolf-Dieter Poschmann mit den immer selben 3,5 Sprüchen pro Spielsituation ertragen.)

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Die Seitenwahl gewinnen oder verlieren (mit animierter Münze!).

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Sich von den Engländern foulen lassen, woraufhin der foulende Engländer ob der Weichheit der Gepflogenheiten des internationalen Schiedsrichtertums völlig verdattert auf die erhaltene Gelbe Karte schaut.

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Siege bejubeln, wie man es früher tat: durch in die Luft hüpfen.

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Auch schon mal doof im Abseits stehen.

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Um dann doch wieder festzustellen, dass man in einem Computerspiel ist, wo Tore noch angemessen auf der Anzeigetafel gewürdigt werden.

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Nach der Vorrunde den weiteren Turnierverlauf verfolgen.

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Schließlich im Finale stehen, um am Ende festzustellen …

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… äußerst realistisch auch damals schon, wurde das bekannte Zitat von Gary Lineker in die Engine des Spiels eingebaut: Am Ende gewinnt immer Deutschland.

Schöne Bilder, wie die Jungs den Pokal in die Höhe recken, sich umarmen und die Fotografenschar alles ablichtet.

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Hier geht’s zum Download von FIFA INTERNATIONAL SOCCER.

(Ich hab nicht mal danach gesucht, es lief mir beim Wilfing so zu.)

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Peter Shilton’s Handball Maradona

Stefan von der Südtribüne hat seinen alten Atari ST reaktiviert, der C64 wurde hier nie deaktiviert, und eigentlich sind diese superrealisistischen Fußballsimulationen auch nicht mehr realistisch. Wenn ich Fußball spielen will, gehe ich Fußball spielen, da ist es mir auch egal, ob es windet, regnet, schneit oder hagelt, ich weiß dann wenigstens immer, dass es ein reales Spiel ist. Mit Platzfehlern, mit schwitzend-stinkenden Gegenspielern (so ungerne die Frauen unter meinen Lesern das lesen werden: auch der Furz an sich ist eine Waffe im direkten Zweikampf beim Freiluftsport Fußball, und ich hege keinerlei Zweifel daran, dass diese Waffe mit voller Absicht eingesetzt wird), mit dem satten Klacken des Pfostens, wenn ein Ball dagegen prallt und vor allem mit den beiden wichtigsten Komponenten: ich spiele selbst, ich spüre physisch wie der Ball gegen meinen Fuß klatscht und umgekehrt und zweitens riecht und schmeckt alles nach Fußball, wie in echt, was daran liegen könnte, dass es in echt ist.

Wenn ich eine Simulation, besser gesagt, ein Computerspiel spielen will, das Fußball sein soll, dann will ich eigentlich keine perfekte Ballkontrolle, eine KI, die immer das richtige tut, nur um dann nach 2 Wochen festzustellen, dass man eben doch immer den selben Trick anwenden muss, um zum Torerfolg zu kommen. Computerspiele, die Fußball sein sollen, dürfen ruhig monoton, unrealistisch, viel zu bunt und viel zu langsam sein, nur eins müssen sie haben: Charme.

Und Charme kann man der heutigen Reminiszenz ganz sicher nicht absprechen, was nicht nur am herrlichen Titel liegt, den man so wahrscheinlich auch nur bei Briten findet. Denn auch das „Gameplay“ war hervorragend und ich habe es bis heute nicht geschafft, das Spiel zu Ende zu spielen. Vielleicht sollte ich mal wieder den echten oder den C64-Simulator anwerfen, um mich dem hinzugeben, was seine Macher mit „Peter Shilton’s Handball Maradona“ betitelten:

Klick.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

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Lucy In The Sky With Diamonds

Heute morgen hatte ich wirklich schlechtes LSD genommen, mal wieder. Ich muss letztens irgendetwas an den Einstellungen meines kleinen Labors verpfuscht haben, ohne dass es mir aufgefallen wäre. Anders ist so ein Trip wie der, den mein Hirn mir danach vorgaukelte, nicht zu erklären.

Blaue Elefanten spielten vor grauem Himmel in einem leeren Stadion Fußball. Und das ohne Fußball. Außerdem tröteten sie alle in die Luft und ich war geblendet von einer roten Führerkabine, während gelbe, schwarze und rote Buchstaben sinnfrei beliebige Reihenfolgen bildeten. Das Tor war in der aus dem schönen C64-Spiel „International Soccer“ dauerhaft ins Hirn eingebrannten Vektorgrafik dargestellt und der eine Flutlichtmast ließ mich auf das alte Müngersdorfer Stadion schließen.

Doch ich war in Krefeld und das alte Müngersdorfer Stadion steht gar nicht mehr. Zudem konfrontierte mich diese Szene mit einer meiner Ur-Ängste: Das Ganze sah doch arg danach aus, als würde es auf Kunstrasen stattfinden. Was gäbe es Fürchtenswerteres als Kunstrasen?

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Später, als ich wieder klar war, fuhr ich heim und fragte mich, welch seltsame Elefanten doch LSD nehmen.

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Halb Soccer, half life

Das Besondere an FIFA 08 von EA soll sein, dass man über die gesamte Spieldauer den selben einzelnen Spieler steuern kann; anders als bei jener Steuerung, bei der man immer einen dem Ball nahe stehenden Spieler lenkt.

Ob das so reizvoll ist, sei dahingestellt.

In dieser Variante kann man allerdings schon länger spielen, nämlich seit jemand ein Add-On für Half Life geschrieben hat, welches das Ganze in eine Fußballsimulation verwandelt. So kann man dem Wort „rumballern“ in diesem Kontext mal zu einer anderen Bedeutung verhelfen.

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„any idiot can score a goal in soccer“

Da hat er nicht ganz unrecht, der Trainer in diesem Spiel, wie wir seit dem Unaussprechlichen wissen.

Nett ist auch seine Reaktion, wenn man gar keine Bälle „kickt“. Und mal so richtig angeraunzt werden, das wollen wir doch alle hin und wieder, die wir mit den hervorragend ausgebildeten Pädagogen des Jugendfußballs groß geworden sind.

Kleiner Tipp: Es ist egal, wie viele von den da rumwabernden Männekens durchkommen, wichtig ist, seine Bälle nicht ohne Treffer zu verschießen — glaub ich jedenfalls.

PS: Unbedingt die „Instructions“ lesen. Endlich beschränkt sich mal jemand aufs Wesentliche.

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Baggio, der Freistoßexperte?

Meines Wissens war Roberto Baggio nicht in erster Linie für zielgenaue Freistöße bekannt, aber da kann ich mich täuschen, es ist auch nicht wirklich relevant für diesen Beitrag:

Nach langer Zeit mal wieder Neues aus der Rubrik „Aus Liebe zum Spiel“. Wie man weiß, gibt es seit dem Ende der WM nur noch einen Bruchteil an neuen, fußballbezogenen Flashspielen, hier ist endlich mal wieder eins, das seinen Spielspaß erst nach einer gewissen Zeit entfaltet, dann aber so richtig. Wer vor dem ersten gewonnenen Pokal aufgibt, ist eine Pfeife bei Baggios Magical Kicks.

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Kleine Typologie der Fußballliebhaber

Come, Armageddon, come.

In der Spezies der an Fußball interessierten Grundgesamtheit gibt es grob geclustert drei Typen:

Typ I

Typ I spielt sehr gut Fußball, ist aber auch in jeder anderen Sportart grandios. Mit bewundernswertem Talent für Bewegungen, Raum-Zeit-Koordination und Ballgefühl ausgestattet, steuert er geradewegs auf eine Profisportlerkarriere zu, es ist nur nicht klar, in welcher Disziplin. Manchmal wird es Tennis, manchmal Zehnkampf oder Volleyball, meist aber Fußball. Wenn schon nicht Bundesliga, dann zumindest Verbandsliga. Typ I lernt keine Sportarten, sie sind ihm angeboren. Aus irgendeinem Film ist das Zitat „Typ Mittelstürmer, der macht jeden rein“ bekannt, allerdings ging es dort eher um Frauen und nicht um Sport. Nichtsdestotrotz charakterisiert dieses Zitat Typ I ganz gut. Er macht nicht nur jeden rein, er gewinnt auch jedes Tischtennisturnier, sogar, wenn er ohne Schläger spielt. Zum ersten Mal ein Snowboard unter den Füßen, ist er schon in beneidenswerter Eleganz den Hang heruntergefahren.

Beruflich lässt Typ I es meist etwas langsamer angehen und wird, wenn er Glück hat, Sportlehrer (plus ein x-beliebiges weiteres Fach, von welchem er Zeit seines Lebens so viel Ahnung haben wird, wie ein Steuerberater vom Fußballspielen), wenn er Pech hat Versicherungskaufmann, Fliesenleger oder Bademeister.

Typ II

Typ II verfügt nicht über derlei Talent, ist aber immer noch als relativ sportlich zu bezeichnen. Typ II bringt zumindest das mit, was man im Fußball ebenso gut gebrauchen kann wie Ballgefühl: Kampfkraft, Ehrgeiz, läuferische Ausdauer und den Willen, sich der drohenden Niederlage auf keinen Fall zu beugen. Auch wenn er selten Tore erzielt, ist Typ II nicht unbrauchbar im Mannschaftsgefüge. Typ II fabuliert gerne über das Spiel als solches, kaschiert damit aber nur wenig effektiv seine technische Unzulänglichkeit, während Typ I jede Reflektion oder Introspektion bezüglich des ausgeübten Sports fremd ist. Wie gesagt: angeboren. Sehende Menschen denken auch selten darüber nach, wie es kommt, dass die Netzhaut dem Gehirn einen optischen, noch dazu dreidimensionalen Eindruck der Umgebung vermittelt. Was selbstverständlich ist, wird nicht hinterfragt. Deshalb redet Typ II ja so gerne über das Spiel. Für ihn ist nicht selbstverständlich, dass die Flanke tatsächlich ankommt oder der Hackentrick nicht im Aus landet. Nichtsdestotrotz funktioniert das Spiel auch mit seiner Teilnahme, schließlich weiß er, dass man schnell passen oder einfach mal aus der viel zitierten zweiten Reihe abziehen sollte. Typ II sieht man später beim Joggen im Park, nachdem er gerade aus dem Büro, der Kanzlei oder aus dem Bundestag heimgekommen ist.

Typ III

Typ III interessiert sich ebenso intensiv für Fußball wie Typ I und Typ II, doch, ach, es hapert sowohl am Ballgefühl als auch am Raumgefühl, zudem hat er manchmal Angst vor dem Ball respektive heranrauschenden Gegner und nein, nach der E-Jugend ist dann doch Schluss damit. Wenn es hochkommt, darf Typ III in seiner gesamten Karriere zwölf Mal von Anfang an spielen, wird dabei sieben Mal ausgewechselt und darf als Höhepunkt seiner aktiven Karriere in einem unbedeutenden Freundschaftsspiel einen Elfmeter mit seiner unnachahmlich schlechten Technik zum Torwart zurückschieben, bis Mutter entscheidet, dass das Ganze keinen Sinn hat, wenn der Sohn immer nur auf der Bank sitzt. Auf Proteste seitens des Fußballvereins ob der Abmeldung des Typ III wartet man vergebens. Es folgen Schwimmverein, Hockeyverein, Basketball, Speerwurf, Turnen, Tischtennis. Das fehlende Bewegungstalent lässt es nicht zu, dass sich Typ III irgendwo durchsetzt. Irgendwann ist ganz Schluss mit den Bewegungsversuchen unter Wettkampfbedingungen, doch die Liebe zum Fußball erkaltet nie. Weiterhin Fan eines Bundesligaclubs, macht Typ III jedes Tippspiel mit, meist ist der kicker abonniert, zumindest liest er den Sportteil der Tageszeitung als Erstes. Natürlich wird Fußball im Fernsehen verfolgt und es hängt auch das eine oder andere Trikot im Schrank. Nur Fußballschuhe, die braucht Typ III ja nicht.

Bis etwa 1985 muss es so gewesen sein für die bedauernswerten Mitglieder des „Typ III“. Dann wurde alles anders. Typ III war erlöst. Irgendjemand hatte Computerspiele erfunden. Fußball als Computerspiel. Fehlendes Ballgefühl, fehlende Ausdauer, fehlendes Durchsetzungsvermögen waren gänzlich irrelevant geworden, wenn man nur diesen Joystick mit seinen acht Bewegungsrichtungen und dem einen Knöpfchen richtig bedienen konnte. Alle, die es im Vereinsfußball nicht weit brachten, deren Liebe zum Fußball dennoch nie endete, konnten nun endlich demonstrieren, dass sie durchaus verstünden, fabelhafte Kombinationen auf den Rasen zu zaubern und als gefeierter Turniersieger vom Platz zu gehen. Was konnten sie dafür, dass die Füße nicht so wollten wie sie und dass die Angst und das Unwohlsein angesichts matschigen Fußballuntergrunds ihre ständigen, ungebetenen Begleiter waren? Nichts natürlich. Und mit der erstaunlichen Perfektion, die Typ III in seinen Kombinationen auf den Schirm warf, ging ein ebenso erstaunlicher Zuwachs an Reputation einher. „Klar, er trifft aus drei Metern keinen Supertanker“, raunen sich die Mitspieler vom Typ II zu, „aber im Halbfinale unseres EA-Sports-Turniers möchte ich lieber nicht auf ihn treffen.“

Typ I wird nie verstehen, was er mit diesem Ding namens Joystick eigentlich anfangen soll, wenn er doch viel besser in echt den Ball ins Tor schießen kann, und zwar mit traumwandlerischer Sicherheit. Er wird nie wieder auf derlei elektronischen Fußballturnieren gesehen.

Typ III hingegen ist mit der Erfindung des elektronischen Computerspiels erlöst. Er kann endlich erfolgreich seinem liebsten Hobby, dem Fußball, frönen, und erfährt die Anerkennung in den dafür relevanten Kreisen, von der er immer geträumt hat. Irgendwann wird es zum Alltag, dass Menschen des Typ III aufwachsen, die sich gar nicht erst lange mit der Schmach des Versagens auf einem realen Fußballplatz herumschlagen müssen. Typ III-Menschen leben (fußball-)sozial sicher. Sie haben nichts zu befürchten, sind ihre Fähigkeiten doch, jeder sieht es ja bei den Turnieren, unbestritten. Alle sind glücklich.

Typ I ist sich dessen nicht mal bewusst, genießt aber die Anerkennung dafür, immer ins Tor zu treffen. Typ II weiß, dass er nie die Fähigkeiten von Typ I haben wird, hat aber mit Typ III genug Möglichkeiten zum abwärts gerichteten Vergleich. Typ III hingegen bezieht seine Selbstsicherheit aus den langen Abenden vor dem Schirm, in denen er selten bezwungen wird. Kurzum: die psychosoziale Sicherheit der Fußballinteressierten ist gesichert. Ein Paradies für alle, die Fußball lieben, ganz gleich welcher Kategorie.

Wie jeder Zustand reinen Glücks ist aber auch dieser nur von kurzer Dauer. Im Jahr 2006 bricht über alle Angehörigen des Typ III Armageddon herein.

Auch beim Fußball in elektronischer Form muss man wieder selbst schießen.

Fies veranlagte Angehörige des Typ II — der Ehrgeiz reichte bis zum Software-Entwickler in renommiertem Hause — stellen für elektronische Fußballspiele ein Shootpad vor. Typ III ist hochgradig verzweifelt und erlebt seine Traumata aus der E-Jugend erneut. Dass, man ist ja erwachsen, nur noch hinter dem Rücken der hilflos vor den Ball Tretenden gelacht wird, macht die Sache kaum besser. Wurden die bedauernswerten Versuche im echten Fußball so lange ausgeblendet, wie man am Rechner Erfolg hatte, ist nun eine erneute Konfrontation mit den eigenen Unzulänglichkeiten unausweichlich.

Plötzlich nimmt auch Typ I wieder an den Fußballturnieren vor dem heimischen PC oder der Konsole teil. Zwar ist auch Typ I mittlerweile eine Dekade älter und immer noch mit diesem elektronischen Schnickschnack überfordert, ohne seine Treffsicherheit verloren zu haben. Fragt man ihn nach seiner Emailadresse, antwortet er beharrlich mit „weh-weh-weh-punkt“ und hat man endlich die tatsächliche Emailadresse herausgefunden, bekommt man postwendend die Email-Einladung zum PC-Turnier mit dem Hinweis zurück, dass „dieser Email-Account inaktiv“ sei: Seit über drei Monaten wurde er nicht mehr abgerufen, aber als Gas-Wasser-Scheiße-Mensch braucht er ja auch keine Emails.

Typ II ist begeistert davon, Typ III endlich auch am Rechner überlegen zu sein und setzt all seine Energien in die Organisation möglichst vieler solcher Turniere, bei denen Typ III der Lächerlichkeit preisgegeben wird.

Typ III hingegen ist wieder dort angekommen, wo er vor Beginn der Videospiele schon war: Trotz seiner großen Liebe zum Fußball wird er als Bewegungslegastheniker verhöhnt, ist zunehmend entmutigt und auch nicht mehr zur Hoffnung in der Lage, dass sich nach der Einführung des Shootpads daran noch etwas ändern könnte.

Später wird man der Entwicklung des Shootpads eine Reihe von Suiziden zuschreiben. Typ II schämt sich ein wenig, aber nicht zu sehr. Schnell packt ihn wieder der Ehrgeiz zu neuen Projekten.

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StefAnus, the kinky keeper

Während und vor allem vor der WM sprossen die kleinen Fußball-bezogenen Online-Spiele wie Maulwürfe aus der Bayernkabine zu Zeiten von Lothar Matthäus. Inzwischen ist es in diesem Metier wesentlich ruhiger geworden, vielleicht habe ich aber auch nur seltener nach Spielen gesucht.

Da muss jedenfalls schon die 11-Freunde-Redaktion mit einem Tipp her, um mal wieder ein, naja, ein echtes Fußballspiel ist es nicht, um aber mal wieder ein an Fußball angelehntes Spiel aufzutreiben.

Die Spielidee ist umgedreht: Normalerweise soll ein Torhüter überwunden werden, d. h. man schießt am besten an ihm vorbei ins Tor. StefAnus hingegen — alleine schon wegen des Namens des Torhüters, der auf besondere Liebesspiele mit seiner Freundin steht, sich dummerweise dabei aber filmen ließ, was die Freundin, als sie zur Ex- mutierte mal eben leakte, ist das Spiel einen Besuch wert — möchte gerne getroffen werden, dafür gibt es Punkte. Und wo anders könnte ein solches Spiel herkommen als aus den vermeintlich liberalen Niederlanden? Also, auf zu Stefanus‘ Anus …

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Was man immer schon tun wollte, durch den Fernseher aber nicht geht

Was man immer schon tun wollte, kann man endlich in diesem Spiel nachholen: Paul Breitner bewerfen, während er zum Elfmeter des WM-Finals 1974 anläuft. Was alles so zur Auswahl steht, ist faszinierend, Bierbüchsen, Klopapierrollen, Äpfel, Tomaten, Aschenbecher…

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